Faksimile 0145 | Seite 137
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Bildung
Bildung, f.; –en; –s; -: ſowohl abſtrakt das
Bilden, als auch konkret das durch das Bilden Erzeugte,
in den verſch. Bed. des Zeitw. bilden, worauf ſich die
Bem. in [ ] beziehen. 1) [3a] Geſtalt, Form,
äußre Erſcheinung und Geſchöpf von beſtimmter
Geſtalt ꝛc., vgl.: Bild: Sonſten ſtimmen ... | mit der
Äpfel Form und B. | Birnen ziemlich überein. Brockes 9,
161; Die hohe zarte B. [Geſtalt, Mädchen] kniete. Cha-
miſſo 4, 263; Betrachten wir aber alle Geſtalten, beſonders
die organiſchen, ſo finden wir, daß nirgend ein Beſtehendes,
nirgend ein Ruhendes, ein Abgeſchloſſenes vorkommt, ſondern
daß vielmehr alles in einer ſteten Bewegung ſchwanke. Daher
unſere Sprache das Wort Bildung ſowohl von dem Hervor-
gebrachten, als von dem Hervorgebrachtwerdenden gehörig
genug zu brauchen pflegt. G. 36, 6; Fehlet B. und Farbe
doch auch der Blüthe des Weinſtocks. 1, 229; Laſſt auf der
B. mich ruhn ... Dieſe Formen wie groß! 234; Überall regt
ſich B. und Streben, | alles will ſich mit Farben beleben.
11, 40; Schwerlich iſt an B. [Geſtalt] ihr Eine vergleich-
bar. 5, 47; So bewegte vor Hermann die liebliche B. des
Mädchens | ſanft ſich vorbei. 66; Erſtaunten über die B. der
Braut, des Bräutigams B. vergleichbar, | ja, es ſchien die
Thüre zu klein die hohen Geſtalten | einzulaſſen. 82; Die
mit der Geſammtheit der B–en verkettete Naturform. Hum-
boldt K. 1, 23; Eine Reihe von B–en, die ſich gruppenweiſe
erſetzt haben. 63; Meiner B. auf dieſe Art [durch Schmin-
ken] zur Hilfe zu kommen. L. 1, 378; Erſcheint’s in meines
edlen Vaters B. Schlegel Haml. 1, 2; Die ſtarre B. mit dem
bloßen Schwert | iſt Der mein Gatte? Tieck 1, 67, wo das
männl. „Der“ durch eine Fügung χcτd oóνcc-ν zu
erklären iſt ꝛc. 2) [3b] von den Gebilden der Kunſt,
den Erzeugniſſen der Bildner: Daß eine B. voller Saft |
aus meinen Fingern quölle. G. 2, 178; Eine B., die Mit-
leid einflößte, weil ſie Schönheit und Schmerz zugleich zeigte
[Laokoon]. L. 6, 383; Faſſet der muntre Feſton reizende
B–en ein. Sch. 83a; Daß raſtlos erneuet, die B–en [des
Tanzes] ſchwanken. 86a ꝛc. 3) [3d] den Bed. von 1
und 2 entſprechend, aber auch allgemeiner das Erzeugen
von Gebilden und allgem. von Allem, was gebildet
werden kann, z. B.: Die Lehre von der B. unſrer Erd-
oberfläche. Burmeiſter gB. 1, 3; Die Malerei und die B. der
Figuren. Winckelmann 16a; Da aber die erſten B–en mit
Figuren der Gottheiten angefangen zu haben ſcheinen. ebd.;
Bei dieſem erſten Entwurf ... einer Figur können wir der
anwachſenden B. derſelben ... nachforſchen. 18a U. V.
Sich mit der B. des Miniſteriums ... geeilt. Heine Lut. 1,
11; B. von Oxyden, Salzen ꝛc., von Wörtern, des Plurals ꝛc.,
und demgemäß Zſſtzg. 4) [5] die Fort- und Aus-
bildung der in einem Gegenſtand, zumal in Perſonen
liegenden Anlagen; die geiſtige Kultur, als die Stufe
und die Art der Ausbildung, auf welcher ein Einzelner
oder eine Geſammtheit ſteht, z. B.: Alle B. ſtrebt an
die Hervorbringung eines feſten, beſtimmten und beharrlichen
Seins ... Strebte ſie nicht an ein ſolches Sein, ſo wäre ſie
nicht B., ſondern ein zweckloſes Spiel. Fichte 7, 281; Wehe
jeder Art von B., welche die wirkſamſten Mittel wahrer B.
zerſtört. G. 17, 272; B. iſt nur geſteigerte Empfänglichkeit.
Gutzkow R. 7, 351 ꝛc. Antike, moderne, gelehrte, wiſſen-
ſchaftliche, künſtleriſche, geſellige, ſittliche, feine, vielſeitige,
umfaſſende, innere, wahre, äußere, oberflächliche, ſeichte, hohe
B. ꝛc. Seine B. anfangen (G. 17, 267), fortſetzen, ab-
ſchließen ꝛc. Bei der B. des Knaben zum Seemann; Seine
B. zu mir u. zu meinen Arbeiten [das Sich-anſchließen ꝛc.].
G. Reinh. 245. Dazu: B–s-gang, -epoche, -kraft, -luſt ꝛc.;
-los (-loſigkeit), -reich (-reichthum) ꝛc.
