Wuth
Wūth, f.; (Wüthe); -:
1) leidenschaftlich heftige Erregung, die Einen außer sich bringt:
a) (s. Rage II) In W. — sein; gerathen, kommen; Einen bringen, setzen etc.; Einen ergreift, packt, übermannt die W. etc.; Seine W. bezwingen, ver-, zurückhalten etc.; Die (verhaltne) W. bricht aus, los etc.; legt sich; Seine W. kennt keine Grenzen etc.; Vor W. — ganz toll und blind, außer sich sein; sich selbst nicht kennen; schäumen; am ganzen Leibe zittern etc.; Sich in eine W. hineinreden etc.; Warum die Genußbegierde in ihrer größten Hitze so leicht zu der grimmigsten W. wird. 8, 325; W., aber nicht der Rachgier, sondern der Verzweiflung. 354; Br. 2, 221; Mißbehagen, das sich von Ungeduld zur W. steigern kann. 32, 279; 13, 148; M. 194; Ärgernis und verbissene W. hatten meine ganze Seele umnebelt. 1, 588; In seinem Zorne. .. In seiner W. Gal. 2, 6; Eh Ferdinand mit frommer (s. d. 2b) W. | die Mauren von sich stieß. In seines Zornes W. 68a; Aufsteht mit des Verbrechens W. und des Elends die Menschheit. 77a; 240a; Bin ich geboren, nur die W. zu wecken? | verschwört sich Haß und Liebe gegen mich. 430a; Ob ein Knab’ in [Liebes-] W. | deiner Lippe des Zahns daurendes Mal geprägt. H. 1, 42; Des Liebesgottes voll und seiner süßen W. 12, 166; Seiner W. den Zügel schießen zu lassen. 5, 240 etc., s. d. —
b) ähnlich auch von Thieren, vgl. nam.: Der ungestümen W. eines so blinden, reißenden Thiers [des Pöbels] Einhalt zu thun. 14; Die W. des Löwen brüllt aus mir. F. 86 etc., außerdem: Wölfen gleich, die durch den Nebel spürend schleichen, | herausgestachelt von des Hungers W. 33b etc. —
c) in einer Art Belebung auch von Etwas, das mit Ungestüm, mit Heftigkeit aus-, losbricht, z. B.: Der Elemente W. | .. zu ertragen. 4, 161; Ertrotzt er dennoch mitten durch die W. des Wassers und des Feuers den fast unmöglichen Übergang. 946a; Wartet draußen . | der Krieg, auf Augenblicke nur gebändigt | und knirschend in das eherne Gebiß, | um .. mit neuer W. sich zu entfesseln? 492a; Gott lässet wachsen auf im menschlichen Gemüthe | zu der best. Zeit des bösen Krieges Wüthe. 1005; Wenn mit plötzlicher W. .. der .. Südwind | . . herwirbelte. Od. 12, 289; [Da] brach die W. des Fiebers aus. 11, 150 etc. —
d) (s. a) mit abhäng. Vhen, z. B.: In W. [Zorn] über Etwas etc.; auf oder gegen Jemand sein etc.; W. [Gier] nach Etwas, z. B.: Seine W. nach Änderung seiner Lage. R. 8, 40 etc. und bes. (s. Manie) mit Infin. und zu: Die die W. haben, ihr natürlich schwarzes Haar in blondes .. umzutauschen. Sab. 9; Die W. zu schreiben und zu verseln. HB. 2, 57; Br. 36 etc. und entsprechend in zahllosen Zsstzg.: Schreibe-, Verse-W. etc. —
2) (s. 1) von Krankheitszuständen, z. B.:
a) von Pers.: Raserei; tobender Wahnfinnsausbruch, auch: Hirn-, Kopf-W. —
b) vonThieren,die sich dabei wie toll gebaren, z. B. von Bienen (Bienen-W.) etc. und nam. von Hunden: Viererlei Art der W. . .: die hitzige oder reißende W. . .; die laufende W. oder Tolle (s. d. undToll-W.) ..; die stille oder schlafende W. . .; die fallende W. 2, 110 (s. Hunds- W., -Tage, -Stern; Tollwurm etc.). —
3) (s. 1) personif., vgl. Furie, z. B.: Über Alles schwang die fanatische W. ihr Mordschwert. 405b; Eines Tempels, in welchem die W. gefesselt war. 28, 153; 305 etc.
Anm. Ahd. wuotî, mhd. wuot, dazu wüthig, ahd. wuotag, mhd. wuotec, wüetec, vgl.: Unglück sei nur wüth und wild! 943, goth. vóds; ahd. wuot; ferner wüthen (veralt. wützern, s. Witscherling), ahd. wuotjan, wótjan, mhd. wüeten; Wütherich, ahd. woterich, mhd. wüeterich etc., s. auch: Wodan, ahd. wuotan (nord. Odin), als Göttername, der in dem „wüthenden Heer“ (s. d. 3: Muotis Heer. s. wild 2b) noch nachklingt.
