Vieh
Vīēh, n., –(e)s, (–e, –er; –chen, lein); -:
unvernünftige Thiere: 1) gw. von Haus- und Nutzthieren, und zwar ohne Zusatz (vgl. Feder-V.) zumeist von den vierfüßigen Nutzthieren; in engrem Sinn, mit Ausschluß des bloßen Zug-V–s (s. d. und Horn 2) oder der Hufthiere = Klauen- und Horn-V., nam. das letzte (vgl. V.-Arzt, -Futter, -Handel, -Herde, -Hirt,-Hof,-Magd, -Markt, -Stall, -Stand, -Trift, -Weide, -Zucht, z. B. entgegengstzt der Schafzucht. 18, 179; ferner: Pferd oder Vich. 1, 12, 9 etc.), zumeist kollektiv: Das liebe (s. d. 1) V.; Eisernes (s. d. 2) V., auch übertr.; Viel Gut an kleinem und großem V. 1. 26, 14 = Er hatte kleines V. und Rind-V. Opfer von V., entweder von Rind-V. oder kleinem V. [Klein-V. (3. 1, 2); Fünf Stück (s. d. 7; 8) Rind-V. für den Ochsen und vier Stück kleines V. für das Lamm (2, 21, 37; 1, 30, 32; 43; 4, 32, 24 etc.); Viel V. halten; Wilde Thiere .. sollen euer V. zerreißen. 3. 26, 22; Da steht mein V. und wiederkäuet und wiehert. 4, 17 etc.; seltner vereinzelnd: Ein V. 3. 24, 18; 5, 27, 21; 2, 22, 19; 9, 10 etc., auch Mz., z. B. (von Pferden): Die guten V–e. N. 2, 37 etc. — 2) verallgemeint überh. = (unvernünftiges) Thier, z. B. kollektiv: Menschen und V. 36, 7; Von dem Menschen an bis auf das V. 1. 6, 7 (vgl.: 1, 24 ff.; 3, 14 etc.); [Das] würdiget die schöne, menschliche Gestalt zur sichtbaren Ähnlichkeit mit irgend einer Art von V. herab. 7, 74 etc.; auch (doch mehr bildl. nach 1, vgl. 3): In Heerschar | wehren sie ab die Drohnen, das träge V., von den Krippen. Ländl. 4, 695 und vereinzelnd: Der Mensch gab einem jeglichen V. und Vogel .. und Thier auf dem Felde seinen Namen. 1. 2, 20 (wohl = zahmem Thier); Sie müssen davon, wie ein V. (s. 3). 49, 13; 21 (vgl. kollektiv: 3, 19; 21) etc. — 3) (s. 1; 2) in Vergleichen oder gradezu verächtlich von Menschen, sei es, daß sie sich nicht übers V. erheben (vgl. in Bezug auf Dummheit die Zsstzg.: Rind-, Horn-, Haupt-V. etc.), sei es, daß sie sich zum V. erniedrigen, nam. in roher, wüster, nicht durch Vernunft beherrschter Leidenschaftlichkeit (vgl. viehifch): Er ist dumm wie ein V., wie das liebe V.; Könnten die Thiere sprechen, so würden sie sagen: „Besoffen wie ein Mensch“, wo wir ungerecht genug sagen: besoffen wie ein V., wie ein Schwein (s. d. 3); Er ist ein wahres V., ein V. von einem Menschen; Sechs V–e (s. 1) vor dem Wagen und sechse hinten drauf. Leb mit dem V. als V. 11, 99; So stirbt ein großer Mann, so sterben V–er [spätre Lesart: Sklaven] auch. 57; Das königliche V., berauscht an allen Sinnen. 10, 293; Leidige | Nachahmerschar, zum Tragen und zum Folgen | gebornes V.! HB.1, 283 etc.; in sinngemäßer Fügung (vgl. Kind, Anm.; Magd 2c, gegens Ende; Weib etc.): [Pervonte war] im Übrigen ein gutes V., | den nie der Kitzel stach, nach Wann, Warum und Wie | .. zu fragen. 12, 7, ein gutmüthig dummer Bursch etc.
Anm. S. Schatz, Anm. (vgl. s. v. ꝛ); bei Ältern und mundartl. (s. etc.): Darum, daß sie muthwilliglich | geraubet ha’n der Sonne viech. reißer 1a; 41b; Wie ein vich darnieder geschlagen. 53b; a; 61a etc.; Die Küh und das Vych. 605b [wobei man auf die Gegenüberstellung achte]; Feind des nutzbaren Vychs. 607b etc.; Mz.: Die allerhand Viecher. J. 1, 221; Sh. 223 etc.; Mit „Vichern“. V. 3, 213 etc.; „Viehchen“. Fr. 316 etc.; verkl.: Ein Vichl. etc.; kollekt.: Gevieche. 10 2a.
