Faksimile 0210 | Seite 202
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Braut
Brāūt, f.; Bräute; Bräutchen, lein; -: 1) Per-
ſon weiblichen Geſchlechts in der Zeit von der Ver-
lobung bis zur Hochzeit: a) eigentl.: Sie iſt zwei Jahr
lang B. geweſen; Unvermählt bleibt ihm zurück die Gold-
B. Talvj 2, 278; zumal am Tage der Hochzeit: Geputzt,
geſchmückt wie eine B.; Die B. heimführen, holen (1. Macc.
9, 37); Wer’s Glück hat, führt die B. heim (Sprchw.);
Jerem. 7, 31; Joel 2, 16; Du ſtehſt an meiner Stelle B.
Baggeſen 6, 55; Sie tanzen .. am Hochzeitfeſte und Nie-
mand hat die B. geſehen. G. 32, 340 (vgl. 2, 213); Mein
dürftig Smyrna kleidete ſich in die Farben meiner Begeiſte-
rung und ſtand wie eine B. da. Hölderlin H. 1, 34; Steht
gleich einem Bräutlein im Kirchſtuhl. Echtermayer 371; Wer
führt der ſchönen Jubel-B. | den Jubelbräutigam nun zu.
B. 78b [bei der Jubelhochzeit, Jubiläum] ꝛc.; zuw.
auch noch die Neuvermählte (wie im Engl. bride), an
einigen Orten ein Jahr lang, an andern bis ſie geboren
hat ꝛc. b) übertr. z. B. auf Nonnen, als einem
himmliſchen Bräutigam angetraut: Trägt den Schleier, |
iſt des Himmels B., | geſtern war des Tages Feier, | der ſie
Gott getraut. Sch. 64b; 495b; Himmelsbräute, die ent-
ſagend zum Altare treten. Chamiſſo 6, 253; Gottſchall Gött.
45 und im Ggſtz. Erdenbräute. 49; aber auch: Die
bittern und giftigen Teufelsbräute. Luther 5, 360b; Sie
mag wohl in der Hölle ſein des böſen Teufels B. Simrock
Nib. 426 [hier von übernatürlicher Stärke]. Aber
auch: Des Himmels keuſche B., die Erd’ iſt ſchwanger grün.
Mühlpforth Hochz. 7; Logau 2, 4, 34. Sie iſt der Alp,
die Todtenbraut, | macht Menſchenblut ſo kalt. Freiligrath
1, 337, vgl.: Die B. von Korinth. G. 1, 188 ff.
Scherzh.: Mit der Hanfbraut [vgl. des Seilers Toch-
ter ꝛc. = Strick] getraut = gehängt. Sealsfield Leg. 2,
223; 3, 59 ꝛc. c) zuw. von Thieren: Ein Nachtigall-
männchen wird locken die B. B. 61a; So kämpfen ſie [die
Hirſche] um ihre B. und Brunft hart mit einander. Döbel 1,
4b; 27a; Des Leu’n blonde B. Platen 2, 247 ꝛc. d) von
Nichtperſonen, z. B. veralt. in der Alchymie, vgl.: Da
ward ein rother Leu, ein kühner Freier, |im lauen Bad der Lilie
angetraut. G. 11,44, nam. aber etwas Geliebtes, perſonif.,
z. B. vom Schwert: Hurrah, du Eiſenbraut. Körner 28
ff., oder: Der B. meiner Jugend, der Hiſtoriographie untreu.
JvMüller 1, XX. 2) einige Thiere und Pflanzen füh-
ren den Namen, ſo a) eine ſehr ſchöne Ente, Anas
sponsa; b) ein Schmetterling, Noctua sponsa; c) von
Pflanzen heißt der Schwarzkümmel, Nigella, B. in
Haaren oder Grethel im Buſch; einige Ranunkelarten
heißen B. und Bräutigam; Schwindelbraut, Doroni-
cum pardalianches ꝛc.
Anm. 1. In einigen Wendungen iſt B. wohl aus an-
dern Wörtern hervorgegangen, ſo aus „Braus“ in den Zſſtzg.
Wáſſerbraut: Das Schäumen der wilden W. Reithard 47
ꝛc.; und Windsbraut: Eine wirbelnde W. 320; Die to-
bende W. Burmeiſter Gſch. 89; gB. 1, 34; Das riß uns wie
die W. fort. Sch. 12a; Luther 6, 501b u. o. Auch: Wind-
braut tobet. Chamiſſo 3, 135; Daher brauſt wie eine
Windsbrut (ſchwzr.). Gotthelf G. 400; Windesbraut
und Waſſerrauſchen. G. Zelt. 2, 440; Welche Windesbraut
ſie nach Salern geführt. W. 12, 42; Die W. des Vierge-
ſpanns. G. 12, 42; Eines Gaſſenvolkes W. 2, 187; Dieſe
Menſchen-W. Freiligrath Pol. 2, 66 ꝛc. Mythiſche Deu-
tungen für die Perſonifikation des brauſenden Sturms, Wir-
belwinds, Orkans, ſind mehrfach verſucht, ſ. Kinkel 50;
Mörike N. 453; Grimm Mythol. 598; doch ſ. Benecke 1,
273b und vgl. nam., daß höchſt proſaiſch auch eine Art Gä-
rung des ſämiſchen Leders nach dem Walken B. heißt: „Das
Färben in der B.“ Krapp chem. Techn. 2, 587 (von brauen).
Anderſeits entſpricht Braut auch unſerm Brot, ſ.
bämmeln.
Anm. 2. Goth. bruths ꝛc., Abſtammung unſicher; am
wahrſcheinlichſten nach Bopp dem ſanskr. praudhâ entſprechend,
das eig. die „auf dem Wagen Heimgeführte“ bez. Als
Beſtimmungsw. in Zſſtzg. und in einigen Ableitungen ent-
ſpricht B. auch dem Bräutigam (ſ. d. und vgl. Benecke 1,
274a, wie umgekehrt als Bſtw. Bauer ſt. Bäurin ꝛc.
Zſſtzg. ſ. o.