Faksimile 0862 | Seite 1684
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Wurzel
Wúrzel, f.; –n; (–chen), Würzelchen, Würz(e)lein; -:
(s. Wurz, Anm.):
1) Die W. ist der untere Theil an der Pflanze, welcher, der Schwere folgend, immer nach unten wächst, ins Wasser und in die Erde und die Nahrung mit dem Getränk einsaugt. Oken 2, 24 etc.; Die W., W–n einer Pflanze, eines Baumes; Der schlürfenden W. | zackige Fäserchen tränkt sie. V. Ov. 2, 358 etc.; Auf jedem Vorsprung .. fassen (s. d. 12) Fichten W. G. 14, 177; Es sollen schöne Blumen in den Beeten | die breiten W–n schlagen (s. d. 20). 13, 217; W. treiben (s. d. 1f), gewinnen, bekommen etc., auch übertr. (s. 2).
a) Vrkl.: [Das Haferkorn] streckt ein Würzelchen abwärts | tiefer hin- ein in den Grund, sich Nahrung suchend und findend. Echtermeyer 369; Bis tief hinein in das Würzlein. ebd.; Einem Rohre ähnlich, das der Wind .. bewegte, das aber auf seinem Wurzelchen immer fest blieb. Eckermann G. 1, 344; Ich grub’s mit allen | den Würzlein aus. G. 1, 19; Die durch die Löcher der Darre fallenden Wurzelchen. Karmarsch 1, 203; Würzelchen. Oken 2, 24; 7, 261 u. o.
b) Zsstzgn z. B.: Man kann die W–n
a) nach den Geweben eintheilen in Zellen- W–n, wie bei den Pilzen; in Ader-W–n, wie bei den Moosen, und in Drossel-W–n, wie bei den höhern Pflanzen;
b) nach den Systemen in Rinden-W–n, wie die Zasern; in Bast-W–n, wie die Knollen und Rüben, und in Holz-W–n, wie die faserigen;
c) nach den Organen in gw. W–n, wie die Seiten-W–n; in Stengel- W–n, wie die Pfahl-W–n, und in Laub-W–n, wie die Luft- W–n. 2, 25 etc.; außerdem (alphab.).: Baum-W–n. Freytag Hdschr. 3, 333; Die W. .. mit vielen angehängten Bei-W–n oder Zäserlein. Thurneißer Infl. 3; Der Halm hat Faser-W–n. Oken 3, 428; Dieser Schmarotzer hat sich um einen dicken Baum geschlungen, seine Haft-W–n in seine Rinde versenkt. Schmarda 1, 432; Haupt- oder Pfahl-W., Ggstz.: Neben-, Seiten-, Zweig-W., s. Schacht B. 176; Daß man den jungen Eichen unter der Erde die Herz-W. nehme. JvMüller 7, 148; Sparta welkte ab, wie ein Baum, dessen Herz-W. das Beil zerschnitten hat. Fallmerayer Mor. 1, 46 und so bildl. (s. 2): Sie sind die Herz-W–n, so den Sprachstamm festhalten, daß kein Sturm den heiligen Hain rahnet. Jahn M. 171; Die Kern- oder Haupt-W., auch bildl. (s. 2): Hebel war ein Dorfkind. Hiermit ist die Kern-W. seines Lebens und Dichtens bez. Auerbach SchV. 31, vgl.: Jene tiefe Innigkeit, die die Lebens-W. aller lyrischen Begeisterung ist. KFörster Tasso 1, 10 etc.; Die Luft- W–n der Epiphyten, welche auf den Wipfeln in freier Luft leben. Ausland 37, 74b; Pflanzen, welche auch an Theilen, entfernt von der Erde, s. g. Luft-W–n fallen lassen, wie die Fettpflanzen, manche Feigenbäume etc. Oken 2, 222; 24 etc.; Solche Bäume sind .. schwächer als die großen Hauptbäume [des Urwalds] und haben weder die Mauer-W–n derselben noch ihre dichten Kronen. Burmeister gB. 1, 202; 2, 197; Scherzer 1, 379 etc.; [Die W–n der Amomeen] bestehen eig. aus drei Theilen, der Mutter-W. unter dem Stock etc. Oken 3, 492 (versch. 