Faksimile 0907 | Seite 1729
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Zelle zellig
Zéll~e, f.; –n; -chen; –n -:
(aus lat. cella, mhd. zëlle, vgl. Keller, Anm.):
1) der einfach hergerichtete enge Wohnungsraum von Einsiedlern, Mönchen, Nonnen etc.: Diese wurden genennt Eremitae, Einsiedel; in griech. Sprach nennet man sie Monachos, d. i. einzige oder einig lebende Menschen; ihre „Cellen“ und Wohnungen wurden genennt Monasteria etc. Stumpf 349b; Sein „Cell“, darin er [Bruder Klaus von Unterwalden] wohnet[e]. Dieses Gemächle hat[te] 2 kleine Fensterle ..; da ward kein Hausrath gesehen, ausgenommen 2 .. Stühle. 525b etc.; bes.: Z–n im Kloster; Des Klosters friedliche Z. Sch. 513a; Die Z. eines Karthäusers. Thümmel 1, 5 etc. (Ein „Zellelin“. Fischart B. 23b); dann auch zuw. = Kloster (s. u.: Gottes-Z.). Zsstzg. z. B. (vgl. 2): Die Buß-Z–n der Einsamkeit. IP. 52, 72; Büßer-Z.; Einsiedler-Z.; Ins Kloster zurückzugehen, wo ihm eine Gast-Z. angewiesen war. König Saalf. 1, 269; Vom Oberhofe sind .. nur Körner an die Gottes-Z. gegeben worden. .. Wie das Stift sich damit begnügt hat. Immermann M. 1, 260; Karthäuser-Z.; Die bemooste Klausner-Z. Matthisson 115; Kloster- (Delbrück Lyr. 1, 286), Mönchs-, Nonnen-Z. etc.
2) (s. 1) den Kloster-Z–n ähnliche Räume als Wohnung, Aufenthalt: Jedes [Schlafhaus in Schulpforte] besteht aus einem ungeheuer langen Gange, der .. rechts und links 2 Reihen Kammern hat, welche Z–n heißen. In jeder Z. stehen 2 Bettstellen etc. Bahrdt 1, 82; Wenn in unsrer [der Studierenden etc.] engen Z. | die Lampe freundlich wieder brennt. G. 11, 50; 6, 50; In der Wand | eingemauert und noch außen | fest mit Eisenwerk vergattert | eine Z., wie ein Käfig. Heine Rom. 137; Nicolai 1, 88; Die Z. im Irrenhaus, die seinen unglückl. Bruder beherbergte. Prutz Ob. 2, 68 etc. und in der Thierfabel: Die Fische suchen ihre Z–n. Ramler F. 3, 222 etc. Zsstzg. z. B.: Bade-Z–n, in Badeanstalten zum Aus- und Anziehn für die Badenden; Dunkel-Z., lichtlose, nam. in Gefängnissen, Irrenhäusern (s. Tob-Z.); Einzel-Z., nur für einen Einzelnen, bes. bei der s. g. Einzelhaft; Aus seiner Folter-Z. erlöst. JWiggers Unters. 70; Gefängnis- oder Kerker-Z.; Ihn in eine kahle Mauer-Z. einschließen. Demokr. St. 147; Daß das altsächsische Haus .. sein großes Strohdach über Diele, Herd, Schlaf-Z–n und Viehställe breitete. Freytag NB. 9; Sei mir gegrüßt, du stille Schreiber-Z.! Münchn. Dicht. 253; Stecken wir ihn in die Zwangsjacke oder in die Tob-Z. Hackländer DSt. 2, 167, in Jrrenanstalten für Tobsüchtige (s. Dunkel-Z.) etc.
3) Die Z. (cella vinaria) war ein kühles Zimmer, wo der gärende Most in großen, zum Theil halb eingegrabenen .. Geschirren .. behandelt ward. V. Ländl. 3, 300 (deutsch unüblich). 4) (s. 1) wie die Z–n in einem Kloster neben einander liegende hohle Räume (vgl. 5), z. B.:
a) zwischen den Schaufeln (s. d. 4) eines Wasserrads, s. Scheuchenstuel 206; 149.
b) Z–n, Zahn-Z–n oder -Höhlen, alveoli, in den Kiefern die Behältnisse für die Zahnwurzeln. 5) (s. 1, vgl.
