Faksimile 0646 | Seite 1468
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wälsch wälscheln wälschen Wälschheit
Wä́lsch: I. a.:
(s. Wahle, Anm.) fremdländisch:
a) in Verbind. mit best. Hw. (s. d.), z. B.: W–er Hahn (s. d. 2). Ramler F. 2, 431; W–es Huhn (s. d. 2). 331; W–es Korn (s. d. 3c). W–er Kümmel (s. d. 1b; e); W–e Nuß (s. d. 2) etc.; W–e Praktik (s. d. 1b), von den italiän. Kaufleuten gelehrt etc.; W–e Haube (s. d. 2e); W–er Band (s. d. I 1), Einband mit Pergament-Rücken und -Ecken etc., vgl. W.-Land [Jtalien]. B. 36a etc.
b) in Bezug auf die Sprache, s. nam.: Welche [latein.] Sprach in Langbarten [der Lombardei], Jtalien, Hispanien und Gallien durch obbeschriebene mannigfaltige Überfälle vieler deutscher und gothischer Völker.. geschwächt . ., daß daraus . . allerlei zerbrochner Sprachen entstanden, die nicht mehr römisch noch lateinisch, sondern gemeinlich „Wälhisch“ oder „Weltsch“ genannt worden sind etc. Stumpf 245a; Deutsch, Latein und W., sogar Französisch versteh ich. G. 5, 220 [= Italiänisch]; Sie lernten „weltsch“. Gotthelf Sch. 323 etc., s. Zsstzg.
c) in Bezug auf Nationalität, oft (vgl. Barbar 1) in gehässigem Sinn, im Ggstz zur deutschen (s. d. 2) Treue, Biederkeit, Ehrlichkeit etc.: Der Schar, die da heißt die „Welsche“. Ap. 10, 1 [= Bei der s. g. italiänischen Kriegsschar. Eß]; Gaukeln wieder euch die W–en | mit dem Freiheitsassentanz? Arndt 419; Wo Zorn vertilgt den w–en Tand. Ausw. d. L. 8 (Ders.); W–e Tücke. 26 etc.; Es brach die W–en [Franzosen] und hob unsern [der Niederländer] Muth. G. 9, 143; In den Gehirnchen der Welschen aller Nationen. 31, 23; Grabbe Herm. 115; Welsche [spanische] Hexe! Hebel 3, 161; [Wir Deutschen wollen] nicht gern Lügner heißen, nicht dazu lachen, wie die „Walhen“ und Griechen .. und obwohl die „Welsche“ und griechische Unart einreißet etc. Luther 6, 164a; In dem unnatürlichen Laster .., das man heißet w–e Hochzeit und stumme [s. d. 2] Sünde. SW. 64, 155; Versichert euch der Spanier und der W–en! Sch. 352b; Kein w–er Priester. Schlegel Joh. 3, 1 [„Italian“] etc. Zsstzg. nam. zu b, z. B.: Kāūder-: s. kaudern 1b und vgl. nam. Herrig 33, 200 ff. (wo es zu kaudern 2 gestellt wird, vgl. Kramerlatein etc.), am wahrscheinlichsten entstanden aus chur-w., vgl. bes.: Behüt unsere Nachkommen vor der k–en oder Churwallen kahlen Glossen. Matthesius Lthr. 167a etc. und: Kraut-w. ist bei den Grödnern und Ennebergern der deutsche Name für ihre Sprache, die sie sonst . . ladin nennen; das Jtaliänische heißen sie deutsch sprechend, klug-w. Augsb. Z. (44) 1402a etc. —, allgem. zur Bez. eines unverständl. Jargons und danach ver- allgemeint: Diese in jüdischem K. vorgetragenen Schnurrpfeifereien. Auerbach Dicht. 1, 177; Hör’ es denn .., so k. wie mir der Geist es giebt. G. 2, 138; Mitten durch das russische und kosakische K. Hebel 3, 398; Die mundfaule und k–e Art, wie er das Französische aussprach. Heine B. 170; In einer eigenth. Art von Roth- und K., welches man .. Terminologie nannte. Kolbe Bel. 12; Sich des fremden K–es schämen. 23; Langbein 1, 247; Was diese k–en Worte heißen sollen. L. 1, 292; K–er könnte Krispin der Komödie, wenn er sich für einen Maler ausgiebt, die Kunstwörter nicht unter einander werfen. 8, 30; 6, 60; 10, 468; Lichtenberg 4, 367; In seinem K. Thümmel 4, 37; Einen so k–en Namen. 