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bei
III. Bēī, adv. und präp. mit der Grundbed. ört-
licher Nähe: 1) adv. In der mundartl. Verbindung:
Da haben wir alle Doktoren b. und nah gebraucht. Stilling
4, 7 [der ganzen Gegend, vgl. Mhd. verre unde bî.],
und in der Volksſpr. zuw. = dabei, in der Nähe,
z. B.: „Wo iſt mein Pferd?“ Hier bei. G. 9, 125, meiſt
mit beigefügtem verſtärkendem, oft damit in ein Wort
zuſammengezognem Adv. z. B.: Dichtbei auf einem
Steine. Freiligrath Garb. 89; Die Blume blüht nahebei.
Immermann M. 3, 118, ſ. Zſſtzg. Ferner bei Zahlen zur
Bez. annähernder Beſtimmung, wie An = ungefähr,
etwa, wofür ſich aber auch minder korrekt, zumal bei
Luther, die Präpoſ. mit Dat. findet: Bei 400 Jahre. G.
4, 183 ꝛc., vgl.: Beinah, nahebei und beilich. Dann
als Beſtimmungsw. in Zſſtzg. 2) präp., nach heu-
tigem Gebrauch gewöhnl. mit Dat., die Ruhe bezeich-
nend, wie das entſprechende ,,zu“ die Bewegung, ob-
gleich ſich in der Verbindung bei Seite noch die Bed.
der Bewegung findet, und vereinzelt auch noch der bei
Luther häufige Accuſ.
Anm. Etymologiſch zu Bauen, bin gehörig. Schwzr.
auch adj. = nahe mit der Steigerung: beier, der beiſte;
ein Zeitw.: (ſich) beien, nahen; In der Beiliche = in
der Nähe, und ſo ſchreibt W.: Müſſen alſo ſo ’was beim
Beilichen [ungefähr] vorauswiſſen. Merck’s Br. 2, 68, ſ.
Schmid ſchwäb. W. 53. Aus Oettinger (1729) führt
Grimm das abſtrakte Beiheit = Nähe an.
Zſſtzg. als adv.: An-: hierbei, nebenbei, verſch.
beian ſ. d.: A. folgen die verlangten Bücher ꝛc.; A. [neben-
bei, außerdem] habe ich müſſen meine Lappalien vollends
fertig machen. L. 12, 137; Wollen aber a. [dabei, daneben]
das Verdienſt Deſſen, der das Spiel ſpielte, nicht mißkennen.
Merck’- Br. 1, 209 ꝛc. Da- (–⏑): bei Etwas, was
entweder vorher genannt iſt oder folgt, oder leicht zu
ergänzen iſt, in den verſch. Bed. von bei, zuw. auch
relativ = wobei, hin und wieder getrennt (Da iſt der
Mordgeiſt auch bei. Luther 4, 438a ꝛc., zuw. auch ohne
da) oder mit wiederholtem da (Da bleibt’s dabei. W. 20,
96), veralt.: Darbei, ſ. Da Anm.: Ein Brunnen ..
Schafe lagen d.; Askalon und die feſten Städte d. ꝛc. Bibl.;
Unter dem Stamm, d. [wobei] er wohnt. Heſ. 47, 23; D.
[veralt. = daran] ſollt ihr merken, daß ꝛc. 4. Moſ. 16,
28; Gedenket d. auch [neben dem Übrigen, außerdem].
Richter 9, 2 ꝛc.; Ich muß die Metten ſingen, mein Herz iſt
nicht d. Chamiſo [nicht gegenwärtig, nimmt keinen An-
theil]; Das Herz iſt nicht darbei. Opitz 2, 54; „Wir wollen
ausgehn.“ Jch bin d. [von der Partie, nehme Theil];
Wo irgend eine Unart verübt wird, iſt er mit d. ꝛc.; Es
bleibt d., hat d. ſein Bewenden ꝛc. [bei dem wie es einmal
iſt]; Und d. [unter dieſen Umſtänden] iſt es noch ein
Glück, daß ꝛc.; Er iſt ſelbſt arm und d. [trotzdem] unter-
ſtützt er doch noch Arme ꝛc.; Es iſt Nichts d. [= es hat
Nichts zu ſagen, iſt durchaus unſchuldig, wohl ur-
ſprünglich = es iſt unſträflich, keine Strafe damit
verbunden, vgl.: Bei fünf Thaler Strafe verboten];
ebenſo: Was iſt d.? ꝛc. Soll ich ſterben, ſo muß ich auch
d. ſein. Grimm M. 23 [das geht ohne mich nicht, ich
habe doch auch noch ein Wort mitzuſprechen] ꝛc. War
ich nahe d. [daran, es ſtand auf dem Punkte], die Mutter
zu verlieren. W.; Jch war losgebunden, ſo nahe war’s d.
