Faksimile 0130 | Seite 122
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betteln um-betteln
Bétteln, intr. (haben); tr. und zuw. refl.: 1) auſ
eine demüthigende, erniedrigende Weiſe, angelegentlich
und inſtändig um Etwas bitten, namentl. von Almo-
ſenempfängern geltend (ſ. heiſchen 2b): a) Bei Einem
um Etwas b., was man erhalten will; Von Einem Etwas
b., er-b., was man erhält; Bei Einem auf Etwas b., was
dem Bettelnden als Grund des B–s dient; Auf den
Brand b.; Das iſt dein eigenes Kind nicht, worauf du bet-
telſt. G. ꝛc.; B. gehen, als Bettler von Haus zu Haus;
Seine Kinder werden b. gehen. Bibel; Eh ſie von Thür zu
Thür | mit ihren Krabben b. ginge. W.; übertr.: Heuchelei
gebe Gelds genug, Wahrheit gehe bettelen. Zinkgräf 1, 182;
Daß die alte Heroennatur um Ehre b. geht. Hölderlin H. 2,
26; Bei dem geht meine Kunſt b. L. 1, 228, wird zum
Bettler, richtet Nichts aus ꝛc.; Kunſt bettelt nicht, Kunſt
geht nach Brod. Sprchw.; Er bettelte das Almoſen von.
Denen, die in den Tempel gingen. Bibel; Du ſollſt nicht b.,
du ſollſt erringen. Beck; Bettle, wer da will, des Glückes
reiche Gaben. Haller; Der .. gebettelte Bildung ſich umhüllt.
V. Ov. 2, 114. b) oft im ſubſtant. Jnfin.: Gieb
dich nicht aufs B., es iſt beſſer ſterben denn b. Bibel; B. und
Brodheiſchen geht in einen Sack. Sprchw.; Ein jämmer-
liches Feilſchen und Schachern und B. um jeden einzelnen
Faden. Börne; Alles Bitten und B. um den fünften Prügel
war vergebens. Hebel ꝛc.; Das Neujahrs-B. Knebel 3, 11,
zuw. auch (vgl. Bettelei): Daß er uns bei der Bettelung
und Armuth erhalte. Leibnitz 1, 255, öfter von Zſſtzg.
c) mit Angabe der Wirkung: Lieg’ und bettle deine Kniee
wund [ſo lange bis ſie wund ſind]. Göckingk Lieb. 151,
und ſo namentl. oft refl.: Ich bettelte mich bis ins nächſte
Städtchen. B.; Sich durch Deutſchland nach ſeiner Heimath
zu b. Steffens ꝛc. 2) übertr.: a) von Thieren: Da ſäu-
ſelt vom Dach mein Mohrenköpfchen [Taube] und bettelt.
V. 2, 26, ſo plattd. „gungeln“. b) von Reitpfer-
den, leiſe am Zaum ziehn. c) Brettſpiel: ohne
weitern Vortheil Stein um Stein nehmen.
Anm. Ahd. bëtalón, mhd. bëtelen, Fortbildung von
bitten; ſ. die ſinnvrwdt.: heiſchen, prachern, geilen, fechten ꝛc.
Zſſtzg. z. B.: Áb-: Einem Etwas a., bettelnd, oder
durch Betteln abnehmen. Än-: 1) Einen (um Etwas)
a., bettelnd angehn. 2) Einem Etwas a., es ihm durch
Bettelei aufdringen; Sich Etwas a., durch Bettelei ver-
ſchaffen, erbetteln. 3) [1c] Bei Dieſem hab ich mich
angebettelt. Tieck 3, 94, durch Betteln angebracht.
Āūf-: bettelnd aufhäufen: Aufgebetteltes Brot. Klinger
1, 176. Aūs-: 1) intr.: zu Ende betteln. 2)
tr.: veralt. = er-b. Mühlpforth Leich. 57. I. Durch-:
bettelnd durchwandern: Welcher gewöhnlich | Jthaka’s Stadt
durchbettelt’. Wiedaſch Od. 18, 1, vgl.: Ein Bettler ...,
welcher die Stadt durch | bettelte Haus bei Haus. V. ebd.
II. Dúrch-: 1) ſ. I. 2) [1c] Und wenn ich mich d.,
durchſtehlen muß. Auerbach. Eīn-: 1) bettelnd ein-
ſammeln: Einen Brocken Weisheit auskramen, den er ſich
geſtern einbettelte. L. 2) [lc] refl.: Eingebettelt in die
Stelle | hat ſie ſich mit bangem Flehn. Lenau 1, 316. Er-:
durch Betteln erlangen; auch: Groß Geld zuſammen-er-
bettelt. Stumpf 113b, ſ. zuſammen-b. Hêr-, Hin-
ꝛc.: intr. und namentl. [1c] refl.: Wenn ich mich hin-
b. müſſte. Platen; Nahm das Kind vom Schoße der Matrone,
auf den es ſich ſofort wieder heraufgebettelt hatte. Kinkel;
Im Lande herum-b. Klinger; Bettele wieder hinaus, wie du
hereingebettelt haſt. Zinkgräf 1, 230 ꝛc.; Man kann doch
Witz beweiſen, eine ſchöne moraliſche Abſicht hinaus- oder
hinein-b. [in das zu erklärende Buch]. H. R. 7, 69.
Lōs-: durch Betteln losmachen: Haſt mich vom Strick
losgeſtohlen, losgebettelt. Alexis. I. Um-: tr.: bet-
telnd umringen: Zwanzig Kinder umbettelten mich.
II. Úm-: intr.: bettelnd umhergehn: U–d im Volke, |
wird er ſich Gaben erflehn. V. Od. 17, 227. Zuſám-
men-: durch Bettelei zuſammenbringen: Das hat ſie
nicht zuſammengebettelt, | ſie hat’s von Ewigkeit .angezettelt.
G. 3, 296 ꝛc.