Faksimile 0450 | Seite 1272
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sundbar Sunde gesunden sünden Sunder Sunder sündhaft Gesundheit sundlich sündig Sundigen sündigen sundlich
Sǘnd~bar, a.:
ugw., auch im Ggstz.: Un-s.: keiner Sünde fähig. Heine Verm. 1, 64.
~e, f.; –n; Sündchen, lein, –n-:
(ahd. sunta, mhd. sünde, vgl. lat. sons, schuldig, sträflich): 1) ein Vergehen wider ein religiöses oder ein Sittengesetz (vgl. Verbrechen 8), ungemein oft z. B. in der Bibel und keines Belegs bedürftig; doch heben wir hervor:
a) S–n begehn gegen oder wider den Nächsten, sich selbst, Gott etc.; S. wider (z. B. Luther 5, 288a) oder in (ebd.) den heil. Geist (vgl. Bahrdt 2, 169).
b) Stumme (s. d. 2e) S.
c) (veralt.) Der unser Sund und Tod .. rein aufheben und ausfegen wird. Luther 6, 270a etc.; Mz.: Ihre Sünd e sind fast schwere. 1. Mos. 18, 20 etc.
d) vrkl.: Zu sündigen | ein trautes Sündchen. Daumer 1, 54; W. 33, 34 etc.
e) in häufiger (doch schwerlich richtiger) etymol. Deutung: S. hieß, was gesühnt ward durch Opfer der Genugthuung. V. Ant. 1, 188; Möser Osn. 1, 30 etc. 2) im gw. Leben oft in abgeschliffnerem Sinn: ein Unrecht, z. B.: Es ist eine S., daß das schöne Essen nicht gegessen wird; Jch hätte es ordentlich für eine S. gehalten, wenn etc. W. Luc. 4, 292 (und Anm.); Es ist Sünd’ und Schande (s. d. 1b) zu sagen etc.; vgl. oft als Rede-Einschiebsel bei Anwendung von Flüchen oder sonst von Ausdrücken, mit denen man vielleicht ein Unrecht begeht: Von ihrer miserabeln (Gott verzeih mir die S.!) Kocherei. FSchlegel Flor. 1, 267; Gotthelf U. 2, 134 etc. Zsstzg. z. B.: Begehungs- und Unterlassungs-S–n; Bosheits- (Ggstz. Schwachbeits-) S–n; Solche Doppel-S. gegen die Freundschaft. JP. 12, 43; Erb-S. (theolog.): die S. als menschliches Erbtheil. Luther 6, 382b (Das Erbsünd. ebd.); Mathesius Sim. 138; G. 33, 60 (s. Erbtugend) etc., auch: Da regte ich die protestantische Erb-S. [der alte Protestant in mir]. 23, 150 etc.; Sagte mir brennende Beleidigungen mit einem so einfältigen Gesicht, als wenn er auch für die Erb-S. zu dumm wäre. Leisewitz Jul. 18, die doch Jedem anhaftet, also: als ob er des Bösen ganz und gar nicht fähig wäre; Eine von den Schwestern war noch ein ganz hübsches Stückchen Erb-S. Seume Sp. 77, Person etc.; Erlaß-S., s. Tod-S.; Dem König für seine Flucht-S. [durch die Flucht begangene S.] Absolution ertheilt. Scherr Bl. 1, 318; Die Gaukel-S., so wider ihre Lügengesetze geschehen waren. Luther 5, 236b, die also gar keine S–n sind; Gewohnheits - S–n; Daß ein Dritter die Haupt-S. [oder -Schuld] davon trage. Klinger F. 143; Jugend-S–n [in der Jugend begangen]. Rabner 4, 197; Keuschheits-S. (vgl. Wollust-S.); Laß-S., s. Tod-. S.; Nachlässigkeits-S–n; Ordentliche rechtschaffene S–n ... Nicht mit solchem Hümpelwerk und Puppen- S–n. ThKönig Lthr. 1, 270 (s. o.: Gaukel-S.); Die Schadenfreude, diese Erb- und Schoß-S. aller Adamskinder G. 30, 383; Rabner 1, 7; 2, 112 (vgl. Schoßfehler. Fr. 206); Eitelkeit, die Schoß-S. aller Künstler. Sch. 106b etc., die von ihnen bes. gehegte und gepflegte (vgl. Schoßkind etc.); Schwachheits-S–n, s. Bosheits-S.; Tod- S., Ggstz.: läßliche (s. d.) oder Laß-, Erlaß-S. Luther 1, 544a; Sch. 129a etc.; übertr.: Eine dramatische Tod-S., die keinen Ablaß findet. Börne 1, 78; JvMüller 13, 60 etc.; Die Vor-S. .. Zur S. selbst. Kompert Pfl. 2, 232; Die Verhütung der Wollust-S–n. IP. Lev. 673 (vgl. Keuschheits-S.); Zungen-S–n. Rabner 1, 105; W. 11, 226 etc.