3); Neben-, s. Haupt- und Seiten-W.; Der Marschbauer pflanzt die Knollen dieser Pack-W–n [s. 3], wie er die Rohr-W–n nennt, in den Boden, damit sie das Erdreich zusammenhalten. Körner Sch. 3, 321; In der Regel wird die erste oder mittlere W. am dicksten und steigt gerad hinunter: Pfahl-W. [od. Pfeil-, Spieß-W. Adelung] die andern heißen Seiten- [oder Neben-] W–n. Oken 2, 24; 3, 305 etc. (s. Haupt-W.); bildl. (s. 2): Daß der Bauernstand die Pfahl-W. alles gesunden Staats- und Nationallebens sei. Auerbach D. 4, 86; Die Pfahl-W. ihres Wesens ist Stolz. König Mar. 1, 28; Jer. 1, 197; Jahn V. 107 etc.; Tage-W. (s. Tag 1a) = Thau-, Wasser-W., vgl.: Bei Pflanzen, welche wagerechte Äste haben, wie das Nadelholz, breiten sich auch die W–n dicht unter der Erde wagerecht aus und heißen Thau- W–n, weil sie ihr Wasser nur von der Oberfläche bekommen. Oken 2, 24, nam. auch beim Weinstock, z. B.: Die Thau- und Wasser-W–n abgeschnitten. Kecht VIII; Maje 1, 439 etc.; W.-Zasern (die feinern Zertheilungen der Haupt-W. in W.-Äste); Zaser-W. (welche keinen deutlich ausgesprochnen W.-Stamm hat. Bischoff Bot.; Bei den Farren ist die sogen. W. ein W.-Stock, woraus nach unten feine Zaser-W–n entspringen. Oken 3, 305 etc. (s. Bei-, Faser- W.); Zweig-: s. Haupt-W. etc.
2) (s. 1, vgl. Baum 3; Pflanze 4 etc.) bildl., z. B.:
a) W. schlagen, fassen, treiben, gewinnen etc.; Die Brüdergemeine hatte sich nur in unbemerkten Ranken durch die rohe Welt hindurchgewunden; nun schlug ein einzelnes Auge . . W., um sich .. weit über die Welt auszubreiten. G. 22, 229; Welche tiefe und weithin reichende W–n sein Geist . . in den fruchtreichen Boden des Lebens und der Wissenschaft geschlagen. DMus. 1, 1, 55; Es schlägt eine Meinung (Gentz Rev. 131), Vorstellungsart (W. 24, 52) etc.; Jemandes Zutrauen (Tieck Cymb. 1, 7), die Schwermuth (Lewald W. 3, 115) etc. in Einem; die Spekulation in unserm Gemüth (Mendelssohn 4, 1, 16) W., tiefe, rechte W(–n) etc.; In Frankreich haben die .. Begriffe des Volks . . W. gefasst. Ense D. 6, 590; Görres V. 96; Sich als Vasallen niederlassen | und in dem Lande W. fassen. Nicolai 7, 23; Sch. 340a; So tief .. der Haß .. bei ihm W. gefasst hatte. 797a etc.; Wie die Schauspielkunst eine tiefe, nahrungsquellende W. in den Boden des geistigen Lebens der Nation gesenkt. Devrient 2, 116 etc. (auch: Feder | war das Gewand und hatt’ in die Haut tief W. getrieben. V. Ov. 1, 111, bei der in einen Vogel Verwandelten etc.).
