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dämmern
Dä́mmern; 1) intr. (haben): dämmrig, von mat-
tem Licht erleuchtet ſein, ſchimmern, ſo nam.: a) von
dem Halbdunkel unmittelbar vor Auf- oder nach Unter-
gang der Sonne: Es, der Morgen, Tag, Abend dämmert;
Die d–de Eos. V. Od. 2, 1; In d–der Frühe. Ov. 1, 39;
Scheide des Tags und der Nacht, ein d–des Zweilicht. 214;
Heil! ſchon dämmert der Tag edeler Heinriche. Gd. 3, 13;
215; Am morgen-d–den Himmel. W. 20, 107; In der
abend-d–den Gegend. Lewald roth. E. 74. b) auch
ſonſt = ſchimmern und zwar ſowohl von dem matt
leuchtenden Licht, als von den dadurch erleuchteten Din-
gen, oft übertr.: Sein Auge dämmert in Thränen. Arndt
149; Sah den aufgehenden Mond am Horizont d. Chamiſſo
4, 274; Blutig d–de Gluth [der untergehnden Sonne].
3, 232; Haller, deſſen Lied mehr dämmert als tagt. Danzel
128; Wie ſo geſchwinde | dämmert und blickt [leuchtet] und
ſchwindet die Luſt! G. 8, 118; Dunſt’ge Fackeln .. d. 12,
35; Vor ihm ſahen wir eine Reihe von Schneegebirgen, d–der
liegen. 14, 194; In einem d–den Zimmer. Gutzkow 3, 130;
Die ſternhelle mond-d–de Nacht. R. 2, 369; Etwas mehr
D–des, Umflortes. 9, 90; Wo die Gebirgskette ... dämmert.
Hölderlin H. 1, 34; Zum Ziele, wo der junge Freiſtaat däm-
mert. 2, 29; Eine Geſtalt d–d in mildem Glanz. Hölty 128;
Da ... mir der leuchtende Gott nur durch d–de Wolken her-
vorſcheint. Knebel 3, 78; Der ſilberne Waſſerſpiegel .. däm-
merte ins Dunkelblaue. Sealsfield Leg. 1, 75; Es herrſchte
drin der ſanfte d–de Tag, | das Dunkelhell. W. 15, 45 ꝛc.
c) oft (ſ. a) auch von dem träumeriſchen Zuſtand
der Sinne zw. dunkler unklarer Ahnung ꝛc. und wachem,
klarem Bewuſſtſein: Aus meinem d–den Traumzuſtande.
Arndt E. 192; Die d–den Jugendträume ſind zu ſonnigen
Tagesgeſtalten geworden. Auerbach Tageb. 4; Stilles Mor-
gen-D. der Gedanken. 69; Ließ die Schatten d–der Ge-
ſichte | jubelnd fahren für die Wirklichkeit. Freiligrath 2, 63;
Iſt Das Leben? | iſt’s Traum? ... Ich dämmre, ich ſchwanke.
G. 8, 176; Ein großes d–des Ganze ruht vor unſerer Seele.
14, 32; Ein Gefühl ohne Gleichen und doch kommt es dem
d–den Traum am nächſten. 143; Indeß war dieſer Zuſtand
immerfort nur d–d, nirgends fand ich Aufklärung. 40, 419;
Das d–de, träumeriſche Gefühl der Wehmuth. Gutzkow R. 2,
106; Es dämmerte [ging aus dem Dunkel allmählich
zur Klarheit über] mir wunderbar in der Seele bei ſeiner
Rede. Hölderlin H. 2, 66; Dem jungen Mann dämmerte
furchtbare Aufklärung. Prutz Eng. 3, 298; 2, 121; V. Ant.
1, 8 u. o. Daher d) von träumeriſchem Thun und
Treiben, halber Unthätigkeit, wie ſie in der Dämmer-
ſtunde gew. iſt: Nicht viel d., ruhn und ſäumen. G. Zelt.
4, 131. –- e) von gedanken-, halb bewuſſtloſem Schlen-
dern (ſ. dammeln) und vgl. Vollmann 121 als Zeitw.
der Bewegung, wenn die Ortsverändrung hervorgehoben
wird, mit „ſein“: Der, .. um ſich zu erholen, nach Frank-
reich gedämmert [war]. Heine Lut. 2, 195; Topp! eine at-
tiſche Nacht! ... laß uns d.! Klencke Parn. 1, 47; Jeder
dämmert auf dieſes Erdenrund ſein Fleckchen. FMüller F. 46
ꝛc. f) vom Halbſchlaf, Druſeln (ſ. d.): Eingeſchlafen,
ohne D. Auerbach Barf. 6; Ein bischen d., wie ſie den dienſt-
erlaubten Halbſchlaf nannten. Gutzkow R. 4, 372; 380;
Ich mochte gedämmert haben, wie man dort den Zuſtand
nennt, wo man zwiſchen Schlafen und Wachen ſchwebt. Höfer
Schw. 151; Das magſt du | wohl der Mutter erzählen, die
früh im Bette noch dämmert. V. Th. 10, 58 u. ä. m.
