Balg
Bálg, m., –(e)s; Bälge; Bälgchen, lein; –en-:
1) eigentlich: die einen Körper außen umschließende. weiche Hülle desselben, so: z. B. die Hülse der Erbsen, Weinbeeren etc.; Bot.: auch die untersten Blättchen eines Grasährchens, der Graskelch (gluma, calyx glumaceus), s. 36, 53. —
a) Die Haut aller Thiere, welche ganz (d. h. ohne unter dem Bauch aufgeschnitten zu werden) abgestreift werden, z. B. bei den Jägern u. Kürschnern. — Biber-, Eichhorn-, Fischotter-, Fuchs-, Hamster-, Hasen-, Iltis-, Kaninchen-, Katzen-, Luchs-, Marder-, Wolf-, Zobel-B. bei u. v. a., auch von Vögeln: Krähen-, Raben-, Fasanen-B. etc.; Hirsch-, Elend- u. Biberbälge. Leg. 1, 30; Warf mir den B. [des Löwen] um die Glieder. Theokr. 25, 178; Eh ließ er [d. Diener] sich den B. vom Leibe streifen [s. 3]. 20, 246. — Auch von den sich häutenden Thieren, z. B.: Schlangen-B. Th. 254; Auch: B. der Läuse, Wanzen, Seidenwürmer etc.; auch = Geburts-B., Glückshaut (s. d.), Nachgeburt. 46 etc. — Sprchw.: Einem wacker den B. streichen [schmeicheln]. U. 2, 293. — Der Fuchs ändert den B. | u. behält den Schalk. — Ein jeder Fuchs verwahre, hüte seinen B. — Ihnen gilt das „Stirbt der Fuchs, so gilt der B.“ nicht bloß zum Troste, sondern auch zur Aufmuntrung, sie tödten den Fuchs, damit der B. gelte. 2, 173; Auch Name eines Spiels. 1, 11. — Der Löwenhaut den Fuchs-B. annähen [wo Stärke nicht ausreicht, List anwenden] etc. Fuchs-B. (vgl. 2.) Bez. eines listigen Menschen. Nov. Kr. 4, 49. —
b) B. eines Menschen, die Haut, der Bauch, der Leib. Wenn die Glut in Asche sank, | die ihm gewärmt den B. entlang. 4, 152; Wir müssen uns .. mit dem alten B. schleppen . ., bis wir .. geistlich Fleisch werden. 6, 350b. (s. 1. 15, 44); Damit er einen saubern u. glatten B. hätte, wenn er nacket kämpfen wollte. Sar. 120a; Einem den alten B. wohl zerschlagen. 1, 52a (s. 5). —
c) = Blasebalg (s. d.): Ihr Bälge blast, ihr Funken sprüht empor! Als Bälge noch nicht athmeten, der Orgel Mund noch schwieg. Der Funke sprüht, die Bälge blasen. Der püsternde Balg hauchet die Flammen auf. —
d) (Vgl. 3 u. 4) Ausgestopfte Körper, z. B.: bei den Vogelstellern ein ausgestopfter Vogel, um Vögel zu fangen (vgl. Balbahn, vielleicht verderbt aus Balghahn); Puppen-B., der aus Leder gefertigte ausgestopfte Leib einer Puppe ohne Kopf u. Bekleidung etc. — 2) dient B. auch als verächtl. Bez. von Menschen, zumal von feilen Weibsstücken u. von unartigen Kindern, doch auch von Männern (s. 3). Der ursprüngliche Sinn der Verachtung tritt zuw. (s. 4), wie öfter bei solchen selbst als Liebkosung gebrauchten Scheltworten (s. Aas) zurück:
a) = Weibsstück, das Mensch, Hure etc.: Schickt er einen alten B. zu dem Weib, die bracht ihr zu Ohren. 5, 361a; 379b; Nero ... der seinen B. Poppä’n so schätzbar hat verbrannt. Leich. 145; Lose Bälg und lose Buben. 1, 270 etc. Der abscheuliche, hochmüthige Lügen-B. [das herrschsüchtige Weib]. Th. 1, 292. — Huren-, Schand-B. etc. —
b) = Kind (verächtlich): Der Knabe. — Der B. der! 7, 87; Jhre .. Stieftochter . ., von ihr der B. zubenannt. M. 1, 78; Sich mit den Bälgen tagtäglich zu schleppen. 2, 69; 82; Bei ihnen wird [in der Ehe] nichts mehr erziehlt als Bälge | und Bettelpack. Cymb. 2, 3; Mein Stiefbruder, der Mami ihr B. [meiner Mutter verzogener Bengel]. Leg. 3, 60. Schmeichelbälge nennt 5, 71 Gedichte [geistige Kinder], womit die Herausgeber eines Almanachs sich gegenseitig bekomplementieren etc., s. Wechsel-B. —
c) Hinab mit dem B.! [alter Kerl]. 136a; Den Schlummer-B. [den immerschlafenden Kerl]. Münch. 3, 239. —
d) ohne hervortretenden verächtlichen Nebensinn: Sie lief auf nackten Sohlen, | mit ihren Bälgen [Kindern] das Brot zu holen. Arm. 247. Ein Paar verliebte Bälge [Geschöpfe]. 27, 87; Die Bälger [Mädchen] tanzen alle gern. Soll 1, 202. Will ich’s mit einer von unsern Bälgern [Mädchen] versuchen. 3, 146 etc.
