Faksimile 0861 | Seite 1683
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Wurst
I. Wúrst, f.; Würste; Würstchen, lein, el; -:
(ahd., mhd. wurst):
1) eine Speise, bestehnd aus gehacktem Fleisch, gw. vom Schwein, mit versch. Zusätzen, gefüllt in einen Thier-Darm, -Magen etc.: Wie man ’ne W. nudelt. Alexis D. 1, 93; Wiener Würstel. Auerbach Tag. 79; Man wirkte, | hackte, kochte, stopfte W. Tieck (Wackern. 1334³) etc.
a) Sprchw. (s. Körte 7037 ff.): W. wider (V. 4, 131) oder: wieder (Hagedorn 2, 208) W.! = wie du mir, so ich dir, wo man Einem mit seiner eignen Münze zahlt etc.; Brätst du mir die W., | so lösch ich dir den Durst, eine Hand wäscht die andre etc.; Wie der Mann ist, so oder: Nach dem Mann brät man die W.; Die bösen Zuhörer haben gern lange Bratwürst und kurze Predigten. Frisch 2, 461a, vgl.: Führt in seiner Kreiden | kurz Würst und lang Sermon. Doman (Wackern. 2, 251¹) etc.; Die W. vom Hunde kaufen, vgl.: das Schmer von der Katze (s. d. 2g) etc., s. ferner: Speckseite; Schinken 2; abwerfen 2d etc.; ferner burschik.: Es sei ihnen völlig W. [gleichgültig]. Holtei Mensch. 2, 54; Vollmann 515; Schm. etc., vgl. Pommade 2.
b) Zsstzgn z. B. nach den Thieren: Gänse-, Hammel-, Rinder-W. etc.; Schweine-W. (oder bloß W.); ferner nach den versch. Bestandtheilen, nach der versch. Hülle, der Farbe etc., z. B. Beutel-W., in leinene Beutel st. Därme gefüllt. Ziehen Nord. 1, 115; Blut-W. (s. Saunudel; Plunze; Schiebling). Merck’s Br. 2, 250; W. Att. 2, 1 etc., auch: Roth-, Rösel-, Schwarz-, Schweiß-W. etc.;Brat- W., gehacktes Fleisch in enge Därme gefüllt und gebraten zu essen (vgl. Mett-W. und Brat, Anm.). Hebel 2, 170; 3, 14 etc.; Mit einer „Bratworst versiegelt (s. d. 2). Luther 5, 266a; Wer den Prügel hat, ist nicht gut mit Bratwürsten werfen. Rank Haus 27 etc., vgl.: Die Brotwürst. H Sachs 3, 3, 56d; Bregen- (Hirn-) oder Cervelat-W., vgl. verallgemeint: Die Fleisch- (Cervelat-) W. Virchow Trich. 54, s. Mett-W.; Füll-W., s. Sausack 1; Ich kaufe mir für zwei Groschen Gelb-W. Auerbach Gv. 305; Reis- und Grütz-W. Virchow Trich. 54; Reuter Sch. 217 etc.; Hirn-W. W. 34, 338, mit Schweinsgehirn gefüllt, verallgemeint = Fleisch-W. (s. d.); Jenen unverwüstlich harten märkischen Knackwür- sten, die ganz lose in der dünnen, durchsichtigen Schale hängen (s. Mett-W.). Hesekiel Jen. 1, 186; Fischart B. 48a; Hebel 3, 100; V. 2, 71; W. 15, 297; Zinkgräf 1, 304 etc.; Knobel- oder Knoblauch- W.; Leber-W., in deren Füllsel gehackte Leber kommt; Die Leibgurt. . war so voll wie eine Leber-W. Auerbach D. 2, 422; Die Lefzen waren .. wie zwei zusammengeselchte Leberwürst. SClara EfA. 1, 181 etc.; Seine Lieblings-W. aufzuschneiden. Kürnberger N. 2, 110; S. g. Magen-W. oder Schwartenmagen (s. d.). Virchow Trich. 54; Mandel-W., Leber- W. (s. d.), in deren Füllung auch Rosinen und gehackte Mandeln kommen; Mett-W. aus Mett (s. d., vgl. Brat, Anm. und Brat-W.), Fleisch-W. in weiten Därmen, geräuchert zu essen: Die Mett- oder Fleischwürste in den weiten Schlack- oder Mastdärmen heißen Schlack- oder Cervelatwürste (s. d.); die in den mittlern Därmen, den s. g. Fliesen, sind die harten Knackwürste (s. d.) etc.; Milch-W. V. Th.9, 19, vgl. Niedel-W., Leber- W., in deren Füllung auch Milchrahm (Niedel) mit geriebner Semmel kommt; Netz-W., Frikandellen; Reis-, s. Grütz-W.; Rosen-, Rösel-, Rössel- (HSachs H. 278), Roth-W. Schm. 3, 135, mit Blut in der Füllung, s. Blut-, Magen-W., Rothsack etc.; Salami-W. Hackländer SKr. 109, Art italiänischer Schlack-W.; Schlack-W. (s. Mett-W.). W. Att. 2, 1; Schwarten-W. ebd. (s. Magen- W.); Schwarz-, Schweiß-W., s. Blut-W. u. ä. m.
2) Etwas von der Form der gewöhnlichen (in Därme gestopften) Würste (vgl. Wulst und wursten 2), z. B.: a) Mit Spiralwürsten vonLausewenzel die Köpfe der Pfeifen zu versorgen. IP. 7, 134 etc. b) Ihr Mist besteht aus trocknen Würstchen von Käferflügeldecken. Lenz Nat. 3, 19; Jhren [der Regenwürmer] Koth, der wie kleine Schlammwürste zusammengewickelt etc. Oken 5, 568 etc. c) Bäck.: cylindrisch ausgerollter Teig zu Semmeln etc., vgl. auch: Als zu einer Riesen-W. nun | er gewirkt den Teig gar fein. DMus. 14, 3, 265 etc. d) Bot.: Würstchen = Kätzchen (s. Katze 12a); ferner: W., der bei der Befruchtung durch das Samenloch in den Samen gleitende Theil (frz. boyau). Oken 2, 69. e) Handwerksspr.: Das Felleisen oder die Raupe . ., an deren Stelle bei gewissen Zünften das „Bündel“ oder die „W.“ trat. Gartenl. 12, 698a etc. f) Schloss.: ein zur Verstärkung wo angeschmiedetes Eisen (Wulst). g) = Wulst am Mieder. Schm. h) = Faschine (s. d.), vgl.: Würste nennt man in Mecklenburg die Beschützungswälle, welche gegen die Überschwemmungen des Meers längs der Seeküste aufgeworfen werden. Schmidt Fast.-Abends- Samml. 128. i) Würstli, Anfang eines gestrickten Strumpfs etc. Stalder 2, 461. k) bei manchen Fuhrwerken ein langer schmaler Sitz nam. für rittlings darauf Sitzende, s. W.-Wagen, Schlitten, Laffette etc.; Auf der W. reiten, auch wortspielend mit 1, (s. reiten 1a; nach Schm. als Umdeutung von Burs = Genossenschaft, s. Bursch, Anm.). Dann auch: ein Fuhrwerk mit der- artigem Sitz, z. B.: Ein kleines „Iagd würstel“ mit zwei Engländern bespannt. Holtei Jahr 2, 324 etc. l) pulvergefüllter Schlauch zum Anzünden einer Mine, Zünd-W., s. zünden 5b. m) W., Boden-W., Zipfel eines Grundstücks.