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brechen
I. Bréchen; brāch, brǟche; gebróchen; brichst, bricht, brich, intr. (gw. mit „sein“):
zumeist von festen Körpern durch plötzliche, gewaltsame Trennung der Theilung krachend entzweigehn, platzen, zerschellen etc. und tr.: so entzweigehn machen, zuw. auch refl.
1) Sinnverwdt: Krachen bez. den Ton, der gw. das Brechen begleitet, aber auch ohne dies vorkommen kann, ihm zuw. verkündend voraufgeht: Das Eis kracht, eh es bricht; Stille, Liebchen, mein Herz! | Kracht’s gleich, bricht’s doch nicht; | bricht’s gleich bricht’s (s. 2n) nicht mit dir. G. 1, 55; Himmel und Erde krachen, als ein alt Haus, das schier einfallen und b. will. Luther 5, 530a, vgl.: Knacket . . ., als wollt sie schier b. und fallen. 1a. Bersten (s. d.) ist schwächer als brechen, indem der Zusammenhang der Theile dadurch noch nicht ganz aufgehoben ist: Ein geborstnes Glas hat eine Spalte, doch hängen die Theile noch zusammen; Glück und Glas, wie bald bricht das! [geht vollständig entzwei]; Berstendes Eis, nicht aber b–des, trägt noch den darauf Stehenden; Überall berstet die Erdrinde in dieser Weise, wenn sie bricht. Burmeister Gsch. 120 etc. Reißen und b. untersch. sich nam. dadurch, daß Jenes die bestimmte Beziehung auf die Richtung und Ausdehnung in die Länge bez., Dies aber im Ggstz. dazu auf die Quere oder allgemein ein Aufheben des Zusammenhangs dadurch, daß die einzelnen Theile, nach verschiedenen Richtungen hin ausgedehnt, eine Verrückung erleiden; von brechenden aber wie von reißenden Körpern heißt es, wenn man nur auf den plötzlich unter hellklingendem Ton eintretenden Erfolg der Trennung sieht: sie springen: Eine Violinsaite, ein Glas springt etc. Latten werden gerissen, indem das Holz der Länge nach gespalten wird; Ein Stück Holz wird der Quere nach „über’s Knie gebrochen“. Kaufleute reißen Seidenzeuge der Länge des Fadens nach entzwei; Das Seidenzeug bricht, wenn es ohne Bezug auf eine bestimmte Richtung z. B. in den Falten Risse bekommt. Ein zu sehr ausgedehnter Strick reißt; Wenn jedes Fädchen | reißt und jedes Rädchen bricht. Rabe Mecklenb. (48) 24; Seine Fesseln zerbricht der Mensch. Der Beglückte! Zerriss’ er | mit den Fesseln der Furcht nur nicht die Zügel der Scham. Sch. 76b; Die Tischplatte, auf der eine zu schwere Last liegt, biegt sich erst und bricht dann unter der Last; Willst du sie biegen, sie bricht. G. 4, 44; Etwas muß biegen (s. d.) oder b. [sich fügen oder gewaltsam entzwei gehn]. L. 12, 396 u. v.; Die Bäume b. fast unter ihrem Segen. Sch. 125a; Die unter ihrer Last b–den Tische. Temme schw.M. 1, 37; Das Haus war . . . zum B. voll. Zelter 1, 372; Bis zum B. voll. L. 13, 300; Spanne nicht den Bogen . . ., so lange bis er bricht. W. 20, 325; Die starken Bäume b. zuerst Kinkel Erz. 253; Zu fein geschärfet, daß die Spitze brach. Sch. 432b. Es versteht sich, daß in einzelnen Fällen b. mit den sinnverwandten Wörtern wechseln kann, z. B.: Wenn alle Sträng’ b. [gw.: reißen] = im schlimmsten Fall. Auerbach Dorf 4, 15; Der Faden brach. V. 3, 155 [Der Faden riß entzwei. G. 1, 162]; Wer zu reinen Faden spinnt, dem bricht er leichtlich. Zinkgräf 1, 159; Da brach Hans Joggi der Faden der Geduld. Gotthelf Sch. 338; Da bricht uns die Geduld! G. 1, 182; Wie ein Vogel, der den Faden brach. 1, 77 [zerriß]; W. 11, 169; Treu dem dich einhüllenden Gespinnste, bis . .. die Hülle bricht. Gutzkow R. 1, 10; Wie sollt’ ich scheiden aus dem Bunde, der die Wesen all verknüpft? Der bricht so leicht, wie die losen Bande dieser Zeit. Hölderlin H. 2, 102 (s. 2m) etc.
2) tr.: Etwas brechen, entzwei-, zerbrechen, so daß es in Stücke geht, und entsprechend intr. (s. 1): Stahl und Eisen bricht, | aber unsre Freundschaft nicht; Die Noth bricht Eisen. Chamisso 5, 149; Irdnes Geschirr bricht leicht; Der eine Bruder brach Töpfe, der andere Krüge. G. 3, 179 etc.; Wir b. den Schmuck auseinander. 10, 25; Schiffbrechende Gewitter. Sch. 557a; Die Wolke bricht, platzt, s. o.
a) Flachs b., ihn mittels der Breche (s. d., Anm.) quetschen und so den Bast von der Schäbe befreien: Brecht den Flachs! V. 3, 132; Brich, du armer Flachs! ebd.
b) Den Acker b. (s. brachen 2), ihn umbrechen, mit dem Pflug umwühlen, die Erdschollen aufwühlen: Daß er den Acker bricht, pflügt und säet. Luther 6, 134a. Ahnlich: So die Sauen in die Erde wühlen, heißt es b. Döbel 1, 25b; Wie die Frischlinge b. 37a; Fleming J. 100b etc.
c) Brot b., nam. oft in der Bibel: Brich dem Hungrigen dein Brot [Gieb ihm zu essen]. Jes. 58, 7. Dazu wohl auch die Redens- art: Nichts zu beißen und zu b. [oder zu brocken] haben. Getreide, Malz b., es schroten, auf der Mühle gröblich zermalmen.
d) Einen Stab b., auch als Symbol für das gebrochne, verwirkte Leben des verurtheilten Verbrechers. Man beachte die Fügung: Der Stab wird nicht über sie gebrochen, sie stirbt von des Zufalls Mörderhand. Börne 1, 77; Brich den Stab denn über deine Seele. Chamisso 4, 192; 49;. Sch. 119b u. 0., aber auch (s. über): Du hast den Stab gebrochen über mir. Hölderlin H. 1, 76; Waldau N. 3, 260 etc.; oder mit bloßem Dat.: Ketzer, denen ihr den Stab gebrochen. Chamisso 4, 44; Auch dieser Gattung den Stab b. [sie verurtheilen, verwerfen]. Heine Reis. 3, 113; Müllner 2, 16; Sch. 255b; Tieck Nov. 4, 73; Waldau Nat. 1, 95 etc.; zuw. auch intr.: Die Glocke ruft, das Stäbchen bricht. G. 11, 206 etc.
e) Wo Gott nicht gewehret und allzeit die Schanz gebrochen hätte. Luther 8, 249b; So manches feste Schloß mit Mauerkranze brach er. Rückert Rost. 94b; Die Königsburg hier b. 53a; Sch. 530b; Brecht das Gerüste, sprengt die Bogen 547b etc.; auch intr.: Es b. fast der Bühne Stützen. 58a (s. 1); Mauern und Paläste b. Chamisso 3, 243; Die Mauer bricht, sie sind hindurchgedrungen. Lenau Alb. 111 (vgl. Bresche). Auch hier symbolisch (vgl. Bankerott): Ein Haus bricht, erklärt sich zahlungsunfähig, mit „sein“: Weil eben damal zwei nicht unansehnliche Häuser gebrochen waren. Engel 12, 259; aber auch mit „haben“: Jenes Haus hat gebrochen. V. Sh. 1, 538.
f) Eine Lanze b. etc., in den Ritterspielen, Turnieren, und übertr.: Hutten mit Obskuren | derbe Lanzenkiele brach. G. 6, 32; Der nie bricht die Lanz’ an einem Wicht. Rückert Rost. 64b; Mak. 2, 239; Ein Speerchen . .. b. W. 20, 57; 11, 63 etc., veralt. zuw. auch mit ausgelassnem Obj.: Mit Reiten, Stechen und B. Steinhöwel Dekam. 1, 255, 6 etc.; auch intr.: Pfeil und Wurfspieß brachen an mir. Schubart, Wackernagel 2, 1113 (s. 2o).
