Faksimile 0992 | Seite 1814
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Zwirn zwirnen Zwirnerei zwirnig zwirren
Zwirn, m., –(e)s; –e; -:
(s. zwei, Anm. 2g):
1) aus mehrern Fäden zusammengedrehtes (,,gezwirntes“) Garn (s. d. 1): Karmarsch 3, 738 ff.; Man zwirnt 2, 3, 4 oder noch mehr bis 6 Fäden zusammen und danach heißt der Z. 2drähtig, 3drähtig etc. M. 2, 291; Leinener Z. 635 etc. (s. Zsstzg.); Dieser, der wie ein Ende Z. aussieht etc. [so dünn]. Cham. 4, 241 etc.; bildl. (s. Faden 4f); Wer hält das All an diesem Z–e? Platen 2, 9; Die sich lenken ließ an einem Z–e. Rückert Mak. 1, 63 etc., s. d. Folg.
2) (s. 1) „im Scherz: Brauner Z.: Bier; blauer Z.: Branntewein.“ Schm. 4, 309, vgl. Brem. W. 1, 96 und: Die mit blauem Z. genähete Bettlergarderobe des Fuselschnapses. Reuter Schurrm. 327; Grabbe Nap. 196 etc.
3) Gedanken, die man im Kopf spinnt (s. d. 1h; i) etc., s.: Habe die Nacht durch manches Knäulchen Ge- danken-Z. auf- und abgewickelt. G. Aug. 1, 2 etc. und (ugw. fem.): Bis du .. strickst im Hirn, | ist mir schon abgehaspt die Z. Andreä (Wackern. 2, 257³) und wohl hierzu: Die hat Z. im Kopf! [ist klug]. Grimm M. 125; Das mag Gott wissen, was der Kerl für Z. [Einfälle, Zeug etc.] im Kopf hat. Musäus Ph. 1, 63; Der Kauz! was er für Teufels-Z. im Kopf hat! Ders.; Herr Gevatter, was machen Sie für Z. [Zeug]! Das ist ja Herr Reuter. Gotter Sch. 291.
4) Krebs-Z. So heißen die aus langen Fäden bestehenden Samengefäße beim Männchen der Krebse, insonderheit .. zur Begattungszeit, da sie sehr aufschwellen. Nemnich 329; Wenn die Krebse im September hin beginnen, Z. zu bekommen, welches gleich einer weißen feinen Flechse ist. Döbel 4, 88a etc.
5) Zuweilen sind die Stränge vermittels eines zähen, klebrigen Schweißfettes ziemlich fest zusammengeklebt und erhalten dadurch ein fadenartiges Ansehen. Diese fehlerhafte Beschaffenheit der Wolle wird durch die Ausdrücke Z., Zwirnen, zwirnig bez. . . Das schon erwähnte Zwirnen. Karmarsch M. 2, 657 ff.
6) in Zsstzg. Name von Pflanzen. Zsstzgn, ohne Bem. zu 1 (vgl. Garn 1), z. B.: Bāūmwollen-: Dieses Benetzen findet bei Verfertigung von Leinen-Z. immer, bei B. seltner, bei Wollen-Z. niemals statt. Karmarsch 3, 738 etc. (vgl. Twist). Brodīēr-: Stick-Z. Damást-. Dóppel-: mehrdrähtiger. Düttchen-: Sorte sehr feinen Zwirns (nach dem Preise, s. Deut und Brem. W. 1, 202). Filēt-. Fürsten-: von besondrer Feinheit. Gárten- [6]: Der G., der an dem Zaune kriecht. Musäus M. 3, 38, wohl Clematis (Teufels-Z. Nemnich). Gedánken- [3]. Glánz-: Maschine, mittels welcher man den (baumwollenen) Näh-Z. so auf Spulen wickelt, daß dabei der Faden zugleich einen ziemlichen Glanz erhält (G.). Karmarsch M. 2, 297; 551 etc. Hāūs-: Art grober Zwirn. Héft-: zum Heften dienend, z. B. dem Buchbinder. Freytag Hdschr. 1, 359 etc.; Akten-H. König Kl. 1, 75 etc. Innernáchts-: Faden I., d. i. ein solcher Zwirn, der in der Zeit von Weihnacht bis heil. Dreikönigstag gemacht worden. Rockenphil. 2, 354 (s. Zwölft 3). Kámm-: Litzen-Z., auch K., nennt man den 3- bis 6drähtigen festen Leinen-Z., aus welchem die Litzen [s. d. 3, im Geschirr am Webstuhl] gemacht werden. Karmarsch 2, 608. Kánten-: Spitzen-Z. (s. Kante 2d). Kétten-: s. Kettengarn. Klöppel-: s. Spitzen-Z. Klōster-: Sorte feiner (Brabanter) Zwirns. Krêbs- [4]. Lánd-: eine Sorte böhmischen Zwirns etc. Lēīnen-: s. Baumwollen-Z. Lítzen-: (s. Kamm-Z.) Der L. gewöhnlich aus 60—70gängigem Garne (6—8 Stück auf das Pfund). Karmarsch M. 2, 635. Míttel-: mittelfeiner. Nǟh-: Gezwirnte Baumwollgarne .. zum Nähen, Stricken und Sticken (Näh-, Strick- und Stick-Z.). 549, ebenso von leinenem Zwirn. 635. Nétz-: Filet-Z. etc. Rāhm-: zu Rahmstickereien. Róllen-: s. Strähnen-Z. Sáck-: Art grober, starker Zwirn. Spítzen-: Leinen-Z., wie er zum Spitzenklöppeln dient (s. Kanten-, Klöppel-Z.). Karmarsch M. 2, 635. Stíck-: s. Näh-Z. Strǟhnen-: der in Strähnen (Gebinden) verkauft wird, wie Rollen-, Spulen-Z., auf Spulen. Strick-: s. Näh-Z. Tēūfels-:
1) [6]:
a) Die T–e, Lycium. . . Der gemeine T., L. euro– peum. Oken 3, 985 etc., s.: Die Ranken von T. OLudwig Himm. 50 (oder zu b?)
