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Dienst
II. Dīēnst, m., –es; –e; –chen, lein; sowohl eine einzelne Handlung, womit man Einem dient, als auch in den Fällen, wo diese Handlungen nicht einzelne freiwillige, sondern der Ausfluß eines sei es nun freiwillig oder unfreiwillig eingegangenen Abhängigkeitsverhältnisses sind, dies Verhältnis und der ganze Umfang der daraus herfließenden einzelnen Leistungen. S. „dienen“, worauf sich die Hinweise in [ ] beziehn:
1) D. allgemein [1a] das Verhältnis der Abhängigkeit und Unterwürfigkeit des Dienenden zum Herrn und Gebieter: Die Welt ist ihm zu D., er aber nicht der Welt. Haller 1, 91; Gebietet mir, | als Einem, der zu eurem D. aus Pflicht | und gutem Willen sich gewidmet hat. W. 11, 113.
2) D., das Verhältnis, die Verpflichtungen u. Leistungen der Fröhner, Leibeignen etc., der Personen aus der sogen. dienenden Klasse [1c], der Soldaten [1d], der Beamten und aller Derer, denen ein gewisser Kreis von Geschäften als Verpflichtung obliegt [e] (s. Anm. und „Amt“, Anm. 2): Frohnvögte, die sie mit schweren D–en drücken sollten. 2. Mos. 1, 11; Ihr wollt sie noch feiern heißen von ihrem D. 5, 5; Dich erlöset vom Hause des D–es. 5, 7, 8 etc.; Den verhaßten Erinnyen D–e zu fröhnen. V. Od. 20, 78; Ein Dienstbote, ein Kommis, Soldat, Offizier, Beamter etc. ist in D.; Einen aus dem D. entlassen, jagen; Einem Herrn den D. aufsagen, aufkündigen; Aus dem D. gehn, laufen, den D. verlassen; einen neuen D. suchen, erhalten; um einen D. nachsuchen etc.; Ein Knecht, der aus dem D. gejagt ist, ist außer D.; Major außer D.; Die in seinem [des Königs] D. sich selber dienen. G. 9, 218; Wie die D–e, so der Lohn. Chamisso 3, 200; Ein harter D. Hebel 3, 320; Der reiche Schenktisch, zwanzig Andre pflegten | des D–s dabei und zwanzig bei der Tafel. W. 11, 119 etc.
3) insofern D. sich dabei auf die Verpflichtungen gegen Lehns- und Frohnherren bezieht, bezeichnet es auch die aus diesem Verhältnis herfließenden Abgaben, Gülten etc. [2]; Getreide-, Kuchen-, Schmalz-D. etc.; Durch schwere Schmalz-D. niedergedrückt; mancher Einzelne muß 2—6 Centner eindienen. Schmeller 1, 376.
4) hierher gehört wohl auch die Redensart: Einem auf den D. warten, lauern (G. 9, 5), passen (Danzel 390; Höfer V. 179; Prutz Mus. 3, 53; 130; Gutzkow Börne 35; 195: „Der preußische Gendarmerieausdruck“ etc.) = sehen, daß Einer die ihm obliegenden Verpflichtungen gehörig erfülle; dann allgemein: ihn scharf beobachten, ihm auflauern, nachstellen etc.
5) die Abhängigkeit von Etwas, das Einen beherrscht, dessen Geboten man folgt etc. [lb]: Im D. [unter der Herrschaft] einer höhern Macht, der Wahrheit, der Gerechtigkeit etc. stehn; Dem D. des Bauchs, der Lüste, des Mammons fröhnen; Es ist kein schimpflicher D., der Zeit zu dienen. G. 22, 105.