g) Glieder des Körpers b. etc.; Als vom Krampf sein Magen brach. Hagedorn 2, 261 etc. Früher auch, doch gw. nur im Part. von Personen und Thieren: Keiner . . ., der gebrochen ist. 3. Mos. 21, 20 (,,der zerdrückte Hoden hat“. Zunz); So ein Pferd gebrochen [wund auf dem Rücken] gewesen. Ryff Th. 39; Scuter 425 etc. (versch. s. p); (Einem), (sich) Hals, Genick, eine Rippe, Arm und Bein b. etc. 2. Mos. 14, 13; 34, 20; 1. Sam. 2, 31 etc.; Glücklich d. i. ohne Hals- und Beinbrechen angekommen. Forster Br. 1, 173; Und wenn den Hals der Eine brach, | der Andre bleibt verwegen. G. 4, 25; Chamisso 3, 201; 241; Daß Ihr einander die Hälse brecht. Sch. 657a; Das bricht ihm den Hals. G. 9, 291 = stürzt ihn ins Verderben etc.; scherzh. auch: Einer Flasche den Hals b., sie, d. i. ihren Inhalt vertilgen, austrinken. Oft im Part.: Das halsbrechende Manöver. Gutzkow R. 4, 195; Halsbrechende Arbeit. Sch. 109a [sehr gefährlich]. Ähnlich auch übertr.: Sich den Kopf b., seinen Kopf, Verstand übermäßig anstrengen durch Sinnen über Etwas, gw. zerbrechen: Zerbrecht euch die Köpfe nicht! G. 15, 20; 4, 1; aber auch: Sie b. sich den Kopf? es ist vergebne Müh. 7, 80, und gw. im Infin.: Giebt mir diese Geschichte Kopfbrechens genug. Sealsfield Leg. 2, -138; Rastlos kopf-b. und grübeln. V. 1, 174 (s. m: ehebrechen) etc. Mein Stolz hat ihm das Herz gebrochen. G. 8, 95; Daß mir nicht das Herz vor Füll und Freude b. sollte. 123; 99 u. o., meist von überwältigendem Schmerz, und so auch übertr.: Dem der Gram die Seele bricht. 105 etc.; Herz-b–der Jammer; An gebrochnem Herzen sterben etc.; Den kurzen Athem einer b–den Brust. IP. 2, 127; Wenn dem Menschen alle Sinne b. 40, 197 etc. Das Auge eines Sterbenden bricht, verliert Sehkraft und Glanz, wird starr, so auch das Auge des Schmachtenden, von heftiger Sehnsucht Ergriffnen (P. 22, 211). Bis Morpheus [der Schlaf] ihm [dem Zecher] die starren Augen bricht. Gotter 1, 42 etc.; übertr.: Des Tages Flammenauge selber bricht | in süßem Tod. Sch. 47b etc. Augebrechend [mit brechendem Auge] lag er da. H. 15, 115; veralt. ref.: Sein Herze pocht schon schwach, sein trübes Auge bricht sich [spätre Lesart: Auge bricht]. Haler 56.
h) ähnlich (s. g): Fragte er mit gebrochner [matter, stockender] Stimme. G. 16, 268; Von Thränen gehindert ... fortzufahren ..., bis sich wieder die Stimme leise, in gebrochenen Lauten darein mischte. 160; Wenn tiefe Seufzer meine Stimmeb. [stocken machen, unterbrechen]. 35, 273; Von kurzer meistens und gebrochner Ruh. H. 16, 116; Hier brach dem edlen Greis die Stimme. W. 11, 120; Mit der sanftesten, vom heftigsten Mitleid b–den Stimme. IP. 1, 76; Mit b–dem Laut. Sch. 199b; Der halbgebrochne Ton | der Wollust. Alxinger D. 76 [der vor Erregung nur in Absätzen und Unterbrechungen laut wird]; Doch lässt sich dann und wann | ein halbgebrochner Laut aus ihrem Munde hören, | der nicht zusammenhängt und Wenig sagen kann. Lichtwer 82; Rief kläglich mit gebrochnen Worten. Ramler F. 1, 46. So auch, aber gewöhnl. nur im Part. = geradebrecht (s. d.), doch edler: Indem sie [Mignon] ein gebrochnes, mit Französisch und Jtalienisch durchflochtenes Deutsch sprach. G. 16, 126; Die kindliche Unschuld des Ausdrucks [in Mignon’s Lied] verschwand, indem die gebrochene Sprache übereinstimmend und das Unzusammenhängende verbunden ward. 170.
i) Ein Wort b. [versch. m.], einen Vers b., beim Schreiben und Drucken, wenn sie in einer Zeile nicht ganz Platz finden, sie theilweise in die folgende setzen: Daß sich im Drucken die Zeilen so garstigb. L. 12, 517, 519; Ein Accord in der Musik ist gebrochen, 26* wenn die Töne desselben nicht gleichzeitig, sondern rasch hintereinander angegeben werden. Gewöhnl. nur im Partic.: Gebrochne Zahlen, im Ggstz. der ganzen Brüche. k) tr.: Etwas Geschlossenes gewaltsam trennen, auf-, auseinanderbrechen, es spaltend theilen, öffnen, und intr.: durch solche Trennung, mit Überwindung entgegenstehnder Hindernisse irgend wohin gelangen, zum Vorschein kommen (s. 4cff.): Nüsse, Nußschalen b., gewöhnl. auf-, zer-b.; Dieser Mund .., den dies süße Lächeln bricht. Lenau Neue Gd. 278; Biblisch: Die Mutter [d. i. Gebärmutter] b. 2. Mos. 13, 12 u. o.; Günther 1024; Neulich war die Erde Braut, | itzund liegt sie in den Wochen, | Laub und Blumen, Saat und Kraut | haben die Geburt gebrochen. Fleming 355 etc. (s. 4c ꝛc:).
1) vielfach übertr.: entzwei gehn, zu Ende gehn, wie reißen: Die Geduld, der Faden der Geduld bricht (s. 1); Wann einst sein Lebensfaden bricht. Hagedorn 1, 178 [nach der Mythe, daß die Parzen ihn spinnen]; Wie das Leben bricht von Stund zu Stunde. Lenau Neue Gd. 160; 264; Bis ihm der Tod sein Leben brach. HSachs 3, 3, 3b. Auch: Wie eine Welle, die mit letzter Kraft | am fels’gen Strand ihr flücht’ges Leben bricht. MBeer Arrag. 148 (s. o u. 4a) etc. m) so auch tr.: etwas bisher Bewahrtes, Beobachtetes aufhören lassen (vgl. unterbrechen), etwas heilig und unverletzt zu Bewahrendes, einen geschlossenen Bund (s. k) verletzen: Das Stillschweigen (G. 14, 146), das Schweigen b. Sch. 407b u. o.; Wenn noch ja ein Laut die todte Stille bricht [gewöhnl. unterbricht]. W. 11, 182; Da ich ihm [dem Meere] den Lauf brach [hemmte] mit meinem Damm. Hiob 38, 10; früher z.B. auch: Den Schlaf b. [stören] etc. Ich habe meine Gesetze gebrochen. G. 15, 278; Joh. 7, 23 etc.; Den Sabbath, die Fasten, Feier. Luther 1, 195a; Seinen Bann (s. d. I. u. II. 1); Den Bund. Hesek. 16, 59; Einen Eid, Schwur, sein Wort, Versprechen, einen Vertrag, eine Zusage, den Frieden, die Freundschast, das Gastrecht, die Pflicht, Treu und Glauben, die Ehe b. [wofür im Inf. auchals Zsstzg. „ehebrechen“ vorkommt; aber: Er hat die Ehe gebrochen, vgl. g: kopfbrechen]; Daß sie an dem Enthaupteten Kriegsquartier gebrochen. Zinkgräf 1, 289. n) soauch ohne ausgedrücktes Obj.: Mit Einem, mit Etwas b. [das bisherige freundschaftliche Verhältnis]: Ich ... hüte mich, mit ihm zu b. G. 11, 17; Wir mußten b. 13, 182; W. 12, 46 etc. (s. 4a). o) tr.: Etwas durch ein Entgegenstehndes zerschellen, durch den Widerstand desselben und dessen Einwirkung seine Kraft schwächen und dem entsprechend intr. und refl.: Die Eisböcke b. die Gewalt des Treibeises; Das Eis bricht sich an den Eisböcken (s. 4d); Zugleich ging die See fürchterlich und brach oft über dem Schiffe. Forster R. 1, 66; Die Wellen (s. 1) brachen sich mit ... Ungestüm gegen die Eisinsel. 72; Die Woge, die am Strand sich bricht, | sie bricht ja wie ein Menschenherz. Gottschalk Gött. 7; Des Jammers Fluthen, die auf dieses Haus gestürmt, | ziemt dir zu b., nicht zu häufen Leid auf Leid. Sch. 513b; 349a; Brich des Sturmes Wuth. Gotter 3, 451; Will fluchen, und die Wuth | bricht schäumend jedes Wort an seinen blauen Lippen. W. 20, 126; Wenn sich im Sturm an unsres Herzens Klippen | die Wolke bricht. Göckingk 1, 91 [versch.: Eben deswegen bricht die Wolke, weil es nicht zur rechten Zeit regnete. Leisewitz Jul. 13 = sie platzt, es entsteht ein Wolkenbruch, s. a. und: Die Wolken b. [spalten sich, um die Sonne durchzulassen, metonym. = Die Sonne bricht durch die Wolken s. 4c], die Ufer glänzen hell. Arnim Schaub. 1, 103. Ein wohlthätiger Schweiß trat ein und brach die Krankheit; Die Krankheit, die Kälte hat sich gebrochen (nachgelassen, vgl. 3f); Hatte immer Schmerzen ... Jetzt bricht sich’s. Forster Br. 2, 656; Alkalien b. [schwächen, neutralisieren] die Säure; (Schiff.): Die Last brechen, anfangen auszuladen, zu löschen. Es brach die Wälschen und hob unsern Muth. G. 9, 143; Folge nicht deinen bösen Lüsten, sondern brich [bezähme] deinen Willen. Sir. 18, 30; Jemandes Trotz, Starrsinn, Eigensinn, Festigkeit, Kraft, Muth, Geist, Sinn, Vorsatz etc. b. [vgl. das schwächre beugen]. An deiner Festigkeit laß sich deines Kindes Eigensinn brechen; Es bricht die Macht | der Könige sich an ihren ew’gen Wällen. Sch. 543a; Die Kraft des Geistes .. bricht an dem kolossalen Widerstande der Materie. Tschudi Th. 4; FSchlegel Luc. 80; Rückert Rost. 112b etc.; Den Wein b. s. 3f etc. Ferner s. Unter-b., Anm. p) Man beachte dazu namentl. das Part. etc., nicht bloß: Gebrochen ist in alter Kerkerschmach | der edle Muth. Sch. 428a etc., sondern auch von der Person selbst: Kommt gebrochen ... und voll Schwermuth nach Hause. Merck’s Br. 2, 37; Er fühlte sich gebrochen. Lewald W. 1, 26; Helenens Hingebung .. hatte einen Ausdruckder Gebrochenheit angenommen. 3, 245; Weinte schmerzgebrochen. Rückert Nal. 211; Gramgebrochen. 113; Der ungebrochne Trotz, Held; Brach in Schlachten der Lanze Schaft und des ungebrochnen Rosses Kraft. Rückert Mak. 2, 239 (mundartl.: ein gebrochnes Pferd, wie ähnlich im Engl. ein zugerittnes, versch. g). Ferner z. B.: Wo schiffgebrochen [= schiffbrüchig] mein Gedanke .. trieb. H. 16, 116. 3) B. bezeichnet aberauch, ähnlich wie knicken und beugen, das dem eigentl. B. voraufgeht (s. 1 u. 2o), die Abweichung von der graden Linie unter einem Winkel, das Gebogensein ohne eingetretne Trennung der Theile, z. B. in der Math. eine gebrochne Linie, die ihre Richtung ruckweise ändert, aus graden Linien zusammengesetzt ist, versch. von der krummen. Also müssen die Stangen etwas schräge an das Tuch lang hin zu stehen kommen (heißt nach weidmännischer Art: gebrochen). Döbel 2, 38a.