b) s. Garten-Z.
c) Cuscuta europea, ein fadenförmiges Schmarotzerkraut, das Pflanzen, umwindend, mit Wärzchen aussaugt (s. Klebe, Flachsseide etc.); Einem Kleefelde, in das der T. sich eingenistet hat. Man sieht, wie das Unwesen um sich greift. Lewald Gschl. 2, 210 etc.
2) [3] Ich fürchte mit meinem T–e nicht mehr als ein Juwelier verdorben zu haben, welcher in der Fassung eines Schmucks einige kuriöse Schnörkel anbringt. Thümmel K. 59 (FrHempel). Wóllen-: s. Baumwollen-Z. Zēīchen-: zum Zeichnen der Wäsche etc., gw. roth etc.
~en: I, a.:
aus Zwirn gefertigt: Z–e Handschuhe. Karschin Leb. 41; Schlegel Sh. 6, 64 etc. II, tr.; intr. (haben): 1) Zwirn (s. d. 1) machen; Fäden zusammendrehn etc., eig. und bildl.: Seht mir doch das Spinnelein an, | wie’s zarte Fäden z. kann. Echtermeyer 43; Den rechten Lebensfaden | spinnt Einer, der lebt und leben lässt; | er drille zu, er zwirne fest! | Der liebe Gott wird weifen. G. 2, 307; 33, 145; Oft werden mehrere gezwirnte Fäden abermals zusammen gezwirnt. Karmarsch M. 2, 291 (Wird durch die Zwirnung der Faden bedeutend verkürzt. 292); Kohl E. 2, 136; 249; IP. 2, 107; Tieck Schr. 5, 191; In der Meinungsfabrik als haspelnder, z–der Knecht. GsN. 1, VII; W. 10, 70 etc. 2) (s. 1; spinnen 11; spulen 2) Trau der Katz nicht, wenn sie zwirnt. Maje 1, 263 etc.
3) Die Wolle zwirnt (oder ist zwirnig), s. Zwirn 5. Zsstzgn zu 1, z. B.: [Wickelpapier,] um welches eine Frau ihre Garnkugel aufgezwirnt [den Zwirn aufgewickelt] hat. JP. 54, 42 etc., aber auch (s. binden 3f): Ein langweiliger Geist .. erscheint, zwirnt und trieselt alle Begriffe auf. Knebel Dünz. 3, 163 etc.; Zwirne | 3 Faden Garn hervor. Göckingk 3, 87 etc.; Man nennt diesen Theil der Drehung, welcher erst dem schon völlig ausgezogenen Faden ertheilt wird, [während der Wagen der Mulespinnmaschine in Ruhe ist,] die Dareindrehung oder das Nach-Z. Karmarsch 1, 146; M. 2, 537; 701 etc.; Eh den Hals ich mit dem Seil umzwirne [umschlinge etc.]. Platen 4, 122 etc.; Siebenfach zusammen- gezwirnt. Auerbach Gv. 1 (s. o.), auch bildl.: Das Alles haben sie mir so zusammengezwirnt [vgl. angesponnen, angezettelt etc.]. Kürnberger N. 2, 210 etc.
~erēī, f.; –en:
Zwirn-Fabrik, -Mühle etc.: In dem Gebäude befanden sich .. eine Buchdruckerei, zwei Z–en. Volksz. 13, 189.
~ig, a.:
Wenn die Wolle .. z. oder knotig ist. Karmarsch M. 2, 677, s. zwirnen 3.
Zwirren, tr., intr.:
(s. zwirbeln, schwirren, zwitzern etc.): Es zwirrte ihm vor den Augen. Gotthelf G. 273; Verzwirrte [verdrehte] Mädchenköpfe. Rank Haus 90.