Faksimile 0617 | Seite 1439
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wach
I. Wách, a.:
in dem dem Schlaf (s. d. 2) entgegengesetzten Zustand reger Lebendigkeit und bewußter Sinnenthätigkeit (vgl. munter, alert etc.), eigentl. und übertr.:
1) als Prädik.: W. sein, z. B. wie eine Lerche, ein Wiesel etc.; Längst war ich auf und w. die ganze Nacht. Schlegel Cäs. 2, 1; Natürlich war ich sofort wieder hell w. Spielhagen Pr. 7, 377 etc.; übertr.: Lasst mich anschwärzen! Nur immer zu! Ich bin w. [auf meiner Hut, auf dem Posten etc.]. G. 9, 8; 13, 298 etc.; auch mit abhäng. Vhen: Sei w. den Stimmen deiner Zeit! Freiligrath 1, 198, achtsam darauf etc.; Ein Kind .., Ohr, wo es sieht, und Auge, wo es hört, | auf Alles w. Michaelis 74 etc.; ferner: W. werden, z. B.: Über dem Lärm und Gezänk in der frühen Morgenstille wurde Alles w. Eichendorf Lärm 36 etc.; Von Kling und Klang, von Ach und Krach | ward rund umher das Echo w. B. 54a; Eine solche Sittigkeit, daß auch nicht ein unlautrer Gedanke in mir w. wurde. Genast 1, 252 etc.; W. bleiben, z. B.: Die wir w. und munter blieben, wie Wieselchen. Keller gH. 2, 116; Der äußre Sinn entschlief, das Herz allein blieb w. W. 12, 231 etc.; Einen oder sich, auch: Etwas w. halten, z. B.: Ihre Sinnlichkeit zur Ruhe zu singen mit Liedchen, die sie nur mehr w. halten musten. G. 16, 307; Sie hielt Diese dadurch mehr w., als heute in ihrem Charakter zu liegen schien. Gutzkow R. 4, 91 etc.; W. (oder wachend) träumen etc.; Einen oder Etwas w. rütteln (s. d. 1b), rufen (s. d. 6e), rauschen (s. d. 2d) etc., vgl. wecken.
2) als attrib. Ew., z. B.: Dieser Gelehrte ist kein Träumer, kein Nachtwandler, sondern ein sehr heller, sehr w–er Kopf. Börne 2, 28; Bei regem Augenlicht und w–em Muth. Cham. 4, 161; Deßhalb hält die Presse eine außerordentlich w–e und strenge Kritik der öffentlichen Zustände aufrecht. Dingelstedt 171; Was in meiner Ahnung geschlummert, wurde mir zur w–en Anschauung. Ense D. 2, 168; Des Pachters w–er Fleiß. Hagedorn 2, 25 etc. und metonym.: Bei w–en Stunden. Ders. = in Stunden des W.-Seins oder Wachens; Die w–en Nächt’. Haller 166; In einem (Sch. 304b) oder im (272a) w–en Traum; Im w–en Zustand etc.
3) (s. 2) zuw. substantiv.: Bald rüttl’ ich Schläfer w. und bald | umnebl’ ich die Besinnung W–er. Rückert Mak. 1, 109 etc.
Anm. Ahd. wac, mhd. wach (?), von wachen, goth. vakan (Impf. vôk), ahd. wahhên, mhd. wachen (Impf. wuoch), dessen Urbed. von weitrem Umfang, vgl. nam. ags. vacjan, wachen; vacan, wach werden und: entstehn, werden, nah vrwdt mit wachsen, ags. vëaxan, goth. vahsjan, ahd. wahsan, mhd. wahsen, vgl. nam. Wucher, goth. vókrs, ahd. wuochar, mhd. wuocher, das der Form nach zu wachen gehört, aber nicht in dessen heutiger Bed., sondern (als Zuwachs, Ertrag etc.) in einer mit wachsen nah verwandten. Unmittelbar zu wachen in der heut. Bed. gehört das faktit. wecken, goth. vakjan, ahd. we(c)chan, mhd. wecken; ferner: die Wache, ahd. wacha, mhd. wache; die Wacht, ahd. wahta, mhd. wahte, mit dem Zeitw. wachten, ahd. wahtên, mhd. wahten, wozu Wächter, ahd. wahtari, mhd. wahtaere, wehter; ferner: wacker, ahd. wachar, mhd. wacker etc. Zu wachsen aber gehören: Wuchs, Gewächs, s. ahd. gawahst, mhd. gewahste, gewähst, gewehse; Wachs (s. d. Il, nam. in Zsstzg.), ahd. wahs(a)mo, mhd. wahs. Fraglich ist, ob dazu auch Wachs (s. d. I) als das Bienenerzeugnis gehört, goth. vahs, ahd., mhd. wahs (s. russ. Bockb), wozu das Ew. wächse(r)n, mhd. wehsin und das Zeitw. wächsen, wichsen, ahd. wahsan, mhd. wehsen; die Wichse etc. Zu wachen und wachsen halte man lat. vigil, vegere, vigere, woran sich auch wohl, wenn man den Gaumenlaut im Perf. vixi erwägt, vivere schließt und vivus, dem unser queck (s. d. und keck, Anm.) entspricht, s. nam. Queck- und Wachholder, ahd. quecholder, wecholder, wohl (vgl. lat. juniperus) das lebenskräftige, frisch grünende Gewächs bezeichnend; s. auch Wachtel, ahd. quattala (s. Quackel 1) und wahtala, wahtula, mhd. wahtel. Zsstzgn (od. Zusammenschiebungen), z. B.: Hálb-: Er lallt h. (⏑ –): Das Volk? Freiligrath 2, 155; Der h–e Schlummerrausch. VWeber 2, 8 etc., vgl.: Im Halbschlaf (s. d.) und als Ggstz.: Ganz oder hell-w., s. [1]. Jmmer-: nie schlafend: Jene i–e Liebe zur Herrschaft. Gentz Rev. 49; Du birgst ihn nicht vorm Blick der J–en [Furien]. G. 13, 46; WhMüller 1, 263; Der i–en Rache. Werner Febr. 120. Schlāf-: (s. somnambül) Stand als sch. auf, kleidete sich an. Kerner Bild. 115; Erwacht der Somnambüle unmittelbar aus seinem sch–en zum tag-w–en Zustande. DViertelj. 1, 1, 302. Uber-: in dem Zustand sich befindend, in den überlanges Wachen Einen versetzt (vgl. übernächtig 1): War der ü–e Freund aufgestanden. König Spiel 257, s. überwachen 2. Ür-: (mundartl.) unfähig einzuschlafen. Schm.