[daß ich gehängt werden ſollte]. Sch. Schwzr.: D.
ſein = daſein, eriſtieren, leben: Es erleide ihm ſo d. zu
ſein. Gotthelf G. 43; So wäre es wieder d. zu ſein [ließe
ſich doch noch leben]. 95; Ihr ſollt den Hof dem Jüngſten
verkaufen, daß er d. ſein kann. 292; Ein ganz andres Dabei-
ſein. 109; 203 u. o. Dicht- [1]. Gar-:
veralt.: beinah: G. die ganze Welt. Keiſersberg Sünd. 28a
u. v. Her-: ſ. Her, die Bewegung nach dem
Sprechenden hin, in deſſen Nähe bezeichnend, vgl.
Hie-b., ganz verſch. Beiher, vgl. H. u. beiher laufen ꝛc.
Meiſt in trennbaren Zſſtzg. mit Zeitw. der Bewegung
intr. und tr., z. B.: H.-kommen, -eilen, -fahren, -fliegen,
-fließen, -flüchten, -hinken, -humpeln, -hüpfen, -kriechen, -lau-
fen, -raſſeln, -rauſchen, -reiten, -rennen, -ſpringen ꝛc. Und
namentl. oft H.-geeilt, -gefahren ꝛc. -kommen, und ſo auch
z. B.: Kamen Ritter, Knapp’ und Zofe | herbeigewühlt.
W. 11, 59 = es kam ein Gewühl von Rittern ꝛc. h.
Zuw. bleibt das Zeitwort weg, z. B.: „Hol über!“ und
das Schiff [kam] h. JGJacobi Ir. 6, 430 ꝛc.; am häufig-
ſten imperativiſch: Knaben, was ſäumt ihr? H.! Sch.; Ich
harre, raſch h.! Beck ꝛc. Ferner mit tranſitiven Zeitw.,
z. B.: H.-bringen, -führen, -harken, -holen, -ſcharren,
-ſchleppen, -zerren, -ziehen ꝛc.; So oft man mich h–beſchied.
Herwegh z. B. auch: Sich das Venerabile .. h–beten.
Immermann M. 1, 197 [durch Beten bewirken, daß es
herbeikommt]; H–brüllen werdet ihr ſie nicht mehr. Gotthelf
U. 2, 239; Es läutete ſchon Mittag, aber der Mittag läutete
auch Nichts h. Hebel 3, 396; Der Medikus kuriert dir eine Krank-
heit weg, die andre h. G. 10, 164; Ihr Auge bleibet an der
Thür, | als könnt’ es ihn h–ſchaun, ſehnlich hangen. Alxinger
D. 311; Ich habe ihn realiter h–geſehnt [durch meine
Sehnſucht ihn herkommen machen]. Immermann M. 1,
200; Bis ſie den Tag hinab | getrunken und h. den Schlum-
mer. Rückert Roſt. 49b; Vernünftelten ſie doch Alles aus
natürlichen Urſachen h. Muſäus M. 3, 168. Hie(r)-
(– ⏑): zu da-b. ſich verhaltend wie hier, (ſ. d.) zu da.
Hin-: mundartl. ſtatt hinzu: Fügt Herr Wolke h.
Radlof Trefflichk. 189 ꝛc. Nahe- (–⏑–): 1) [1]
örtlich, in der Nähe, dichtbei: Er war hier n. Novalis 1,
85, vgl.: Nah bei hier. V. Sh. 3, 228 ꝛc., ſelten geſtei-
gert: Nur Wenige ſind, für die er nächſtbei [in nächſter
Umgebung] den Kreis des Vertrauens offenhält. Schöll
(Göthe’s Br. an Fr. v. Stein 3, 3). 2) = beinahe,
eine annähernde Beſtimmung bezeichnend: Daß er n.
ſelbſt der Welt entſagt hätte. AMeißner; Seine n. tarta-
riſchen Züge. Waldau; N. jede Herzensfalte kennen. Derſ.;
Bei
veralt.: Nach bei 12 Meilen. Stumpf 522b ꝛc.; vgl.: Ein
Mann nahe bei den Sechzigern. Zſchokke 1, 294. Neben-
(–⏑–): dabei, daneben, neben etwas Anderem was
als Hauptſache erſcheint, nebenher: Eine Stube und eine
Kammer n.; Schrammen ſie aus und ſpazieren n. Tieck A.