Gesúnden, intr. (sein):
1) gesund werden, genesen: Ich gesunde | sonst nie von meiner Noth. B. 38a; Zu neuem Tag gesunde! Daumer 1, 75; Da erblicktest du Suleika | und gesundetest erkrankend. G. 4, 79; 22, 90; Heine B. 92; Rückert Erb. 1, 23; Daß ich zu Vernunft gesunde. V. 4, 169; Wunden .., wovon wir nie g. Werner Osts. 1, 24 etc.; Ungesundet, | neu verwundet. KMayer 95 etc.; Unsere Sinne sind die Wurzeln der Seele ..; mit Glauben, Hoffnung und Liebe ranket sie das .. Über- irdische ein. Wie jene .. erkranken, wachsen und gesunden die Ranken in das Himmlische über. Zschokke 1, 325 etc. 2) (ugw.) heilsam sein, frommen: Alles, was dem Weisen hier | auf der Erde kann g. Gökingk 1, 63.
Sünd~en, intr. (haben), tr.:
sündigen (s. d.) wie bei Alteren z. B. Brant N. 14⁶; 16²³ etc.; Was die Herren s., Das büßen die Bauern. Tappius 199b etc., noch zuw. im gehobnen Stil: Der nur geliebt und nie gesündet. Lenau Sav. 39; Tieck 2, 214 etc. (s. Sünder), auch Zsstzg., z. B.: Ent-, [Christus,] der euch entsündet. Arnim (Wackern. 2, 1380⁴); Sich zu e. Grün Sch. 68; Ist Menschenschuld gesühnt und ird’scher Sinn entsündet. Rückert W. 3, 192; 1, 255; Mak. 2, 18 etc.; [Gott,] dem Entsünder der Befleckten. 241 etc. Ver-, refl.: Wir haben uns versündet groß. HSachs G. 2, 194; 202 etc.; Solche Versündung. Baggesen 1, 173 etc.
~er, m., –s; uv.:
S. (weibl.: S–in): 1) Jemand, der und insofern er sündigt (s. d. 1e); sündiger Mensch, oft bibl. etc.: Gieb, daß sie mich an Herz und Sinn | zum Heiligen bekehre; | wo nicht, daß sie als S–in | des S–s Wunsch erhöre. B. 103a; Wir stolze Menschenkinder | sind eitel arme S. (vgl. 2). Claudius 4, 57 (Möser Ph. 4, 71 etc.); Der alte S. W. 11, 180; 34, 20 etc.; Erz-S. V. Ar. 3, 330; Jugend-S. Monatbl. 1, 536b, der Jugendsünden begangen etc. (veralt.: Erb-S., Anhänger der Lehre von der Erbsünde). 2) nam. in der Verbind.: Armer (s. d. 4a und Anm.) S., zum Tod Ver- urtheilter. Sch. 109a; Die arme S–in auf dem berüchtigten Henkerstuhl. 204a u. o., vgl. Fortbild.: Das ebenso sündhafte als armsünderische [jämmerliche, erbärmliche] Lehrbuch. V. Ant. 2, 350.
Súnd~er etc.:
s. Sonder etc.
Sündhaft, a.:
sündig; sündlich: Durch s–es, ja lasterhaftes Wesen. G. 21, 94; Dem Volk seine S–igkeit vorhalten. 23, 235; Humboldt K. 2, 29; Die s–e Vorliebe .. für französische Sprache. König Kl. 3, 64; Mit dem s–en Tumult eines ewigen Karnevals die .. Angst vor dem nahen Untergang übertäubend. Scherr Bl. 1, 170 etc.