6) die einem höhern, als Herrscher anerkannten Wesen etc., Gott, Götzen etc. bewiesene Verehrung, wie auch einzelne Ceremonien [1b]: Was habt ihr da für einen D.? .. Es ist das Passahopfer des Herrn. 2. Mos. 12, 26; Zum D–e unsres Gottes. 10, 26; Die Kleider des Amts zum D. im Heiligen. 35, 19 etc.; G. 4,1; Gewidmet dem göttlichen D. Sch. 70a; Gottes-, Götzen-, Baals-, Bilder-, Feuer-, Molochs-, Stern-, Wodans-, Zeus-D.; Der alte Baum-, Felsen- und Stein-D. der pelasgischen Vorzeit muß .. geistiger gedeutet werden als auf Fetisch- und Amuletten-D. Stahr Relig.-Syst. 19 etc. 7
7) D. als Außrung der Ergebenheit, des Wohlwollens, der Höflichkeit etc., wodurch man Jemandes Absichten und Wünsche zu befördern sucht [1f]: Ein D. ist des andern werth; Meinen, er thue Gott einen D. daran. Joh. 16, 2; Predige ich denn jetzt Gott oder Menschen zu D–e? Gal. 1, 10; 1. Kön. 2, 17; Reichen und Armen, die mich tragen wollten, bin ich zu D. gestanden. Claudius 5, 91; Einem einen D. thun, leisten, erweisen, erzeigen. G. 39, 299; Ich stehe ganz zu D–en; Was steht zu D–en? Auch: Einem einen schlechten, schlimmen D. erweisen = schaden, namentl. wo man nützen will oder nützen zu wollen vorgiebt, so auch: Schelmen-, Schalks-, Teufels-, Un-D. leisten. Sch. 627a.
8) D. auch von Sachen, insofern sie Einem nützen, gewisse Zwecke erfüllen etc. [1g]. Ein warmer Pelz etc. ... leisten da ganz andre D–e. Hebel 3, 368; Das Pflaster hat seine D–e gethan [gewirkt, ist nicht mehr nöthig] etc.; Beschen, die man mit weniger Abänderung zum Fächer-D. eignen könnte. G. 23, 292 etc.
9) (Bauk.) = Gurtträger (s. d.). Ote kirchl. Kunst- Arch. 346.
Anm. In der Bed. 2 unterscheidet man bei den nicht zur sogen. dienenden Klasse gehörenden Personen den D. als die thätige Ausübung der Amtsverrichtungen und die Zeit derselben: Einen Beamten im D. beleidigen; Der Dienst habende, thuende Offizier, Kammerherr; Ordonanzdegen, wie sie im D., Interimsdegen, wie sie außerm D. getragen werden etc. Sonst gebraucht man, außer wo die Beziehung zu dem Vorgesetzten, Oberhaupt, Staat (s. Diener 3) etc. hervortritt, von höhern öffentlichen Anstellungen gewöhnl. nicht D. (Thorschreiber-D. oder -Posten). Zuweilen findet sich, wie schon mhd. (s. Benecke 1, 371a), das n.: Wenn ich das Schuldienst kriege. Rabener 3, 42, s. Ver-D.
Zsstzg. unerschöpflich, s. die von Diener, Amt, Frohne etc., und vgl. 3, 6 und 7, z. B.: Abgotts- [6]. Fischart B. 22οb. Ámts- [6]: Daß ihr auftretet vor der Gemeinde, für sie A. zu thun. Zunz (4. Mos. 16, 9).
Aūgen-: Wirksamkeit eines Augendieners, aber auch: Pflege und Wartung der Augen [7] und Etwas, was den Augen diensam, heilsam ist, namentl. = Augentrost, als Bezeichnung einer Pflanze Euphrasia. Bāūch- [5]. Luther 3, 379b. Bílder- [6]. Bítt- [3]: s. Bede. Blūt- [2]: Henkeramt. Chamiso 4, 105 etc. Búrg-, Búrgfesten- [3]. Möser Ph. 3, 253, Dienste zur Befestigung u. Vertheidigung der Burg. Bürgerwehr- [2]. Fēūer- [6]. Platen 4, 284; 287. Fórmel- [6]: Gottesdienst, soweit er in Formeln besteht. Auerbach Tageb. 225 etc. —Frēūndschafts-[7]: Liebes-D.; iron. = schlimmer Dienst. Sch. 627a. Frōhn- [3]: Dienste, die den Frohnherren umsonst oder um geringen Lohn geleistet werden müssen. V. 2, 3; Gemessne F–e, an gewisse Zeit und Arbeit gebunden; ungemessne, ganz von der Willkür der Frohnherrschaft abhängig. Fürsten- [2]: Dienst gegen Fürsten.
Fūß-: Dienst zu Fuß, namentl. [3] Leibdienste, insofern sie in Botengängen etc. bestehn.