6, 67; Statt seines K. etwas Vernünftiges. Vogt Kost. 102; K–es Zeug. Werner Lthr. 92; Kein den Griechen eigenth. angehöriges Wort, sondern eigens aus dem celtischen, thracischen oder scythischen K. über die Grenze herübergekommen. W. Luc. 6, 75; 5, 99; Ihr sprecht nur ein K. Unter den Flüssen | Deutschlands rede nur ich, und auch in Meißen nur, Deutsch. Xenien 105 etc. eig. als Bez. der Gaunersprache, s. jenisch (von rot = Gauner in dieser Sprache —, s. mit zahlreichen Belegen nam. Herrig 33, 198 ff.; Zarncke Br. 400 ff.) und danach verallgemeint wie kauder-w., z. B.: Hamann .. in seinem frommen R. Augsb. Z. (44) 1345b; Ihr r–es Jtaliänisch. G. 30, 176; Eine Kotteriesprache. .. Sie bediente sich dieses R–es. 21, 151; So findet man auch in dem Bettelbuch, daß dieselbigen Rotwelsch reden, da viel Hebräisch unter ist. Luther 8, 121a; Daß der Spitzbube zu Rom rotwelsch antwortet, wo der Kaiser und des Reichs Stände schlecht Deutsch oder Lateinisch reden. 213a; 215a; SW. 63, 270 etc.; Geliebt oder ,,geminnet“, wie jetzt unser r–er Witz spricht. Musäus Ph. 2, 139; Im Taumel haben wir vertauscht | mit eklem R. der Garonne | die Sprache Teuts. Schenkendorf (Wackern. 2, 1501); W. 9, 13; 32, 397 etc. (s. Stock 21): Einen st–en Postillon. G. 23, 26 etc. II. n., –es; 0: Ge-: das Wälschen (s. d.): Unter dem Geplapper und G. PHeyse NN. 180 etc.
Rōth-: Stóck-:
~eln, intr. (haben):
(verächtl.) wälschthümlich sein oder sich behaben (vgl. deutscheln): Zu tilgen den Trug und die w–den Schanden. Arndt Gd. 275; Die w–den Hasser Preußens. Ber. 355; E. 111 etc.; Die w–de Zunge. Jahn M. 333 etc.
~en, intr. (haben); tr.:
1) wälsch, ausländisch und unverständlich sprechen, eig. und übertr.: Wie ich vom Schiff abstieg, welscht Einer mit mir, aber ich versteh ihn nicht. Auerbach D. 4, 318; Wie sein Bruder wälscht’ und sprach, | durft er auch w. Eins hernach. G. 2, 140; Russen, Engländer und Franzosen, die hier durch einander wälschten. Lewald Bfr. 2, 80; Was Der durch einander wälscht und kaudert [s. d. 1b]. Tieck A. 1, 183 etc., s. Zsstzgn.
2) tr.: wälsch machen, z. B.: Ein aufrichtig, unvermischt und ungewelscht Volk. Zinkgräf 1, 284 etc. Zsstzgn nam. zu 1 (vgl. die von plappern etc.; auch deutschen), z. B.: Hêr-: Was er seinen Boten denken .. und h. lässt. Kretschmann 5, 383. Hinēīn-: Seit wann es der Brauch sei, daß Kinder h., wenn die Eltern mit einander reden? Gotthelf G. 67; Was jeder Querkopf .. hineingewälscht [in die Sprache]. Jahn M. 205. Kāūder-: kaudern (s. d.): Stets neuen Trug gekauderwälscht. Gottschall Gött. 123; Dem k–den Egidi. Spindler V. 4, 364; „Läuft auf Eins hinaus!“ kauderwälschte der betrunkene Kerl. Thümmel 5, 68; Er kauderwelschte diese .. Sprache schlecht genug. Waldau N. 1, 212 etc. Doppelzsstzg.: Je mehr sie sich .. in ihren modernen Jdeenjargon verkauderwälscht hatte. Gutzkow Bl. 1, 338; Tharborough, welches verkauderwelscht ist aus thirdborough. V. Sh. 3, 654. Rōth-, rothwälsch sprechen. Spindler V. 4, 316. Um-: Der seinen deutschen Namen Ebert in Eberti umgewälscht. PHeyse NN. 3, 157. Ver-: Einen Namen, den Jene offenbar verwälschten. Gutzkow R. 2, 21; 4, 220; Verwälschter [2] Vaterlandsverräther! Prutz Woch. 29 etc.; Wenn die Verwälschung des Etschlandes in demselben Maße fortschreitet. DMus. 1, 2, 424 etc. Vōr-: Was der Bursch uns Alles vorwälschte in seinem gebrochenen Spanisch. Höfer VrgT. 223. Zusámmen-: Was welscht und radebrecht der Zeitgeist im Gespräch zusammen? Gutzkow Z. 2, 4 etc.
~heit, f.; 0:
wälsches Wesen. Jahn M. 178 etc., ähnlich: Wälschthum mit Fortbild.: Wälsch-thümeln, -thümler, -thümlich etc.