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Wild Wilde Wilden ~ner ~ener wildenzen Wilderei ~rer ~erer ~rig ~erig wildern Wildernis Wildheit Wildling Wildnis Wildpern Wildpert wildzen
II. Wild, n., –(e)s; 0 (s. 2a); -:
1) (veralt.) wilde (s. I 1b) Thiere, z. B.: Was vom W–e zerrissen ist. 3. Mos. 17, 15 = von w–en Thieren. 22, 8 etc., gW. aber:
2) (vgl. Wildbrett 2, s. Brat, Anm.): wild lebende Thiere als Ggstd. der Jagd:
a) eig., z. B.: Ein Stück (s. d. 8a) W. oder ein W.; Das W. (kollektiv); Wo mit Vögeln alle Sträuche, | wo der Wald mit W., | wo mit Fischen alle Teiche | lustig sind gefüllt. Sch. 52b; V. Il. 14, 283 u. o.; seltne Mz.: In tiefer Wildnis dieser Thäler schreckte | des Jägers Horn die scheuen W–e kaum. G. 6, 281; Wir trieben die W. auf, jagten sie uns entgegen .., daß wir soviel W. schossen. Schaidenreißer 36b etc.
b) oft übertr.: ein Ggstd. der Jagd, des Fangs etc., (vgl. Beute etc.) z. B.: Hinauf, [Eumeniden]! | zu verfolgen den Raub, zu jagen das W.! Apel Ait. 133; Mein W. rannte glücklich in den blanken Betrug. Sch. 172a; Tell: Ich laure auf ein edles W. [Geßler] etc. 544b; Sie jagen Euch das W. [die Beute, die Liebste] recht in den Schuß. Wet Dian. 3, 2 etc. 2) (s. 1; Thier 1f und Wildbrett
3) der weibl. Hirsch. Döbel 1, 3; 4; Fleming J. 95a etc. Zsstzg. ohne Bem. zu 2 (vgl. Wildbrett und Thier), z. B.: Aūer-: Birk- und A. (s. Auerhahn); bei Tschudi Th. 183: Das Ur- W. Bēūte- [2b]: Simrock N. 943. Dām- (s. Damhirsch): Dam- und Reh-W. Laube Br. 275; Rudel von „Damm-W.“ Waldau N. 1, 3; Tannen-W. Erbvgl. 306. Edel-: Hirsch-W. (s. Döbel 1, 3a) Laube Br. 266, s. Roth-W.; bildl.: Ich sah von schnöden Hunden | der Freiheit E. gehetzt. Herwegh 1, 114. Erd-: auf der Erde lebendes, s. Ggstz. Feder-W. Fáll-:
1) krepiertes. 2) (im Zillerthal) = Steinbock. Fêder-: F. im Ggstz. zu Haar-W., alles eßbare Wildgeflügel. Laube Br. 252; 289; Daß sich das F. dort niste. Mendelssohn Ps. 104, 17 [,die Vögel“. Luther]; Viel Erd-W. .., das F. aber. Olearius Reis. 78b, s. Vogel-W. Fórst-: Overbeck Anakr. 97. Ge-:
1) nam. noch im gehobnen Stil statt des Grundw., s. Creuz 1, 313, z.B.:
1) [1] Haller 148; Schwärme von G. | und Ungeziefer füllte ihre Grenzen. Mendelssohn Ps. 105³1; Der Löwe . . des G–es König. Schlegel Span. 2, 137 etc.
2) [2a] Arnim 231; Einiges G. zu erlegen. Geßner 4, 107; Kerner 531; Mendelssohn Ps. 29³ [die Hinden. Luther]; Der Hirsch ein adelig G. Ryff Th. 22; 13; Scherr Gr. 2, 115; Stumpf 319b; Welches G. er auch trieb. V. Od. 17, 317; Il. 9, 546; Ov. 1, 208; Th. 5, 107; 8, 54 etc., auch z. B.: Die gemeinen Thier und das Nieder-G. des Alpgebirgs. Stumpf 610b, Ggstz. Hoch-G. oder -Wild etc.
