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Zopf zopfen zöpfen zopsig Zöpfling Zopfthum Zopp! Zorch
Zópf, m., –es; Zöpfe; Zöpfchen, lein; -:
(ahd. zoph, mhd. zopf, vgl. Zapfen; Zipfel; Topp II; Toupet etc.)
1) (s. 4) ein eingeflochtner oder eingebundner Haarstrang:
a) bei Frauenzimmern: Jungfrau, .. flicht deine Zöpfe aus! Jes. 47, 2; Hohel. 4, 1; 3; 1. Tim. 2, 9; G. 4, 31; Stark sind vielmal die Zöpfe um silberne Nadeln gewickelt. 5, 48; Sch. 610b u. o. (schwzr.: Züpfe, f. Stalder; So nehme er sie bei den Züpfen. Gotthelf G. 69; 216).
b) bei Männern, z. B. in China etc., ferner in Europa nam. üblich z. B. auch im Heere in der Zeit vor der ersten franz. Revolution, der sogen. Z.-Zeit (s. d., vgl. d), s. das Räthsel Hebel 2, 207; ferner z. B.: Zum Schädel ohne Z. und Schopf. B. 15b; Der Z., der hängt ihm hinten. Cham.; IFalke DLeb. 2, 188~ 266; Im Nacken | steif und starr den alten Z. etc. Freiligrath SW. 6, 44 ff. (s. d); Freytag NB. 46; G. 14, 108; 17, 271; Gutzkow R. 4, 160; 167; Hebel 3, 211; Prutz Woch. 8; Tieck N. 5, 323 etc., s. das Folg. und: Man warf einen Schnürleib, einen „Pracht-, Prahl- und Patent-Z.“ ins Feuer. Gartenl. 13, 509a.
c) (s. b) in RA., z. B.: Den Z. hinaufschlagen (Sch. 118b etc.), sich marschbereit, fertig machen etc.; Einem einen Z. anstecken, machen, drehn etc., ihn höhnen etc., z. B.: Wenn ihm Alboīn einen Esel bohrte oder Z. drehte. Gutzkow Bl. 1, 364; Mir einen Z. zu machen. 70 etc., vgl.: Die Nachbarn hänselten sich .. mit allerlei schlechten Witzen, die sie einander unter den Z. banden. Oppenheim 11, 271 etc.; Einem auf den Z. kommen, spucken, ihm hart auf den Leib rücken etc.; Sich einen Z. anhängen (Geißler Tag. 140), trinken (s. d. 3b, vgl. Haarbeutel) = Rausch etc.
d) (s. b) als Symbol altfränkischen Wesens; starrer, steifer Pedanterie, Borniertheit und Unnatur etc.: Der Z. hatte die Poesie aus dem Leben verscheucht. Carrière Stud. 1, 2; Diderot hatte Recht, dem Drama den Z. abzuschneiden, den die Gelehrten ihm angehängt. Eichendorff GschDr. 91; So sind auch diese Räuber [Schiller’s] .. nur ein andersgewundener Z. des französischen Theaterheldenthums. 142; Freiligrath SW. 6, 44—48; Freytag B. 2, 382; Philister, deren Z. unter der rothen Mütze (s. d. 1a) hervorlauschte. Heine Lut. 2, 89; Deutscher Z., Schöppenstädtereien etc. Mag. d. Ausl. 33, 135b; Es gehört zu dem alten Z. unsrer Universitäten. Mügge Erb. 1, 33; Daß hier ein urkräftiger Humor den Z. der Zeitgenossen aufdröselte. D Mus. 1, 1, 4; 1, 2, 608; Nat.-Z. 17, 557; Die mit dem Z. und der Perücke (s. d. 1;
2) des Gelehrten auch den gelehrten Hochmuth abwarfen. Natur 4, 44c; Armer Z., als du im Nacken von Leuten, wie Lessing und Kant, Goethe und Schiller, Washington und Fox, Rousseau und Mirabeau baumeltest, ließest du dir nicht träumen, daß du dereinst zu einem Symbol der Unvernunft und Knechtschaft werden solltest. Scherr Bl. 1, 214; 144; Schwegler (46) 207; Stahr Weim. 300 etc., s. 2b. e) zuw. auch bei Thieren, z. B.: [Beim Englisieren der Pferde] beide Rollenschnuren von den Schweifzöpfen losgemacht. . . Jede wieder an den Z. des Schweifes, an welchen sie gehört, angeschleift. Rohlwes Thierh. 4, 590, in der Thierfabel z. B. auch von Vögeln. Sanders Gspr. 105 etc. 2) Jemand mit einem Z., z. B.:
a) (s. 1b) Mit den Zöpfen und Schnurrbärten, die meine Kunstbrüder sein wollten. PHeyse Mer. 3, 154 etc.