Gesúndheit, f.; –en; –s-:
1) das Gesund-Sein, s. gesund 1: Die G. eines Thiers, einer Person etc.; der Brust, der Augen etc.; des Baums, des Stamms, des Staats etc.; des Geists, Herzens etc.; der Farbe, des Aussehns etc.; der Ansichten etc.; Eine unverwüstliche (G. 30, 13), eiserne (L. 1, 487), athletische (12, 164), dauerhafte, feste, gute G. (s. c); Mein Feldherr lebt in Fülle der G. | und Kraft. Sch. 460a etc.; Der Mensch habe zweierlei G–en zu versorgen, die G. des Leibes und der Seelen. Zinkgräf 1, 221; Geistige G. G. 22, 67; 18, 74; Die G. Ihres Verstandes. W. 33, 304 etc.; Jene körperliche Kern-G., die von einer gleich gesunden Verfassung des Geistes und Gemüthes zeugt. Schlegel Dr. 1, 378; Seelen-G. Schwegler (47) 217; Zu dieser geistigen Un-G. kamen allmählich auch körperliche Gebrechen. DMus. 1, 2, 855 etc. Wir heben noch bes. hervor:
a) personif.: Die Götter der G. Ramler Myth. 214 etc., ferner z. B.: Ein Gift wie das müßte die G. selbst in eiternden Aussatz verwandeln. Sch. 197b; Die Rosen der G. auf ihren Wangen. Stahr Rep. 2, 180 etc.
b) G.!; Zur G.! wie Prosit! (s. d.) Zuruf an Niesende; ferner bes. beim Trinken unter Anklingen der Gläser etc.; dann auch: solches Trinken; der Trunk und: der dabei ausgebrachte Trinkspruch, z.B.: Angeklingt! denn es gilt die G. unseres Kindes! V. 1, 39; Ich trinke des Jüngferchens werthe G. 41 etc.; Daß ich die 50 Dukaten auf seine G. verzehren sollte. G. 28, 177 (s. Trinkgeld etc.); Da fing man an, G. einzugießen. Rachel 7, 98 etc.; Wie froh ich auf die angebotene G. Bescheid (s. d.) that. Sch. 709b etc.; schwzr.: Mit Einem G. machen. Gotthelf U. 1, 332; G. 51, anstoßen etc.; Bei Tische G–en und nach Tische Toasts [s. d.] zu trinken. Bode Empf. 4, 147; 160; G. 22, 15; 25, 175; Hagedorn 1, XIX; Eine G. auf die G–en. L. 1, . ..; Wackern. 3, 709³⁸ etc.
c) zuw. verallgemeint = G–s-Zustand; Befinden (vgl. Glück 2): Schlechte (s. d. 3a) G.; Über die G. klagen; Die hinfällige G. des Kaisers. Sch. 896b (s. o.); Ich erkundigte mich nach der G. der alten gichtischen Frau. Steffens Malk. 1, 17; Wie steht’s mit der G.? etc.
2) das Gesund-Sein (s. gesund 2), die Heilsamkeit: Die G. eines Klimas, Ortes, einer Nahrung, Kost etc.; Die Un- G. des Orts. Stahr Jahr. 2, 299 etc.
~lich, a.:
die Gesundheit, den Gesundheitszustand betreffend etc.: Sich für g–e Reformen interessieren. Gartenl. 9, 507a; DMus. 1, 2, 467; Unter dem g–en Auswurf der Generation. Schleiermacher (Wackern. 2, 1217⁸).
Sündig, a.:
durch Gethanes mit Sünden behaftet, befleckt. Joh. 9, 16; Jes. 1, 4; Am. 9, 8; Dein Reich, das s–e. G. 12, 265; Eine s–e Stadt. L. Samps. 4, 3 etc.; von Thaten etc.: eine Sünde seind, unrecht (sündlich). Röm. 7, 13; Der Sünde schwören, ist schon große Sünde, | doch größre noch, den s–en Eid zu halten. Schlegel Sh. 8, 173 etc., auch (s. Sünde 2): Ein s–er Überfluß war da [an der Tafel]. G. 24, 51 etc.; Zsstzg. z. B.: Mein erb-s–er [angeborner] Durst. Fischart Garg. 101b etc.; Ich leid’ un-s. die Strafe. V. Ov. 2, 154.
