Bissen
Bissen, m., –s; uv.; Bißchen, –lein; -:
1) Happen, Häppchen, soviel Speise, wie man mit einem Mal abbeißen und in den Mund bringen kann (vgl.: Schluck); dann auch = Speise, Essen: Ein B. Brot(s). Er aß von seinem B. und trank von seinem Becher. ebd.; Aßen also ein Bißlein mit einander. 166; Vom Weizenbrot ... nahm sie nicht den kleinsten B. ein. 1, 191; Gern entbehrt’ ich gute B. 124; Allzu böse B., | an denen die Gäste erwürgen müssen. 3, 14; Will nicht mehr ein Bißchen [s. 3] Übel, das uns das Schicksal vorlegt, wiederkäuen. 14, 5; Hier giebt’s schmale, magre, fette, zarte, leckre B.; Einem bleibt der B. im Munde stecken; Sich den B. vom Maul abdarben; Einem die (besten) B. vor dem Maul wegnehmen etc. — Übertr. heißt eine Pflanze: Süßer B., Annona squamosa; eine andre: Saurer B., A. muricata etc. — 2) übertr. auch auf nichteßbare Dinge: „O dürft’ ich ... hier in diesen Apfel [die Wange] beißen“... Der B. ist für dich zu fein. 8, 248; Das Mädchen ist kein übler B. 321b; Thät den Seelmördern wohl, daß sie solch Wildbret und niedlich Bißlin in ihre Netze kriegten. 6, 10a ꝛe. — 3) verkl., vgl. Bröselein, das Geringe, Geringfügige, Unbedeutende, Wenige, Kleine bezeichnend, meist in der Schreibweise: „bischen“, mund- artlich „bissel“ (neutr.) = ein wenig:
a) als Ew., mit vorstehndem bestimmten oder unbestimmten Artikel oder besitzanzeigendem Fw., wobei das folgende Hw. als abstrakt oder kollektiv in der Ez. steht, vgl.: „ein paar“ mit Mz.: Ein bischen Ruf, ein wenig Ehre. 3, 125; Mit ihrem bischen Kraft. 14, 72; Die sich auf das bischen Adel Wunderstreiche einbildet. 75; Die sich ihres bischen Kopfs überhöben. 84; Die ihm das bischen Armuth, das bischen Vertrauen noch raubten. 111; Sein bischen Leben. 245; Es wird Einem sauer gemacht, das bischen Leben und Freiheit. 9, 8; Wenn sie denn nun sein bischen Gedanken weghaben. 6, 232; Wo man das bischen Maske | noch allenfalls zu loben fand. 262a; Ist ener bischen Muth schon verdampft. 109a etc. — Ein bissel Zeit und Schweiß. 34, 5; Das bissel Bodensatz meiner Jahre. 183a; Ein klein bißle Grütze im Kopf. Sonn. 291 etc. — Der unbestimmte Artikel (s. „Ein“) bleibt wie in den ähnlichen Verbindungen: „ein wenig“, ein paar“ zuweilen uv.: Mit ein (einem) bischen Verstand etc. — Seltner substantivisch mit nachfolgendem „von“: Was? meinet er uns mit seinem Bischen von Knall, | seinem Bischen von Funken zu jagen? 444, vgl.: Dafür ist ein bischen Plünderns Alles, was ihm widerfahren kann. Br. 1, 274 — Ungewöhnlich neben Hw., die nicht gut abstrakt oder kollektiv zu fassen sind, z. B.: 9 . Wie hat das Pack | das bischen Streich erfahren? 65a etc. —
b) als Nebenw.: Nicht ein bischen haben Sie mich lieb. 2, 142; Meine Tochter ist noch ein bischen obenaus. 9, 316; Mit solchen edlen Gästen | wär’ es ein bischen Viel gewagt. 11, 94; Mit ein bischen andern Worten. 151; Ein bischen muntrer 12a etc.; O hättest du mich je nur ein armes bischen lieb gehabt. Nov. 83; Ein klein bischen etc. — Hab mich nur bissel lieb. Stein 1, 31;’N bissel flunkern. M. 2, 70; Erz. 1, 23 etc.; Dich ein bissele umsehn. Pfl. 1, 189 etc.
Anm. Veralt. und mundartl. B. = Keil, z. B.: Die B. oder Speidel, die man sunst Keil ... nennt. 5; Sollte ihnen verbissen [zukeilen] mit dünnen härten B. von Eichenholz. ebd. etc., s. etc., und vgl.: Beißel. — Zuw. statt B. Biß: Das Brod ist uns schon längst ein Leckerbiß. 1, 137 etc., vgl.: An-, Im-, Zubiß; früher oft Bisse; vgl. auch: Duos bolos, d. i. zween Beißen. B. — Zu 3 ist finnverwandt „ein wenig“, das aber ohne Nebenbegriff und deßhalb der edlern Sprache eigen ist; außerdem bezeichnet „ein bischen“ noch ein Geringeres als „ein wenig“, weßhalb es gewöhnl. auch die Verneinung begleitet: Er ist nicht ein bischen [nicht im geringsten, durchaus nicht] eitel; Er hat nicht ein bischen Ehrgefühl [gar keins], seltner: nicht ein wenig, ganz versch.: nicht wenig. Nach dem best. Art. und besitzanz. Fw. ist flexionsloses „wenig“ statt „bischen“ unüblich.
Zsstzg. vielfach, z. B.: Angel-: Köder: Fischchen locktder A. B. 291a. –Frǖh-: veralt. = Frühstück: Fraß sie für ein F. Schaidenraißer 38a. —
Lécker-: Delikatesse: Alles, was die Schmauserwelt | für echte L. hält. Zachariā; Hätt’ gerne Leckerbißchen | zur Labung ihm geboten. Talvj. — Lēīb-, Múnd-: Speise: Seit drei Tagen keinen M. genossen. —
Schlécker-: Lecker-B., schleckerhafte Speise etc. — u. ä. m.
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