Zsstzg., wobei das Bstw. nam. theils das von der W. ergriffne Subj. ausdrückt, theils den bis zur W. sich steigernden Affekt, das die W. Erregende etc., leicht zu mehren nach folg. Bsp., vgl. wüthig: Angst-: Schütze Hamb. 116 (s. auswüthen). —
Bacchánten-: W. Luc. 4, 380, vgl. Mänaden-W. Monatbl. 1, 399a. —
Bǟren-: Bahrdt 1, 92. — Bāū- [1d]. — Bekêhrungs- [1d]: Sch. 814a; V. 4, 161. —
Bersérker-: Daß er in eine Helden-W., wie der Norde sie B. benennt, gerieth etc. G. 22, 335; Görres V. 122; Immermann M. 4, 135 etc. — Bēūte- [1d]: Wuth, wüthende Gier nach Beute. Bodenstedt 1, 268. — Bīēnen- [2b]. —
Díchter-: dichterische Begeistrung. Klinger 6, 292, vgl.: Des Dichters Aug’, in schönem Wahnsinn (s. d.) etc.; Musen-, Verse-W. etc. — Duéll- [1d]: Freytag NB. 334. —
Erz-: ungemeine etc. Spindler V. 3, 92. — Fīēber- [1c]: [Den der Arzt] der heißen F. entriß. G. 11, 43. — Fēūers- [1c]: vgl. Flammen-W. B. 3a. —
Flúcht-: In der ersten F. Grabbe Nap. 272. —
Frāūen-: Gotter 3, 394. —
Frêvel-: Mit F. .. den Olympus | . . zu bestürmen. Küttner. —
Gêgen-: Lassen Sie sich .. zu keiner G. reizen! Mendelssohn 5, 549. —
Hélden-: s. Berserker-, Kampf-W. — Hírn- [2a]: Thümmel 3, 189; W. Luc. 6, 268. —
Höllen-: höllische. Nicolai 6, 260. — Húnds- [2b]: Die H. zeigt sich in Folge des Bisses wuthkranker Thiere (des Hundes, Wolfes, Fuchses, der Katze) als eine Krampfkrankheit mit Wasserscheu. Bock D. 315; Falke Th. 1, 423; JvMüller 7, 79; Spinola 1543 etc. — Jāgd- [1d]: Jagdlust . . artet in eine förmliche J. aus. Tschudi Th. 68. — Kámpf- [1c; d]: s. Kriegs-, Berserker-W. etc., auch: In heißer Kampfes-W. Sch. 494a. — Kátzen- [2b]: auch (s. Katzbalgerei): Der Journalisten K. Gotter 1, 261. — Kóller- [2a]: (s. Koller II) B. 112a. — Kópf- [2a]. —
Kórn-: eine Pflanze, Galeopsis ladanum. —
Korybánten-: W. Luc. 4, 131. — Krīēges- [1c; d]: G. 35, 212; Sch. 613b etc. — Lêse- [1d]: Gartenl. 10, 148b (vgl. Lesewolf). —
Līēbes-: bis zur Wuth gesteigerte Liebesleidenschaft: 1) G. 11, 145; Den Wahnsinn meiner [Phädra’s] L. Sch. 621b; Schlegel Gd. 1, 295; Wes Dian. 1, 1 etc. — 2) [2] von krankhaft gesteigertem Geschlechtstrieb, Nymphomanie. —
Mänāden-: s. Bacchanten-W. — Mánn- [1d]: (s. Liebes-W. 2 und mannstoll). Langbein 1, 181. —
Mēīnungs-: Wuth, Fanatismus, womit man eine Meinung vertritt. Heine 8, 369. —
Mūsen-: (s. Dichter-W.) W. 11, 156; 33, 271 etc. —
Mútter-: Mann-W.; auch von Thieren. Spinola 1369 (vgl. Mutterkoller und Mutter 2). —
Nymphen-: s. Liebes-W. 2: Als ob die N. ihn plötzlich überfalle. W. 3, 170; 10, 107; Wie die Töchter des Prötus von der N. befallen. 27, 333 etc. — Opfer- [1d]: Du in alter O. | verlangst nach neuen Hekatomben. Bodenstedt Ausgw. 149. —
Pāpst-: s. Türken-W. —
Partēī-: (vgl. Meinungs-W.) G. 25, 219. —
Pfáffen-: Sch. 704b etc. —
Pȫbels-: JvMüller 6, 97, s. Volks-W. —
Religiōns-: religiöser Fanatismus. Sch. 937b; W. 30, 8. —
Róß-: s. V. Ländl. 3, 593. — Rūhmes- [1d]: wüthende Ruhmgier. Bodenstedt Ausgw. 151. — Schlácht- [1c; d]: (vgl. Kampf-, Kriegs- W.) Fouqué Dr. 1, 106; 127; Wackern. 4, 826²¹ etc. — Sonétten- [1d]: (vgl. Verse-W.) Doch trennet mich von jeglichem Besinnen | S. und Raserei der Liebe. G. 2, 11. — Spīēl- [1d]: Scherr Bl. 1, 117. — Stúrm- [1c]: G. 23, 348 etc.; Empörte Sturmes- W. PAWolff 1, 49. — Tāgebuchs- [1d]: Wuth, ein Tagebuch zu führen. Schwegler (47) 260. — Tánz- Sanders, deutsches Wörterb. II. [1d]: W. 20, 330. — Theāter- [1d]: wüthende Theaterliebhaberei etc. Hopfen Per. 173. —
Thrǟnen-: in Thränen ausbrechende. G. 2, 174. —
Tīger-: W. 20, 261. —
Tóll-: (s. Hunds-W.) Falke Th. 2, 371; Spinola 1543. —
Tǘrken-: Papst- und T. H. 15, 227, vergl. Tyrannen-W. Sch. 207b. — Verlēūmdungs- [1d]: Heine Verm. 1, 21. — Vérse- [1d]: W. HB. 2, 43 etc. —
Vólks-: (vergl. Pöbel-W.) Gentz Rev. 51; Stahr Rep. 2, 207. —
Wéchsel-: z. B. die man wechselseitig gegen einander hegt etc. G. 34, 179. —
Wēīber-: Schlegel Sh. 6, 36. — Zerstȫrungs- [1d]: Des Sturms Z. Bodenstedt Ausgw. 284; Heine 5, 186; Scherzer 1, 329; W. Luc. 5, 59. —
Zórn-: Platen 4, 28; Wiedasch Od. 21, 299 etc.
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