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Breche
II. Bréche, f.; –n: 1) Name mehrerer Werkzeuge
zum Brechen, ſo nam.: a) Bäcker. ꝛc.: die ſogen.
Brechbank zum Brechen oder Durchwirken des Teigs:
Brezel-, Pfefferkuchen-, Nudel-B. Krünitz 6, 577.
b) Landwirthſch.: zum Flachs- oder Hanf-
brechen: Die B. oder Flachs-B., niederdeutſch Brake.
Karmarſch 1, 804; Flachsbrechmaſchinen ſtatt der Hand-B.
805, ſ. 2. c) Wall- (d. i. Welle-) B., Walze zum
Zerbrechen der Erdklöße. d) zuw. = Nußknacker.
e) Schmied.: eine ſtarke, an die beiden in die
Eſſen eingegoſſnen Haken aufgehängte Eiſenpkatte, als
Schirm wider die Hitze, die ſich daran brechen ſoll
(nach Andern vom lat. bractea, Blech?). f) auch
Zſſtzg.: Abbreche (mundartl. veralt.) Lichtſchere, Putz-
ſchere. Keiſersberg Bröſ. 95c. 2) Landwirthſch.
ꝛc.: Zeit und Ort des Brechens, z. B. in Bezug auf
das Brechen oder Braken des Hanfes: Am Weiher bei
der Hanf-B. (ſ. 1b); Winzer.: das Abbrechen der
überflüſſigen Blätter und Reben und die Zeit des
Blattens, gw. Ende Mai; vgl. ſchwzr.: An niederen
Feſttagen, Brechete, Heuete ꝛc. Gotthelf Sch. 136.
3) Wallbruch, (Körner 142a), Mauerbruch, Lücke, ins
Franz. übergegangen und von dort zurückentlehnt, gw.
mit der Ausſprache, oft auch mit der Schreibweiſe:
Breſche: Eine B. iſt jeder Tag, | die viele Menſchen er-
ſtürmen, | Wer auch in die Lücke fallen mag ꝛc. G. 3, 19;
Ich ſoll in den Riſs treten, wenn in eurer Unterhaltung
eine B. entſtände. Hackländer Stillfr. 1, 280; Eine Sturm-
lücke in den Befeſtigungswerken zu öffnen . . . Als die B.
gelegt war. Stahr Rep. 3, 171; Sturmlücken ſchießen. Stil-
ling 4, 167.
Anm. Vgl. Breccie. Auch für die Pflanzen nam.
als Zſſtzg. von Brech (ſ. d.) findet ſich z.B. Steinbreche,
f.; –n ꝛc. Von Breche (Flachsbreche), das ſelbſt von
brechen ſtammt, wird „brechen“ gebildet, das aber, als vom
Hw. ſtammend, ſchwache (regelmäßige) Biegung hat: Wie
die Weiber Flachs brechten. Zinkgräf 1, 273; Inſtrument
worauf der Flachs gebrechet oder gebraket ... wird. Krünitz
6, 579 u. o. neben der ſtarken Form des (unabgeleiteten)
Zeitw.: Hemd, zu dem es den Hanf ſelber gebrochen.
Auerbach D. 1, 7; Karmarſch 1, 805; Bis man ihn nachmals
bricht, ſchwingt ꝛc. Garzoni 563b. So gilt auch die
ſchwache Form (vgl. ſchlagen, ſchlug ꝛc. aber ich rath-
ſchlagte ꝛc. von dem Hw. Rathſchlag; ich kam, aber ich be-
willkommte von Willkommen) von rad(e)brechen eigentl.
mit dem Rade hinrichten, rädern ſ. Benecke 1, 242 (wohl
von einem Hw.: die Rad(e)breche hergeleitet, vgl. die Breche
(2) = Pranger. Schmeller 1, 245); Einem zum Rad Ver-
dammten . . . Man ſollt ihn . .. radbrechen. Zinkgräf 2,
55; Die Knie ſind mir wie geradbrecht. G. 34, 286;
Wo mich die Einſamkeit mit Sorgen radebrecht [quält].
Günther 1099; Halb geradebrecht ſchwang er ſich wieder
aufs Roß. Muſäus M. 5, 98; 4, 39; Die Unſchuld rade-
brechen. Pfeffel Po. 3, 155; Ein Übelthäter, der in dem
Augenblick geradebrecht werden ſoll. Stilling 3, 39;
Daß man die Schuldner nicht radbrechen läſſt. Weppen
(Matthiſſon Anth. 7, 74), dann nam. übertr: Eine Sprache
ꝛc. r., gleichſam ihre Glieder zerbrechen, ſie ohne Fertigkeit
mit gewaltſamen Verrenkungen und Verſtümmlungen ſpre-
chen; vgl.: Gebrochen Deutſch ſprechen und: Zerhaſpeln, doch
auch: In einem ... Rad und Ochſen brechenden .. . Deutſch-
Franzöſiſch. Goltz 3, 126; Er radebrecht Franzöſiſch; Das
Deutſche geradebrecht. Gutzkow Ottfr. 48; Rade-
brechte das Fremde. Jahn M. 10; Geradebrechte
Verſe. L. 7, 87; Läſſt ein Verslein r. G. 2, 235; Ayerbach
SchV. 216; Kant Anthr. 5 ꝛc. Doch findet ſich auch hier:
Wie man Sprache verdirbt, mit Schrauben ſie foltert und
radbricht. Platen 4, 70; V. Sh. 3, 653; Das Griechi-
ſche radgebrochen. Hamann Sib. Bl. 149.