a) intr.: Mir b. die Kniee, knicken zusammen, sinken ein; Und leichenblaß und zitternd bricht | sie hin zu seinen Füßen. Lenau 1, 269; s. zusammenbrechen.
b) tr.: falten, zusammenlegen: Servietten b.; Einen Brief zu beschneiden, einen Brief zu b. Rabner 3, 7 [früher auch, wofür jetzt gewöhnl. erbrechen = öffnen, z. B. Luther Br. 5, 27 etc.]; Nachdem er die Hände gefaltet und sie gen Himmel gebrochen. Hippel 2, 10; Auf Papier mit gebrochnem Rand schreiben [ dessen unbeschrieben bleibender Rand umgebogen ist]; Das gebrochne Blatt. G. 16, 52 etc.
c) Ein Lichtstrahl bricht sich (versch. 4c) wird gebrochen, wenn er beim Eintritt in ein dichtres oder dünnres Medium seine bisherige Richtung verlässt; Eine hüllet sich in eitel Licht, | wo die andre sanfte Farben bricht. Blumauer 1, 3 [Farben erscheinen lässt, wie der durch das Prisma gebrochne Strahl im Spektrum]; Durch welche Krümmen mußte nicht | der Tugend und der Künste Licht, | die tiefen Schatten zu verscheuchen, | mit oft gebrochnem Strahle schleichen? LHNicolai 1, 141.
d) Ein Dach b., seinem Abhange einen Absatz geben, es abstufen; Ein gebrochnes oder sogen. französisches Dach; Auf der dreimal gebrochnen Treppe. G. 20, 244 [die drei Absätze hatte]; An mehreren Orten sind sie [die Berge] in die schönsten romantischen Formen gebrochen und die Abhänge mit Oliven- und Eichenhainen bedeckt. 30, 102.
e) so auch übertr.: Die Farben b., sie abstufen, nüancieren, z. B. durch Mischung auf der Palette die richtigen Tinten hervorbringen: Farbenbrechung, die Farbenmischung, wodurch ein Gegenstand vor dem andern ausgezeichnet wird; Er bedient sich besonders schöner ins Braunrothe gebrochener Farben zu seinen Gewändern. G. 23, 118; Ein allerliebstes Frühlingsgelände, | mit Nadeln schön schattiert und gebrochen. 6, 95; Aber: Bis daß die Dämmrung des Himmels Farben brach. Haller 139 [schwächer erscheinen ließ, 2o].
f) intr.: sein bisheriges Sein, Wesen verlassen, aufgeben; umschlagen und tr.: umschlagen machen, z. B.: Das Wetter bricht, wer es aber bricht, das kann sie [die Vernunft] nicht sagen etc. Luther 5, 469b. s. 2o. Wenn Knaben in die Jahre der Pubertät kommen, so bricht sich ihre Stimme. Der Laut i bricht [geht über] in e etc. Der Wein bricht [schlägt um, wird trübe]. Steinbach, wo auch erwähnt ist: Den Wein brechen, ihn durch Zusatz von Wasser schwächen. s. 2o. vgl. schwzr.: Die Milch b., sie gerinnen machen. Stalder. 4) tr.: Etwas von einem andern Gegenstand, woran oder worin es festsitzt, woran es gehalten wird, durch gewaltsame Trennung losmachen, und intr.: sich so losmachen, hervortreten, zum Vorschein kommen etc.
a) tr.: Ein Schloß von der Thüre, Steine aus einem Schmuck b.; Der Hagel brach starke Zweige vom Baum etc.; Blumen, Früchte b. (pflücken s. d.). Hohel 6, 1; G. 13, 46; Uhland 387; Und brach der süßen Frucht, so viel in seine Taschen | sich fassen ließ. W. 20, 198 etc. Auch übertr.: Unsterbliche Lorberen gebrochen. L. 6, 449; Wir aber brechen mit der reinen Hand | des blut’gen Frevels segensvolle Frucht. Sch. 549a; 350a; Brich die Blumen in der schönsten Schöne [o Tod! s. 21] 4b etc. Hierzu auch die Redensart: Eine Gelegenheit zum Zanke vom Zaun (s. d.) brechen. L. 11, 103; Rückert 2, 320; Wenn dieses Argument nicht vom Zaune gebrochen ist. Lichtenberg 3, 72; Musäus M. 4, 91 etc., etwas Nichtiges, Ungegründetes, Unberechtigtes vorbringen. Ahnlich auch intr.: Mein Arm breche von der Röhre. Hiob 31, 22; Und wenn du | noch länger säumest, bricht [fällt ab, verlässt dich] Einer nach dem Andern. Sch. 339b, vgl. 2n.
b) bergm.: tr.: Erz, Steine b.; Daß ich diesen schönen Marmor b. ließ. G. 29, 105; Er beginnt in der Förste eines Feldorts mit einem sogen. Übersichbrechen, von welchem aus die Förstenstöße angesetzt werden. Karmarsch 1, 169 etc. Ubertr.: Für die .. Geschichte der Bibliothek neuen Stoff zu b. L. 9, 2. Aber auch intr. mit,,haben“ (nach Adelung vielleicht nicht = gebrochen werden, sondern = zum Vorschein kommen, sich zeigen, s. c): Der Sandstein bricht unter dem Kalk. Forster Ans. 3, 106; 157; G. 29, 155; 26, 47; Die Schiefertafeln ... brechen in so großen Stücken. Kohl Engl. 1, 203; [Die Edelsteine] brechen als Drusen in fremden Steinarten. L. 11, 416, s. Erz etc.