b) Bis an die W. abgesichelt. Bode Empf. 1, 117; Alles Übel der Gesellschaft aus der W. zu heben. Jselin Tr. 185; Zu kappen den Krieg an der W. V. H. 2, 220 = Das Übel an der W. zu schneiden. W. HB. 1, 62 etc.; Das Übel mit der W., die W. des Übels ausrotten (s. d.) etc.; Der mir .. die W. | aller Ungeduld ausriß. G. 5, 81 etc.; Von meinem Übel .. von der W. aus geheilt. W. 32, 390 etc.
c) Jsrael soll blühen wie eine Rose und seine W–n sollen ausschlagen etc. Hos. 14, 6; 9, 16; Der Ungerechten W. steht auf einem bloßen Felsen. Sir. 40, 15 etc.; Den Herrn fürchten ist die W. der Weisheit. 1, 25; Geiz ist eine W. alles Übels. 1. Tim. 6, 10 etc.; Daß die Freude nur die vergängliche Blüthe, nicht die dauernde W. des Lebens sei. Börne 2, 110; 88; Ich sollte die tausend W–n, die mich ans abendländische Leben fesseln, aus dem Herzen reißen. Fallmerayer Or. 2, 2; Fichte 7, 271; 309; Gentz Rev. 47; 107; Meine W–n sind abgehauen, meine Kraft sinkt nach dem Grabe. G. 9, 135; 224; Luther SW. 61, 117; Hier [im Vaterland] sind die starken W–n deiner Kraft etc. Sch. 526a; W. 11, 225; 22, 260; 32, 250 etc., s. 1b (Herz-, Kern-, Lebens-, Pfahl-W. etc.) und 4c; 6; 7.
3) (s. 1 und Wurz) Gewächse, bei denen hauptsächlich die W. in Betracht kommt, z. B.: W–n, auch gelbe W–n nennt man in der Haushaltung vorzugsweise die gelben Möhren. V. 1, 181; 2, 197; W–n, W.-Werk, Suppen-W–n. Unter dieser.. Benennung versteht man Selleri, Mohrrüben, Petersilien-W–n und Porrée. Scheibler Kochb. 12 etc.; ferner in zahlreichen Zsstzgn als (oft mehrdeutige) Namen von Pflanzen (vgl. Wurz, Zsstzg.), wofür wir auf Nemnich verweisen, absichtlich nur wenige beispielsweise anführend: Die echte Spring-W., die Alraun-W. Cham. 4, 245 (s. Alraun 1; 2); Blut-W., blutstillende. Berlichingen 168; G. 9, 125; Brot-W., Dioscorea, mit dem indianischen Namen Yam, Yam-W.; China- W., Smilax china, und einige ähnliche Pflanzen (aber auch nach einer Ahnlichkeit = Zirbeldrüse, z. B.: Der Kopf schwindelte mir bis in die China-W. Thümmel 6, 98); Den großen Aaron oder Drachen-W. [Arum dracunculus]. Ryff Th. 65 und andre Pflanzen; Lungen-W. [versch. 4], Hieracium murorum und andere Pflanzen, die als heilsam in Lungenkrankheiten gelten oder galten; Mutter-W. (versch. 1b), versch. Pflanzen als heilkräftig bei Mutterbeschwerden; Niese-W., s. Niesewurz; Pack-W., s. 1b; Rötte-W., s. Röthe 2b; Aus der ungemein heilkräftigen Schwarz-W. (Enzian). Gartenl. 9, 203b, aber auch = Scorzonera, z. B. Sc. hispanica. Oken 3, 720; Scheibler Kochb. 251; Spring(e)- W., s. Springwurz; Zahn-W., versch. Pflanzen als heilkräftig gegen Zahnweh [versch. 4]; Arten von Arum- oder Zehr-W–n. Forster R. 1, 205; 19 etc. u. á. m.