2) tr. und refl.: vgl. 1b und z. B.: Der Sonne gleich,
vor deren Angeſichte | die Regenwolke d–d ſchwebt. Alxinger
D. 36; Wie unter den d–den Thränen ſein Phöbusauge durch-
ſtrahlt. Hölderlin H. 2, 33; aber auch mitausdrückl. Obj.:
Thränen dämmerten den Blick. Tieck 4, 311; Bis zu einer
fernen Wolke | ſich ſein Rettungsſegel dämmert. H. 16, 69.
Anm. S. dämeln, Anm.
Zſſtzg. vielfach, vgl. die von ſchimmern, glänzen,
ſcheinen (als intr. vielfach mit „ſein“), z. B.: Ab-,
intr. (ſein): 1) [1a und b] dämmernd abblaſſen: Die
Wolken .. ſinken entglüht .. bald a–d ins Grau. Baggeſen 2,
93. 2) [1e] dämmernd, ſchlendernd abgehen.
Án-, intr. (ſein): dämmernd [1a] nahen und tr.:
dämmernd anſcheinen: Nichts unterbrach die Ruhe des
langſam a–den Morgens. Mörike N. 1, 266; Proſt G. war
vom Lampenlicht der Studien ſeit Jahren ſchon nicht ange-
dämmert. Gutzkow R. 3, 232; Vom Mond ſanft bläulich an-
gedämmert. Zaubr. 2, 311; 348; In des Lichts Andäm-
merung. V. Ant. 1, 350. Āūf-, intr. (ſein und
haben): dämmernd aufſteigen: Mit dem erſten lichten
Grau, das im Oſten aufdämmerte. Auerbach Dorf. 4,
199; Ein Bewuſſtſein der innern Verwahrloſung däm-
merte in ihr auf. 264; Wo .. der Menſchenverſtand ..
aufdämmert. Forſter Anſ. 3, 74; Der Morgen dämmert auf.
G. 11, 206; 14, 92; Dunkler a–der Zuſtand. 34, 348;
Daß ich einen Widerſchein der goldnen Zeiten der Jugend und
Liebe in meiner Seele a. ſah. 9, 324; Manchmal dämmern
leiſe Träume von Sorglichkeit wieder auf. Stein 1, 131;
Dämmert endlich mein Traum heiter zum Leben auf. Hölty
159; Sonnen ſind ihm aufgedämmert. Sch. 4a; Fern
dämmre ſchon in eurem Spiegel | das kommende Jahrhundert
auf. 26a; Große Gedanken dämmern auf in meiner Seele.
108a; 1030a; Die Morgenröthe der Freiheit dämmert auf.
Stahr Rep. 1, 229; Im a–den Dunkel. Tieck Acc. 2, 72;
82; Mit dem a–den Monde. Voigts H. 161; Auch morgen |
wird ja ein Tag a. V. Od. 4, 194; 10, 187; Gd. 1, 67;
Wovon in meiner erſten Jugend nur der ſchwache Schimmer
leiſer Vorempfindungen in meiner Seele aufgedämmert hatte.
W. 17, 9; 20, 236; 324 ꝛc. 2) [1f] dämmernd oder
mit halb klarem Bewuſſtſein aufwachen: Wenn ich von
ſchweren Träumen aufdämmre. G. 14, 63; Dämmert es [das
Kind] auf unter Gewimmer und Schlaf. Knebel 1, 12.
Āūs- [1e und f]. Be-, tr.: dämmrig machen:
Weil Luna | halb die bedämmerte Bahn der Sonne erſchrit-
ten. B. 245a, ſ. Über-d. I. Dúrch-, intr. (haben):
dämmernd durchſcheinen: Dieſer Hintergedanke dämmert
überall durch. Heine Lut. 2, 74 ꝛc. II. Durch-, tr.:
mit Dämmerlicht durchdringen: Der hochgeſäulten Hallen |
durchdämmerte Gewölbe. V. 4, 165. Eīn- [1f]: intr.
(ſein): einſchlafen und tr.: einſchläfern: Und ich däm-
mert’ ein. G. 1, 57; Myſterien, in welche ſeine Beförderer
ihn eingedämmert. V. Ant. 1, 370. Empōr-: auf-d.:
Im Oſten dämmert ſchon der junge Tag empor. Stahr Rep.
1, 302; Goldne Bilder dämmerten wieder empor in meinem
Gedächtniſſe. Heine Sal. 1, XI; Höfer V. 292 ꝛc. Ent-,
intr. (ſein): dämmernd entſtrahlen, hervorkommen:
Meine Kindheit | entdämmert golden aus dem dichten Schat-
ten. Tieck 10, 80. Entgêgen-: Das neunzehnte
Jahrhundert, das uns ſchon entgegenzudämmern anfängt. W.
