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werth
I. Wêrth, a., –est:
1) ohne Komplement, nur mit Nennung des Schätzenden: geschätzt; hoch gehalten im Urtheil:
a) prädikativ: Jemand oder Etwas ist Einem w., sehr w., lieb und w. (s. lieb-w.), w. und theuer, w–er als Alles etc.; Einen oder Etwas w. schätzen, achten, halten etc.; Daß ein Mann theurer sein soll denn fein Gold und ein Mensch „werder“ denn Goldsstücke. Jes. 13, 12; 4, 2; Weil du so „werd“ bist vor meinen Augen geacht. 43, 4; Ein kluger Mann ist lieb und „werd“ bei Fürsten. Sir. 20, 29; Ps. 116, 15 etc.; Wohl lernt er das Rittermädchen lieben, aber w–er bleibt ihm sein Ritteradel. Börne 1, 125; Er war mir so w., wie die Hummeln den Bienen sind [iron.]. Geßner 4, 19; Dinge . ., die mir lieb und w. sind. G. 21, 244; 4, 28; 8, 53; 18, 229 etc.; Ich finde Hundert schön und habe Hundert w. Nicolai 1, 219; Was ihn Euch widrig macht, macht mir ihn w. Sch. 408a; Dieser Platz wurde theurer bezahlt als er w. war. 995b; Wie .. der [dem] menschl. Fürwitz .. ausländische Ding am „werdisten“ und anmuthigsten sind. Stumpf III; Nicht der Lipp’ Anbetung ist w. der Gottheit [Dat., vgl. 3]. V. 3, 42; Hab ich ihn theuer und w. wie das Licht der Augen geachtet. Mosch. 4, 9; Ziegenweid’ ist jene, doch w. vor [w–er als] Weide der Rosse. Od. 4, 606 etc. Ferner attribut., z. B.:
b) von Pers.: Der w–e Mann. G. 32, 374; Diesem sonst w–en und würdigen Mann. 27, 184; Jhrer Mutter, meiner w–esten Freundin. 15, 14; Der Angewöhnung des w–en Publikums zu schmeicheln. 18, 201; Die w–en Gäste. Simrock N. 1257; Die w–e Frau. Uhland 102 etc.; alterthümlich nachgestellt: Begegnet ihm manch Ritter w. 383; Sag an, mein Ritter w.! 380 etc. b) von Sachen, gw. nur, insofern sie von Pers. herrühren oder zu Pers. in einem Bezug stehn etc.: EFin w–es Geschenk, Andenken; Jhr w–es Schreiben oder bloß: Ihr W–es vom so und so vielten etc.; Ein theuer „werdes“ Wort. 1. Tim. 1, 15; Ob er in diesem Geschäft das W–e und Würdige leistet. G. 40, 267 etc.; selten: Über den Wachsthum dieses w–en Baumes [der Eiche]. 23, 89.
c) verhüllend: Der Aller-w–este = Arsch (s. d., Anm.). Alexis D. 1, 80; Droysen A. 1, 145 etc., uch: Der Lieb-w–este. Münchhausen 70. Ferner mit Komplement, gw. prädikativ (doch s. 3a) so:
2) mit abhäng. Satz: Jemand oder Etwas ist w. [verdient], daß etc., ist so beschaffen, daß das Genannte ihm als gebührend zukommt: Dieser Stein ist w., daß man ihn n Gold fasse; daß er in Gold gefasst werde; in Gold ge- asst zu werden etc.; Du wärst w., ich ohrfeigte dich etc.; Ich bin fort nicht mehr „werd“, daß ich dein Sohn heiße. Luk. 15, 19; Matth. 8, 8; Deß (s. 3) ich nicht „werd“ bin, daß ich seine Schuhriemen auflöse. Joh. 1, 27 etc.; Eine Galere, die w. wäre, die Häupter der Republik .. zu tragen. G. 23, 89; Ihr Inhalt ist w. und würdig genug, aufbewahrt zu werden. 30, 253 etc.; auch mit pass. Sinn des akt. Infin.: In solchen Ritzen | ist jedes Bröselein | w. zu besitzen. 