4) (s. 1) der untre zuw. (s. c) der hintre Theil von Etwas, insofern es damit festsitzt, wie die Pflanze mit der W. im Boden, z. B.:
a) Ast-W. = Knorren (s. d. und Knast) im Holz. Campe, vgl.: Mein Messer zersprang an einer Knie-W. Freytag DW. 14 etc.
b) W. [oder Fuß] eines Berges; W. [oder Stock] eines Gebirgs etc.; Wo die W. der Andes | die Erde durchwebt. Heine 15, 126 etc.; Berg-W. (versch. 8); Gebirgs-W. etc.
c) von Körpertheilen, wo auch zuw. der Begriff des aus der W. hervorgehnden Wachsthums (vgl. 2) mit hinzutritt, z. B.: Die kurze W. des Sehknotens. Bock An. 555, s. 559; Das hintere .. am Becken befestigte Ende [des männlichen Glieds] wird die W. .. genannt. 884 etc. und in Zsstzgn (st. deren oft das Grundw. genügt): Der Fuß zerfällt in die Fuß-W., den Mittelfuß und die Zehen. 43; 162; Haar-W. 666; Knapp Techn. 2, 522, vgl.: Das Haar wächst übrigens nur an seiner W. Oken 4, 92; Hand-W. 26 (vgl. Fuß-W.); G. 30, 477; Bock An. 42; Die innere Fläche [der Lunge] .. in der Mitte mit einer länglich flachen Vertiefung, Lungen-W. [versch. 3].., in welcher die Luftröhrenäste, Arterien und Nerven eintreten, die Venen und Lymphgefäße aber herauskommen. 786; Die Nagel-W., d. i. der obere oder hintere dünnere, weichere Theil des Nagels etc. 663; Ihr [der Nase] obres, schmales Ende, welches zwischen den Augenhöhlen liegt und sich in den mittlern, untern Theil der Stirn verliert, heißt die Nasen-W. 750; Lavater 3, 161; W. 30, 352 etc. (vgl. auch s. 2b Die Nase mit W. und Stiel wegbeißen. L. 3, 56); Um die Schnabel-W. ein Bart. Oken 7, 145; Wolle von der Schwanz-W. Karmarsch M. 2, 661; Zahn-W. [versch. 3]. Falke 2, 451b, vgl.: Die W., die in der Zahnhöhle steckt. 450b; Oken 4, 31; Bock An. 103 etc.; Die Zunge, . . ein muskulöser Körper, der an seinem hintersten Theile .. (Züngen-W.) mit dem Zungenbeine zusammenhängt. 760 etc.
5) Etwas, das einer W. mit Zasern mehr oder minder ähnlich sieht, z. B.:
a) Hüttenw.: die Zäckchen am Blicksilber.
b) Naturgesch.: Art Schnirkelschnecke, Helix auricularia etc.
6) (s. 2) Sprachl.: ein Wort oder Worttheil als Stamm (s. d. 3l); Wort-, Sprach-W.
7) (s. 2) Math.: die Grundzahl einer Potenz (s. d.), z. B.: Bezüglich die zweite Potenz (oder das Quadrat), die dritte Potenz (oder die Kubikzahl), die vierte Potenz (oder das Biquadrat) von 3 ist 9 (= 3 . 3); 27 (= 3 .3 . 3); 81 (= 3 . 3 . 3 .3); also ist 3 bezüglich die zweite oder Quadrat-W. (dafür auch bloß: die W.) von 9; die dritte oder Kubik-W. von 27; die vierte oder Biquadrat-W. von 81 etc.; in algebraischer Bez.: 3 = Vg oder ō =7=g; Die W. aus einer Zahl ziehn etc.
8) Bergb.: in Zsstzg.: Berg-W. [versch. 4b] .. bed. Einen, der von bergmännischen Eltern gezeuget worden; es kann auch von Einem, der ein großer Liebhaber von Bergwerken ist, gesagt werden. Jablonsky 128b etc. Zsstzg. s. 1b; 3; 4; 6; 7; 8.