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bitten
Bitten, tr.:
bat, bäte, gebeten:
1) sich an Jemand wenden, daß er aus Güte Einem Etwas zu Theil werden lasse (s. Anm. 1):
a) mit persönl. Obj., wobei der Gegenstand der Bitte mit „um“ (vgl. c und d) oder durch einen Satz ausgedrückt wird. Das persönl. Obj. kann dabei aber aulch wegbleiben: So ihn sein Sohn bittet ums Brod. Bibel; Hast nicht um Reichthum, noch um Gut gebeten. ebd.; Daß ich sie um Vergebung bitte. G.; Um Sieg zu b. und | für Sieg zu danken. Ders.; Waren nicht die Männer, | die sich um so ’was zweimal b. ließen. W. 11, 112; Jch bitte ums Wort, um Entschuldigung, um Ihren Namen, um Gnade etc. Man untersch.: „Worum bittest du?“ Um die Erlaubnis zum Fortgehn, und: „Warum bittest du?“ Weil ich kein Recht zu fordern habe etc. Doch auch minder genau: Warum ich dich nun b. muß, ist etc. Chamisso 5, 209; Hagedorn 2, 16; H. 9, 65; Ramler F. 1, 13; Werner Osts. 1, I. etc. Bitte den Herrn, daß er die Schlangen von uns nehme. Bibel; Bitte ihn, sie von uns zu nehmen; Bitte ihn [frage ihn b–d], ob er sie nicht von uns nehmen will; Ich bitte dich: nimm sie von uns etc. Zuweilen statt des persönl. Objekts auch „bei“, das aber keine unmittelbar an die Person gerichtete Bitte bezeichnet: Beim König um Gnade b. etc. Zuweilen auch: Zu Gott b. = beten, s. d. und Anm.
b) mit sachl. Objekt, wobei die Person mit ,,von“ steht, auch zuweilen bei fehlendem Objekt, vgl.: Aus-, er-b. Oft wechseln die Fügungen von a und b: Eins bitte ich vom Herrn. Psalm 27, 4; Weil du Solches bittest und bittest nicht um langes Leben etc. 1. Kön. 3, 10 ff.; Ein Zeichen, bat ich, wenn ich bleiben soll. G. 13, 20; Jch bitte nicht Gnade, | aber laß um den Tod dich b. Kl. M. 19, 110; Er bittet von [bei] Dem, der nicht höret. L. 11, 90; Von Noemon ... bat sie ein hurtiges Schiff. V. Od. 2, 388; Die Braut von den Eltern b., um sie werben, s. Brautbitter etc.
c) ist der Gegenstand der Bitte durch ein allgem. Fw. (es, Dies, Das, Etwas, Eins etc.) ausgedrückt, auch mit doppeltem Objekt: So ihr den Vater Etwas bitten werdet. Joh. 16, 23; Erst gestern musst’ ich ihn nothwendig Etwas b. G. 7, 46; Jch bitte dich nur Dies. 11, 202; Ich bitte es dich um unsers ungewissen Glücks willen. L. 3, 40 etc. Jm Passiv aber tritt hier, wie überhaupt meist, die Fügung von a ein: Er wurde darum [gewöhnl. nicht „es“], um Etwas, um diesen Dienst von seinem Freunde gebeten etc.
d) eins von beiden Objekten, oder beide können wegbleiben: Wer sie bäte, | wer weiß, was sie thäte. G.; Was sie baten, war der Welt geboten. Rückert Mak. 1, 107 etc., zumal in einigen Höflichkeitsformeln, die zuweilen aber auch entschiedne Fordrung, ferner inständiges Verlangen etc. ausdrücken: „Befehlen Sie noch etwas Suppe?“ Wenn ich b. darf; „Ich werde b.“ Mit diesen Worten, die in Litthauen das anderswo gebräuchliche: „Darf ich b.?“ zu ersetzen pflegen. Temme Schw. M. 1, 83; Was sagtet denn Ihr, wenn ich b. darf, | zu solchem Tadel? Chamisso 3, 225; Ohne dich in unser Spiel zu mengen, Franciska, wenn ich b. darf! [das bitt ich mir aus]. L. 1, 588; Mehr Respekt, wenn man b. darf. Sch. 182b etc. Jch muß sehr darum b., daß Dergleichen nicht wieder vorkommt etc. Und immer zum Schluß musst du „Bitte! bitte!“ hinzufügen. (Franz) Bitte! bitte! (Adelheid) Ja! aber dringender! recht aus dem Herzen. (Franz, mit Nachdruck) Bitte! bitte! etc. G. 35, 63; Melanie aber machte durch ein einziges ,, Jch bitte“ der weitern Erörtrung ein Ende. Gutzkow R. 2, 340 etc.