12, 126 = w., besessen zu werden; w., daß man es besitze; Die ich höre, scheint mir w. zu krönen. Schlegel Gd. 1, 308 etc., s. 3, (schwzr.: D’r Werth sein mit Inf. und zu. Gotthelf G. 283; 306 etc., vgl. II). 3) (vgl. 1; 2) mit Genit. zur Bez. Dessen, wie hoch Etwas oder was ihm als gebührend und zukommend gehalten wird (vgl. 4): Der Arbeiter, die Arbeit ist des Lohnes; die Waare ist des Preises w.; Eigner Herd | ist Goldes w., z. B. Lichtwer 49 etc. (s. 4b); Sie sind Einer des Andern w.; Hat Nichts gethan, das des Todes oder der Bande „werd“ sei. Ap. 26, 31; Ihr achtet euch selbst nicht „werd“ des ewigen Lebens. 13, 46; Matth. 10, 37; Zach. 11, 13 etc.; Daß ich je Einem [was] eines Nestels w. [ist] genommen. Berlichingen 216; Glaubt er mich unwürdig seiner Liebe, | so ist er meiner Liebe auch nicht w. G. 35, 310: Ich achte es .. der Erzählung w. HHerz 215; [Das] ist des Schweißes der Edlen w. Kl. Od. 1, 77; Zwei Männer, der Unsterblichkeit w. Sch. 914a; Dein Vater war eines Thrones w. W. 8, 120 etc.
a) Zusammengeschoben mit dem Genit. auch (s. 2) des Infin. und vgl. 4 in mehr oder minder losen Zsstzg. (prädik. und attrib., vgl. die entsprechenden von würdig), z. B.: Welcher unter den Gelehrten .. eine achtens-w–e Stelle behält. Guhrauer Less. 2, 67; Lewald W. 3, 148 etc.; Ein achtungs-w–es Zutrauen. Hebel 8, 180 etc.; Um so anerkennens-w–er ist das Bestreben. Scherzer 1, 546; Eine durchaus ehren- und antheil-w–e Zeit. G. 27, 283; Sind wir nicht auslachens-w.? W. 24, 100; Beachtens-w. 20, 158; Burmeister Gsch. 92 etc.; Beherzigens-w–e Worte. WHamm AckerbCh. 53; Bejammerns-w. Hagedorn 2, 199; Beklagens-w. Droysen A. 3, 278; G. 13, 4; Hagedorn 1, 52; 2, 212.etc.; Beneidens-w. G. 31, 163; Gutzkow R. 9, 225; Dankens- w. G. 31, 383; Gotthelf G. 10 etc.; Brutus ist ein ehren- w–er Mann. Schlegel Cäs. 3, 2; Verdient eine ehren-w–e Erwähnung. Thümmel 6, 136; Das schönste, das ehrenw–este Kleinod. V. Od. 4, 614; 5, 87 etc.; Will ich noch Anderes dir und Erbarmungs-w–eres melden. 11, 381; 12, 258 etc.; Es giebt viel Wünschens-w–es . ., viel Erstrebens-w–es. Lewald W. 1, 363; 2, 58; Das erstrebens-w–este Ziel. Mag. d. Ausl. 33, 418a etc.; Das erwä- gungs-w–e Buch. JvMüller 6, 252; Jene Verehrung des Widerwärtigen, Verhaßten, Fliehens-w–en. G. 18, 198; Den Thäter dieser fluchens-w–en That. Sch. 431b; 366a; Irrende Ritter kümmert es nicht und ist ihnen nicht fragens-w., weßhalb etc. Tieck DQ. 1, 256; Ein glaubens-w–er [glaubwürdiger] Mann. 548b; Seid erst nicht hängens-w., wenn ihr uns hängen wollt. G. 7, 102; Häßliche, hassens-w–e Weiber. 19, 366; L. 3, 332 etc.; Ein kleiner Affe war von wegen seiner Drollen | dem ganzen Hause küssens-w. Burmann F. 158; Einliebe-w–es, gutes, frommes Kind. Cham. 4, 269; 3, 331; G. 33, 248 etc., vgl.: Liebes-w. Cham. 4, 140; Eh ein Mann | sich liebens-w. und meiner w. gezeigt. G. 13, 318 etc. (versch.: lieb-w., s. u.: Zsstzg.); Herrlich ist die liedes-w–e That. 125; Nicht hassens-oder lobens-w–er. Bahrdt 1, 382; Merkens-w. Hopfen Per. 1, 125; Ein mühe-w–er Preis. Monatbl. 