c) intr. (s. 2k): mit Macht die entgegenstehnden, umschließenden Hindernisse entfernend, sie durchdringend etc., zum Vorschein kommen, irgendwohin gelangen etc., oft in Zsstzg. (s. d.) und gewöhnl. mit abhängigen Präpositionen, z. B.: Die Diebe sind aus dem Gefängnis gebrochen; Salzige Ströme brachen aus meinen Augen. Chamisso 4, 251; Was aber brichst du aus des Grabes Haft? 6, 280; Was aus frischer Quelle bricht. G. 4, 146; L. 1, 88; Der Mond brach aus den Wolken. Heine Lied. 142; Geschwulst, die aus dem Innern bricht. Lichtwer 149; So ist aus Turans Schloß ein neuer Kriegessturm | gebrochen. Rückert Rost. 43a; Jene b. aus dem Hinterhalt. Sch. 531a; Pflücke ihre junge Schwester, die schon reizend aus der Knospe bricht. 701a etc. (vgl. Aus-, Hervor-b. etc.). Durch den Nebel bricht sein Licht. Hiob 37, 11; Brach ... durch die Wand. Hes. 12, 7; zuw. auch refl.: Daß er sich brach durch alle Wände. Rollenhagen Frosch. 3, 2, 3; Luna bricht durch Busch und Eichen. G. 1, 37; so auch meton. (s. 2o): Wandle durch gebrochene Wolken, o Mond! 14, 139; 11, 20;Endlich bricht er durch das Gebüsch. 15, 268; Jeder Lebensstrom, der durch das offne Fenster bricht. Gottschall Gött. 18; Wann oft durch mein Gesicht | ein von den Fröhlichen erborgtes Wesen bricht. Haller 198; Eine kühne Gemüthsart .. bricht .. durch die kleinen Bedenklichkeiten. Kant Sch. 91; Bricht durch Dünn und Dicht. Rückert Mak. 1, 65; Die treue Liebe .. bricht durch Weh und Noth, ja durch des Grabes Nacht. Mühlpforth Hochz. 8 etc. (s. Durch-b.) Den Dieb ... nicht in sein Haus b. lassen. Matth. 24, 43; Sch..565a: Als das All mit Machtgebärde | in die Wirklichkeiten brach. G. 4, 104; Gerührter Herzen Regung, die .. in ungesuchte Worte bricht. Hgller 192; Wenn in des Gemüthes Nacht euch sein erster Schimmer brach. Rückert 2, 494 etc. s. Aus-, Ein-b. und springen, entspringen. Weidm.: Die Sauen brechen [s. 2c] nach allerhand Wurzeln und auch nach der Erdmast. Döbel 1, 24a; auch von den Repphühnern heißt es: Sie b. nach der Nahrung, wenn sie sich in den Schnee einscharren, buddeln (s. d.)
d) tr.: meton.: Die Bahn (s. d.) brechen, eröffnen, eigentl. die Hindernisse aus dem Wege brechen, so daß dadurch eine Bahn wird (vgl. Schnee b., Schmeller 1, 245); Der die Bahn durchs Dickicht bricht. Chamisso 4, 14; Auf dem dunklen Pfade, | den nur der Göttliche uns brach. Thümmel 5, 47; An einem Fuchs breche man keine Wildbahn. Zinkgräf 1, 183 etc.; auch übertr. (s. Bahn), wie in andrer Fügung, hergenommen von der Schiffahrt auf den Flüssen, die durch das Eis gehemmt wird: Das Eis b. Gutzkow R. 7, 225; 9, 461 u. o.
e) tr.: Die Zähne b., von Pferden, = schieben: Das Pferd bricht oder schiebt die Zähne, d. h. lässt die spätern Zähne nach dem Ausfall der Milch- oder Füllenzähne hervortreten. 5) intr. (haben) oder gewöhnlich refl.: vomieren, sich übergeben, kotzen: Der Kranke hat (sich) gebrochen; der Arzt hat ihm zu brechen [ein Brechmittel, Brechpulver etc.] verordnet. Auch tr.: Die genossenen Speisen von sich b. Lenz Nat. 3, 9; Ryff Sp. 112a (s. aus-, er-b.).
Anm. Veralt. Bed. wie z. B.: Es bricht [gebricht] mir Nichts. HSachs 1, 3b; Schmeller 1, 246; Sich b. u. zermartern. Luther 5, 450a [sich quälen, anstrengen, vgl. 2g den Kopf zerbrechen]; Sich b. [hervorthun, s. 4c] über Einen. HSachs 1, 537b; b. statt verbrechen. Grimm Weisth. 3, 9 u. a. m. Die schwache Abwandlung (s. Breche, Anm.) findet sich auch sonst zuw. im Imper. (s. E): Erbreche frech die Siegel der Natur. Börne 2, 452; Breche hier .. bei Dietrichen ein! Lichtenberg 3, 194 etc. In brechen, ahd. brëchan, urverwandt mit dem lat. frango, breche, fragor, das Zerbrechen, Getöse, ργνμ, breche u. s. w., ist „b.“ wohlVorschlag (wie k in dem vwdt. krachen) und rach, rack Tonw. Insofern daraus die Bed. hervorgeht (vom Licht) „mit Glanz hervorbrechen“, gehört dazu auch: Pracht, Prangen etc. (vgl. brehe, Benecke 1, 235a und briche 239); ferner sprechen (s. d. u. vgl. braht, Benecke 1, 243 u. Schmeller 1, 250 etc.). Die Bed. 5 erklärt Adelung von dem Schall, womit das Vomieren wie das Brechen harter Körper verbunden sei (vgl. das gleichbed. engl. retch; doch wahrscheinlich: Genoßne Speisen von sich b., aus-erbrechen (s. d. und übergeben) = sie durch gewaltsame Anstrengung zum Vorschein kommen lassen, als tr. u. 4c. Man beachte als zu dem Zeitw. gehörig die Hw.: Das Brechen (in allen Bed.), die Brechung (nur in einigen Bed. wie: Die Farben-, die Strahlen-B. etc.; doch z. B. auch: Diese ungeheure Masse von Gliederbrechungen. Kohl Engl. 2, 191, gewöhnl. Bruch (s. d.); Ein elender Fechterstreich .., genannt Brechung der Mensur, durch den man einen Stoß noch gar abglitschen machen möchte, der schon sitzt. L. 11, 584.
Zsstzg. meist nach den versch. Bed. des Grundw. vieldeutig und aus diesen klar, z. B.: Áb-:
1) tr.: durch Brechen Etwas entfernen: Das Schloß von der Thüre, Äpfel vom Baume a., Weinb.: A., die ganze junge Ruthe da, wo sie aus dem Auge der Rebe hervorgewachsen (vgl. aus-b.). Kecht 37; Einem Pferde die Eisen, ein Gebäude a,, von der Stelle wo es steht, es niederreißen; Weidm.: Einen verbißnen oder verfangnen Hund a., mittels eines Knebels losmachen. Döbel 1, 106 etc. Schwzr.: Vieh a., wie abbinden, es entwöhnen, großziehen, dazu: Abbrüchling, ein junges Vieh, das man großziehn will; Abbruch, die Gesammtheit von solchem Vieh. Stalder etc. Ich lasse eure Mühle taxieren und breche sie ab. Hebel 3, 437; Wo die Blume des Dichterischen von einem Gegenstande so rein und so glücklich abgebrochen ist. Sch. G. 2, 51; Eine Sache zu grün [unreif] a.; Etwas übers Knie (s. d.) a., es schnell und ohne Sorgfalt abmachen etc. Auch metonym: Die Spitze von der Nadel, die Nadel a.; mund- artl.: Den Ösel vom Docht, den Docht, das Licht a. (putzen) etc. und intr.: Die Spitze, die Nadel bricht ab, ist abgebrochen etc.
2) so auch: Den Faden a., der Faden bricht ab und übertr.: plötzlich aufhören, aufhören machen: Bräch’ alles Übermaß den schwachen Faden [des Lebens] ab. Haller 151; Bricht .. ihr sonst so liebes Leben ab. 8; Ein Gespräch, eine Unterhaltung, Vorlesung, Unterhandlung etc. (versch. unterbrechen, worin die Andeutung des Wieder- aufnehmens und Anknüpfens liegt); Kurze abgebrochne [unzusammenhängende] Reden. Heinse A. 1, 225 etc.; intr.: Doch ich breche ab, wo sich einmal nicht schließen lässt. EHFMeyer Gsch. d. Bot. 3, XII; Das bricht [reißt] nicht ab, geht ununterbrochen, ohne Aufhören fort etc.; Er brach kurz ab; hat kurz davon abgebrochen (schwzr.: Er war so kurz und abgebrochen. Pestalozzi 1, 250 = kurz angebunden etc.); Ich habe mit ihm abgebrochen = gebrochen [2n].
3) Einem Etwas a., theilweise entziehn, Etwas wegnehmen, Abbruch thun; so auch: Einem Etwas am Lohne, am Munde a. etc., auch mit ausgelassnem Obj.: Pred. 4, 8; Brich ihm das Futter ab. Burmann F. 169; Dem heiligen Stoffe war Nichts abzubrechen; keine Krume sollte von diesem kostbaren Mahle verloren gehen. Gervinus Sh. 1, 80; Ihrem eignen Leibe abzubrechen. Garzoni 158a; Sollte den armen Leuten a. Gotthelf G. 36; Wer ihm selber nit a. kann, ist ein armer Tropf .., A. ohne Gnade muß man solche Stimmungen. (s. 2) 307; Sch. 152; Statt dem Mädchen abzubrechen [Einhalt zu thun, zu wehren]. U. 1, 255; 2, 18; 19 etc.; Bricht sich und Andern ab. Haller 125; Wo Jeder sich abbricht. Heinse A. 2, 55; Mir an meinem Lobe ... weder Etwas a., noch hinzuthun. Zinkgräf 1, 130; Bricht ihm [dem Namen] den Kopf ab, nimmt ihm den ersten Buchstaben weg. Luther 5, 3a etc.
4) durch Brechen Etwas abtheilen: Der metteur–en-pages bricht die Kolumnen ab; die Breite einer marschierenden Truppenabtheilung verkleinern; mehr, aber kleinre Reihen dar- aus bilden (Ggstz. aufmarschieren); Es wurde .. marschiert, geschwenkt, abgebrochen. Freitag Soll 3, 17 etc.
