Faksimile 0280 | Seite 272
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Deckel
Déckel, m., –s; uv.; –chen, ein; -: eigentl. ein
ſteifer, nicht ſchmiegſamer Körper, der dazu dient, über
die obre Offnung von Behältniſſen, Gefäßen oder ge-
fäßähnlichen Körpern gedeckt zu werden und ſie zu
ſchließen; zuweilen = Decke (ſ. d.), Bedeckung allgem.:
1) eigentl.: Alles offene Geräthe, das kein D. hat. 4. Moſ.
19, 15; Nimmt daraus ein Büchschen und ſchlägt den D.
zu. Chamiſſo 3, 315; Verſchloſſen ſtand’s [das Gefäß]. Die
Schöne ... hub den D. ab. G. 10, 273 u. o., ſ. Zſſtzg.
2) übertr., z. B.: Sprengte der Herzen D. und zog
die Verborgenheiten aus Sack und Scckel. Rückert Mak. 1,
108. Namentl. oft: Topf und D., Bezeichnung eines
zuſammengehörigen Paars, z. B.: Eine ſo ſchlimm wie
die Andre, der Topf iſt würdig des D. V. 1, 114; Es ſindet
ohne dich der Topf wohl ſeinen D. Kotzebue Dram. 1, 329;
Hans nimmt ſein Gretchen, | Jeder ſein Mädchen, | findt
ſeinen D. jeder Topf. Schlegel Sommern. 3, 2; ferner D.
(von Brunnen und Topf) als das Etwas Verdeckende,
vgl. Deckmantel ꝛc., z. B.: Wenn Sie geglaubt .., daß
ich zu dem verlornen Rufe Ihrer Nichte, wie zu einem Brun-
nen, den D. hätte abgeben können. Gutzkow R. 5, 471; Su-
chen Sie ſich andre D. für Ihre unſaubern Töpfe aus. 473;
Den D. vom Hafen zu nehmen und dem Kurfürſten das be-
trügeriſche Verfahren vor Augen zu legen. Moſer Mann. 1,
202 ꝛc., u. ohne Zuſatz, nahe an Decke grenzend, vgl.:
(veralt.): Solches iſt noch zugedeckt ... Bis wir’s ohne D.
und Fürhang vor Augen ſehen. Luther 6, 203b; 243a ꝛc.,
jetzt gewöhnl.: Treibet allen Muthwillen unter dem D.,
daß ſie es thun aus Liebe. Luther 5, 355b; Weish. 17, 3;
1. Petr. 2, 16; Kunſt, die ſich die Spitzbuben zum D. für
ihre Hauptgeſchäfte wählen. Lichtenberg 4, 530; Zum D. ih-
rer Liebeshändel heirathen. 150 ꝛc. 3) in vielen techn.
Anwendungen, z. B.: D. über die Mündung von
Mörſern und Haubitzen ꝛc., von Dampfkeſſeln ꝛc., von
Paſtetchen u. ä. m., namentl. auch: a) Bauk.: der
den oberſten Theil des Würfels bedeckende Theil des
Säulenſtuhls. b) Bot.: der obre abfallende Theil
eines quer aufſpringenden Samenbehältniſſes, im
Ggſtz. zum untern, dem bleibenden „Schlauch“.
c) Buchb.: der Umſchlag eines Hefts und der Ein-
band eines Buchs, ſ. Decke 2b. d) Hüttenw.:
das oberſte Brett der Blaſebälge. e) die oberſte und
der unterſte in dem zu einem Ankerſchaft zuſammen-
gelegten PackEiſenſtangen. f) das Kothblech an der
Lünſe oder dem Achsnagel eines Wagens. g) Zool.:
bei vielen Schnecken der Verſchluß der Mündung; bei
Muſcheln, z. B. bei Auſtern, die größre gewölbte
Schale ꝛc. 4) auch ſonſt zuweilen = Bedeckung,
namentl. volksthümlich = Hut: Den D. vom Kopfe!
Holtei Lammf. 1, 90.
Anm. S. Decke Anm., wofür zumal in der ältern
Sprache oft D. vorkommt (ſ. 2), doch wohl nur Druckfehler:
Strich die D. [des Betts] glatt. Prutz Eng. 1, 347. Vgl.
die mundartl. Verkl.: das Deckel = Deckchen, Decklein.
Zſſtzg. zahlreich, wobei das Bſtw. außer dem Stoff:
Glas-, Holz-, Metall-, Porzellan-D. ꝛc., namentl. auch
den bedeckten Ggſtd. bezeichnet, z. B.: Āūg(en)-:
Augenlid: Daß ihre Lippen und Wangen ſich zu färben an-
fingen, ihre A. ſich hoben. W. 18, 105; Klinger Th. 2,201 ꝛc.
Brúnnen-. Bǖcher- [3c]. Cylinder-: an
der Dampfmaſchine. Bobrick 227b ꝛc. Dámpf-
keſſel-. Dīēbs-: Schimpfwort, eigentl. wohl
Hehler, dann auch Dieb, mit Bezug auf die Zuſammenge-
hörigkeit von Topf und Deckel. Dōſen-.
Eīnlege-: ſ. Preß-D. Kámm-: bei den Rie-
mern das am hintern Pferdegeſchirr unterm Oberblatt
vermittels der Leinſchrauben befeſtigte dreifache lederne
Stück. Kánnen-. Káſten-. Kêhl-: die
Kehle bedeckend. Ule Nat. 4, 59b. Kīēmen-: die
Kiemen der Fiſche bedeckend. Lenz Nat. 2, 48. Kí-
ſten-. Kórb-. Páppen-: bei den Buchbin-
dern die Pappe, nach ihrem Hauptgebrauch zu Bücher-
deckeln, z. B.: G. 31, 15; Stolb. 81; daher auch zu-
weilen Bezeichnung des Buchbinders ſelbſt. Dazu:
Weil er beſtändig buchbinderte und pappendeckelte. OMüller
Bürg. 53, Buchbinderarbeit machen. Pfán-
n (en)-: an Gewehren. Karmarſch 2, 85. Préß-:
Buchdr.: der mit dem Kranz und dem Rähmchen
verbundne viereckige Rahm, beſtehnd aus dem größern
oder äußern und aus dem kleinern, innern Deckel, dem
ſogenannten Einlege-Deckel oder Tympan, zwiſchen de-
nen beiden der ſogenannte Filz liegt. Karmarſch 1, 395.
Pútz-: in der Baumwollenſpinnerei, zum Abſtrei-
fen der beim Strecken an den Druckwalzen hängen ge-
bliebenen Baumwollenfaſern. Karmarſch 1, 128.
Sárg-: Deckel der Bahre. Er ward aufgethan ..... gleich
flog der S. wieder zu. Sch. 136 a. Schábbes-
[4]: Sabbathhut der Juden. Heine Rom. 261, ſ. From-
mann 5, 469. Schálks-: ſ. Diebs-D. Schánd-:
1) ſeem.: = Schanddeck. 2) [2]: Ein ſchädlicher
Sch. und macht außen einen guten Schein, da inwendig nichts
Gutes iſt. Luther. Schélmen-: ſ. Diebs-D. Muſäus
M. 5, 103. Schnápp-: der zuſchnappend eine Off-
nung verſchließt, z. B. bei Wolfsgruben. Döbel 2, 133.
Tópf-. u. ä. m.