e) s. d, im Jnfin. alsHw.: Jch vereinige mein B. mit dem seinen. Sch. 608a etc. ——
f) Einen oder bei Einem (s. a) für Jemand b., als dessen Fürsprecher, sich b–d für ihn verwenden: Mose bat für das Volk. Bibel u. v.; veraltet: Für Einen gegen [statt bei] Jemand b. Luther Br. 4, 475.
g) verschieden von f.: Es ist dafür gebeten = es sind die Vorkehrungen getroffen, Etwas zu verhindern, zunächst wohl vom Gebet hergenommen, vgl.: Anm. 1 mit „für“ nach veralt. Gebrauch statt ,,vor“: Dafür ist gebeten, daß man mir’s weiß macht [das soll mir Niemand weiß machen]. L. 1, 334; (Hofmarschall macht sich auf die Beine) Sachte! dafür wird gebeten sein (er überholt ihn und riegelt die Thüre). Sch. 201b etc.
h) die Art und Weise und der Grad des Bittens werden durch Adv. oder adverbielle Fügungen und Sätze bezeichnet: Sehr; hoch; sehr und hoch (Zinkgräf 1, 275); himmelhoch (Tieck N. 5, 97); um Gotteswillen; um Alles in der Welt [versch.: „um“ s. a]; Bei Allem, was Einem heilig ist, b. etc.; Dringender und liebenswürdiger b. konnte man Niemand sehen, er bittet wie betend. G. 19, 180; Jch bitte Sie, was man b. kann. Merck’s Br. 2, 82; Bat ihn vor Gott und nach (hinter) Gott. Hebel 3, -⏑, 202; Lewald Ferd. 1, 32 etc.; Inständig; dringend; flehend; flehentlich; demüthig; sußfällig; knieend; weinend; unter, mit heißen Thränen b. etc.
2) mit Angabe des Erfolges: Einen frei b., ihn durch B. frei machen; Der Bischof bat euch ledig. Schwab 479; Ich bat euch los vom Tode. 85; Euren Bruder vom Galgen los zu b. TieckA. 1, 126.
3) Einen b., einladen, höfliche Wendung = ihn zu kommen b.: Einen zur Hochzeit, zum Leichenbegängnis, zur Leiche, zur Kindtaufe, zu einer Spielpartie, zu einem Schmause, zum Abendbrot, auf ein Butterbrot, auf einen Löffel Suppe etc., zu Gaste b. Dazu: Ein ungebetner Gast, zuweilen = ein unwillkommner; ferner: Er liebte das todtengräberische, leichen-b–de Schwarz nicht. Gutzkow R. 4, 63, vgl.: Leichenbitter.
Anm. Sinnverwandt „ersuchen“; doch gründet der B–de sein Verlangen nicht auf ein Recht, sondern bloß auf sein Bedürfnis und die Liebe des Gebers; der Ersuchende erwartet die Erfüllung seines Verlangens von einer zwar nicht zu erzwingenden, aber doch auf Billigkeitsgründen beruhenden Verbindlichkeit des Gebers (s. Eberhard). „Beten“ (s. d.), die Gedanken zu einem übermenschlichen Wesen erheben, auch wenn man von demselben grade Nichts dadurch erlangen will, und „flehen“, ein tiefes, demuthiges, inständiges Bitten ausdrückend, treten oft steigernd zu bitten: Wer denn bittet und fleht. 2. Chron. 6, 29; 6, 19; Da half kein Bitten und kein Flehen. Hebel 3, 496; Auf meinen Knieen, ich bitte! Ich flehe! Erretten Sie mich. G. 10, 39; Zu b. dacht’ ich, flehend siehst du nun | die Dringende. 13, 313; Jch ... bitte nicht um mein Leben, | doch, willst du Gnade mir geben, | ich flehe dich um drei Tage Zeit. Sch. 62a etc., s. auch betteln. Veralt. Fügungen, Genit. der Sache s. Benecke; Infin. ohne „zu“ ebd. Ungewöhnl. L. 12, 10: So bitte ich Jhnen inständigst etc. (1749). Versch. davon: Unglückselige Heimfahrt dem Gast [= für den Gast] zu b. Schaidenraißer (Od. 13, 51) u. ä. m. Veralt. und mundartl. Form des Partic.: Gebetten Va; Berlichingen 45 etc.; Da hab ich euch gestern bittet. Auerbach Leb. 1, 314. Abstammung unsicher.