5) in gebrochner Linie abfallen, sich senken: Rechts dagegen brach der sichere Grund bald scharf ab. Höfer Volk. 302; Botan.: Der Griffel ist abgebrochen, unter einem rechten Winkel plötzlich von dem Fruchtknoten abgebogen etc.
6) Der Flachs ist abgebrecht oder abgebrochen, die Breche (s. d., Anm.) vollendet. 7) [5] Der Kranke hat (sich) abgebrochen, zu Ende vomiert, sich dadurch erleichtert oder abgemattet. 8) Brauerei: Das Bier a., es in den Kühlschiffen umrühren. Zink 1, 1681, s. aufbrechen 2 u. a. m. 9) dazu: Abbrechung, f.; –en: Die A. [der Blätter] muß im Februar geschehn. Reichard Gart. 2, 54; A. des Zorns. Zinkgräf 2, 93. Án-:
1) tr.: von etwas Ganzem, bisher Unverletztem das Erste wegnehmen, wenn dies auch grade nicht durch Brechen geschieht [2k]: Ein Laib Brot, einen Käse, die Butter, eine Flasche Wein a. etc.; Die Torte ist noch unangebrochen = ganz, heil etc.; Ein Erzlager a., eröffnen, fündig machen. Auch [4d]: Das Eis wurde so auf beiden Seiten angebrochen. Kohl I. 1, 160 = der Anfang gemacht, vgl. 2.
2) [4c] intr.: den Anfang des Erscheinens, des Zum-Vorschein-Kommens machen, vgl. einbrechen, welches plötzlich vollständiges, auf einmal eintretendes Erscheinen bez.: Die Nacht [der Blindheit] ist angebrochen, die keinem Morgen weicht. Chamisso; Die Morgenröthe der neuen Welt ist schon angebrochen und vergoldet schon die Spitzen der Berge. Fichte 7, 279; Die Nacht bricht an. G. 11, 139 [es fängt an, dunkel zu werden]; Ahnungsgrauend, todesmuthig|bricht der große Morgen an. Körner 23a; Schlacht, du brichst an. 28a; Und bräche dann der Mittag an. Pfeffel Po. 3, 5 etc. Minder gewöhnl.: Der Tag ist ganz dahin, | der Mond ist angebrochen. Opitz 1, 213 (s. auch Bruch III, Anm.); Es brach jetzt Titan an | hoch vom Gebirge her. 2, 115; Morgens, eh’ als die Sonn’ anbricht. Ps. 94 etc. Vgl.: Wie mich däucht, es sollte an der Zeit sein, brach [sprengt’] ich an und reit’ vor ihnen her. Berlichingen 114; Luther 2, 175b.
3) im Ggstz. des vollständigen Abbrechens, einknicken etc.: Sie brechen, da ihnen grünes Holz abgepfändet wird, die Äste an, so daß sie vertrocknen müssen. Waldau Nat. 2, 91; und so (vgl.
1) intr.: nicht mehr ganz frisch sein, anfangen zu verderben (s. anbrüchig), gewöhnl, im Part.: Angebrochnes (angestoßnes, zu faulen anfangendes) Obst, Fleisch, Bier, Wein (anfangend sauer, kahmig zu werden) etc.; Das Obst bricht an. Steinbach etc. Auch zuw.: Anbrechung in der Bed. 1, doch gw.: das Anbrechen, wie nam. in der Bed. 2 und 3, Anbruch s. d. Āūf-: sowohl tr. brechend Etwas aufmachen, öffnen, sinnverwdt. er-b., und intr. sich brechend, hervorbrechend, platzend öffnen, zum Vorschein kommen, als auch: brechend Etwas in die Höhe bringen, es umwühlen, so daß das Untre nach oben kommt; auch (plötzlich) Etwas aufheben und intr. sich plötzlich aufmachen, den bisherigen Ruheplatz, das Lager etc. verlassend:.
1) tr.: Etwas Verschlossnes gewaltsam öffnen (s. 4): Einen Brief, ein Schloß, die Thüre, das Haus, das Pult a.; Das Steinpflaster a., aufreißen; Wo er . .. eine zugeklemmte Hand fand, die brach, er auf. Stilling 1, 25 etc. Eine Pfirsche, eine Feige aufzubrechen. G. 14, 161; Schärfte das Küchenmesser, brach den Ziegenleichnam auf. Musäus M. 2, 75 etc. Weidm.: a. nur von dem zur hohen Jagd gehörigen Wild, z. B.: Hirsche. Döbel-1, 19b; Der Auerhahn wird aufgebrochen, nicht ausgeworfen oder ausgenommen. 45b; Der Hase wird ausgeworfen, nicht aufgebrochen. 31b; Vom Aufbruch und Zerwirkung eines Hirsches, wie auch der Sauen ... Ein Jäger, wenn er a. will. 3, 108 ff.
2) tr.: umwühlen [2b], z. B.: Ácker, Land a. etc. (= umpflügen, brachen): A. und nicht misten, macht das Land nur magerer. Gotthelf Sch. 110; Der so gepflügte und aufgebrochne Acker. Goltz 2, 89; Kohl Alp. 1, 218 etc. Man schreitet nun zum Roh-A. [beim Frischen des Eisens], indem man die Kohlen abräumt und bei ununterbrochenem Gange des Gebläses mittelst schwerer Brechstangen den im Herde befindlichen weichen Eisenklumpen in die Höhe hebt und auf frische Kohlen über dem Windstrom in umgekehrter Lage bringt, so daß die oberste Seite jetzt zu unterst . . . kommt . . . Geht der Frischproceß gut von Statten, so reicht ein zweimaliges A. und Wiedereinschmelzen, Roh-A. und Gar-A. hin etc. Karmarsch 1, 588; Mitscherlich 2, 2, 100 ff. etc. Das Bier a., wie ab-b., s. d. 8.
3) tr.: Etwas aufheben, beendigen (selten): Lasst uns die Wacht a. Schlegel Haml. 1, 1 (vgl. 5).
4) intr.: sich öffnen, aufgehn, sowohl von Verschloßnem als auch von dem aus der Tiefe Hervorbrechenden, z. B.: Blumen, Knospen brechen auf; Auf, wie eine Rosenknospe | bricht mein Herz. Daumer 2, 19; In Blüthen bricht sie [die Knospe] auf. G. 13, 275; 4, 259; Olearius Ros. 5, 16 etc.; vgl. tr.: Der Knospen spröde Hülle | wer brach sie auf in einer Nacht | zu solcher Liebesfülle? WMüller 1, 238 etc.; Geschwüre, Frostbeulen, Hände mit Frostbeulen, Wunden brechen auf: Die alten Wunden brechen auf. Chamisso 4, 134; Sch. 511b; W. Hor. Br. 1, 77; Geschwürchen, das, wenn wir es heute heilen, morgen wieder a. wird. Engel 12, 68. In der Nacht brach das Auge [des Sterbenden] noch einmal auf. Gutzkow R. 7, 375. Verherend ist dein Eisgang aufgebrochen. Lenau Alb. 14. Da aufbrachen alle Brünne [Brunnen, Quellen] der großen Tiefe. 1. Mos. 7, 11, Die in ihm aufgebrochene Quelle der göttlichen Liebe. Fichte 5, 549. Wenn nicht eine plötzliche Glücksonne aufbräche. Rahel 1, 305 etc. Doch auf dem Regensburger Fürstentage, | da brach es auf [kam es zum, Vorschein, zeigte sich], da lag es kund und offen etc. Sch. 343a etc. Veralt. auch: a., sich a., = sich zeigen, großthun (s. brechen Anm.), z. B. Luther 1, 489a; Paracelsus Chir. 531b.
5) einen Ort, wo man verweilt hat, verlassen, um sich wo anders hin zu begeben, wenn auch vielleicht (?) ursprünglich vom Abbrechen des Lagers hergenommen (vgl. Zinkgräf 1, 209), doch nicht, wie Adelung meint, nur auf Heere und Personen mit zahlreichem Gefolge beschränkt, vielmehr allgem.: sich rasch und plötzlich aufmachen, vgl. aus-, ein-b. etc.: 1. Mos. 12, 8; Sie [Abdallah und der Derwisch] brechen auf. Chamisso 3, 315; G. 14, 217; Luther 5, 528b; Die Bache bricht aus dem Lager auf etc.
6) die Aufbrechung (gew.: das A.) des Briefs, des Wilds, des Eisens, der Knospe etc. vgl. Aufbruch. Āūs-: intr.: brechend hervortreten und tr.: hervortreten lassen, machen, in Bezug auf einen in Etwas enthaltnen Ggstd.: Der Zahnarzt hat den Zahn, der Zahn ist abgebrochen, von der Wurzel, ausgebrochen, aus der Kinnlade etc.