32, 29. Er-, intr. (haben, ſein): dämmernd er-
ſtrahlen: Mein holzgetäfelt Zimmer | erdämmert roſig. Gei-
bel Jun. 102. Fórt-: weiter ſchimmern, träumen
ꝛc. Kinkel Erz. 36; Stahr Par. 1, 179 ꝛc. Hêr- ꝛc.:
Der herandämmernde Abend. Muſäus M. 5, 74; Morgen.
1, 65. Der Morgen dämmerte ... herauf. 3, 99; Dir
dämmert das Licht aus Finſternis hervor. 3, 66; G. 16, 24
ꝛc., auch tr.: Wenn man durch gedankenloſes Stieren und
Starren Plane hervor-d. möchte. Jahn M. 129. Herum-d–de
[1e] Landleute. Keler gH. 4, 242. Hín-: nam. [1e]
hinſchlendern ꝛc.: Träumeriſches H. Auerbach Barf. 49;
Ich dämmerte ſo hin. G. 22, 230; Die ... im Sinnentau-
mel h–de Maſſe. Gutzkow R. 9, 362; Fluß, an deſſen Ufer
man ſo angenehm hindämmert. Hackländer Stillfr. 2, 188;
Ich weint’ h–d [1c] in geiſtumnebelndem Weinrauſch. Wiedaſch
Od. 19, 122 ꝛc. Ich hab ... ihr [der Sonne] zugeſehn
hinabdämmern. Keſtner 114. Nāch-: nachſchimmern:
Die unvergeßliche Schönheit .. dämmert nach in dieſem blaſ-
ſen edeln Angeſichte. König Jer. 2, 238. Nīēder-:
Wie hier in jugendlicher Pracht | der ganze Himmel nieder-
dämmert. Sch. (ſ. Boas 1, 121). Über-, tr.: mit
Dämmerlicht überſcheinen: Der Mond überdämmert die
Gegend. Um-, tr.: mit Dämmer umgeben: Daß eine
Art von Wolken .. ihr den Anblick der himmliſchen Genoſſen
eine Zeit lang umdämmerte. G. 19, 172; Was für ein
Schimmer | umdämmert mich! Gotter 2, 91; Es umdämmert
mich die Nacht der Wehmuth. Gutzkow 3, 24; 53; Ja-
cobi Ir. 8, 960; Den Wald, der dich umdämmert. HKleiſt
Hinterl. 209; Ein leiſer Schlaf umdämmerte [1f] ihre Sinne.
Mörike N. 474; Die mond-umdämmerte Gegend. V. 1, 123;
In blühender Bäum’ Umdämmerung. 3, 50; Ov. 1, 226; Die
blau-umdämmerte Meerfluth. Wiedaſch Od. 12, 285 ꝛc.
Umhêr- [1e]: Das planloſe U. in Buſch u. Feld. Gutzkow R.
6, 215. Ver-, intr. (ſein): in mattem Licht, Glanz
verſchwinden; tr.: ſo verſchwinden machen, verdunkeln,
verträumen; dämmernd in Unthätigkeit verbrin-
gen ꝛc.: Nach traurigem Schlaf, der trübliche Jahre ver-
dämmert. Arndt 254; Die ſonnenklare Wahrheit, die ſie ..
mit Mondſcheinlicht ver-d. Börne 3, 219; 5, 10; [Bei der
Flaſche] verdämmert man am beſten die langen Stunden.
Gotthelf U. 2, 36; Seine Gedanken verdämmerten in Wonne
und in Schmerz. Kinkel Erz. 22; 35; Gd. 31; König Kl.
1, 50; Wer die günſtige Gelegenheit verdämmert. Rückert
Weish. 4, 283; Wodurch ſie das .. Gefühl ver-d. und un-
kenntlich machen. Tieck Nov. 5, 115; Voigts H. 223; Die
Nacht verdämmert, Dämmrung ſchwindet. V. 3, 175; In
v–dem Glanze des Abends. 2, 124; Was du .. lange ver-
dämmert [vergeſſen] haſt. Ant. 1, 44; 33 ꝛc.; In dem ſanf-
teren Glanz der Verdämmerung. Baggeſen 1, 5. Vōr-,
intr. (ſein): dämmernd vortreten: Bei v–der Früh. Bag-
geſen 1, 235 ꝛc. tr.: Dafür wird .. den Lehrlingen vor-
gedämmert [blauer Dunſt vorgemacht, vorgeſchwatzt].
V. A. 1, 35 ꝛc. Zuſámmen - [2]: Die Geſchichte ..
dämmert ſich allmählich in meinem Kopf zu einem feinen Mär-
chen zuſammen. W. Merck 2, 122 u. ä. m.