3) (schwzr.) s. Wilde 3. Grāū-: G. (nach Engl.): Birkhenne; Schwarz-W. [s. d.]: Birkhahn, was bei uns Verwechslung giebt. Laube Br. 259. Hāār-: behaartes, im Ggstz. zum gefiederten oder Feder-W. (s. d.). Hêge-: nach Campe = Wildhag (s. Hag 1). Hírsch-: die Hirsche. Hōch-: das zur hohen Jagd gehört. Laube Br. 257; 289 etc. (scherzh. „Großjacken“, s. Gartenl. 11, 327a), 201* Ggstz.: Mittel-, Nieder-W. —: Nicht allein dem friedl. H., sondern auch Löwen nachzujagen. G. 33, 45. Jāgd-: Fouqué Dr. 1, 47; Freytag NB. 40. Kāhl-: K.: alles weibl. Roth-, Dam- und Edel-W. und alles Kalb. Laube Br. 266 (s. kahl 2e, oder weil geweih-los). Ménschen- [2b]: M., | gehetzt von Menschenhunden. Meißner Gd. 163, vgl.: Man ist Policeihund oder Policei- W. Börne Frz. 71. Míttel-: s. Hoch-W. Múrmel-: die Murmelthiere. Tschudi Th. 556. Mútter-: M.:⏑weibliches Hoch-W. Laube Br. 275. Policēī-: s. Menschen-W. Rāūb- [1; 2]: V. H. 1, 341; Bion 1, 61 etc. Rōth-: R.: Edel-W.; fälschlich schließen Einige auch Dam- und Reh-W. in diesen Ausdruck. Laube Br. 282; Gartenl. 9, 150b; Waldau N. 2, 244. Schwárz-: Die wilden Sauen werden das Sch., wie die Hirsche das Roth-W. genennet. Fleming J. 98a; Müffelndes Sch. V. H. 2, 121 etc., s. auch Grau-W. Sēē-: Meerhund’ oft und Delphin’ und oft noch ein größeres S. V. Od. 12, 96. Stáll-: (s. Brat, Anm. Schluß). Stánd-: das seinen Aufenthaltsort wenig oder nicht verändert. Laube Br. 289, vgl. Standvogel. Stōß-: Nimmer stößt der schwebende Geier | auf sein St. Freiligrath H. 251, auf seine Beute, die er stoßend packt. Tánn(en)-: s. Dam-W. Ür-: s. Auer-W. Vōgel-: Feder-W. Kohl Irl. 1, 118. Wéchsel-: W.: was keinen Stand- ort hat, sondern von einem Revier ins andre zieht; es kommt aber auch zu dem Namen, wenn nur eine Grenze nahgelegen ist, so daß es .. nur wegen der Nähe bei gewöhnlicher Lebensweise oft wechselt. Laube Br. 299; Gartenl. 11, 325a etc.
~e, f.; –n:
1) (ohne Mz.) abstrakt: die Wildheit, Rauheit etc.: Bei dem .. mehrer Zucker als Drucker, mehrer Milde als W. soll gefunden werden. SClara EfA. 1, 9; Kein Holz wachst da von rechter Höhe und W. Stumpf 547a; Doch haben diese See[en] keine Fisch von wegen ihrer W. ebd.: b; 605b etc.