Zsstzg. z. B.: Äb-:
1) Einem Etwas a., bei ihm um Verzeihung für ein begangenes Unrecht bitten, s. ver-b. 1: Bitte den Göttern ab deine Noten übern Homer! G. 7, 225; Eine Person, die der Tugend soviel abzubitten hat. W. 6, --~ U. o., wobei theils der Dat., theils das Obj. oder auch Beides wegbleiben kann: Knieend bitten wir unsre Schuld ab. G. 10, 9; Jch bitte tausendmal ab, es war nicht böse gemeint. W. 15, 90.
2) durch Bitten etwas Drohndes abwenden, s. ver-b. 2: Sie bat die Strafe nicht ab, sondern sie fühlte einen innigen Wunsch, gestraft zu werden. Gotthelf G. 91; Er schlug mich, ehe ich den schrecklichen Streich a. konnte. Kant Sch. E. 6; A. heißt das Gebet, das wider das Böse, wegzulegen, er-b. aber, das zum Guten, zu erlangen geschieht. Luther 1, 22a; Kein Hoffnung noch Rath, Solches abzubitten oder zu wenden. 6, 114b etc.
3) Einem durch Bitten Etwas abnehmen, vgl.: abbetteln: Ich habe das Buch von ihm gekauft, aber er hat mir’s wieder abgequält und abgebeten. An-: veralt. stattanbeten. Aūf-: veralt. = bittend auffordern: Jch will die Juno sammt dem Hymen itzt a., | daß sie das Hochzeitbett zum schönsten putzen aus. Mühlpforth Hochz. 131. Āūs-:
1) Ich bitte mir noch ein bischen Braten aus; Darf ich mir Ihren Paß a.? etc., oft von entschiedner Fordrung (vgl. ver-b. 2): Das bitt’ ich mir aus, Herr Justizrath! So haben wir nicht gewettet. Gutzkow R. 1, 163; Stilling 1, 56 etc.
2) (s. 1) bittend auswählen: Daß das Mädel .. um Gotteswillen den schwarzen gelben Tod oder den Herzeinigen ausbittet. Sch. 183a.
3) frei-, los-b. aus der Gefangenschaft. 2. Macc. 4, 45.
4) (s. 3) veralt.: Eine Mädchen, eine Jungfrau a. Schweinichen 1, 244; 2, 80; 3, -- etc., um sie werben, daß sie aus dem väterlichen Haus ausgegeben werde.
5) [3] aus dem Hause weg, einladen: „Bist du heute Abend zu Hause?“ Nein, ich bin ausgebeten. Eīn-: veralt.:
1) [2]: Zu dieser Gesellschaft eingebeten [eingeladen]. -]. Matthesius Luth. 206b.
2) [3]: Der ausgebißne Günstling wurde wieder eingebeten [kam durch Bitten wieder in Gunst]. s. Zinkgräf 1, 133; Dieweil sie stattliche Freunde hatte, so handelten sie mit ihm und baten die Frau letztlich wieder ein. Luther SW. 61, 283 etc. Er-:
1) durch Bitten erlangen oder zu erlangen suchen: Etwas von Einem e.; Einem, sich Etwas e., das ihm zu Theil werden soll; Erkaufen ist wohlfeiler als e. Sprchw.; Ein Wanderer, dem ich eine herzliche Aufnahme erbitte. G. Reinh. 203; Die, von dem Donnerer geliebet, Nichts | von ihm c. kann. Sch.; Sich die Erlaubnis zu Etwas, eine Gefälligkeit, Zeugen, Einen zum Beistand e.; Einen Gefangenen e. Hammer RH. 216; 263; Einen vom Galgen e. Luther SW. 61, 311 etc. = frei-b. etc. Den Blitz hat Dominik auf Albi’s Fürst erbeten. Haller 77, statt erbetet etc.