Súndigen: s. sündigen 1a und Sonntag c. Sünd~igen, intr. (haben) etc.:
eine Sünde (s. d.), ein Unrecht (s. 2) begehn (vgl. irren 1e; fehlen 1c); sünden):
1) ungemein oft bibl. etc. Wir erwähnen bes.:
a) (veralt.) Sundigen. Luther 6, 324a; 8, 270a etc.
b) Gegen, wider Einen oder Etwas s.; In den heil. Geist s. Fischart B. 27a; Luther 5, 163a etc.; An Einem oder Etwas, z. B. am eignen Leibe (1. Kor. 6, 18), am („unter dem“. Eß) Gesetze (Röm. 2, 12) s.; Gesündigt | hab ich vielleicht an den Göttern. V. Od. 4, 377 etc.; auch zuw. mit bloßem Dat.: Wir haben dem Herrn gesündigt. 1. Sam. 7, 6; So sündigt ihr dem Ewigen. Mendelssohn (4. Mos. 32, 23) = So werdet ihr euch an dem Herrn ver-s. Luther etc.
c) tr., nam. mit allgem. Fw. als Obj.: Nichts hat er gesündiget wider die Götter. V. Od. 4, 807; W. Luc. 1, 242 etc.; seltner: Zu s. | ein trautes Sündchen. Daumer 1, 54.
d) refl.: mit Angabe der Wirkung: Sich in solcher Sünde zu Tod s. Luther 5, 283b etc.; veralt. auch st. ver-s.: Daß ich mich so oft und schwerlichen an dir gesündiget. Schweinichen 2, 363.
e) veralt. dazu: Der Sündiger. 4. Mos. 32, 13 (s. Sünder).
2) zuw. auch verallgemeint, ohne Bezug auf Sittlichkeit und Religion (vgl. Sünde 2): Verstöße begehn etc.: Da die Franzosen nicht ertragen mögen, daß in ihrer Sprache gesündigt wird. G. 22, 38; Daß er gegen die ersten Grundsätze sündige. 39, 140 etc. Zsstzg. (s. sünden), z. B.: Dahín-: Darum sündiget er nicht auf die Barmherzigkeit Gottes dahin. Schuppius 146 etc. Ent-, tr., refl.: sühnend reinigen, oft bibl.; ferner z.B.: G. 12, 266; 17, 138; 35, 301; Humboldt K. 2, 29; V. Il. 1, 314; Ländl. 1, 180; Ant. 1, 220; W. 11, 271; 20, 21; 27, 12; 32, 384 etc.; Das all-e–de Blut Jesu. Wackern. 4, 542 etc.; Der Entsündiger Apollo. V. Ländl. 1, 191; H. 11, 87 etc.; Entsündigungen durch Menschenblut. Jv Müller 6, 60; V. Ov. 2, 334 etc. Hinēīn-: In Etwas h. Tieck N. 1, 73 etc., vgl. hineinpfuschen. Mít-: Welche Sünden der Senat durch seine Billigung mitgesündigt. Scherr Bl. 3, 397 etc. Ver-, tr.: sündig machen; mit Sünden verunreinigen: Daß man das ganze Jahrhundert versündige durch solche Unternehmen. Diesterweg Jahrb. 2, 157 etc., gw. refl.: Sich (an Einem oder Etwas) v., ein Vergehen begehn. 1. Mos. 40, 1; 42, 22 etc.; V. Il. 9, 501; W. 11, 244; 16, 53 u. v.; Eine so grobe Versündigung gegen etc. 31, 470.
~lich, a.:
sündig (s. d.) z. B.: Ein s–er Mensch. Arndt Br. 148; Forster Br. 1, 310; JvMüller 1, 100 etc.; Des s–en [„sündigen“. Eß] Fleisches. Röm. 8, 3 etc.; bes. aber von etwas Gethanem etc.: S–e Handlungen, Thaten, Thorheiten (Keller gH. 4, 19) etc., auch: Wir gehn damit ganz s. [unverantwortlich etc.] um. G. 7, 302; So s. verschleudert. Tieck N. 1, 23 etc.; So war es keine S–keit | und war auch eben keine Tugend. AvDroste (Schröder Dekl. 343) etc.; Die erb-s–e Natur. Fronsperg Kr. 1, III etc.; Die Un-S–keit und Vollkommenheit Christi. Strauß Streitschr. 1, 161 etc.