Faksimile 0771 | Seite 1593
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Wicht
I. Wicht, m., –(e)s; –e, –er; –chen, lein, el; -:
ein Geschöpf, Wesen, Ding, z. B.:
1) von Geistern, gespensterhaften Wesen, Kobolden etc., z. B.: Ein winziger W., | ein Zwerglein. G. 1, 157; 184 (ein dem Grab zum ,,Todtentanz“ Entstiegner); Flügelchen dem W–chen. 11, 188; Kohl A. 3, 328 (s. Bergmann 1a); Weil der Geist .. oder das W–lin (wie es unsere Leute nennen) in einem Winkel in der Küche wohnete. .. Das Teufelchen. . . Der Kobel und Teufel. Luther SW. 60, 30; W–ele: kleiner Kobold. Spindler V. 2, 404; 90, 162; Entschwebt unruhig dem Irrwischmoore der kopflos | wankende W. V. 2, 68; 4, 152 etc.; Der schlaue Höllen-W. [Teufel]. W. 12, 112 etc., vgl. Grimm Myth. 569 und s. Wichtel. 2) von Pers., mit ineinandergreifenden Nüancen, s. 1 und vgl. Teufel 2a; Schelm 2; Kerl etc., z. B.:
a) ein verächtliches, nichtswürdiges Geschöpf: Den Kontrast mit solchem gekrönten W. Heine 14, 28; Bist doch ein ehrlos erbärmlicher W.! Körner 27b; Wer in seinem Zorne spricht | zu seinem Bruder: „W.!“ Deß waltet das Gericht. Rückert Jes. 47 (Matth. 5, 22); Der nie bricht die Lanz’ an einem W. Rost. 64b; Mak. 1, 135; Der Mensch ist ein ärmlicher W. Sch. 95b; Pfui, ihr verzagten W–er! Simrock N. 1785; Nun hat so ein Ding, so ein elender W., so ein Weichling | mir das Auge geblendet. V. Od. 515; Was man ein W. ist, wenn man Geld schneiden soll. Zelter 3, 303 etc.
b) (s. a) Scheltwort für eine Pers., die des Sprechenden Unwillen erregt: Haschet meinen Kater ein, ihr W–e! Musäus M. 1, 101; Schor frech mir der W. [mein Mann] | das Gelocke vom Haupt. Platen 4, 39; Herr Vater, zürnt mir nicht, | daß ich erschlug den groben W. [den Riesen]. Uhland 398 etc.
c) (s. b) in abgeschliffnerem Sinn, wie Kerl, Bursche etc., oft näher best. durch beigefügte Ew., z.B.: Mein Vetter ist ein kluger W. G. 1, 89; Was ist denn an dem ganzen W. [an mir] | Original zu nennen? 3, 147; Hier ist Rhodus! tanze, du W.! 69 etc.; Heida! halt an, du kecker W.! Uhland 387; Was für arme W–e [bedauernswerthe Geschöpfe] | wir Menschen sind! W. 11, 33; Der in Ritterschaft | kein kleiner W. [nichts Geringes] zu sein sich dünken ließ. 131; [Ich, der Vogel] bin gar ein kleiner magrer W. 12, 76; Wir armen W–e! 31, 416; Wir andern profanen W–lein. 133 etc.
d) (s. c) Da drehten die Pärchen allzumal | ein jedes Mädchen mit seinem W. [Burschen etc.]. G. 2, 213.
e) (s. c) „Provincialismus für Mädchen“. Immermann M. 1, 318 200 als Anm. zu: [Ich habe] auf Michael einen Verspruch mit dem W. von Hölschers gethan [mich mit dem Mädchen verlobt].
f) (s. c) kleines Kind (s. Brem. W. 5, 247): Der Buchstabierer, welcher die W–er bläut. Kl. Od. 2, 15 etc. 3) (s. 1) W–lein, Benennung des kleinen Fingers (s. d. 2a, vgl. Däumerling 3) als eine Art Kobold, vgl. in der Bed. wie: der elfte Finger (s. d. 5): Den Gotts-Böswicht. Frey Gart. Kap. 20 etc. S. ferner Wichtel.
Anm. 1) Goth. vaiht(s), ahd., mhd. wiht, s. Benecke 3, 650b ff.; dazu verneint (s. nicht, Anm.) ni–, ne–, enwiht und noch im ältern Nhd. entwicht = nichts; nichtswerth, unnütz etc., s. zahlreiche Belege Schm. 4, 18 ff.; Grimm 3, 657, vgl. 676.
2) Zu W. (1), verkl. Wichtel gehört die Bez. Wichtelzopf (umgedeutet: Weichselzopf, s. d. nam. Schlegel Sh. 1, 35), vgl. Alp-, Mahrzopf, insofern die Verwirrung und Verfilzung des Haars bei dieser Krankheit als das Werk von Kobolden (s. Alp 1; Mahr 2) gilt oder galt, s. Wichtelhaar. Scherffer 441; Den ungestriegelt verwichtelten Tater [Vulkan]. 408 und Wichtel 2.
3) Die Mz. Wichter entspricht dem mhd. sich neben dem Mask. findenden Neutr., vgl.: Der Wichtel.
Zsstzg. z. B.: Bérg- [1]: B–lein, B–el, vgl. Bergmann 1a.
Bȫse-: böser Wicht, z. B.:
1) vom Teufel. 1. Joh. 2, 13; Eph. 6, 16; V. 4, 95 etc.
2) von Pers.: 1. Sam. 20, 30; 2. Macc. 4, 19 etc.; Dem B. wird Alles schwer. .. | Der Teufel treibt ihn hin und her etc. Hölty 31; Luther 6, 223b etc.; Den „Böswicht“. Sch. 406a; Stumpf 197a (mit etymolog. Deutung) etc.
a) in mildrem Sinn, wie Schelm (s. d.), nam. verkl. oder z. B.: Venus [zu Kupido]: Du kleiner B.! Opitz 2, 222 etc.
b) Mz. gw.: B–er. Börne 2, 368; Engel 1, 157; G. 9, 122 (34, 130; 35, 126); 10, 148; Die theatralischen B–er [als Rollen]. 22, 149; 264; Einem der abgefeimtesten B–er. Gutzkow R. 2, 233; H. (Dünzer H. 3, 311); L. 2, 241; Luther 5, 533b; Platen 4, 353; 6, 6; Sch. 398b; Schlegel Sh. 6, 48; Tieck A. 2, 211 etc.
c) (s. b) seltner: Bösewichte, wie dort, leben nicht auf dem ganzen Erdreich. Hagen Nor. 241; Luther 6, 130a; Sulzer 3, 141a; Weckherlin 33 etc.
d) veralt., weibl.: Du alt Verräthers Böswichtin! HSachs 4, 3, 19d.
e) veralt. Fortbild.: (in der Weise eines B–s; zu solchen gehörend etc.): Bösewicht- isch (Luther 1, 368a; 547a; 3, 132betc.); -lich (6, 497b).
3) Doppelzsstzg. z. B.: Erz-B. Spr. 24, 8; 2. Macc. 15, 3; Luther 6, 482a; Ihr Erzboswichter. Simplicissimus K. 94 etc.; Kern-B. 295 etc.; Des feinen Mode-B–s. Pfeffel Po. 3, 53; Ihr Gegner sinkt zum alltägl. Theater-B. herab. Nat.–Z. 17, 575 (wie sie gw. in Bühnenstücken vorkommen) etc.; s. auch [3]. Höllen- [1]. Schūh-: s. Schuhwirth.