2) eine wilde (s. d. 3a) Gegend, Wildnis (s. d.): HSachs H. 9; Hermann (der durch den Wald kommt): .. In dieser W. kein Lauscher. Sch. 135a; In eine wilde Einöde .. Bruder Klaus .. führt in dieser W. (s. a) ein . . abgesondert und heilig Leben. Stumpf 525b; Zu schweifen in der W. Uhland 393 und bildl.: Aus dieses Erdenlebens rauher W. | an deiner Wandrung frohes Ziel gekommen. 165.
a) schwzr.: Die „Wildi“: hohe Alp, bes. eine solche, wo kein Laubholz mehr wächst. Stalder 2, 451; Engelberg liegt weit im Thal und gar hoch im Gebirg, in einer schönen ebnen W., zwischen hohen grasreichen Bergen. Stumpf 524b; Eine alpische W. 618a; Ein rauh Volk in „Wildinen“ wohnhaft. 601a; Bes. in der W. schlafen die Murmelthiere den ganzen Winter. 610a; b etc.; In dieser lieblichen W., von deren Höhe man .. vor sich das Thal von Verrières sah. Zschokke 8, 40 etc.
b) (schwzr.) ungedüngtes Stück Wiese (ohne menschliche Kultur). Stalder.
3) schwzr. (s. wild 2g) = Stromschnelle, auch: das Gewild. Ders.
~en: 1) m., –s; uv.:
s. wild 2i. 2) intr. (sein), tr.: gw. nur in Zsstzg., dazu: Sie zerstreuten sich in die Wälder, in die Wildungen [Wildnisse]. Hauer Alfr. 22; Kein Jäger schweift heut durch den Thau der tiefen athemlosen Wildung. Roquette W. 66 etc. Zsstzg. vgl. die von wildern, z. B.: Eīn-: in den Zustand der Wildheit übergehn (selten), dazu: Jede Entartung ist Anfangs allemal Entbildung und Einwildung. Jahn M. 54. Ent-: von der Wildheit frei werden (intr.) oder machen (tr.), s. entrohen: Im entwildeten Menschenthiere. Ense D. 1, 188 (Schlabrendorf); Wird nach und nach den Wilden doch e. Rückert BE. 430; Leicht hat er sich umgebildet, | aller Wildheit sich entwildet. Morg. 1, 203; W. 4, 282 etc.; Erziehung und Entwildung | des menschlichen Geschlechts. 1, 161; Mak. 2, 100 etc. Er- (nam. oberd.):
1) intr.: wild werden, z. B.: Daß die Leut, in Bergen wohnend, darin etwan also erwildeten, daß sie die wilden Thiere übertreffen. Franck Weltb. 18b; Grade auf der Straße war der Rappe so erwildet, daß Uli aus Leibeskräften ihn halten muste. Gotthelf U. 1, 239; Jedermann ist zum Krieg erwildt. HSachs 3, 1, 251b; Im Augenblick ich gar erwildet [ward wild, zornig]. 1, 311b; Daß die Rhätier alpische Völker und im Gebirg gar erwildet seien. Stumpf 618a etc., s. auch wild 2i. Dazu: Daß daraus eine .. Erwildung der freidigen Pferde entstund. Stettler 1, 40 etc.
2) tr., faktit., z. B.: Insultiere auch nicht über vergangene Fehler, ihr Andenken erniedriget oder erwildet. Jv Müller 15, 444 etc., s. auch wild 2i. Ver-: dauernd er-w.: Buben .., die bei ihren Herden ver-w. Garzoni 573a; Wie kein Acker so verwildet und ungeschlacht ist, daß er nicht da und dort unter dem Unkraut auch gute Ähren brächte. Moscherosch Gs. 1, Vorr.; Verwilde zum Tiger, sanftmüthiges Lamm! Sch. 110a; M. 2, 37 (wofür es 190: Verwildre heißt) etc.; In der türkischen Verwildung. Rückert 2, 223.
~(e)ner~(e)ner, m., –s; uv.:
1) (schwzr.) Jemand, der in einer Wilde (s. d. 2 und 2a) wohnt oder von dort stammt, s. Stalder.
2) Wildschütz (s. d.), nam., wie dies und Wilderer etc. volksthümlich milde Bez. für Wilddieb (s. d.). Schm.
