Faksimile 0734 | Seite 1556
Faksimile 0734 | Seite 1556
Faksimile 0734 | Seite 1556
weltisch weltlich Weltlichen Geistliche Weltling
Wélt~isch, a.:
in Zsstzg., s. die von weltlich, z. B.: Unsere neu-w–en Getränke. Lavater 1, 171, aus der Neuwelt (s. d. 1) stammend; Der vor-w–en Flora. G. 40, 253 (vgl. vorsündfluthlich) etc.
~lich, a.:
(gw. ohne Steigrung): der Welt angehörig oder darauf bezüglich:
1) zuw. allgem. (vgl. 2, s. 2aa), z. B.: Wie schön sich die w–en Dinge [die Dinge der Welt] gegen einander verhalten. G. 5, 7; Diese [die Bettler] seien wahrhaftige W–e, d. i. nicht eines Dörfleins oder Markts, sondern der ganzen Welt Einwohner und Bürger. Schuppius (Wackern. 3, 756²³) nach lat. mundanus. Cicero Tusc. 5, 37, s. Kosmopolit —; gw. nur in Zsstzgn (s. d.).
2) insofern die Welt (s. d. 1f) dem Ewigen und Göttlichen entgegengesetzt wird, dann auch dem Religiösen und Gottesdienstlichen (s. d.) und endlich dem Geistlichen (s. d. 3):
a) in mehr oder minder tadelndem Sinn: der Welt und ihrer Lust und Eitelkeit fröhnend, dem Irdisch-Sinnlichen statt dem Ewigen, Göttlichen zugewendet etc., ihm gemäß (wo auch eine Steigrung statthaben kann): Das ungöttliche Wesen und die w–en Lüste. Tit. 2, 12; Den pfaffischen und w–en Sinn. Arndt E. 77; Was soll dem frommen Derwisch der w. eitle (s. d. 1c) Tand? Cham. 3, 317; 6, 253; 4, 22; Das Kleid wild und w. . . Weil der Teufel .. diesen w–en Adel [be]herrschet etc. Franck (Wackern. 3, 3311⁸; ²⁴); Wie frömmelnde Richtungen sich oft w. entpuppten. Gutzkow R. 5, 72; Wie w. kokett sie bei der Procession einherschlendert! Heine 8, 352; Daß nicht ihr stets Altvordere rühmend erhöhn mögt, | als gläubig und fromm und die jüngere Zeit darstellt als w. und gottlos. Platen 4, 247; 333; Ob.. ein w. Wünschen mir im Herzen war. Sch. 502a etc. α) vgl. dagegen in Aufhebung jener Gott und Welt trennenden und das Sinnliche als gottlos verdammenden Anschauung: Der große, heitere, die ganze Betrachtungsweise erfreulichst umkehrende Gedanke einer fortschreitenden, bei Dem, was jene Theologie und Mystik am leidenschaftlichsten verwirft und verfolgt, als ihrem Ziel anlangenden göttlich-w–en Lebensentwicklung. Daumer 1, 314 etc., s. 1. 8) Dazu: Die W–keit seines Sinnes, Strebens etc.; Die Sage [der Genoveva] voll W–keit und Leidenschaft füllt er mit Frömmelei. Gervinus Lit. 5, 662; So ließ auch damals schon die W–keit (s. α), die heitre Lust der Sinne, sich nicht ganz aus ihrem guten angeborenen Recht vertreiben. Prutz GschTh. 14 etc.
b) nicht der Religion, dem Gottesdienst angehörig oder darauf bezüglich (vgl. als Ggstz.: geistlich 2; kirchlich etc.), z. B.: W–e Lieder, Gesänge, Musik etc.; Sollt’ ich nicht einen geistlichen Text unter eine w–e Weis singen können oder einen w–en Tanz aus der Psalmenweis .. geigen können? Fischart Garg. 5; Die besten w–en Schriften. G. 5, 7 etc. Dazu (vgl. as): Die starren Unterschiede zwischen Geistlichkeit und W–keit vernichtend. Prutz GschTh. 50 etc.