1) tr.: A. eine Nuß, aus der Schale; Steine, Erz aus einem Steinbruch, Schacht; Edelsteine aus einer Krone; Wachs, Honig aus dem Bienenstock, und meton.: die Bienen (sie dazu tödten); überflüssige Früchte oder Äste, und meton.: den Baum; einer Pflanze das Herz; Reben den Geiz; meton.: die Reben a. oder kappen (Kecht 37) etc., aber auch: Wein a., vor der eigentlichen Lese die schönsten Trauben auswählen, abbrechen, s. Ausbruch.
2) Der Weber bricht einen Faden aus, reißt ihn ab, um ihn von falscher Stelle an die rechte im Aufzug zu bringen, oder (nam. bei der Seidenwirk.) ihn durch einen feinern zu ersetzen.
3) Pferde, Schafe haben (ihre Zähne) ausgebrochen [4c], alle Milchzähne verloren, das Schieben (s. d.) beendet.
4) Die Weißgärber brechen die garen Leder aus, stollen sie, richten sie zu, indem sie sie angefeuchtet über einer Eisenstange recken und auf der Fleischseite abbimsen. 5) Die Brauer brechen das Bier aus, lassen es aus Pfanne oder Bottig in die Rinne treten, schöpfen es hinein. 6) Kriegsk.: Eine Kanone, einen Mörser a., sie mit der Mündung nach oben richten. 7) [5 und Anm.] Der Kranke hat viel Galle ausgebrochen; Wann sie [die Charybdis] die Wog’ ausbrach. V. Od. 12, 237 (Wann sie die Flut ausspie. Wiedasch). Auch intr.: Der Kranke hat ausgebrochen, zu Ende vomiert. 8) Der Flachs ist ausgebrochen, oder ausgebrecht, zu Ende, s. Breche Anm. 9) intr. [4c]: plötzlich, gewaltsam aus einem umschließenden Raum hervortreten; auch übertr.: von Etwas plötzlich Entstehndem, in die Erscheinung Tretendem; plötzlich, unerwartet sichtbar, laut, kund werden etc.: Die Gefangnen sind (oder haben sich) ausgebrochen, aus dem Kerker; Ein Thier bricht aus dem Käfig aus (befreit sich gewaltsam); Die Todten brachen aus saus den Gräbern]. Opitz 1, 70; Ein Fuhrmann bricht [biegt, lenkt] rechts oder kinks aus [das Fahrgleise durchbrechend]. Auch bergm.: a. = auslenken, in einem überfahrnen, d. h. der Breite nach durchbrochnen Gang fortbrechen. Eine [aus der Hülle] ausbrechende Blume. H. R. 7, 21 etc. (s. aufbrechen); Warum der Strom des Genie’s so selten ausbricht [aus seinen Ufern]. G. 14, 16; Wunderbares A. [Hervorbrechen] süßer Quellen mitten im Ocean. Humboldt Ans. 1, 254; Mir bricht der Angstschweiß aus. Hagedorn 1, 90; Als schon ein Wetter ausgebrochen. Alxinger D. 135; Brach das Ungewitter aus. Sch. 904; Von Mitternacht wird das Unglück a. über Alle. Jes. 1, 14; Die zwischen Voß und Stolberg a–de Mißhelligkeit. G. 27, 373; Das Feuer, die Pest, ein Konkurs etc. bricht aus; Brach die Wuth des Fiebers aus. W. 11, 150; Wie bald der Werber Fall durch das Gerücht ausbrach [kund ward]. Schaidenraißer VIb; Davids Namen brach aus in allen Landen [s. 10]. 1. Chron. 15, 17; Seine Freude, seinen Ärger, seinen Haß, Zorn, seine Wuth a. lassen; Der unglücklich ist und Ärger a. lässt. Chamisso 5, 87; Seine [des Schauspielers unter der Maske] Person findet weniger Gelegenheit auszubrechen und, wenn sie ja ausbricht, so werden wir diesen Ausbruch weniger gewahr. L. 7, 251 etc. 10) oft mit „in“ und Accus. zur Bez. Dessen, worin Etwas (Zurückgehaltnes) hervortretend sich kundgiebt, eine heftige Gemüthsbewegung sich äußert (s. 11): Da die sociale Krankheit Europa’s in die französische Revolution ausbrach. Devrient 2, 41; von Personen: In Vorwürfe. Chamiso 4, 254; in Klagen. 6, 258; G. 1, 168; in ein lautes Weinen und Jammern. 20, 69; in ein lautes Lachen. 21, 275; in ein gezwungenes Gelächter. Möricke N. 1, 12; in gotteslästerliche Reden. G. 22, 21; in behaglichen Scherz a. 21, 273 etc.; Endlich brach denn doch der Stolz in Thränen aus. Hölderlin H. 1, 115; In neuen Jammerton a. wollte schon | sein Schmerz. Rückert Rost 108b etc. 11) zuw. auch „in“ mit Dat. nicht bloß örtlich (wo?): Das in uns ausgebrochene göttliche Leben. Fichte 7, 378 (vgl. anbrechen b) etc., sondern auch: Ihr verhaltner Schmerz brach in heftigem Weinen und stoßweisem Schluchzen aus. König Kl. 2, 81; Und der Männer Wohlgefallen | bricht in lautem Jubel aus. Schwab 536; In kühnen Worten vor euch auszubrechen. Klinger 2, 96, wo „in“ nicht Das angiebt, worin das Verhalten übergeht, sondern worin es sich zeigt, kund giebt, vgl.: Der Schmerz gab sich in heftigem Weinen kund etc., wie auch ohne „in“: Heftig bricht er aus. G. 13, 175; Da bricht die Menge tobend [= in lautem Toben] aus. Sch. 67b; Moor (in den Anblick versunken, bricht heftig aus). 154a; Sollten wir einst, brach der aufgebrachte General gegen den französischen Residenten aus . ., sollten wir etc. 992a etc. 12) zuw. auch: Ausbrechung, gw. das Ausbrechen und Ausbruch (s. d.). Be- [5]: durch Vomieren Etwas beflecken. Dahêr- [4c]: Als sollte der jüngste Tag d. Luther 5, 1a; 531b; Sch. 122a etc. I. Dúrch-: tr., refl. und intr. (sein): Er hat das Brett mitten durchgebrochen (in zwei Stücke), ein Loch durch die Wand, auch: die Wand durchgebrochen (gw. durchbrochen I.), und noch weiter metonym.: Zwei durchgebrochene Häuser. G. 20, 6 [die durch das Durchbrechen einer Wand zu einem verbunden sind]; Er hat sich durchgebrochen [die Wand durchb–d, sich befreit]; Das Eis ist unter ihm —, er ist auf dem Eise durchgebrochen (fast = eingebrochen); Er ist durchgebrochen (hat das ihn Hemmende, Haltende durchbrochen II. und ist so hindurch gekommen, vgl. [4c]), z. B.: Aus dem Kerker, durch die Reihen der Feinde, durch das Dickicht d. Chamisso 4, 72; Ein Quell, der durchbricht. Alexis Hos. 1, 2, 170; Hölderlin H. 1, 43; Es sind ihm . . . zwei Augenzähnchen durchgebrochen. Kinkel Erz. 289 etc. Die Durchbrechung der Gefangnen etc. II. Durch-, tr.: Etwas d., durch Dasselbe brechen, es brechend spalten, trennen, Löcher, Offnungen hineinmachen: Stets wird der ältere Trachyt von dem jüngeren Dolerit durchbrochen. Burmeister Gsch. 197; Diese Formen zu d. Danzel 118; Die Lacedämonier durchbrachen zu frühe die Ordnung des Instinkts. Hölderlin H. 1, 139; Hat die Hülse durchbrochen. 129; Wann die Rose die Knospe durchbricht. Ramler 270; Bach, der schäumend seinen Damm durchbrach. Sch. 34a; Die das eiserne Gitter durchbrochen. 76b; Hast du nicht das Heiligthum des Herrn mit diebischen Händen durchbrochen? 122a; Durchbrach ... den Wald. V. 3, 148 etc. So auch: Durchbrochene Arbeit, die planmäßig an bestimmter Stelle und in bestimmter Form Löcher und Offnungen zeigt: Durchbrochene Strümpfe. Immermann M. 4, 262 (260 a jour gewebt) etc. Ungw. als intr. (s. I.): Seitdem der neue starke Frühling für Ihre Kunst durchbrochen hat. Möricke N. 12 (gw. durchgebrochenist) etc. Dazu:DieDurchbrechung derSchranken. Ēhe-[2m]: gw. nur im Jnfin. oder in abhängigen Sätzen als untrennbare Verbindung: Wie sie e. Jer. 23, 14; sonst. aufgelöst: Sie brechen die Ehe, haben die Ehe gebrochen; vgl.: Was lügenstrafen wir denn Gott? Luther 5, 7b u. ä. m. Eīn-:
1) tr.: brechend Etwas in einen Ggstd. hineinarbeiten: Ein großes halb in das Mauerwerk eingebrochnes Kreuz. Gutzkow R. 1, 13; Ein Loch in die Wand, ins Eis e. etc., und metonym.: Die Wand, das Eis, ein Haus e. (vgl. einreißen); Ihr Ohr, welches er vergeblich mit seinem kriegslistigen Witz einzubrechen trachtete. JP. 2, 126 [in das er eine Bresche zu legen trachtete]; Übermaß ..., das Dämm’ und Schanzen der Natur oft einbricht. Schlegel Hamlet 1, 4 etc.