1, 133; Der Ehemann geht n. [hält es mit anderen
Frauen, auch: Er hat ein N.] ꝛc.; N. zaubre ich auch.
Börne 2, 289; N. und als nicht außenbleibende Folge. Fichte
7, 288 u. v.; ſeltner: N. [außerdem] daß er ein tüch-
tiger Müller iſt. Hackländer Handel 1, 210, und ſubſtant.:
Wußte er nicht viel von dem kleinen und feinen N., von dem
Schmuck des Lebens und der Bequemlichkeit des Daſeins.
Höfer Hausbl. (57) 1, 349 ꝛc. Nebſt-: mundartl. =
nebenbei. Spindler Stadt 1, 119. Vor-: bez. die
Bewegung vor einem Gegenſtand hin und bei, d. h.
neben demſelben fort, alſo ohne ihn zu berühren, zu
treffen; es iſt deßhalb meiſt ganz gleichbedeutend mit
vorüber, inſofern Dies ebenfalls die Bewegung vor einem
Gegenſtande hin, aber über denſelben hinaus bezeichnet.
Ein feiner Unterſchied bleibt aber nach dem Geſagten
in manchen Fällen zwiſchen beiden merklich, außerdem
daß vorbei mehr der Umgangs-, vorüber mehr der ge-
hobenien Sprache angehört, z. B.: Dieſes Mal habt ihr
weit bei (neben) der Scheibe vorgeſchoſſen. Gotthelf, wo das
Nichttreffen, das Fehlſchießen den Hauptbegriff bildet.
Dagegen: Nicht Blitzen gleich, die ſchnell vorüberſchießen |
und plötzlich von der Nacht verſchlungen ſind. Sch.; Mein
ganzes Leben ging, vergangenes | und künftiges, in dieſem
Augenblick an meinem inneren Geſicht vorüber. Derſ. [vorbei
gäbe hier den falſchen Nebenbegriff des Nichtberührt-
werdens]; So hilft er ſich auch an einigen bedeutenden Punk-
ten, die er gewahr wird, mehr vorbei, als drüber hinaus.
G. 39, 111 u. ä. m. Beide Wörter gehen aus der
örtlichen Bed. in die zeitliche über = weg, verſchwun-
den, vergangen, vollendet ꝛc., z. B.: Weiſe biſt du und
ſieheſt das Künftige, | nicht vorüber iſt dir das Vergangene.
G. 13, 24 = Und das Vergangene iſt dir nicht v. 34, 168
[d. h. es iſt deinem anſehenden Blick noch gegenwär-
tig]; Was ſie auch litt, es iſt für ſie v. Derſ.; V., geendet
iſt der Krieg! Sch. 57a; „V.?“ Rein aus, mein Schatz!
Müllner 5, 322; Es iſt mit ihm, damit v. [zu Ende] ꝛc.;
Der, ſo ſehr er Weiberfeind war, doch ein vorbeigehendes Aben-
teuer nicht verſchmähete. G. 1, 209; vgl.: Manchmal mag noch
der alte Adam ſpuken, aber nur vorübergehend. Auerbach Ab.
152 u. o., wie denn in Zſſtzg. zeitl. „vorüber“ das Ge-
wöhnlichere iſt. Vorbei (u. vorüber) findet ſich in
Zſſtzg. m. allen eine Richtung oder Bewegung bezeich-
nenden Zeitw. u. der Gegenſtand, neben welchem Et-
was ſich hin bewegt, dabei m. Präpoſ. (ſ. o.), nam.
mit an, bei, neben, vor: Er ging an (bei, vor) mir (meinem
Hauſe) vorbei, ohne mir guten Tag zu ſagen u. v.; Vaters
Pfeil | ging mir am Leben hart vorbei [es ſtreifend]. Sch.
550a ꝛc., vgl.: Die Schönheit an der ich unachtſam
vorübergegangen war. Börne 2, 234 ꝛc. Aber auch der
bloße Dat. als Kaſus der Beziehung findet ſich oft ge-
nug: Gewiſslich geht kein Engel gleichgültig einem Grab-
hügel v. Claudius 4, 4; Jch wandre jeden Abend | dem
Baume ſtill vorbei. KlGroth 16; Als er ... einem Berge
vorbeikam. Heine Reiſ. 3, 81; Welcher .. .. dem Gefängniſſe
vorbeikommt. Lut. 1, 291; Sie huſchten mir ... v. Rom.
