Beutel
Beūtel, m., –s; uv.; –chen, Beutelein; -:
1)kleiner Sack, in zahlreichen Zsstzg., sowohl um den Stoff zu bez. (z. B.: Zwillich-, Leinen-, Leder-, Tuch-B. etc.), als namentl. auch den Inhalt, z. B.: Pulverhorn und Hagel- B. R. 1, 283; Kugel-, Schrot-B. etc., oft auch ohne Bestimmungsw., z. B.: B. der Beutelratte; ferner in der gem. Sprache = Hodensack, Hoden-B., gewöhnl. aber = Geld-B., oft auch übertr. für das darin enthaltene Geld, z. B.: B. in der Türkei, 500 Piaster etc. (vgl.: Seckel, Kasse, Budget): Der Eine hat den B., der Andre hats Geld; Aus andrer Leute B. ist gut zehren; Weil aber sein B. wohl gespickt. Denn man hat noch immer den Knopf auf’m B. 1, 137 [das Geld noch im Sack und kann daher Vorschriften machen etc.]; Arm am B. Ohne Beschwerde des B–s. Nach dem Maße seines B–s. Kleiner B. und enges Herz giebt wenig. Wie steht es denn um seinen B.? ist er fett? Weil dein B. hier ein schmaler | B. war und reichte mir. Ein ziemliches Loch in den B. fressen. Daß er Witz genug hat, in seinen B. zu lügen. 185a [sich durch eine Lüge zu bereichern, — zuw. auch = sich für reicher ausgeben als man ist ꝛc]. — So auch in einigen scherzhaften, eigentl. imperat. Hw., s. Fegen 1l und 9a. — Zuw. auch = öffentliche Kasse: Aus gemeiner Stadt B.; Armen-B. etc., s. Beutelherr. — Zuw. auch für Dinge, die einem B. ähnlich sehn: Ein zu weiter Rock wirft B. [beutelähnliche Falten], s. Knie-B. etc. — 2) in den Mühlen, ein Sieb, eine cylindrische Vorrichtung aus Wolle oder Seide mit größern oder kleinern Maschen (Beuteltuch) zur Trennung der feinern und gröbern Theile des Mehlprodukts: Damit das Sieben oder Beuteln gehörig erfolgt, wird dem B. eine schüttelnde Bewegung gegeben. — 3) = Bleuel, Schlägel zum Mürbeklopfen des gedörrten Flachses (vgl. Poken). — 4) bei den Holzarbeitern eine Art Meißel, Stemmeisen: Stich-B., zum Stechen; Loch-B., Löcher zu stemmen etc.
Anm. Ahd. būtil, mhd. biutel in Bed. 1 und 2, von fraglicher Abstammung, vgl.: beuteln = schütteln. z. B. auch vom Schaudern: Es hat mich gebeutelt, und die Personifikation des Fiebers und Schüttelfrostes als „Beutelmann“ etc., s. auch Floh-B. Danach vielleicht 1 erst nach der Ähnlichkeit mit 2 benannt, doch vgl. schwzr.: Biter = Tasche. — 3 gehört zum alten batten = schlagen, frz. battre, s. Bataille, Batterie etc. und vgl. buttern und Amboß, ferner Beut- oder Pochheie, bei den Böttchern ein Holzschlägel zum Antreiben der Reifen. — 4 Nbnf. zu Beißel, Betel, wohl zu beißen gehörig, als das scharfe Werkzeug.