~enzen, intr. (haben):
Geruch oder Geschmack (s. Hautgout) von Wild (Wildbrett, Wildpert) haben, auch wildern (s. d. 2); wildzen (s. d.); wil(d)pern, wildbräunen (Adelung); wildelen (Schm.; Stalder) etc.
~erēī, f.; –en:
Thun und Treiben eines Wilderers. Auerbach Gv. 22; Rank Arm. 10; Uhland Nott. 200 etc.
~(e)rer~(e)rer, m., –s; uv.:
s. Wildener 2, z. B. dreisilbig: Auerbach Ab. 230; Gv. 22; Echtermeyer 380; Von Holzdieben und W–n. Frenzel Gr. 3, 129; Gartenl. 12, 303; D Mus. 1, 2, 487; Scherr Gr. 2, 82; Spindler St. 1, 80 etc.; ferner: Ein Wildrer hinter Tannen | sah die Unthat. Reithard 385 etc.
~(e)rig~(e)rig, a.:
im oder wie im Naturzustand befindlich: Man wirft an den Seiten herum etwas Reisig, daß es „wildrich“ aussieht. Döbel 2, 153b; 125b; Den Bärenfang w. machen oder „verwildern“.
~ern, intr. (haben) und (s. 5) tr.:
1) das Wesen des Wilden haben oder annehmen, z. B.:
a) von Pflanzen: so (s. wild 7a): Wenn die Weinstöcke nicht gestäbelt werden, so fangen sie an, zu w. und herbe Trauben zu tragen. Adelung, und (s. wild 1a und waldig 2): Selbst den w–den Dorn umhängt rothblinkend die Traube. V. Ländl. 1, 161; Der w–de [wilde] Ölbaum. 4, 683; Th. 25, 21; W–de Feigen- äste 248; Verbrenne sie beid’ auf w–der Scheiter. 24, 90; W–de Büsche des Waldes. Ov. 2, 25; 323 etc.; W–des Gesträuch (Matthisson 166; Tiedge 2, 159 etc.), das, nicht durch Kunst gezogen, sich selbst überlassen, rankt und wächst etc., vgl. b.
b) (s. a Schluß; wild 3a): Nirgend ein freundliches Dach und spurlos wildert das Umland. Baggesen 1, 80; Zwar ist betretener hier das Gebirg, doch immer verödet | wildert es hüttenentblößt. 266; An des nie besiegten Rhodan’s Felsenwohnung | wildert Grab und Grab. FMüller (Matthisson A. 11, 268); Ohne des Pflanzers Sorg . . . | wildert sie [die Insel] menschenleer. V. Od. 9, 124; Trieb er als Hirt durch w–de Fluren die Ziegen. Ov. 1, 55 etc. und bildl.: Noch wildert rings der Barbarei | verjährter Wust und Schimmel. V. 4, 60.
c) selten: W–der Enten Geschlecht. V. Arat. 163 = wild (s. d. 1b), vgl. 2.
2) wildenzen (s. d., vgl. 1c), auch (wie dies) verallgemeint: Das Murmelthier riecht und „wildteret“ stark, so es lebt, gleichwie die Mäuse. Stumpf 610b; Dies Thier [Fischotter] hat ein grob Wildbrett, riecht und „wildteret“ gar stark. 611a; Ihr [der Reiher] Wildbrett . . wildteret stark. 612b.
3) sich wild bewegen (schles.) oder: im wilden (s. d. 2a) Wesen und Treiben: Das ist immer wie das alte W. OLudwig Thür. 1, 155 etc.
4) auf Wild Jagd machen, z. B.: Sie [die Hunde] wurden laut, sie huben an zu w. Cham. Gd. 419 etc. und bes. von Wildschützen (oder Wilderern, s. d.): W. ist keine Sünd. Kurz Sonn. 31; Der alte Jäger hatte Recht, dich zu bereden, gutwillig fortzugehen von den w–den Müssiggängern im Gebirg. Spindler V. 4, 107 etc.; schwzr. auch: Ge-w. Stalder.