c) nicht dem geistlichen (s. d. 3), sondern dem Laienstand angehörig, ihn betreffend, darauf bezüglich etc., z. B.: Die w–e Macht, Obrigkeit, Herrschaft; Der w–e Arm (s. d. 3). Rabner 4, 47; Sch. 816a etc.; Die w–en Könige (Luk. 22, 25), Fürsten (Matth. 20, 25), die Mächtigen der Erde (vgl. 2 und 8), nam. aber im Ggstz.: W–e Kleidung. Gartenl. 12, 722a; Die geistlichen und die w–en Kurfürsten; Die w–en Stände, meine Nachbaren. G. 9, 52; Wenn die geistliche Hand der w–en Zügel sich anmaßt. 5, 64; Eine Menge von halb geistlichen, halb w–en Genossenschaften, die den Mönchs- und Ritterorden nachgebildet waren. Gutzkow R. 5, 277; Alle vor dem Frieden w. gemachte [säkularisierten] Bisthümer und Abteien. Sch. 882b; 883b; Stumpf 380b; 725a (Druckf.: „weltiche“ Sachen); Die W–en suchen.. wieder, was ihre Boreltern ihnen an die Geistlichen entmacht. Weidner 12 etc. Dazu: Die W–keit: a) = Laienstand. 8) ein w–er Herrscher (s. o.: die Bibelstellen): Ihr wisst, wie, die für Götter galten, | der Völker W–keiten, mit Verspotten | die ersten Jünger Christs Empörer schalten. Schlegel Gd. 1, 87. y) w–e Macht, Herrschaft, Rechte, Stiftungen etc.: Daß der Papst alle seine W–keiten an Frankreich überlasse. JvMüller 6, 209; Die wenigsten W–keiten waren Familienstiftungen. 24, 85 etc. Zsstzg. yam. zu 1, s. die entsprechenden von Welt, z. B.: Alt-: der alten Welt (s. d. 2h) angehörig: Der größte a–e Geier. Gartenl. 12, 166a, Ggstz. neu-w. außer der Welt seind und: auf das so Seinde bezüglich: Diese a–en Anlagen und Wünsche in uns. Gervinus Lit. 5, 246; So sehr auch jederzeit sein Blick auf das Jrdische .. gerichtet schien: des A–en, des Übersinnlichen konnte er doch .. keineswegs entbehren... Sich eine a–e Welt .. nach seiner Weise aufzuerbauen. G. 27, 445 ff.; Dem Deīsten, welcher also einen a–en oder über-w–en Gott annimmt. Heine 5, 131; 202; Sein Gott ist .. nicht a., sondern ein Insasse dieser Welt. Lut. 2, 217; So geben Sie .. zwar einen a–en Gott zu, leugnen aber eine außergöttliche Welt. Mendelssohn Morg. 238; 250; Inner-w–e Götter, nicht vergleichbar mit jenem unerschaffenen, a–en Wesen. Schelling 2, 2, 492 etc. der großen Welt (s. d. 2o) gemäß: Er hatte literarische und g–e Bildung. Ense D. 6, 299; G–e Üppigkeit. 5, 4 etc., vgl. un-w. 2. J., inner-w., s. Ggstz. außer-w., z. B.: Indem man, so (wie Jacobi that) von einem i–en Gott rede. Gervinus Lit. 5, 321. Vor- und j–e Pflanzen. König Selts. 155. eine Kleinwelt (Mikrokosmos) bildend etc. Heine 6, 87. s. Ggstz. alt-w.: Kinder des n–en Westens. Keller gH. 1, 37; Schwegler (47) 935. Kaum erlauben sie ihm, wie die Hölle der Proserpina, die eine Hälfte des Jahrs im o–en Lichte zuzubringen. Heine 8, 28. Was über das S–e hinausgeht. König Kl. 1, 58. über die Welt hinausreichend, darüber erhaben (vgl. außer-w.): Indem ihr geistiges Ganze sich zwar um die Weltsonne, aber nach dem U–en in stetig zunehmenden Kreisen bewegte. G. 19, 172; Das ü. Große. 2, 95; Das Leben der Natur wird nicht von einem ü–en Schöpfer und Erhalter abstammend, sondern als in ureigner Gesetzmäßigkeit in sich selbst ruhend betrachtet. Hettner Lit. 2, 116; Daß Shakespeare durchweg mit allen ü–en Schicksalsmotiven .. gebrochen. Nat.-Z. 17, 557 (Frenzel); Bis zu jenem höchsten ü–en und übermenschlichen Gipfel. Schubarth G. 2, 481. z. B.:
Āūßer-: Grōß-: In-: Jétzt-: Klēīn-: Nēū-: Ober-: Sínnen-: Úber-: Un-:
1) nicht irdisch: Du Sohn des Olymps, u–er Jüngling. Baggesen.
