beizen
Bēīzen, tr.:
ursprüngl. Nbnf. zu Beißen, zumal im faktitiven Sinn: 1) = Beißen, s. d. 6, ohne Objekt: Ein Salz, das in die Augen beizet. am häufigsten im Partic.: B–d = scharf einwirkend, vgl. barsch: Verbrennt sein Blut durch b–de Liköre. 11; Ein b–der Tobak. G.11, 36; Nicht mit gemeinem, sondern b–dem Koth besudelt. 23, 106; Würzte .., was er sagte, mit b–den Ingredienzien. 20, 149; Farbige Stoffe, welche auch die b–de Dauer mit sich führen. 39, 7; Die brennende Sonne, der b–de Schnee. 10, 63; Mit dem b–den Sturm. 2, 52; Über b–den Reif. Stein, 1, 68; B–den Rheinweins. 1, 11. — 2) (s. 1) mit Obj., die Einwirkung von etwas Scharfem, Atzendem, Beißendem darauf bez.: Während Andere .. der Essig des deutschen Liberalismus, in dem sie eine Weile gelegen, so mürbe gebeizt hat (s. 4). [beizend mürbe gemacht]; Wenn er [der Feuerstank] nicht .. uns zum zweiten Male beizte. Aufdampfen soll’s und qualmen, daß euch’s die Augen beizt. Was würdest du für gebeizte Augen machen. Die ausgenommen, die ihm ähnlich waren, ritzten und beizten die Andern .. sein Jnneres .. mit ihren Tischreden. etc. — 3) (s. 1 und 2) faktitiv, Etwas b., etwas Scharfes etc. darauf einwirken lassen, zu bestimmtem Zweck: Köche b. Fleisch in oder mit Essig etc., um es mürbe zu machen etc.; Er wässert mir das Maul, wie ein gebeizter Hase. 7, 84; Die Färber und Kattundrucker b. die Zeuge mit verschiedenen Substanzen, um die Farbestoffe so auf den Zeugen zu befestigen, daß sie der Wäsche widerstehn; Tischler, Drechsler etc. Holz, Knochen etc. mit verschiednen Stoffen, um sie dauerhaft zu färben; Gärber, Kürschner etc. Felle mit einer aus Salz, Kalk und Wasser bestehenden Brühe, um sie gar zu machen etc.; Beizt man ein solches Gemenge mit Säuren, so wird Stahl und Eisen ungleich angegriffen. etc. — 4) Im Passiv sind natürlich die Bed. 2 und 3 nicht immer zu trennen, z. B.: Fliegenschwämm’ in Toffana gebeizt. 2, 142; Der mit Gift gebeizte Samen. Ov. 2, 15; Gleich den Blättern .. vom herbstlichen Nebel gebeizt. 15, 101; Bei Mädchen, die durch Liebesunglück gebeizt sind, wird ein Heirathsvorschlag bald gar. 9, 70 etc. — Man beachte Wendungen (s. 2) wie: Etwas mürbe, weich, gar, braun b. = durch B. mürbe etc. machen, und dazu: Braun- Afraja 60; R. 9, 53), gelb- (5, 142), schwarz-gebeizt F. 2, 534) etc. — 5) Weidm.: B. = beißen, anbeißen, machen, ködern, locken, kirren: Hätte man sie [die Adler] an einem anderen Ort fleißig gebeizt, so würde man sie wahrscheinlich auch dahin haben gewöhnen können. A. 1, 125; Wir b. dann am Boden. ebd.; 336; Da ihnen nicht gebeizt wird. 337, 346; B. Aas. 350 [gebrauchen dies als Köder] etc. Übertr.: Da hatte mir der Teufel bereits Etwas gebeizt. 5, 61; Dem Affen gleich, dem man in einer Flasche Nüsse beizt. U. 2, 4 [damit anlockt und fängt]; Da ist er [der Teufel] und beizt eine Anrichte [macht Einem einen Köder zurecht], daß Einer sein Lebtag genug daran hat. Sch. 17; Wie grob und wie fein man es seinem Nachbar zu b. versteht, daß er .. rühmen .. muß, er mag wollen oder nicht. 115 [ihm den Anreiz dazu geben]; Wenn ihn der arge Feind will b., | zu den Sünden locken und reizen. 4, 1, 98a. — 6) Weidm.: von den zur Jagd abgerichteten Vögeln, beißend jagen; Den Reiher wollt’ ich [Falke] b. 1, 83; Der gierige Sperber, geübt das kleine Gefieder zu b. M. 3, 49; BE. 48 etc. — Gewöhnl. aber auch hier faktitiv von dem Jäger = beißen lassen, wobei dann sowohl der gejagte als der jagende Vogel als Obj. erscheinen kann, vgl. den doppelten Accus. in der Wendung: Ich lasse meinen Falken den Reiher beißen, und: Ich lasse meinen Falken auf den Reiher, oder: den Reiher mit meinem Falken; z. B.: Es werden oft zwei Falken auf einen Reiher gebeizet. Mit diesem Vogel .. pfleget man .. Hasen und Reiher zu peizen. Wenn man nicht Falken (keinen Kauzen) hat, muß man mit Eulen b. Sprchw.; Wer drohet, der beizt mit einem todten Falken. Sprchw.; Sie müssten mit dem Kaiser wie mit einem todten Falken b. 8, 249b [ihn als Drohung, Popanz gebrauchen] etc.