5) tr.:
a) wild machen: Wenn seine geistliche Lage . . ihn mehr mildert als wildert. IP.
b) Landw.: Getreide w., vollständig: ent-w., schieren (s. d. 3) oder scheren, die sich auf dem Feld darunter findenden ungehörigen Ahren (einer andern Getreideart) ausrupfend entfernen, vgl.: Den Hafer, den sie aus dem Weizen ausgäten. G. 23, 351. Zsstzg. (vgl. die von wilden), z. B.: Án-: befremdend verdutzen, bes. Partic. Präter.: Ganz verdutzt und angewildert. Kühne Fr. 102 etc., ähnlich: Der Inspektor war bewildert von dem Schwarm von wirklichen Lords. Bucher (Nat–B. 15, 298) etc., engl. bewilder. s. einwilden: Die Natur. ., wo sie unberührt und eingewildert liegt. G. 19, 122 etc. s. entwilden, z. B.: Dionysos .., der entwilderte das Geschlecht | unholder Zucht durch Anbau und befriedigendes Gesetz. V. 3, 55; Die Kräfte des menschlichen Geistes .., welche den Erdball entwildert haben. Zschokke 8, 291; Landstraßen e. das Land. 139 etc., s. auch [5b]. Dazu: Bei dieser abermaligen Entwilderung [der Schauspielkunst]. Devrient 3, 270; Unter dem Namen Orpheus befassen die Griechen die ältesten. Entwilderer ihrer Nation. . . Die ganze Entwilderung mußte ausgehen .. von der Entwöhnung vom Menschenmorde. W. 5, 250. s. erwilden. Ge- [4]. s. verwilden: 1) intr. (sein): [Gott,] laß mich nicht im Schein ver-w. | der Welt. Arndt 595; Verwüstet und v–d lag der Garten. Frenzel Watt. 2, 86; Er verwilderte in der Provinz. 250; [Der Knabe] verwilderte bei ihr. G. 17, 251; Daß durch regelloses Einschleichen gesetzwidriger Elemente eine Sprache verwildere. Kolbe Bel. 50; Kompert Pfl. 1, 192; So verkauft er sie [der englische Soldat sein Weib] .. einem Andern und Dieser schützt sie ebenso .., so daß sie niemals ver-w. [zu einer keinem und jedem Mann gehörigen Dirne werden] kann. Möser Ph. 4, 124; Werden. . die Kräfte des Geistes ver-w. JP. 36, XI; Die Sprache, die im Paradies erklungen, | eh sie verwildert auf der wilden Flur. Rückert (Wackern. 2, 1555²⁰); Mit den Gesetzen ist er sanfter geworden, wie er mit ihnen verwilderte. Sch. 1004b; 1010b etc. (s. verwilden); W. HB. 1, 77 etc. 2) (s. 1, vgl. 3) Partic. Präter. sehr häufig: Die Zigeuner waren damals in der Verfolgung .. sündlich verwildert. Arnim 6; Bahrdt 1, 314; Creuz 1, 162; Ense T. 6, 410; Ein Gärtlein rankig und verwildert. Freiligrath 2, 32; Freytag B. 2, 186; Verwilderte Gesträuche an Geländer zu heften. Geßner 2, 59; G. 19, 153; 21, 53; 25, 102; 268; Man erzieht verwilderte Kinder zum Guten. 