2) intr.: brechend einsinken, einknicken etc.: Das Eis ist unter ihm, er ist auf dem Eise eingebrochen; Überreife Ähren brechen ein; Die Schleußen brachen ein [vgl. 1] und ließen Thränen aus. Haller 198; Der gefährliche Riß im Gebäude wäre nicht eingebrochen. Tieck Acc. 220.
3) [4c] brechend wohinein gelangen (s. an-b. 2), gewaltsam, plötzlich und unerwartet schnell erscheinen etc.: In Granit e–de Glimmerkugeln. G. 27, 344; [Das Schwein] brach ... in einen reichen Weinberg ein. Lichtwer 55; Heißhungriger Wölfe ... Scharen brechen übern Oxus ein. Rückert Morg. 1, 226; Ob ich sollt’ auf ihn e. und ihn züchtgen. Mak. 1, 109 [einstürmen]: Zu Viel bricht auf mich ein. Tieck Cymb. 4, 3; So lange das Verderben nicht unüberwindlich einbräche. Heinse A. 1, 107 etc. Gewöhnl.: Der Tag bricht an [allmählich], die Nacht ein [plötzlich], doch s. anbrechen und z. B.: Die Mauer stürzt von ihren Händen ein und der Freiheit des [plötzlich in das Dunkel des Kerkers] einbrechenden Tages steigt Egmont fröhlich entgegen. G. 9, 226; Mit der Frühe des einbrechenden Morgens. 233 etc. Namentl. oft von Dieben, die gewaltsam eindringen, um zu stehlen: Die Diebe sind durch den Garten ins Haus eingebrochen; Wenn das habsüchtige räuberische Schicksal diebisch oder gewaltsam in das schwache unbewahrte Menschenherz einbricht. Börne 1, 339. Hier auch zuw.: Sie haben bei uns. eingebrochen [= mittels Einbruch gestohlen]. Die Einbrechung, gewöhnl. das Einbrechen, der Einbruch. Ent- intr. (sein): Endlich entbrach ihr der Drang des Gefühls zuerst in die Rede. B. 249a = brach aus; Doch Juno’s Brust entbrach der Zorn. 156b; öfter refl.: sich gewaltsam von Etwas losmachen, einer Sache entziehn, entreißen, sich enthalten: Gryphius Carden. v. 264; Dieses Reh entbricht | sich aus des Jägers Garn. Lohenstein Jbr. 16; Du selig edle Seel’ | entbrich dich deiner Höhl’! Mühlpforth 2, 39; Wir ... werden uns des Vorschusses nicht e. L. 3, 391 [und nicht davon losmachen, sondern ihr zahlen]; Sich so viel von ihren obhabenden vornehmen Verrichtungen .. zu e. [loszureißen]. Rabener 3, 45; Oft: Sich e. [wie enthalten], sich nicht e. [umhin] können, Etwas zu thun, z. B.: Fichte 7, 120; Forster A. 3, 200; Hebel 3, 50; H. Cid 33; L. 1, 350; W. 12, 112 und ohne Inf.: Zuletzt kann sich der Alte nicht e. [bezwingen, halten], | Herr, spricht er etc. 20, 40. Entgêgen-: intr.: Wenn Dir ... das neue Licht | ... helle entgegenbricht [entgegenstcahlt]. Thümmel 6, 126. Entzwēī-: intr.: Da brach der Strick entzwei. Hebel 3, 119; Wenn ein Faden entzweibrach. 210, und tr.: Etwas e. Er-:
1) tr.: etwas Verschloßnes brechend öffnen, aufbrechen (doch nicht wie Dies intr.): Der Meister schnell erbricht | die Kiste. Chamisso 4, 144; Als er sein Zimmer neulich | erbrochen glaubte. G. 13, 106; Die Krankheit und der Schmerz hatten diese Knospe erbrochen. Paalzow Th. 2, 375; Das Schreiben [ist] unerbrochen. Zinkgräf 1, 126; mundartl. auch = zerbrechen. Ferner mit dem Obj. als das durch das Brechen Bewirkte: Ehe der Peneus durch Felsen sich einen Ausfluß erbrach. JvMüller 1, 39.
2) [5] tr. und ref.: Alles, was sie eingenommen, zu e. und zu übergeben. Fischart B. 270b; Kerner Bild. 208; Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch. Sch. 97a.
3) mundartl. intr. = gebrechen: Es an Nichts e. lassen; Es hat an Nichts erbrochen (gefehlt); auch: Wenn anders wo der Ton erbricht. Zwingli 3, 246 = sich bricht, zurückprallt.
4) dazu: Erbrechung des Briefs etc. Hat Anlaß genommen ..., über den ganzen Kanon Erbrechungen zu sagen, die zn wiederholen mich die Muse bewahre. H. Rel. 7, 43, Außerungen als ein Speien von Gift etc. Fórt-: weg-b., z. B. einen Damm etc. Ge-: intr. (haben): Mir gebricht Etwas, und noch häufiger unpersönlich: Es gebricht mir an Etwas, es fehlt, es mangelt mir daran, doch mit einem Untersch.: Was fehlt (s. d.), ist nicht da; was mangelt, dessen Fehlen wird als eine Unvollkommenheit, was gebricht, als stark hervortretender, empfindlicher Mangel von dem Sprechenden gefühlt und bezeichnet: Es fehlen noch 5 Minuten an 6 Uhr, nur einige Groschen an zehn Thaler; Einem neugebornen Kinde fehlen noch die Zähne; aber sie mangeln ihm nicht, es gebricht ihm nicht an Zähnen, wie dem Erwachsnen, der sie verloren hat und sie doch zum Kauen der Nahrung bedarf. Woran es mir mangelt, davon hab’ ich nicht genug; woran es mir gebricht, davon hab’ ich nur sehr Wenig oder gar Nichts; Es mangelt diesem Schauspieler Wenig zur Vollkommenheit, jenem dagegen gebricht es an den nothwendigsten Erfordernissen zum Schauspieler etc. So soll von dir [aus deinem Hause] nimmer g. ein Mann auf dem Stuhl [Thron] Israels. 1. Kön. 2, 4; Es soll dir nicht g. an einem Mann. 8, 25; Da nun Geld gebrach. 1. Mos. 47, 15; Da es am Wein gebrach. Joh. 2, 3 etc.; Euch gebricht der Muth. Chamisso 6, 258; Der Tag gebrach dem Würgen [war zu kurz]. 3, 97; An Zeit es mir gebricht. 3, 323; Soll’s an mir, soll’s am gefälligen Betragen, guten Worten, | Nachgiebigkeit und Neigung nicht g. G. 13, 253; Wozu mir die Liebenswürdigkeit gebricht. Sch. 105b; V. Od. 4, 87; W. 11, 203 etc. Dazu: Das Gebrechen, nicht nur = das Fehlen, Mángeln, sondern gewöhnlich konkret = der Fehler, der Mangel, und zwar empfindliche Fehler und Mängel, und daher gewöhnlich nur in Bezug auf Personen oder personifizierte Wesen, deren Empfindung sich dadurch beschwert fühlt (vgl. veralt. G. = Beschwerde, Gravamen, Schmeller 1, 247), zumal von dauernden, körperlichen, auffallenden, entstellenden oder untüchtig machenden Übeln: Ein Aufsatz hat viele Fehler und Mängel; Harthörigkeit und überhaupt Stumpfheit der Sinne gehört mit zu den Haupt-G. des Alters; Akute Krankheiten sind keine G., wie die Epilepsie, das sogen. schwere G. (schwere Noth), Lahmheit u. s. w.; Hatte Jemand im Antlitz | einen Fehler, wie er auch war, ein Fleckchen im Auge, | durft’ er sich nur im Spiegel besehn, so gingen von Stund an | alle Mängel hinweg und alle fremden G. G. 5, 253; David auch durch viel G., | ja Verbrechen durchgewandelt. 4, 85; S. Brech und Gebreste. Hêr-, Hín- etc. [3a]: Der Morgen war herangebrochen. Börne 2, 297; Bis die Abenddämmerung heranbrach. Heine Sal. 1, 217; Die Flamme brach ... an das Tageslicht heraus. Müllner 2, 118; G. 18, . 108; Gutzkow R. 3, 449; Hiob 38, 5; Da brach die Sündfluth auf einmal herein. G. 6, 47; 10, 226; Wenn die Wogen so den Hafen hereinbrechen. Heinse A. 1, 164; Der bricht der Abend, der frühe herein. Schwab 361; Gutzkow R. 4, 4 etc.; Einen Zweig herunterbrechen; Die Sonne bricht hervor. Chamisso 4, 49; Der innre Zwist ... bricht vielleicht ins Freie bald hervor. G. 13, 311; Nun brechen Einwendungen hervor wie Waldwasser. Lavater 1, 63; Hiob 28, 4; Daß solch ein grausam Ungewitter | jählings herfürbrach. Sch. 540b u. v. ä. Kópf- [2g]. Lōs- tr.: Zähne, Bretter l. etc.; intr.: Gewitter, Unwetter, Zorn, Grimm, Unmuth, zornige, aufgebrachte Personen brechen los auf Einen etc.; Mit einer Menge Gelehrsamkeit l. Lichtenberg 1, 228 etc. = plötzlich hervortreten, Einen überfallen etc. Nīēder-: intr.: Das Roß bricht [sinkt] zerschmettert nieder. Tieck A.1,270; tr. =niederreißen. Rād(e)-: s. Breche, Anm. Über-: tr.: Bergb.: Ein überbrochnes Feld, das bis an die Markscheide abgebaut, bis ganz hinüber durchgebrochen ist. Um-: tr.:
1) brechend umreißen, umwerfen: Daß die Thränen .. den Schmerzensdamm umbrachen. IP. 2, 136; Etwas Großes muß es sein, | das seinen Hochmuth also umgebrochen hat. Prutz Woch. 87.