1, 131b; Ich fand nichts Wissens- und Nachahmungs- w–es in diesem Garten. G. 26, 77; Lebt’ ich zufriedne Jahre neidens-w. Platen 4, 226; Das einzige nennens-w–e Ereignis. Scherzer 1, 547; Preisens-w. Cham. 3, 323, vgl. (s. 4d): Von preis-w–en Helden. Simrock N. 541; W. 11, 174; 20, 13 etc., aber auch (s. 4b): Preis-w–e (oder -würdige) Waare, die für den zu zahlenden Preis sehr gut ist etc.; [Weil] ich durchaus nichts Rede-w–es mehr vermag. Prutz W. 90; Gervinus Sh. 1, 339; Diesen ruhm-w–en Vorsatz durchzuführen. G. 29, 191; Schätzens-w–e, dauerwürdige Arbeiten. 18, 307; 19, 23; Etwas Scheltens-w–es und Abgeschmacktes. 23, 160; 39, 80; Wenn jene Schafe nicht einmal scherens-w., was soll ich zu meinen Schweinen sagen ? FMüller F. 25; Sehens-w–e Kunstwerke etc.; Sie war’s, nur schöner tausendmal, | nur sehnsucht-w–er. Münchn. Dicht. 314; Ihm zum Fährlohn eine goldne | städte-w–e (4) Spange bietend. Rückert Morg. 1, 254, die den Werth einer oder mehrerer Städte hatte; Staunens-w. Danzel 210; Dir, Agamemnon’s thränen-w–em Kinde. Sch. 228a; 28b; Die Sache ist schon überlegens-w. W. 28, 369; Ist es .. so verabscheuungs-w. . .wenn etc.? PHeyse Mer. 88; Verachtens-w. W. 12, 331; Ein sehr verachtungs-w–es Geschäft. Forster’s Br. 2, 798; So verzeihungs-w., wenn je verziehen die Manen. V. Ländl. 4, 721; Wissens-w. (s. o.: nachahmungs-w.); Desto wünschens-w–er. Sch. G. 4, 158 u. ä. m. 4) (s. 3) mit Acc. st. des Genit., nicht bloß:
a) (s. Das 4; Es 9) von allgemeinen sachl. Fw. etc.: Sie sind’s „werd“. Off. 3, 4; 16, 6; Stoßt (es ist es w.!) in prahlende Trompeten. Haller 83; Dank für das Mitleid. O, ich bin es w. Geßner 4, 151 etc.; Wir empfangen, was unsre Thaten „werd“ sind. Luk. 23, 41 etc.; Die däuchten sie viel w. Simrock N. 356 etc.; Du, mehr w. als Reliquienhand. G. 9, 14; L. 1, 555 etc.; Schürst du [Luft] das Feuer nicht, | bist du nichts werth. G. 10, 276 etc., s. auch zusammengeschoben (vgl. 3a): Worte sind nichts- w–e [vgl. werthlos, un-w.] Muscheln, in welchen sich zuw. Jdeen als edle Perlen finden. Börne 2, 5; Schlechte und nichts-w–e Bücher. W. Luc. 6, 34 und zuw. in sehr hartem Sinn (vgl. nichts-würdig): Nichts-w–er! bebe nicht vor wohlverdienten Strafen. W. 12, 271 etc., sondern:
b) nach heutigem Gebrauch fast ausschließlich der Acc., wo es sich um eine (wirkl.) Preisbest. in Geld handelt (wofür sich nur mundartl. würdig s. d. findet): Etwas ist einen Thaler etc.; keinen Groschen (Heller etc.); das Geld; seinen Preis w.; so und soviel unter Brüdern (s. d. 1) w. etc., auch (vgl. d und 2) Ein eigner Herd, | ein braves Weib sind Gold und Perlen w. G. 11, 136; Mein Leben acht ich keine Nadel w. Schlegel Haml. 1, 4 etc.; Das ist Geld w.! Merck’s Br. 1, 79, eine köstl. Geschichte (vgl.: nicht mit Geld zu bezahlen) etc.