31, 324; Gutzkow R. 5, 180; 8, 174; Kolbe Bel. 5; Kosegarten D. 2, 56; Einen verwilderten alten Weg. JvMüller 24, 212; Auf Elba sind die Kanarienvögel verwildert. Oken 7, 257; 1235; Die verwilderte Myrthe. Platen 2, 210; Prutz Mus. 2, 110; Das Haar verwildert, mit des Wahnsinns Blicken. Sch. 446a; 334b; Tieck NK. 2, 276; Es entsprangen zerscheucht mit verwildertem Geiste die Stuten. V. Il. 23, 468; 6, 41 etc.; Den schmerzverwilderten Alten. B. 240, der vor Schmerz wild, ganz außer sich ist etc.; Der unverwilderten, ungekünstelten und unverdorbenen Natur gemäß. W. 9, 123 etc.; Die (Un-)Verwildertheit. 3) tr., faktit. zu 1, s. wilderig; ferner: Man verwilderte die Soldaten gegen das Volk, aber nun sind sie auch wild gegen die Officiere. Ense T. 5, 193; Ihren [der Thiere] sonst sichern Trieb verw. H. Ph. 4, 107; Thau, v–d unser struppig Haar. WHumboldt 3, 52; Dessen trauriges Ende deine ohnehin düstre Denkungsart noch mehr verwilderte. Klinger Giaf. 20; „Du sprichst ebenso verwildert (2 = wild) als du aussiehst.* Darum bitt’ ich dich, verwildere mich nicht noch mehr. FLSchröder Btr. 1, 2, 65, mach mich nicht noch wilder, erregter etc.; auch ohne Obj.: Die Anarchie verwildert [den Menschen]. JoMüller 6, 189 etc. 4) (s. 2) zuw. refl. = 1, z. B.: Verwildre dich, Natur, und stürme mir entgegen! G. 8, 118; Kein Mensch verwildert sich [spätre Lesart: so], dem etc. Haller 153; Wie seine Züge sich verw. [vor Zorn]! | wie seine Nase schnaubt! W. 20, 126 etc. 5) Doppelzsstzg., z. B.: So ist auch schon zurück- verwildert | der Feinde sitteloser Schwarm. Lenau Sav. 187, in die frühere Wildheit zurück-gefallen, -versetzt etc.
Eīn-: Ent-: Er-: Ver-:
6) Zu 1; 2: Die steigende Verwilderung. Devrient 3, 218; Fichte 8, 28; Gentz Rev. 75; Jene immer mehr um sich wuchernde Verwilderung der Gemüther. Görres V. 52; Bei der Verwilderung und Ausartung gebildeter Sprachen. WHumboldt 3, 244; Herr der Natur, die .. prangend unter dir aus der Verwildrung stieg. Sch. 22b; 1017b; V. 2, 40; W. 8, 192 etc.; Die antiklassische Formverwilderung des Dramas. Nat.–Zeit. 14, 367; Sprachverwilderung. Kolbe Bel. 11 etc.; selten (wie Wildung) = Wildnis, z. B.: Der den Kurfürsten aus der Verwilderung brachte. Alexis H. 2, 2, 202. Zurück-: ver-w–d (s. d. 5) zurückarten etc. Jahn M. 126; Pröhle J. 193 etc.
~ernis, f.; –se:
Wildnis (s. d.): Zur Einsamkeit, zur W. entweichen. G. 12, 67; Lasst uns zu ganz wilden Eichen, | grausen W–sen fliehen. Gryphius Schw. Sch. 35; Aus den rauhen W–sen. ebd.