2) unweltläufig (vgl. Welt 1e; 5a und als Ggstz.: groß-w.): Wenn ein s. g. Gelehrter . . spricht, klingt es nicht oft, als sei ein Mann vom Mond heruntergefallen, der die Sprache der Menschen nicht versteht? so dunkel, so un-w. und unmenschlich . . stellt der arme Mensch sein .. Leben . . hin. Kolbe Bel. 14 (Arndt). Unter-: z. B.: Mephistopheles ist ein subtiler Geist .hochgestellt in der u–en [höllischen] Hierarchie. Heine 7, 190; 136 etc., auch: Diesen u–en [unterirdischen] Schienenweg. Gartenl. 12, 616b; Nat.–Z. 17, 521 etc. Ūr-: U–e Gebirgsarten. G. 40, 167; Diese Reste einer u–en Vegetation [Steinkohlen]. Humboldt KlSchr. 1, 126; U–e Fabel erzählt’s. Platen 2, 238; V. Ar. 1, 261; Wackern. 2, 1299¹¹ etc., s. vor-w. Vōr-: (vgl. ur-w.) Unter den v–en Thieren. Ense D. 5, 447; Mit v–en Beziehungen [wie bei Plato]. Heine 5, 120 etc.; Ein Nachtwächter .. mit langem Spieß und ur-v–em Horn. Spielhagen Pr. 6, 127, wie sie es in gleichsam unvordenklichen Zeiten trugen ꝛe.; auch: Die fossilen V–keiten. Stahr Par. 2, 314, Überreste der Vorwelt. Zwíschen-: Die Schleiermacher’sche Bez. der Engel als z–er Wesen. Strauß Streitschr. 1, 140.
~lichen, in Zsstzg.:
Ent-, tr.: von dem Weltlichen frei, los machen: Deutschland von der kirchl. Fremdherrschaft zu befreien und die Kirche selbst zu e. Strauß Hutten 2, 65. Ver-:
1) tr.: weltlich machen:
a) (s. weltlich 2a;
b) Den verweltlichten und paganisierten [dem Heidenthum zugewendeten] Gymnasien. Augsb. Z. (44) 1562a; Gutzkow R. 6, 21; Munde Rom. 137; Das
Geistliche darf nicht verweltlicht werden. Jahn B. 147; Die Hymne hat bei ihm den religlösen Inhalt verloren und erscheint ganz verweltlicht. Prutz Lit. Tasch. 2, 28; Gsch. Th. 78; Stahr Jahr 1, 113 etc.; dazu:
Die Sittenverderbnis und Verweltlichung der Geistlichen. Freytag B. 1, 153; Daß zu viel Einsamkeit ebenso schadet als zu viel Verweltlichung. OMüller Stadtsch. 1, 78; In Folge bedenklicher Verweltlichung der Gesinnung. Schücking Sph. 16; Vischer Āsth. 2, 264 etc. b) (s. Welt 2c) Klöster, Bisthümer etc. v., säkularisieren; Einen Mönch ver-w. etc.; Der ehemalige Benediktiner .. durch seine Verweltlichung sehr heruntergekommen. König 15, 71; Saalf. 1, 269; 312; 321 etc.; Von der Verweltlichung der Landeshoheit. Ders. (DMus. 1, 1, 117) etc.
2) intr. (sein): weltlich werden, s. nam. 1a: Daß er allmählich selbst verweltlicht. Raumer Päd. 3, 1, 23.
~ling, m., –(e)s; –e:
ein weltlich (s. d. 2a) Gesinnter: Dem sinnlichsten W–e. JAEberhard Ap. 1, 186; Salis 126; Scherr Bl. 3, 7; Schlegel Sh. 6, 365; Du W. magst haben | nur weltliche Gaben. Schottel 971; Seume Gd. 61; Gottloser W. Weise Jak. 10; W. 12, 101; Der W–e Lüste verschwinden bei jedem Blicke in die ernste Ewigkeit. Zimmermann Eins. 42.