c) (s. b) zuw. (wie im Engl.): Jemand ist so und so viel w., hat so viel Vermögen oder Einkommen, z. B.: Warum ist die arme Melly Nichts w.? Weil sie Nichts w. ist, weil sie arm ist. Sealsfield Leg. 3, 123; Ein kleiner Edelmann, der jährlich kaum hundert Pistolen w. ist. W. 1, 71; Zweitausend Thaler bin ich w., | vorher kaum funfzig. Weiße Kom. Op. 3, 207 etc.
d) (s. b und
3) auch sonst sehr gw.: Er ist den Galgen, den Strick; nicht (einmal) den Strick, einen Schuß Pulver w. etc.; Ich bin dich nicht w. Auerbach D. 2, 326; Er ist die Frau nicht w. G. 7, 98; Den Gedanken rein zu haben, | . . Das ist mir alle Reime w. 3, 107, gilt mir so viel; Ein Argwohn? | Ich bin ihn w. [hab ihn verdient]. L. Nath. 3, 7; Eine alte Jungfer ist ja wohl einen alten Junggesellen w. Rabner 3, 188; Gieb ihm die Hand, | er ist sie w. Sch. 591b; 207b; Dieser .. Dienst .. war .. einen Gegendienst w. 918b; Eu’r lieber Oheim, 20mal ihn w. [soviel w. als er]. Schlegel Sh. 8, 105; Geb Gott, die Botschaft sei den Willkomm w. 6, 135; Schwab 487; W. 7, 202; Ein Wahn, der mich beglückt. | ist eine Wahrheit w., die mich zu Boden drückt. 12, 230; 17, 98; 35, 5; Luc. 5, 153 etc., s. auch 3a.
Anm. Goth. vairths, ahd. wërd, mhd. wërt, nach Wackern. Gl. 589 zu mhd. wërn (s.Gewähr und wahr, Anm. 4), nach Grimm zu werden; dazu: Werth, m. (nur vereinzelt: Sein merkliches Werth viell. gar benehmen. Weckherlin Gd. III), goth. vairths, n.; ahd. wërd, n.; mhd. wërt, n. (s. volwërt und Wehrgeld); werthen, goth. vairthon, ahd. wërdôn; mhd. wërden; Würde (bei Ältern Wirde), ahd. wirdî, mhd. wirde, wërde(s. Werde 1; wardieren), mit würdig, ahd. wirdîg, mhd. wirdec, Ggstz. unwirdec; unwirdisch, auch in Bed. von un- wirsch (s. d. und wirren, Anm.) etc., s. Schm. 4, 147.
Zsstzg. s. 3a; 4a; ferner: Lieb- [1a; b]: lieb und werth, L–e, treue Seele sondern Gleichen. Cham. 6, 279; 5, 287; Rein und l. (––) hegst du mein Bild im Herzen. 3, 74; Desto wichtiger und l–er wollte mir die Geschichte der Naturwissenschaften überh. erscheinen. G. 27, 154; Eine meiner l–esten Sammlungen. 297; 33, 266; Unter meinen l–esten Zuhörern. H. (Dünzer H. 1, 227); Was ihm Mainz jetzt . . so l. macht. König Kl. 2, 382; L–estes Gemahl! Tieck 2, 15; DQ. 1, 70 etc., versch. s. [3a]: liebe- etc. w.; s. auch [1c]. —kUn-: z. B.:
1) (mundartl.) gering im Preise. Schm. 4, 147.
2) geringen Werths, werthlos. ebd. Das Würdige mit dem Unwürdigen, das Werthe mit dem U–en durch einander gerüttelt. G. 39, 437 etc.
3) (s. 2) nicht werth geschätzt oder geachtet: Einen un-w. halten; Laß mich dir nicht so un-w. sein. Geßner 4, 14; Ein nicht u–es Denkmal unsrer Freundschast. W. 26, 282 etc.
4) (vgl. 2, veralt.) untüchtig, impotent: Einen feisten Hahn, | der un-w. ist gemacht [kapaunt] und nicht mehr buhlen kann. Opitz 1, 128 etc.
5) bes. mit Komplem. [2; 3]: Er ist un-w., dein Freund zu sein etc.; Deiner Freundschaft, Liebe, des Lobes, derEhre un-w. etc.; auch: Ein Ehr-U–er. Rückert Nal. 194; 126 etc.