~heit, f.; –en:
1) abstrakt. (ohne Mz.) das Wildsein, z. B.: Den entschiedensten Charakter eines Kriegers mit aller ihm eigenen Rauhigkeit, W., Härte. Engel 4, 34; Ense B. 3, 529; Forster It. 1, 222; Die W. der Berserker. Freiligrath 1, 5; G. 15, 229; Das Allerflüchtigste in höchster W. Vor- übereilende. 31, 234; Der hier jetzt die W. austobt etc. Gutzkow R. 8, 21; Der .. der Zwietracht W. zähmet. Hagedorn 1, 20; Heeren 1, 380; Kohl Südr. 2, 244; Die hohe Nordlandsküste in ihrer schweigenden W. Mügge Norw. 1, 4; Hier sänftet seine W. jedes Thier. Rückert 2, 340; Sch. 614a; 1010a; Überall wohnt die W. bei der Freiheit und die Knechtschaft bei der Kultur. 1032b; Tieck N. 6, 195; Vischer Ästh. 2, 288; Gegend, wo.. öde W. herrscht. W. 15, 60; Freiheit ohne eine .. bürgerliche Verfassung wächst gar bald in Barbarei und W. aus. 31, 440; Diese von W. und Verkünstelung gleich weit entfernte schöne Einfalt .. der Sitten. 34, 94 etc.; Die Halb-W. und Halbkultur des [polnischen] Volks. Forster Br. 1, 466; Die freche Jugend-W. in gesetztes vernünftiges Wesen zu verwandeln. Ense D. 6, 425; Goethe hat bei all seiner anscheinenden Natur-W. im kleinen Finger mehr Konduite .. als alle Hofschranzen. W. (Riemer G. 2, 30); Luc. 4, 52 etc.; Nbnf.: Wildigkeit. Eppendorf 82; Ryff Th. 90 etc.
2) konkret:
a) Äußerung der Wildheit, wildes Treiben etc.: Bei den banalen W–en der Rennjagd. G. 32, 371 etc.
b) (selten) Wildnis (vgl. Wilde 2): Geht man in die W. zurück, so findet man Grotten und Waldung etc. Heinse A. 1, 43 etc.
c) (s. wild 6) das Unbrauchbare, Schlechte, nam. im Erz, vgl.: Ein Brandsilber [s. d.].., in dem keine Wildigkeit und Unreinigkeit mehr ist. Ma- thesius Lthr. 209b etc.
~ling, m., –(e)s; –e; –s-:
1) Gärtn.: Bäume, Sträuche, die durch Impfen, Augeln etc. veredelt werden können, es aber noch nicht sind: Ein wilder Waldbaum. . . Diese W–e. Auerbach Leb. 1, 77; Demokr. St. 139; Es lässt sich ein Edelauge in den W. setzen, ein Edelreis auf den Wildstamm. Jahn V. 25; W–e aus Samenkernen ziehn. Jahrh. 2, 402; V. Ländl. 3, 278 etc.; Rosen-W–e geäugelt. Auerbach V. (61) 154; Daß man auf wilde Süßkirschbäume alle edeln Kirschensorten veredeln kann . ., aber auf Sauerkirsch-W–e nur die sauern. Landw. Zeit. (56) 86b etc.
2) ein wildes Thier in seinem wilden Zustand: Löwen in Europa gezüchtet und neulich konnte man in Berlin solchen europäischen mit einem in der Wildnis geborenen vergleichen. . . Der W. etc. Gutzkow Unt. 2, 1, 141.
3) von Pers. (ineinandergreifend), z. B.:
a) von wilden (s. d. 1c) Völkern etc.: Die Religion der alten Welt und der noch vorhandenen W–e. Fichte 7, 44; Wer war’s, der dich, Hellene, | zur Menschlichkeit so hoch | vom W. auferzog? V. 4, 400 etc.
b) (s. a u.
1) Einer, dem es an der veredelnden Kultur, Entrohung mangelt: Einen W. mit rauher Rinde und kümmerndem Wachsthum. . . Der solch einen Menschen- W. rettet. vHorn Wildl. 1; W–e bleich und zerlumpt und wie Ackergaule verhagert. V. 2, 21 etc. c) Einer, der sein Wesen in natürlicher Freiheit und Ungebundenheit walten lässt (vgl. 2; 4; Wildfang etc.): Sie hatten ihre Freude an den W–en [den s. g. Taugenichtsen]. Auerbach SchV. 287; In die Reihe dieser W–e trat Shakespeare in seinen Jugendsitten sichtbar ein. Gervinus Sh. 1, 47; O du W. von Engel! JP. Fat. 2, 203; Unser W. Gebhard Lebrecht [Blücher]. Scherr Bl. 1, 82; Nem. 2, 197; Einem solchen W. ist Alles Spaß. Zschokke 1, 336 etc. 4) in einer Art Belebung (s. 2; 3c), z. B.: Spring an, mein Wüstenroß aus Alexandria! | mein W.! [der Alexandriner]. Freiligrath 1, 123; Wer vom Hexameter des .. Horaz .. mehr weiß .., Dem möchte der W. .. der Nachbildung kaum fähig scheinen. V. Georg. XlX etc.