Gamáschen-: Soldatendienst im Frieden; übertr.: Dienst, wobei peinlich auf Außerlichkeiten gesehn wird. V. Ant. 1, 366. Gêgen- [7]: als Erwidrung einer Gefälligkeit etc. Haler 116; Zu G–en jederzeit bereit. Gehēīm- [6]: Mysterium: Aus der Kunst einen G. machen. Prutz DMus. 1, 1, 430. Góttes- [6]: Gutes thun ist der beste G.; Innrer, äußrer G.; Öffentlicher, freier, Haus-, Privat- G.; Den G. halten; dem G. beiwohnen etc.; Ich bin herdurchgegangen und habe gesehn eure G–e und fand einen Altar. Ap. 17, 23; Ps. 27, 4; Die Freudenfeste und G–e. Hebel 3, 386; 4, 106; Fischart B. 14a; Wenn ich mich selbst in diesen geheimen G–en initiiren ließ. W. 23, 125; Ganz Bern war in G–en. JvMüller 24, 170 etc. Götzen- [6].
Hánd-: s. Fuß-, Leib-D.
Hāūpt-: Ggstz. Neben-D. Hérren- [2]: Vor Höfen und H. zu warnen. G. 20, 87; oft auch = Frohn- D.: H. geht vor Gottesdienst. Sprchw. übermüthiger Frohnherren und geplagter Fröhner etc.
Hōf-: = Herren-D., s. Hof; Niemals so strenge als ein andrer H. [Frohn-D.] gefordert. Möser Ph. 2, 353; Hebel 3, 414; Das sind H–e, werden nicht bezahlt etc. Jnfanterīē- [2]. Jāgd- [3]: Jagdfrohne u. Stelle eines herrschaftlichen Jagdbedienten. Kámmerherren- [2 und Anm.].
Kírchen-: kirchliches Amt.
Knéchtes-: Stelle als Knecht; Dienst mit knechtischer Stellung etc. Krīēgs- [2]: K–e suchen, thun etc., von Soldaten.
Lánd-: Kriegs-D. zu Lande. Lêhen- [3]. Lēīb- [3]: Frohndienste, wozu der Fröhner nur seinen Leib braucht, wie Fuß-, Hand-D., im Ggstz. von Spann-D.; auch die dem Herrn von Leib- eignen zu leistenden Dienste. Glück 2, 149. Līēbes- [7]: rein aus Liebe, Freundschaft erwiesen. Hölderlin H. 2, 50. Mámmons- [5].
Militǟr-: Kriegs-D. Mínne- [7].
Nêben-: neben einem Haupt-D. in allen Bedeutungen, s. auch I.
Hhren-: Augen und Ohren-D. Keller aH. 4, 46, das Einschmeicheln durch Etwas, was man gern hört. Pántoffel- [1]: das Verhältnis des pantoffelten Ehemanns. Chamiso 3, 86 etc. Pfêrde- [3]: Spann- D. Pflūg- [3]: unentgeltliches Pflügen, in weiterm Sinn = Spanndienst. Polizēī- [2]: Anstellung bei der Polizei. Póst- [2]. Privāt- [2]: Ggstz. der öffentlichen Anstellung. Rabót-, Robāth- [3]: Frohn-D. Rēīhen- [3]: Frohn- D., der nach einer gewissen Reihenfolge die Betheiligten trifft. Monatbl. 1, 436a. Rēīter- [2]: Auf des Friedländers Wort und Kredit allein | haben wir R. genommen. Sch. 326b.
Rítter-: Dienst, wie ihn die Ritter leisteten, jetzt namentlich von Höflichkeiten und Aufmerksamkeiten gegen Damen. Schálks- [7].
Schārwerks-: Frohn-D. H. 1, 51. Schélmen- [7].
Schul-: s. [Anm.].
Sēē-: Kriegsdienst zur See.
Sklāven-: s. Knechtes-D. Spánn- [3]: Fuhrfrohne: Hand- und Sp–e.
Stāāts-: s. Staatsdiener. Stádt- [2]: städtisches Amt etc. Stérn- [6].
Stēūer-: Anstellung im Steuerfach etc. Tāge- [3]: nach Tagen zu leistender Frohn-D. Témpel- [6]: V. 3, 42.
Tēūfels-:
1) [1] ein verteufelter, verfluchter Dienst. 2) [6]. 3) [7] etc. Ún- [7]: Wenn Bemühungen von weiterem Belange durch die nämlichen U–e [Vereitelungen] scheitern könnten. L. 7, 457. Ver-: s. unten. Verpflêgungs-: z. B. beim Militär. Hackländer Sold. 187. Vōrposten- [2]. Börne Frzfr. 97. Wérkel- [6]: Werkheiligk. Kühne Fr. 216. Wónne-: Wonne bringender Dienst, z. B. [6]. Sch. 21b. Zwáng-: wozu man gezwungen ist, nam. Frohn-D. u. v. ä.