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bieder Biederkeit
Bīēder, a. (~keit, f.; –en): brav, tüchtig, von
altem Schrot und Korn, zuweilen auch namentlich
in der ältern und vollern Form: Biderb (– oder –)
tadelnd = rauh, roh, plump, vgl.: Deutſch, alt-
fränkiſch ꝛc.: Ein kern-b–er Mann. Auerbach; Das Leben
des b–n Götz von Berlichingen. G.; Auf einmal hat’s der
Biedre los, | wie er das Beſte kann. Dſ.; Die Grobheiten, welche
dem Schauſpieler von b–n deutſchen Männern in mehreren
beliebten Stücken aufgedrungen wurden. Dſ.; Ein alter Degen,
ſtolz und rauh, ſonſt b. und gut. L.; Reicht mir eure biedre
Rechte. Sch.; Rohe Zutäppigkeit für b–e Tugend verkaufen
wollen. Tieck; Dort einſt lebeten zween Alt-B–e fromm mit
einander. V. ꝛc. Sein biederber Zuſpruch widerſtand
allen Ausflüchten Forſter’s ... Forſter fand in ſeinen feineren
Formen keine Wendung der Abwehr gegen ſolche Stöße und
Angriffe der Biederbigkeit. König Kl. 1, 335; Ein ech-
ter, rechter biederber deutſcher Edelmann von älteſtem Schrot
und Korn, d. h. ein vollendeter Querkppf. Scherr Gr. 1; 102 ꝛc.
Anm. Ahd. bidarbi, biderbi, mhd. biderbe, ſ. Benecke
und vgl.: Bidermann ... ein Bederbmann, den man zu Schimpf
und zu Ernſt brauchen kann, der auch andern Leuten nutz ſein
kann mit Ehren ꝛc. Agricola Sprchw.; Biederleuten, die zu
biedern und zu gebrauchen ſein. Matheſius Sar. 78a; Der zu
keinem ehrbaren Amt zu biedern oder bederben iſt. 111a ꝛc.,
vgl. Schmeller. Biedern tr. = gebrauchen, als nutzbar ver-
*wenden, alſo zuſammenhängend mit dürfen, bedürfen, doch
angelehnt an derb. Seit Leſſing’s Bemerkung: „Wir laſſen
dieſes alte, der deutſchen Rechtlichkeit ſo angemeſſene Wort
muthwillig untergehen“ ꝛc., 5, 309 im J. 1759, iſt b. mit
einer Menge von Ableit. und Zſſtzg. wieder in Brauch gekom-
men, z. B.: Bieder-Fürſt, -Mann, -Weib, -Herz, -Hand, -Lob,
-Muth ꝛc. Alterthümelnd: Der bederbe elendhafte Ritter.
Möſer Ph. 3, 92; Nbnf. Biederhaft. Böttiger Lit. Zuſt.
1, 197; biederlich. Luther 2, 442b ꝛc.