~nis, f.; –se (n., –ses; –se):
1) eine wilde (s. d. 1a) Gegend etc. (vgl. Wilde 2; Wildung; Verwilderung; Wildernis; Wildheit 2b): 3. Mos. 16, 22; Hiob 38, 27; Pfade . ., wie sie durch W–se führen. L. 6, 373; Ging die Fahrt durch ungebahnte W. Platen 4, 281; Weil Sie unsere W. zum Paradies gemacht. Sch. 313b; Ihr in jenem Geklipp herbergende Löwen der W. (vgl. 3). V: Ov. 1, 209 etc.
a) In den ungeheuern Wäldern bei uns [um Königsberg] W–se genannt. ALewald 1, 8 etc. (vgl. W.-Bereiter = Heide-Reiter. Döbel 4, 57b); Solche Außendeiche ziehen sich .. längs der ganzen Marschküste hin und einige haben bereits eine ansehnliche Breite gewonnen, nam. die s. g. W–se, deren es zwei giebt, die Blome’sche und Bülow’sche W. nördlich und südlich von Glückstadt. Nat.-Zeit. 17, 317 etc.
b) bildl.: O hätt’ ich nicht .. mich zurück | zu dieser W. frechen Städtelebens, | zu dieser Wust verfeinerter Verbrechen | .. gewendet! G. 13, 347; Das weltliche Recht.., wie ist auch das eine W. worden. Luther 1, 311aetc., lgW. neutr.: Als der Erschafsende der Menschheit Jugend | ins öde W. der Natur verwies. Baggesen 2, 267.
c) Zsstzg. z. B.: Ich war hinaus entrückt zur Felsen-W. Lenau NGd. 15; Das erste Elephantenabenteuer erlebte er in einer prächtigen Thier-W. Gartenl. 9, 681a; Ur-W. Echtermeyer 544; In der grünen Urwald-W. Scherr Pilg. der Wildnis 1, 189; Zauber-W. Platen 1, 324 (vgl. 2).
2) (vgl.
1) etwas wild durch einander Wucherndes und Rankendes etc., nam. von Pflanzen, s. 1c, Schluß: Die Epheu-W. verschlang alle Strahlen. PHeyse Mer. 260 etc.; Cypressen .. ragen schwarz aus der gelben und grünen Reben-W. hervor. 61; 173 etc.; bildl.: Hut, auf dem eine W. von Hahnenfedern, Fuchsschwänzen und wunderlichem Pelzwerk wuchert. 20 etc. 3) der Zustand der ungebundnen Freiheit, worin wilde Thiere oder wilde Völker etc. leben, z. B.: Einem in der W. geborenen Löwen (s. Wildling 2); Kontraste zwischen tüchtigem Freisinn in der W. (vgl.
1) und einer zwar geordneten, aber doch immer unzulänglichen barbarischen Übergewalt. G. 33, 285; Der Sohn der W. Halm etc. 4) ugw. = das Wild, die wilden Thiere: Alles W. in den Wäldern | schmeckt die süße Liebeskost. Opitz 1, 339.
~pern: s. wildenzen. ~pert, n., –s; 0:
Wildbrett (s. Brat, Anm.): Sein W. und sein Fisch. Kretschmann 2, 252.
~zen, intr. (haben):
wildenzen: Sein Fleisch „wiltzet“ auch sehr. Ryff Th. 103 etc., auch: Es wildzt die innre Natur. G. 2, 72, die Natur des wilden Thiers äußert sich, tritt hervor etc.