b) bes. (s. 1d): Was brauchte der alte Z. sich zimperlich wegzuwenden? Frese G. 1, 372; Ich verfluche die alte Zeit, das ganze alte, verzopfte Wesen, das uns zu Grunde richtet. Pereant die Zöpfe! alle Zöpfe! Lewald Ferd. 3, 200 ff. (s. Freiligrath 6, 45 ff.); Freiheiten, die V. Hugo zum Entsetzen der akademischen Zöpfe in Frankreich eingeführt hat. Mag. d. Ausl. 33, 760a; Weil die Zöpfe [Freiheitsfeinde] bei Tage sich nicht mucken dürfen. Ruge Rev. 2, 5 etc.
3) Etwas von der Form eines Z–s (1), nam. eines geflochtnen, z. B.: Der Stahlbogen mußte .. durch geflochtene Zöpfe so verwahrt sein, daß kein Unglück entstand, wenn er einmal sprang. Freytag NB. 126: Andre, denen die Haare in Zöpfen .. herunterhängen. .. Sie haben Nägel, einen halben Finger lang, ebenfalls in Zöpfe geflochten. Zimmermann Eins. 72 etc.; s. auch Kaute 3, ferner wie Striezel (s. d.), Art geflochtnes Gebäck aus feinem Mehl. Campe, s.: Butter-Z. . ., Mundsemmeln oder Hörnchen. Kohl Pet. 2, 76 etc. und schwzr.: Züpfe (verkl. Züpfli). Stalder; Gotthelf 6, 120; Sch. 185 etc.
4) (vgl.
1) buschiger Gipfel, z. B.:
a) Bot.: Coma. Campe, s. Schopf 4.
b) Forstw.: = Z.- Ende (s. d. und Schopf 5).
c) (mundartl.) Dieser Berg ist schön anzusehen wegen seines grünen Z–es. Olearius Reis. 189b etc. Zsstzg. leicht zu mehren und zu verstehn nach dem Vorstehnden (s. 1b) und folg. Bsp.: Alp-: s. Weichsel-Z. Armēē- [1h; d]: Freiligrath SW. 6, 46, s. Heer-, Soldaten-Z. Aschen- [3]: zopfähnlich niederhängende Aschenflocke: Die Kienfackeln .. hingen mit langen Aschenzöpfen zur Erde gesenkt. Alexis H. 1, 1, 110. Bétt- [3]: zopfartig niederhängender Betthalter (s. d. und Troddel 1): Er zog sich langsam am B. aus dem Bette. IP. 7, 125 und bildl.: 9, 40; 21, 46; 64, 53 etc. Bürger- [1d]: Den mittelalterlichen B. Demokr. Stud. 126. Bútter- [3]. Gelêhrten- [1d]: Im Kampfe gegen den G. Nat.-Z. 18, 91, vergl. Zopfgelehrter. Hándwerks- [1d]: DMuseum 15, 1, 858.
Hêêr-:
1) s. Armee-Z. 2.
