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Bürsch
Bürſch
Lehr-, Leib-, Mahl-, Mühl-, Müller-, Reit(er)-,
Ruder-, Schäfer-, Schiffer-, Schneider-, Schu-
ſter, Stall- [ſ. 1] B. u. ä. m. Nach dem heute
gewöhnl. Gebrauche gilt B. bei den Handwerkern all-
gemein nicht mehr für Geſelle (doch ſ. 1), ſondern für
Lehrling, vgl. z. B.: Ein Meiſter, der .. mehrere Geſellen
und Lehrburſche beſchäftigen konnte. G. 18, 17; doch
z. B. auch: „Was iſt das, ein Barbiergeſelle?“’. . Burſche,
die den Leuten den Bart abmachen [ſ. 4]. Stilling 1, 56;
Jäger-B–e im Ggſtz. der noch in der Lehre ſtehenden
Jäger-Jungen. Döbel 4, 58b ff. 4) junger Menſch,
Junggeſell ꝛc., oft zur Bezeichnung des Tüchtigen, Fri-
ſchen, Kräftigen ꝛc., zuweilen aber auch mit verächt-
lichem Nebenſinn des Niedrigen, Unſelbſtändigen ꝛc.
(vgl. Bube, Kerl u. ä. m.): Junge unverſchämte B–e.
Forſter R. 1, 249; Die jungen B–e, die Leinwandvollkleckſer.
Gutzkow R. 4, 311; Geputzte Männer, lockre B–e. 8, 58;
Die jungen B–e müſſen ſpielen [looſen, ob ſie Soldat wer-
den]. Hebel 3, 30; Gewinne ein paar beherzte und vertraute
Purſche [Kameraden]. 104; Ich und 2 B–e [1] trugen
flugs | ihn zu dem Feldſcheer aus der Schlacht. Hölty 26;
Alter B., rief der Fremde mit einem zornigen Augenblitz.
Paalzow Th. Th. 2, 27; Ein ſtrammer B. Prutz Woch. 112;
Ein naſeweiſer B. Ramler F. 3, 101; Schlechte B–e zu ent-
larven. Sch. 627b ꝛc. ’S iſt ein grünes Bürſchchen noch.
Droyſen Ar. 3, 83; Wo iſt nun dein Bürſchchen von Neffen,
wo iſt der junge Fant? Roquette Hühn. 188; Du ſcheinſt mir
ein ungezogenes Bürſchchen zu ſein. W. 19, 210; Jäger-
bürſchchen. Eichendorf Lärm. 10; Bürſchle. Tieck Nov. 5, 95;
Vürſchelchen. Ar. 3, 101 ꝛc. Bauern-B. Gutzkow
R. 2, 28; Dorf-B. Kinkel E. 408; Der bravſte Jung-B.
im Dorfe. vHorn rhD. 2, 261; Daß ich bald für einen Teu-
fels-B–en [verteufelt gelehrter Menſch ꝛc.] galt. Keler
gH. 2, 171 ꝛc.; Haus-B. [3], auch ein bei Einem zur
Miethe wohnender Burſch, Junggeſell, Student ꝛc.
5) übertr.: Die Mutter war in ihren jungen Jahren ein
luſtiger B. Auerbach Gv. 463; Zwei flinke B–e aus der
Höllenbande [Teufel]. Lenau Alb. 99; auch auf Thiere:
Das [die Fiſche] ſind fette B–e. G. 8, 224; Ungefähr nach
einer Stunde | kriegten wir den B–en [Eber] auf. Müllner
2, 34 ꝛc., und ſelbſt von [perſönlich aufgefaßten] Sa-
chen: Habe den B–en [das Schiff] heute früh durch mein
Glas geſehen. Mügge Vogt 2, 214 u. ä. m.
Anm. S. Börſe. Wie dies, urſprüngl. fem., aus dem
lat. bursa (gr. ύροα), in der Bed. lederner Geldbeutel,
Kaſſe, Stipendienkaſſe, dann die daraus Unterſtützung empfan-
genden, in einer Genoſſenſchaft lebenden Studenten, und ſo
auch allgemein die Genoſſenſchaft, z. B.: Eine Rotte oder
Burs Kriegsleut. Daſypod. 41b; Pictorius 83b; 321b;
Friſch 1, 157; Schmeller 1, 201 ff. ꝛc.; Dazu einige leicht
zu mehrende Bſp.: Bei demſelben Kamine war eine liederliche
B., allerlei Laggai [Lakaien]. SClara EfA. 2, 573; Da ſich
jetziger Zeit die tolle B. mit den grauſamen türkiſchen Kne-
beln [Bärten] verſtellet. Garzoni 353a; Sagt eurer Mit-
purſch! Opitz 1, 17 v. 262; Die ſaubern Burs der alten
Götter. JRiſt; Die naſſe Burs, | in Schuppen glatt bekleidet
[der Fiſche]. Spee Trutzn. 136; Unter luſtiger B. Zinkgräf 2,
66; 69; Ein B. oder Tiſch voll Studenten lachten Einen am
Tiſch aus. 3, 208 ꝛc.; ſo mit dem Zw. in der Mz. oft,
z. B.: Als der Kurfürſt eine weite Reiſe vorhatte, darzu die
Hofburſch Kleider . .. beſtellet hatten. 2, 264; Deß lachten
die Hofburſch. 272 u. ä. m., woraus ſich denn für das frühre
Burs- oder Burſch-Geſell (z. B. Weidner 67) ein Burſch(e)
als Ez. entwickelte (vgl. Frauenzimmer). Im Anlaut fin-
det ſich auch P., im Auslaut –s, ſch, ſcht, ſo z. B.: Der jun-
gen Burſcht (den jungen Leuten) . . ein Trinkgeld zukommen
zu laſſen. Gotthelf G. 183. Neben der heute gewöhnlichſten
Mz. Burſch–en findet ſich auch noch ſehr oft -e (ſ. o.).
Fortbildungen ſ. folg., namentl. auch: Burſchieren wie
burſchen. Kirchhof Mil. Disc. 116; Sich burſen. Stalder
1, 246, ſich zuſammenthun, geſellen, verſammeln; dann auch:
ein burſchikoſes, luſtiges Leben führen. Spate 135, oft bei
HSachs z. B. 3, 2, 59b; 73b; 116b ꝛc. Ebenſo auch
bürſchten oder bürſten (ſ. d. 3) = zechen, trinken, was
nachher auf „Bürſte“ umgedeutet wurde, ſo daß es heißt:
Saufen wie die Bürſtenbinder und ſchleſ.: Igel (ſ. d. 2g)
bürſten. Frommann 3, 419; 4, 172, wohl mit Anſpielung
auf die „Borſten oder Bürſten“.