2) [2b] = umwühlen: Die Schweine brechen den Boden um; Sie brachen den Acker um, wie ihr ökonomisches Bedürfnis es erforderte. Immermann 12, 282; Rückert W. 2, 29; s. brachen etc.
3) Papier mit umgebrochnem [3b = gebrochnem, durch Brechen umgeschlagnem] Rand; aber auch: Briefe, Serviette etc. um-b., sie in andre Form brechen, umformen: Buchdr.: Die gesetzte Schrift wird umgebrochen, s. Anm. und Umbrecher. Fichte bricht ... die Phänomene des Geistes nach seinem Zweck um. Immermann 12, 340; 32 etc. Dazu: Die Umbrechung, s. auch Umbruch.
Anm. Ungewöhnl. untrennbar: Er umbricht den Satz der Stücksetzer, bildet ihn zu Seiten. Franke Kat. 75. Unter-: tr.: s. abbrechen 2: eine Thätigkeit in ihrem Fortgange auf eine Zeitlang hemmen, sie zeitweilig aufhören machen: Dieser fortströmende Gang des Gedichts mußte durch viele kurze Ruhepunkte unterbrochen werden. Sch. 28a; G. 14, 114 etc., am gewöhnlichsten in Bezug auf Redende: Den Vortrag, die Rede, Äußerung, Bemerkung eines Menschen, ihn (in seinem Vortrag) etc. unter-b., zuw. auch ohne pers. Objekt: Alles ist anders geworden, unterbrach die aufgeregte Pauline. Gutzkow R. 4, 43. Oft im Partic.: Die unterbrochne Whistpartie etc. und als Ggstz.: In ununterbrochener Folge. 6, 156; Zwanzig Jahre ununterbrochen. Rückert Morg. 1, 160; veralt.: Ohnunterbrochen. Forster R. 1, 222 etc. Dazu: Unterbrechung; Ununterbrochenheit und Stätigkeit dieses Fortganges. Fichte 6, 543.
Anm. Seltner dafür das Grundw.: Obgleich die öde Stille | ein todweissagendes Gebrülle | der Ungeheuer bricht. W. 12, 300. Ver-: tr.: 1) durch Abbrechen kürzer machen: Eine Gerte ver-b.; Veralt. auch: Verbrochne [abgebrochne] Worte etc. 2) weidm.: durch Brüche, d. h. abgebrochne grüne Aste Etwas bezeichnen (z.B.: Die Fährte ver-b. Döbel 1, 88b) oder bedecken, z. B.: Das geschossne Wild ver-b. (s. 2, 43b). 3) veralt., mundartl. = entzwei-, zerbrechen etc.: Will den Zepter ver-b. FMüler F. 31; Die Geschirr alle verbrochen. Zinkgräf 1, 311; ähnlich auch intr.: Das Fleisch fällt weg, die Haut verbricht. Opitz; Einen Rock ver-b. [abtragen]. Weidner 407.
4) so namentl. figürlich: Den Bund (Maleachi 2, 8), den ersten Glauben verbrochen. 1. Tim. 5, 12, jetzt gewöhnl. brechen, verletzen; Wo ich .. diese meine Urfehd-Verschreibung .. verbreche. Berlichingen 265 etc. Und stehet Eid und Gehorsam unverbrochen. Luther 8, 8b etc. Vgl.: Sagts! Ihr sucht’s ohne Frucht mit Worten zu ver-b. [vergeblich zu umgehn]. Lohenstein Soph. 9. Daher:
5) Etwas v., durch Verletzung eines Gesetzes sündigen, eine strafbare Handlung begehn (zuw. ohne Objekt gewöhnlich mit: Was, Etwas, Nichts, Viel etc.): So verbrichst du nicht an der Treue. Rückert Nal. 1, 38; Wie oft verbrochen hast du nicht| an deinem Herrn. Mak. 2, 245; Was ich an ihm verbrach und irrte. Werner Febr. 5; „Nun heile, Kenntnißreicher, was selber du verbrachst“. | Ich habe Nichts verbrochen. Chamisso 3, 319; Was hab’ ich, Bruder, wider dich verbrochen? 4, 40. Adelung und Campe geben irrig nur das Part. als gebräuchlich an.
6) daher: Etwas durch gesetzwidrige Handlungen verwirken: Den Kopf, Geld, ein Lehen ver-b.; So soll Dieser sein Amt verbrochen haben. Holstein. Provinzial- Verfassung v. 11. Juli 1854 §. 14; Eine verbrochene Halsstrafe. Möser Ph. 2, 304, jetzt gewöhnlich verwirken etc.
7) bergm.: Alte verbrochne Stollen und Schächte. G. 21, 255, die wieder eingegangen, nicht mehr offen sind, Ggstz.: unverbrochen; Seil und Kübel wird in längrer Ruh | nicht am verbrochnen Schachte stocken. G. 2, 34; Nach Adelung auch: Ein verbrochnes Feld, ein zum Bergbau bereits eröffnetes [wohl ,,erbrochnes Feld“].
8) dazu in allen Bed.: Das Verbrechen, abstr., aber auch konkret in der Bed. von 5: Verletzung eines Gesetzes; Handlung wider ein Strafgesetz: Sich eines schweren V–s schuldig machen; V. begehn; Viele V. auf sich laden; V. auf V häufen etc.; Sünde ist ein Vergehen gegen die Gesetze der Natur, durch welches nur eine Person befleckt, belastet, vergiftet wird, durch welches nur der Thäter leidet; V. aber ist ein Vergehen .., durch welches Anderen eine Kalamität zugezogen wird; die Sünde findet ihre Strafe in sich selbst, im Gewissen; das V. aber, wie es nach außen gewirkt, muß von außen gerichtet und bestraft werden. Waldau Nat. 1, 220 (s. Verbrecher); Leichtsinn der Jugend sei kein V. zum Tode. Hebel 3, 237; Kapital-, Haupt-, Hals-V., worauf der Tod steht; Kriminal- (peinliches), im Ggstz. von Civil- (bürgerliches) V.; Staats-, Majestäts-, Hoch-V., gegen den Staat, die höchste Obrigkeit etc.; auch: Ein Laut ist hier ein Hoch-V. Alxinger D. 210 u. v. ä. Veralt.: Wegen geringer Verbrechung. Weidner 327 (s. auch Verbruch). Vōr-: hervorbrechen. Wég-: tr.: durch Brechen wegschaffen: Weggeschnitten, weggebrochen alle Aussichten. G. 9, 383; Immermann M. 1, 99 etc.; intr.: Daß die See darüber wegbricht. Forster R. 1, 187 etc. Zer-: intr. und tr.: in Stücke, entzwei brechen: 1) intr.: Als die Macht der Römer ... anfing zu z. Hebel 3, 334; Dieses Bestreben zerbrach .. an ihrem grundguten Wesen. Immermann M. 4, 265; 1, 360; Steine, die nach gewissen Gesetzen z. Kohl Irl. 2, 358; Sein Herz wollt’ ihm z. Uhland V. 302 etc. 2) tr.: Zerrissen und zerschmettert und zerbrochen. G. 13, 293; Ein armer, alter, zerbrochener, abgebrauchter Mann. Immermann M. 3, 248; Wenn du zerbrichst der Jungfraun Gurt. V. Sh. 1, 77 etc.; [1 u. 2a]; So auch: Ästezerbrochen. Heinse A. 1, 51; Unzerbrochen. Merck’s Br. 2, 244; Zerbrochenheit der Glieder. G. 30, 415; Lewald Adel 139 etc. Mundartl.: Liebenthal, nachmals aber zerbrochenlich [korrumpiert] Löwenthal genannt. Stumpf 392 a. Auch: Zerbrechung etc. Veralt.: Zubrechen, z. B.: Zubricht der Mann Gropen, zubricht das Weib Krüge. Schottel 1142b; Luther 8, 16b u. o. Zusámmen-: intr. [3a]: brechend zusammensinken: Seine Knie schlotterten und brachen zusammen. Börne 2, 291; Bis nach und nach | sie unter ihrem Leid zusammenbrach. Hartmann Pet. 73; Bis .. der treulos mürbe Bau zusammenbricht. Sch. 361b; G. 26, 243 u. v. Die Zusammenbrechung u. ä. m.