Anm. S. beißen und vgl. heiß und heizen, Hitze; reißen, ritzen, reizen etc. Veralt. auch beißen statt b. 6, z.B.: rosch Ges. 2, 73; 147 etc., vgl. umgekehrt Bitz als veralt. Nbnf. zu Biß. — Zu 5 vgl. engl. bait, locken, ködern, vielleicht auch zu 6 mhd. beizen, niedersteigen (vgl. frz. baisser, bas, niedrig), s. erbeißen.
Zsstzg. vgl. beißen und ätzen, z. B.: Áb- [3]: Die Haare von den Fellen, die Felle a.; Gegossene Eisenwaaren a., auch abbrennen etc. —
An-:
1) übertr.: Wie tief ich vom Klosterinteresse angebeizt worden. Leb. 1, 41; [3] ein wenig beizen, zu beizen anfangen. 1, 743; 759 etc. —
2) [5] anködern, anlocken. — Aūf- [3]:
1) beizend öffnen, z. B. ein Geschwür. —
2) Etwas durch Beizen auf der Oberfläche eines Ggstds. hervorbringen, z. B. beim Damascieren Figuren auf dem Stahl. —
3) Etwas zur Beize aufbrauchen etc. — Aūs- [3]: durch B. wegschaffen, z.B. wildes Fleisch, Flecken etc. — Be- [3]: Etwas beizend bearbeiten, überall b. — I. Dúrch-: beizend durchdringen, Löcher fressen etc., in dem Sinne vollständig b. auch als untrennbare Zsstzg. s. † durch: Das Scheidewasser hat mir die Hände durchgebeizt; Die Häute müssen noch in der Grube bleiben, weil sie noch nicht durchbeizt sind; Moos vom Regen durchgebeizt. 1, 290; Den ganzen Körper mit einer Schminke durchbeizet. 6, 518 etc. — II. Dúrch-: s. I. — Eīn-: beizend eindringen, eindringen lassen, sich einfressen, Etwas in eine B. einlegen: Dies Alles hilft jetzt nur dem Argwohn, der ihn beißt, | sich in sein Herz noch tiefer einzubeizen. Punktieren ihre Haut mit Figuren, darin sie eine blaue Farbe e. Fleisch in Essig e.; Ein Faß hat er uns zum E. geliehen. — Er-: s. erbeißen: 1) [3] Von einer Hennen in starkem Essig erbeißet .. das Fleisch, so in Essig wohl erbeizt ist. 137; 319. — 2) [5] Ihre Vögel .. mit ein Hühnerfüßlein e., lock machen und ätzen. Garg. 249b. — Fórt-: beizend fortschaffen, z. B. eine Warze etc. — Her, (hin)áb-, únter- etc.: [6] Und b. herab mir die zierliche Taube. Alb. 170. — Nāch-: nachträglich s. vor-b. — Nīēder- [6]: herab-b.: So beizt er [der Falk] nieder. Jun. 189. — Über-: Etwas, mit einer B. darüber streichen etc. — Ver-:
1) weidm.: verbeißen (s. 2), abbeißen: Das Vieh verbeizt den jungen Wuchs. — 2) [3] beizend verbrauchen, z.B. Geld, Beizmittel. — 3) [3] durch B. verderben. — 4) [5] veralt.: Auf etwas (Lockendes) verbeizt [versessen] sein: Der Trunkenheit und Unkeuschheit ergeben, ja gar auf die sodomitische Schand verbeizet. B. 238b. — Vōr- [3]: Neusilber wird, ehe es in die Schnell-B. getaucht wird, mit verdünnter Salpetersäure vorgebeizt. — Wég- [3]: fort-b.: Hat er dem Essig gleich die Laster fortgebeizt. 2, 8. — Zer-: beizend zerstören: Der schwarze Tropfe ihrer Feder .. zerbeizet ganze Fluren. 1, 94; In Leid versenkt, zerbeizt von Thränen. 1, 408.
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