4) die neben einander liegenden hohlen Räume im Bau der Bienen, Wespen etc., s. Wabe und (auch für Zsstzgn Pfeife 6), z. B.: Behausung für die Hummeln gemacht, die haben ganz kleine „cellen“. Eppendorf 179 (vgl. V. Ländl. 4, 800 ff.); Wir [Bienen], die wir .. | die Höschen in die Z–n tragen. Gellert 1, 258; Die Mauerwespe baut Z–n aus Erdbissen. Oken 5, 955; Bienen, welche selbständige Z–n aus Wachs bauen. 999 etc.; Die „zellen“ oder Hüttlein. . . Bereiten sie [die Immen] erstlichen die „zelten“ oder Hüt[t]l[e]in zu ihren Wohnungen, darnach sonderliche Behältnis zum Honig. Ryff Th. 303; Wohnung und „zellin“ zu bauen. 302; V. Ländl. 4, 800 etc.
a) Umdeutende Nbnf. (s. o. Ryf wie umgekehrt Z. st. Zelt, s. Schm.): Von Wachs gar dünn getrieben | sind alle Maur und Wänd, | poliert und glatt gerieben, | in Zeltlein abgetrennt. Spee (Wackern. 2, 2902⁶); Honigwaben oder Immenzelterlein. Fischart B. XV etc. (s. Zelt II, Zsstzg.).
b) Zsstzgn z. B. nach den bauenden Thieren: Hornissen-, Hummel-; Wespen-; Immen- oder Sanders, deutsches Wörterb. II. Bienen-Z–n (s. u.) etc.; ferner nach dem Stoff: Die Papier- oder Papp-Z–n der Wespennester; Für die Brut bauen die Bienen neue Wachs-Z–n. V. Ländl. 4, 800; 801 etc.; ferner bes. im Bienenbau nach Dem, was in den Z–n ist oder hinein soll, z. B. (s. Pfeife 6): Arbeiter- oder Bienen-, minder gut: Arbeits- (Oken 5, 1013); Brot- (s. Bienenbrot); Brut-; Drohnen-; Honig-; Königinnen- (Oken 5, 1013) oder Mutter- (versch. 6); Weisel-Z–n; Figur 3 zeigt Bienen- und Drohnen-Z–n mit zugespündeter Brut, auch Weisel-Z–n. Kirsten Kat. 12; Honig-Z–n. Schlegel Sh. 3, 31; Vorraths-Z–n. V. Ländl. 4, 751 etc. 6) nach einiger Āhnlichkeit mit den Z–n der Bienenwabe, die als Grundlage alles Organischen das Gewebe (s. d. 2bγ) desselben zusammensetzenden Bläschen, z. B.: Schneidet man sich ein kleines Stückchen Knorpel ab .. und bringt man dieses Scheibchen unter die Vergrößerungslinse des Mikroskopes, so sieht man darin Hunderte von kleinen Gebilden, wie sie auch in der Rinde des Baums sich finden, natürlich nicht ganz ebenso, doch in allen wesentl. Zügen damit übereinstimmend. Diese kleinen Gebilde hat man Z–n genannt etc. Auerbach V. (61) 101 (Virchow); Knorpel-Z. ebd.; Holz-Z–n. 99; Zellige Gebilde ..: 1) die Elementar-Z.; 2) die Schachtel-Z., Mutter-Z. [versch. 5b].. Die geschwänzte oder spindelförmige Z. (früher auch Krebs- Z. genannt) ist eine längliche .. Kern-Z., welche durch weiteres Ausziehen ihrer zugespitzten Enden zur Faser-Z. werden kann. Bock D. 64; An. 639 ff.; [Im Schleimnetz der Haut] findet man beim Neger zahlreiche dunkelfarbige Z–n eingebettet. Burmeister gB. 2, 134; Oken 2, 13; 4, 106; Eine runde Z., wie die der Schleimhaut oder der Leber; eine Spindel-Z., wie die des Bindegewebes . .; eine Stern-Z. wie die der Lymphdrüsen oder die Röhren-Z. eines Nerven. Oppenheim 11, 41; Drüsen-Z. .., Muskel-Z. .., Nerven-Z. 42; Jede neue Z. hat ihren genealogischen Ursprung von einer Mutter-Z., alle Z–n eines organischen Wesens von der einen Samen- oder Ei-Z. ebd.; Daß sich die Pflanzen-Z. immer nur im Innern einer bereits vorhandenen Z. (einer Mutter-Z.) bildet. Schacht B. 12 etc.
~ig, a.:
Zellen habend, daraus bestehnd etc., bes. s. Zelle 6, z. B.: Z–e Gebilde (Bock D. 64), Entwicklung (Oppenheim 11, 41); Die z–e Zusammensetzung und Entstehung der meisten thierischen Gewebe. Virchow Vier Red. 53; 54 etc.; ferner in Zsstzg., z. B.: Ein doppel-z–es Wasserrad (s. Zelle 4): Die kiesel-z–n Zell-Algen. Volger EE. 388 (s. Zelle 6); Derwachs-z–e Bienenbau (s. Zelle 3) etc.