2) Freikompagnie zu Zopf [3] = Fähnlein, s. Möser Osn. 1, 406 ff. Höllen- [3]: ein aus hohlen Wasserröhren oft zopfartig niederhangendes Moos, auch „Wurzelzöpfe“. Oken 3, 74. Jūden-: s. Weichsel-Z. Krǟmer- [1d]: Auch der Krämerstand war zünftig und bewahrte seinen K. sorgfältig auf. Natur 13, 196b. Māhr-: s. Weichsel-Z. Nácken- [1]: im Nacken hangender. Nationalitǟts- [1d]: Den langen N. abgelegt. DMus. 15, 1, 552. Residénz- [1d]: Welch ein Zopf herrschte in jener alten Zeit noch in den residenzstädtischen Anordnungen. Goethe .. hatte von diesem R–e mitunter Unbequemlichkeit. Stahr Weim. 300. Schlángen-: z. B. [1a]: Medusens Schlangenzöpfe. Plankenauer (Gruppe 1, 526). Schwēīf- [1e]. Soldāten-: s. Armee-Z., auch [2]: Er lässt sich durch den bocksteifen S. nicht vom rechten Wege ablenken. Scherr Bl. 2, 270 (vorher: Den alten Kamaschenesel). Sónnen- [3]: die Streifen in den Wolken, wenn die Sonne Wasser schöpft (s. d. 1c). Strōh- [3]: z. B. an den Garbenbändern oder Wieden. Auerbach D. 4, 330. Wēīchsel-: eine nam. in der Weichselgegend vorkommende Krankheit, die sich in Verfilzung der Haare äußert (s. Waldau N. 2, 133 etc., auch übertr. auf ähnliche Haarleiden bei Pferden, s. Falke Th. 2, 431b; Spinola 1069 etc.): [Die Fee Mab] flicht in strupp’ges Haar die Weichselzöpfe, | die, wiederum entwirrt, auf Unglück deuten. Schlegel Sh. 1, 35 (s. u.) etc.; auch bildl.: Um diesen W. von Konfusion auseinanderzusetzen. Schwegler (46) 46; Diesen gordisch verknoteten Strick auflösen, diesen verfilzten W. V. Ant. 1, 281 etc. Andre Namen (s. Adelung; Grimm Myth. 433 ff. etc.; Wechselzöpfe. ETAHoffmann Klein Zaches 1819 S. 20, Drckf.?), z.B.: Wichtel-Z. (s. Wichtel2 und Wicht, Anm. 2) wovon viell. (vgl. Juden-Z.) W. bloße ärztl. Umdeutung der ursprüngl. mythologischen Benennung ist, vgl. Alp-Z. und niederd. Mahr-Z., so z. B. (s. v. Schlegel): Sie klebt den Mahr-Z. im unsaubern Haar etc. V. Sh. 1, 239, im Urtert: elf–locks (s. Mahr 2; Anm. zu I. Elf und Alp), ferner: Auch wachsen mir in meiner Nasen | lang Pilmitzen-Zoten und Fasen. HSachs 3, 3, 16a, vgl. Bilwiß = Hexe etc. Grimm Myth. 441; Schm. 1, 168 und: Ihr Haar verbilbizt, zapfet und stroblet. 4, 279 (HSachs) etc. Wíchtel-: s. Weichsel-Z., z. B.: Mädchen hängten mich an alle Wichtelzöpfe. Günther 528. Wírbel- [1b]: [Der] der Fürsten winz’ge Wirbelzöpfe schnürte | so fest, daß sich kein Zöttelchen mehr rührte. Baggesen 4, 274. Wóll- [3]: Woll-Flausch. Freytag Hdschr. 2, 144. Wúrzel-: s. Höllen-Z. Zêh(e)n- [3]: nach Ade- lung Art zehnstrahliger Seesterne (vgl. Strahl, Anm.). Zúnft- [1d]: Mag. d. Ausl. 33, 514a; Volksz. 12, 246 etc., vgl. Handwerks-Z. u. ä. m.