Zsstzg. nam. zu 1, z.B. (vgl. Spate und s. die von Thier): Arbeits-V., zur Ackerbestellung. FBWeber 27b; Herde Borsten-V. [Schweine]. Tieck DQ. 2, 334; Schäferknecht mit dem Brack-V. Holtei Nobl. 1, 14 (s. Brackschaf etc.); Braut-V., s. Brautschatz2; Das Dorf- V.; Ewig-V., eisernes V.; Fall-V., krepiertes, das dem Fallmeifter (s. d.) gehört; Feder-V. OMüller Volk. 1, 17 etc., auch [3]: Von dem geringern Feder-V. — so unehrerbietig drückte er sich über den deutschen Schriftstellerstand aus. Hackländer T. 1, 187; Feld-V. [2]. Spate; Galt-V. dasjenige . ., was nicht des Milchnutzens wegen gehalten wird. Kürnberger N. 2, 149 (s. I. Gelt, Anm.) = Gelte-V. FBWeber 188; Groß-V., s. Ggstz.: Klein-V. und Horn 2; Halb-V.: V., in dessen Ertrag und Nutzen sich Zwei gleich theilen, nam. bei Gemengschäfereien (s. Gemenge 3), vgl. Adelung; FBWeber 220b etc., aber auch Schm. 1, 626; ferner: Das Halb-V. [3] Caliban [in Shakspeare’s Sturm] etc.; Haupt-V., s. Haupt 9, auch [3]: Er ist ein Haupt-V. etc.; Das zuthätige Haus-V., die miaulende Katze. Musäus M. 5, 129; Wo auf den .. Alpenweiden .. das Herden-V. gesömmert wird. Körner Sch. 4, 49; Das Höllen-V. Reithard 395, vom Teufel stammend; Horn-V., s. Horn 2 und Rind, Anm. und vgl.: Welche beständig | ihm viel Klein-V. schlachten und viel schwerwandelndes Horn-V. Wiedasch Od. 1, 92 = Welche beständig | Ziegen und Schaf’ ihm schlachten und sein schwerwandelndes Horn-V. V. ebd.; 9, 466; 22, 292 etc.; An des Lebens heiligem Ernste unbekümmert und dämisch wie ein grasendes Horn-V. vorüberschreiten. Börne 5, 225; Gutzkow R. 9, 79 etc., auch [3] gradezu von dummen Pers., nam. auch = Hahnrei (s. d. und Horn 3b); „Hunde- viecher“. Holtei Mensch 2, 141; Joch-V. Goltz 1, 310 (vgl. Zug-V.); Wo uns die Weide bei Aufzucht des Jung- V–s fehlt. Landw. Z. (55) 109a; Klauen-V., s. Horn 2; Klein-V., s. o. und Schmal-V., ferner Ggstz.: Horn-, Rind-V.; Knechte-V. heißt das Schaf-V., welches der Schäfer und seine Leute in natura zur Schäferei mitbringen, anmengen, mit derselben ernähren und füttern und allein für sich benutzen darf etc. FBWeber 293, auch „Vor-V.“ 625; Diese zum Last-V. [3] der Andern bestimmte Klasse. Gentz Rev. 93; „Leb-V.: (im Gebirg) Vieh, das zur Zucht und Arbeit bestimmt ist, im Ggstz. des Schlacht-V–s“. Schm. 2, 413 (vgl. Lebwaare); Lob-V., s. Lo, Anm.; März- V., s. Brack-V.; Mast-V., s. Mast II; Menschen-V. [3], s. Zug-V.; Das Vieh wird theils fett gegräst, theils als Zucht- und Milch-V. aufgezogen. Nat.-Z. 17, 349; Sie ist ein Raben-, Schelm-, Schind-V. [3]. Spate; Das Raben-V. der Hund. Holtei Bühn. 4, 131 etc., s. Rabe 1i; Das Rind-V. = Rind (s. d.), Ggstz.: Klein-V.; Das ganze große Volk des Rind-V[–s]. Tschudi Th. 580; Ein Kühlein | und ein Öchslein . ., zwei Rind-V–lein (–⏑). Heine Rom. 267; Du bist .. ein holländisches Rind-V. [3]. Zimmermann Nat. 47; Die Ochsen, die Esel, die „Rindviecher“. Gutzkow Z. 1, 122; Sie sind „Rindvieher“ geworden, wie die Wiederkäuer, mit welchen sie fahren. Vogt Oc. 1, 210; Das Rüssel-V. [Schweine]. Langbein 1, 260; Etwas Schaf-V. für die Kapitäns. Forster R. 1, 52; Kein Schlacht-V. [vgl. Leb-V.] wollten sie jetzt, sie wollten kein Stierfell. B. 236a (= Um ein Weih-V. oder ein Stierfell. V. Il. 22, 159, zum geweihten Opfer dienend); Schelm-, Schind-V., s. Raben-V.; Heim nun blökte das Schmal-V. V. Th. 25, 86 = Klein-V. (vergl. auch schmal 3), dazu schwzr.: Schmal-Fleisch (Fleisch von Schmalvieh), -Metzg etc.; Schmier-V., räudiges Schaf- V. Falke Th. 2, 288; FBWeber 501; Vor-V., s. Knechte- V.; Währ-, Wêhr-V.:
1) eisernes (s. d. 2) Vieh. — 2) die nach Ausschuß der Märzschafe zu überwinternde Herde —, Beides als das dauernde; Weide-V., weidendes; Weih-V., s. Schlacht-V.; Wollen-V. thisson 141; H. 1, 216, Schafe; Zagel-V., Rinder und Schafe. 4, 229; Zucht-V., zur Fortzucht; Zug-V. zum Ziehn von Wagen, Pflug, z. B.: Ihm wird .., fast dem Zug-V. gleich, sein Menschen-V. [die wie Vieh behandelten Untergebnen] gefuttert. 4, 145.
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