Zsstzg. in großer Menge, namentl. zu 1) nach dem Stoff, dem Inhalt und der Benutzung, z. B.: Barbīēr-: G.10, 152. —
Bócks-:
1) ursprüngl. plattd. = Buchbeutel, worin z. B. die Frauen ihr Gesangbuch steckten, s. und Strick-B.; dann auch die wohl in solchem Beutel aufbewahrte althamburgische Kleiderordnung. So heißt es z. B. bei 102 in einem Gedicht, worin namentlich das Verlassen der alten Tracht „der Heuk und Sueck“ beklagt wird: Dat golden Klenot disser Stadt, de Bocks-Büel is to nicht; | da is nu hier keen Minsch nich mehr, de sick na sülken richt. — Dann aber gewöhnl. zur Bezeichnung althergebrachten Schlendrians: Fängt dieser [der Lehrer der Physik] aber den bisherigen B. damit an etc. 40, 12; Ph. 1, 308 u. o. —
2) eine Art vorzüglichen Weines von Würzburg, der sogen. Stein- oder Leistenwein in Flaschen, die dem „Buchbeutel“ (oder Bocks-B.? — bei = Hodensack eines Bocks —) ähnlich sehn: Die geschmacklosen B. aus Würzburg. An unsern Eichen hängt | B. aufgehangen. 1, 49, woraus komisch genug eine „parasitische Pflanze“ macht. — Brāūse-: Windbeutel, Sausebraus. — Brōt-: Einem den B. höher hängen. (57) 1, 22, s. Brodkorb. — Flōh- [Anm.]: vgl.: Lügen-, Wind-B. Einer, der so voll Flöhe sitzt, daß er sie sich abschüttelt, auch von Hunden, Schimpfw. wie Lauseangel etc. — Géld-. — Hāār-: nach frührer Mode das hintre Haupthaar der Herren enthaltend: Perücke mit einem H. — Ubertr.: Sich einen H. [Rausch] trinken. Lammf. 1, 161 u. o.; Rathet, lieber Leser, was hab’ ich im Sinn? | Einer hat’s am Kopf, ein Andrer hats darin. 2, 236. — Hōden- [1]. — Jūdas-: Preis des Verraths. vgl. 13, 29. — Klínge-: Beutel an einer langen Stange, mit einer Klingel, zum Einsammeln freiwilliger Gaben in der Kirche: Ich will gern der K. sein, der die Mildthätigkeit der Guten ermuntert. 2, 356; „Ein umgekehrter Klingelbeutel.“ Eine Schellenkappe. 3, 135. — Knīē-: Wollte er in seine frischgewaschenen Lederhosen keinen K. machen. Parn. 1, 138. — Lóch- [4]. — Lǖgen-: Person, die voller Lügen steckt. D. 1, 158, vgl. Wind-B. — Lútsch-: ein Beutel, oder blos umgeschlagne Leinwand mit in Milch eingeweichtem Zwieback, zum Nutschen für Kinder als eine Art Ersatzfür die Mutterbrust. — Nǟhe-: für das Nähezeug. Ph. 2, 231. — Nútsch(e)-: Lutsch-B.: [Der Schulwitz betrachtet] den Vortrag als einen N. Merke 301 [für Säuglinge, nicht für Erwachsne passend], vgl.: Ein ausgelutschter Zitzbeutel. 1, 318 etc., mundartl. auch Zulp, Dolle etc. — Rúnd-: Botan.: Cephalanthera. — Schlēīm-: Anat.: das Reiben der Flechsen an den Knochen hindernde zellige Behältnisse in den Flechsenscheiden. — Sēē-: Name mehrerer niedern Seethiere: Alcyonium bursa; Accidia intestinalis, Seescheide; Holothuria frondosa, Seegurke. — Spítz-: in der Mahlmühle ein beim Spitzen des Weizens vorgehängter Beutel: sonst auch: spitz zulaufender Beutel. — Stāūb-: Beutel, der Staub enthält, z. B.: Überstäubt diese vermittelst eines St–s mit feinem Kohlenstaub. 2, 2, 87; namentlich in der Botanik, die den Blumenstaub enthaltenden Antheren. — Stéch-, Stích-: [4]. — Stríck-: zur Verwahrung des Strickzeugs der Damen etc. Lärm 20 etc. — Trūden-: Staubschwamm, Bofist, Lycoperdum bovista. — Wínd-: ein mit Wind gefüllter Beutel, Schlauch, — der voll scheint und inhaltlos ist, so namentlich (s. Lügen-B.) übertragen aufunzuverlässige, Viel versprechende, Wenig haltende Menschen, Großsprecher, Prahler etc.: Unser W. von Graf. Das hat Sie doch von manchem W. gerettet, der im Anfang vielleicht durch scheinende gute Eigenschaften einigen Eindruck auf Sie gemacht. Einer von den übertünchten W–n. W. über alle W.! u. v. — Auch: eine Art hohlen Backwerks; ein sich stark aufblasender Frosch, Rana boans; eine Klasse von Fischen: Vierzahn, Tetrodon laevigatus u. ä. m. — Zítz-:
1) s. Nutsche-B. —
2) Beutel aus Zitz u. ä. m.
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