Zſſtzg. unerſchöpflich und mehrdeutig, wie z. B.
Marmor-B. ſowohl die Entſtehung des Marmors [1],
als auch das Bilden des Marmors zu Geſtalten durch
den Bildhauer und dann auch die ſo gebildeten Geſtal-
ten bezeichnen kann ꝛc., ſ. namentl. 3 und 4 und ferner
dieZſſtzg. von bilden, wo Beiſp. angeführt ſind. Leicht
zu mehren nach den folgenden: Áfter- [4]: falſche
B., Ver-B. Brentano Fr. 1, 166. Áſchen- [3]:
z. B. bei Vulkanen. Burmeiſter G. 85. Bāūern-
[4]: In dem neuernden Geiſte halber B–en, der Alles ver-
ſucht und gleich wieder aufgiebt. Kinkel E. 236. Blátt-
[1]. Burmeiſter gB. 2, 190; 200 ꝛc. Charákter-
[4]. Gervinus Sh. 1, 44. Fírn- [1]. Tſchudi Th. 477.
Flámmen- [1]: auch: Soll ich dir F. weichen? G.
11, 23 = Flammengebilde, feurige Erſcheinung.
Gebírgs- [1]: Die am meiſten durch die Gebirgs- und
Thal-B–en geſchützten Gletſcher. Tſchudi Th. 479.
Gēīſtes- [4]. Danzel 213 ꝛc. Geſíchts- [1]:
Phyſiognomie. G. 10, 27. Gípfel- [1]. Tſchudi
Th. 451; auch [4] hohe Bildung. Grēūel- [3]:
greuelerregende Erſcheinung. Hálb-: H. und Schein-
B. ſind ſchlimmer als Un-B. Hémmungs- [3]: ge-
hemmte Bildung u. Geſchöpfe mit ſolcher in der Entwick-
lung geſtörten Bildung. Burmeiſer gB. 1, 197. Hér-
zens- [4]: Unſere Erziehung pflegt oft die Geiſtes-B. auf
Koſten derH. Jūgend- [4]. Börne 2, 170. Kérn-:
1) [1]. Tſchudi Th.488. 2)[4]kernhafte, echte Bildung.
Kúnſt-: 1) [2], ſ. Natur-B. 2) [4]. Danzel L. 118.
Ménſchheits- [4]: Stahr Rep. 1, 313. Na-
tūr- [1]: durch die Natur erzeugte, Ggſtz.: Kunſt-
B.: Die phantaſtiſchen N–en. Tſchudi Th. 449. Nēū-:
1) Um-B. 2) Weil das Bedürfnis zur N. nicht exiſtiert.
Burmeiſter gB. 1, 122 = zur Entſtehung neuer Geſchöpfe.
3) (Geolog.) die nach den Schichtenfolgen des Mo-
laſſengebirges gebildeten Bodenſchichten. Volger EE. 123,
das ſog. Quaternärgebirge. Oxyd- [3]. Par-
thēī- [3]: Gutkow R. 3, 35. Pláttfuß- [1]:
Die hinter den Zehen beginnende P. Burmeiſter gB. 2, 108.
Plūral- [3]. Refleriōns- []: im Ggſtz.
der Urſprünglichkeit. Lewald W. 2, 462. Rīēſen-
[3]: rieſige Bildungen, Ggſtz. Zwerg-B–en. Tſchudi
Th. 453. Schēīn-: ſ. Halb-B. Sinter- [1].
Burmeiſter gB. 1, 19. Stóck-: z. B. [1]: Während
18
die öſtliche Gebirgskette eine letzte St. von über 7700“ erzeugt.
Tſchudi Th. 452, ſ. Gebirgsſtock. Un- [4]: Ggſtz.
der Bildung: Geſellſchaftliche U. Kinkel E. 321; Kampf
der Bildung gegen die U. Stahr Rep. 1, 6 ꝛc. Univer-
ſitǟts- [4]. ūr-: urſprüngl. Bildung: Große
Abänderlichkeit, das Schwanken der U. gegeni dieſes und jenes
Geſtalten. G. 40, 241; namentl. aber auch: Man hat die
Entſtehungsweiſe neuer, fremder Organismen in andere ohne
Keim und Eier U. generatio originaria s. aequivoca
genannt. Burmeiſter Geſch. 323. Wéllen- [1]. Bur-
meiſer gB. 2, 226. Wélt-: 1) [4] Bildung in der
Welt und für die Welt. 2) [1]: Daß dieſe Erdbrände
zu der ſpäteſten Epoche der W. gehören. G. 40, 236.
Wórt- [3]: Um über neue W–en [neugebildete Wörter]
zu urtheilen, muß man die Grundſatze der W. [des Wort-
bildens] in der Sprache genau kennen. Zēitungs-
[4]: aus Zeitungen geſchöpfte. Gutzkow R. 5, 512.
Zérr-: Karikatur. Zúcker- [3]: Die Z. aus dem
in der Würze enthalten Gummi. Zwérg-: zwerghafte
Bildungen oder Gebild u. ä. m.