2) Eine Person etc. e., sie durch Bitten zur Gewährung bewegen, bittend erweichen: Wenn es in Ihrer fürstlichen Macht steht, das Gesetz für mich zu e. Sch. 711b; Hilf mir diesen Herrn e., daß er sich nicht ... von uns trennt. FSchlegel Flor. 1, 11; Jetzt da sie ihn erbat, die Waffen abzulegen. W. 20, 69; Laß dich e.! --, 23 etc. Fêhl-: vergeblich bitten: Laß deine Mutter fehl nicht bitten. Schlegel Haml. 1, 2; Ein liebevoller Blick | aus diesen Augen, die noch niemals fehlgebeten. W. 12, 49. Fórt-:
1) fortfahren zu bitten. 2) [2] weg-b. Frēī-: [2]. Für-: eine Fürbitte (s. d.) ein- Ⅰ) legen für Einen. s. vor-b. Hêr-, hín- etc. [2u. 3]: s⏑) durch Bitten Einen irgendwoher, hinbringen: Keine Sache, wozu sie ihren lieben ... Vater ... nicht hinschmeicheln oder hinbitten [durch Bitten bewegen] konnte. Engel - 2, 54; Jch ward vom jungen K. hingebeten [eingeladen, hinzukommen]. Forster Br. 1, 168; Es wird Zeit sein, ihn herüber zu bitten. Freytag Soll 2, 316; dagegen: Den ganzen Tag | bat er sein Paternoster her. Pfeffel Po. 3, 94, statt herbeten etc. Lêdig-, lōs-: [2]. Ver-: s. ver- l⏑1 beten.
1) Sich bei Einem ver-b., soviel wie: ihn um Verzeihung bitten. Höfer Volk 255; auch ohne „sich“: „Sie begegnen mir sehr mißächtlich!“ 2 meine gnädige Baronesse! verbat Forster. König Kl. 2, 316 etc. minder stark als ab-b. (s. d. 1).
2) (Sich) Etwas ver-b. Gegensatz von er-b. (s. ab-b. 2), durch Bitten Etwas abwenden; bitten, daß Etwas unterbleibe: Der Statthalter hat mich auch eingeladen und nicht recht begreifen können, warum ich eine solche Partie verbat. G. Stein 1, 87; Die Künstler beabsichtigten anfänglich, das diplomatische Korps zu dem Fest einzuladen, Frauen jedoch von demselben auszuschließen. Der Prinz verbat sich das Erstere und erbat sich das Letztere. HHerz 244 etc. Dies „ver-b.“, s. aus-b. und ank 1e, oft auch von der entschiednen Fordrung Etwas zu unterlassen: Jch bitte mir eine anständige Behandlung aus, ich verbitte mir solche Grobheiten; Jch würde eine Porträtähnlichkeit überall da ver-b., wo es sich um kein Porträt handelt. Gutzkow R. 3, 177;„Herr Oheim!“ Basta, Schatz! verbitte die Verwandtschaft. Müllner 7, 237. Versch. von verbieten (s. d.): Was man sich verbittet, davon wünscht man dringend, daß es unterbleibt; was man verbietet, Das zu unterlassen befiehlt man als ein dazu Berechtigter, Das darf nicht geschehen. Vōr-: eine Vorbitte einlegen, d. h. eine Bitte, um sich oder Andre dadurch vor Etwas zu bewahren: Fritz (vor-b–d): Es war ja doch einmal Ihr Will’. Müllner 7, 148; Ich bat vor und es nützte nicht. Rückert Mak. 1. 149; Er bittet dann, aus Mitleid für Eure Verirrung, kräftig vor und Ihr seid gerettet. Tieck NKr. 2, 485; 4, 334 etc., auch von kirchlichem Gebet: Man bittet in der Kirche vor, | man will’s durch Gnadenmittel zwingen. Gotter 1, 230. Vgl.: Die zwei ältesten Knaben waren auf die Kutsche geklettert und auf mein V. [Für-b., meine für sie eingelegten Bitten] erlaubte sie ihnen .., mitzufahren. G. 14, 24; Für Diejenigen, die sich im Gebete gläubig an ihn wenden, vorbittend. 26, 225; Dem Fürbittenden. 229, häufig aufgelöst: „bitten für Einen“. Wég- [2]: fort-b., durch Bitten wegbringen. Wī(ē)der-:
1) noch einmal, aufs Neue bitten. 2) eine Bitte, eine Einladung erwidern. L. 11, 638. Zū- [3]: Ich werde noch einige Gäste zu-b. zu den andern einladen.