Anm. 1. Hier findet sich auch das neutr.: Ungerathenes B.! Kind. Th. 43; Das B. sollte geschwind aufhören, ihre-Mutter zu quälen. Lammf. 1, 138. Ist sie nicht ein widerspenstiges B.? Gsp. 1, 250. Und daran sich schließend die Mz.: Die ungezogenen Bälger. Th. 1, 293 (s. 4). 3) veralt. = Streit, Kampf: Wer Pulver riechen kann, | auf B. u. Roß besteht. 111. Im Katzbalg liegen. Kr. 45., s. 1, 32c.
Anm. 2. In der Bed. 1. dazu auch das veralt. B. = Schlauch u. Schwert-B. = Scheide, s. u. wie Bulge (s. d.) unbestritten zum Stamm belgen schwellen. Vgl. lat. Follis (Balg) u. engl. belly (Bauch). — Für Bed. 2. vgl.: Eine gute Haut etc., das lat. scortum (Fell u. Hure) etc. — Für die Bed. 3. vgl. 1, 125, belge = erzürne u. z. B.: Sei nicht so gar verbolgen [trotzig, zornig]. 7, 557, wohl insofern dem Zornigen die Adern schwellen etc., s. 1, 126. — Ueber Geschlecht u. Form der Mz. s. Anm. 1., doch findet sich auch die Mz. Balge: Sah Esse, Balg’ u. Tiegel. 50; Bei Blasebalgen. 2, 207; Inseln (1826) 3, 109. — Als Bestw. auch z. B.: Der Bälgentreter. 2, 51. V. 23 etc. — Man brachte auch das Ew. mit Partic.- Form: ein weißgebalgtes = weißbalgiges Thier etc.
Zsstzg. s. o. Dazu z. B. noch Weiß-B. V. Th. 4, 45; 5, 147; Bez. eines Thiers mit weißem B. etc.; u. vgl. Windball. — Ferner Blās(e)-: ein Werkzeug, das durch seine Bewegung Wind erzeugt, in den Hammerwerken einfach Balg (s. d. I. 4) zur Anfachung des Feuers (Schmiede-B.), in der Orgel (Orgel-B.) etc.: Der gewöhnl. Hand-Blasebalg; in den Schmieden der größere Doppelbalg. Karmarsch; Der von vier gekuppelten Spitzbälgen erzeugte Wind Ds. etc.; Ein Nürnberger Kuckuckchen mit einem Blasebälgchen unter den Füßen. Börne; Der Blasebälge Zug. Sch. 56a; Blasbälge. G.21, 257 etc. (vgl. Püster). —
Sāū-: [2.]; auch eine Pflanze Chenopodium rubrum, rother Gänsefuß. —
Schóß-: der Theil an den Getreidehalmen, worin die Ahre vor ihrem Hervorkommen verborgen ist. — Wéchsel- [2.]: ein von Heren oder Kobolden ausgetauschtes Kind (vgl. Kielkropf u. Wechseling); scheltende Bez. eines häßlichen, ungezognen Kindes etc., einer untergeschobnen Person od. Sache: Weil .. der Alp das Kind holt u. dafür einen W. in die Wiege legt. Claudius 6, 64; — Gewohnheit ist die zweite Natur! ja wohl, aber dieser W. der Natur. Auerbach Ab. 153; Den W., den Unhold. W. 12, 11. — Seltner neutr.: Bis auf ein scheckig W., den Sohn, | den sie hier warf. Schlegel Sch. 3, 27.
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