121; Daß ſein ſicheres Geleite Sie, den Windhunden vorbei,
in die Stube führe. Thümmel 7, 167; Er war ſeit lange
nicht dieſen Wänden vorbeigegangen. Tieck Acc. 2, 171; Wir
ſind hier ſchon dem Thorſchreiber v. Nov. 5, 215, vgl.:
Kräftig gingſt dem Knaben du vorüber. Freiligrath 1, 255;
Der Baum, dem wir vorübergingen. Heine Lut. 2, 166; So
gefeſſelt geht ſie dir vorüber. FSchlegel Flor. 1, 40 ꝛc.
Aber auch der Accuſ. findet ſich vielfach u. zwar nicht
bloß in dem Sinne des Übergehens, wo auch das Paſſiv
gewöhnl. iſt, z. B.: Wenn ... Konrad I. ... alle die
Seinen vorbeigeht u. ihn zu ſeinem Nachfolger vorſchlägt.
Claudius 4, 113; 5, 124; Gehen Sie aber doch ja Keinen,
der . . . Etwas zu ſagen hat, v. Gleim (L. 13, 69); Das
Wiſſenſchaftliche [wurde] vorbeigegangen. G. 26, 289; 36,
22; H. 9, III.; Eine Bemerkung, die hierherzugehören ſcheint,
kann ich nicht vorbeigehen. Lavater Ph. 1, 183; [Das] wird
als bekannt ... vorbeigegangen. L. 11, 417; Muſäus M. 4, 20;
W. 13, 16 u. ä. m. Vgl. auch: Sie träumen, ſcher-
zen, ſingen, küſſen | ihr Daſein unvermerkt v. [ſie träumen ꝛc.
bis ihr Daſein v., entſchwunden iſt]. W. 3, 67. Aber
auch ſonſt: Die Schäfer ſehn’s u. gingen ſchamroth u. ge-
ſchwinde | die Neidbeſchämenden vorbei. Burmann F. 148;
Ihn unbeſucht vorbeizureiſen. Enſe Denkw. 1, 426; Geht
kühn den feigen Knecht v. Freiligrath 2, 97; Vorbéi | mein
einſam Städtchen ſchwamm er zu den Dänen. 2, 28;
97; Nun liefen wir die Adventure u. das andere Schiff v.
Forſter; Schlummernde necket ſie ſtets, Wachende fliegt
ſie vorbei. G. 1, 226; Es ſchleicht der echte Schlaf den
Federpfühl v. Hagedorn 1, 32; Er wohnet weit v. hier, die
Alſter ganz v. [jenſeits der A.]. 90; Heinſe Ard. 1, 231;
Wir trabten manche Stadt v. LHNicolai 2, 90; Keine Sie-
delei | gingen ſie ungeforſcht v. Rückert Nal. 216; Wo man
ehrbare Jungfern vorbeigeht. V. 2, 159; Wenn ſie ſchon ihn
vorbeifliehn konnte. Ov. 2, 197 ꝛc. Vgl.: Bald wird
ein Mädchen hier den Pfad vorübergehn. Geßner; Mit Still-
ſchweigen kann ich nicht vorübergehen [übergehn] das Blatt ꝛc.
G. 31, 413; Einen Thurm gingen wir vorüber. 26, 235;
Sie muß den Sumpf, wie ſonſt, vorübergehn. Hagedorn 2,
275; Er gehet mich ſtolz vorüber. H. 9, 66; Daß er die
gewöhnlichen .. . Verwirrungen gerade vorübergegangen war.
H. Gott. 53; Hölderlin H. 2, 97; Noch geh ich dich vorüber.
Platen 1, 165; Ziehet umſonſt nicht | meine ſorgende Stirne
vorüber. 2, 161; Schwab 453; V. Th. 23, 37 u. ä. m.
Der Accuſ. bez. hier wohl zunächſt die räumliche Aus-
dehnung: die Jnſel = längs der Inſel vorbeifahren ꝛc.
u. Adelung verwirft daher mit Unrecht die Fügung,
weil meiſtens keine Umwandlung ins Paſſiv
möglich ſei (vgl.: den Abend über bleiben; den Weg ent-
lang laufen u. ä. m., wo der Accuſ. ebenfalls zeit-
liche od. räumliche Ausdehnung bez., ohne daß da-
mit das Zeitw. ein zielendes würde). Wo- (– ⏑):
bezügliches u. fragendes Fw., dem hinzeigenden dabei,
hierbei entſprechend: W. [bei welcher Gelegenheit ꝛc.]
haſt du dich ſo erkältet?; W. noch zu bemerken iſt ꝛc. W.
11, 169.