Zópfen, tr.:
1) s. zupfen.
2) mit einem Zopf versehn (vgl. zöpfen 1), nam. im pass. Partic. (vgl. zopfig) und so auch in Zsstzg. z. B.: Be-:
a) (eig.) Die bezopften Leute [Chinesen]. Auerbach DBl. 1, 155b; Mendelss.–Bartholdy 1, 293; Die bepuderten und bezopften Franzosen. Mügge Rom. 3, 1, 26; Von langbezopften Wackelköpfen. Oppenheim 12, 400; Der bezopfte Nachtreiher. Tschudi Th. 72 etc.
b) (s. Zopf 1d) Dieses Urwüchsige .. stach wohlthuend ab gegen das Geschniegelte, Gedrillte und Bezopfte. Beck (Nat.–Z. 17, 269); In Gemeindedingen stark bezopft. Gartenl. 13, 526a. Ver- (vgl. be-z. b), intr. (sein): zopfig (s. d.) werden und tr. oder faktit.: Einer jener verrotteten, verzopften Fachmenschen. D Mus. 1, 3, 337; Mit plumpen Aufsätzen und verzopftem Ornament. Oppenheim 40, 199; Lewald Ferd. 3, 200 (s. Zopf 2); Wir Männer haben in der philisterhaften Verzopfung unseres Lebens die Naturfrische verloren. 1, 43 etc.
Zöpfen, tr.:
1) die Haare in Zöpfe flechten, frisieren etc.: Die schöngezöpften Haare. Keller gH. 3, 260 etc. und meton.: Einen oder sich z., z. B. Auerbach Barf. 90; 113; Ed. 368; Schm. 4, 280, auch: zöpfeln, zopfen.
2) s. zapfen.
Zópsig, a.:
mit einem Zopf versehn, bezopft: 1) eig., nam. in Zsstzg., gw. mit Uml.: Langzöpfige Chinesen. Lewald Gschl. 1, 177; Gerstäcker Äq. 3, 235 etc. 2) s. Zopf 1d, vgl. haarbeutelig, sehr gw.: Als Repräsentant des z–en Formalismus. Devrient 2, 27; 3, 224; Gartenl. 10, 367b; Z–es Philisterthum. 11, 201a; Die Auswüchse des z–en Stils. 13, 239b; Genast 2, 231; Nat.-Z. 13, 587; Ihre Orthographie ist z. 17, 455; Die z–e Verschnörklung der Initialen. 553; Scherr Bl. 1, 186; Spielhagen Pr. 1, 34; Dolksz. 7, 288 etc.; Statt der alten, steif-z–en, schnurrbärtigen Siebenjährigenkriegssprache das weiche, moderne, wie Öl hinfließende Jtaliänisch. Stahr Jt. 2, 317 etc., auch mit Uml. (s. 1): Die armen, alten steifzöpfigen Herrn. Scherr Bl. 2, 137 etc.
Zöpfling, m., –(e)s; –e:
Anhänger des Zopfthums, nam. in Zsstzg.: Gelehrte Zunft-Z–e etc.
Zópfthum, n., –(e)s; 0:
das zopsige (s. d. 2) Wesen, vgl. Zopfzeit etc. —: Das Z. der deutschen Gelehrten. Gartenl. 10, 135a; Der lange Schnurrbart ist eig. nur | des Z–s neuere Phase. Heine 17, 136; Keller gH. 1, 79; OMüller Rod. 1, 23; Reaktionäres Z. Oppenheim 13, 227; Dem kleinstaatlichen Z. Schmidt- Weißenfels 18; Der ganze Krimskrams von Beamtenweisheit und Z. Volksz. 9, 139; 172; 242; Das Aufdecken dieses Apotheker-Z–s. Gartenl. 13, 600a etc. Fortbild. (vgl. Adelthum etc.), z. B.: Zopfthümliche Bestrebungen etc.
Zópp!: s. huf III und zaufen. Zórch: s. Lorch 2.