Faksimile 0337 | Seite 1159
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Spuk spuken Spukerei spukhaft
Spūk: 1) m. –(e)s; –e; -:
a) gespensterhafte Erscheinung: Verdammter S.! Bist du denn nicht für die Faust, was du fürs Auge bist? [wirklich, greifbar, s. b] B. 294a; 289b; Da ward mir ein Gesicht. .. „Wer bist du, S.?“ etc. Cham. 4, 21 ff.; 174; 3, 292; Grabentstiegner S. der Nacht | müssen . . büßend wir . . | irregehn. Heine Rom. 61; 33; Ein S. | der nächtlichen Phantasei (s. b). 82; Haus, welches wegen eines S–es anrüchig. HHerz 206; Als S–e vor den Kammerfenstern. Jahn M. 299; „Spuck“. Reithard 319; Laß nur den tollen S. der Zeit (s. b) vorüberflirren. Rückert W. 1, 98; Hellweiß wie ein S. V. 2, 58 etc. Daher übertr. (ineinandergreifend), z. B. —:
b) Phantom (s. d. und a); Etwas, das nur den Schein des Seins hat; etwas Leeres, Nichtiges etc.: Kein Deutschland, sondern nur ein Reichsgespenst Solchen S. Scherr Bl. 1, 42 etc.; Ein leer Gerede, ein „Spuck“, wie ihn Mägde oft anstellen. Gotthelf U. 1, 282 etc. und (s. c): Allerlei theatralischer „Spuck“. Börne 2, 371; Cham. 6, 290 etc.
c) wilder, toller Rumor (s. d.), wie ihn Poltergeister treiben etc.: Hamlet und seine Monologen blieben Gespenster, die durch alle jungen Gemüther ihren S. trieben. G. 22, 164; Ohne S. [Lärm] und Aufsehen sich ihrer zu entledigen. Musäus 2, 159; Und heida! solch ein S. [bugs and goblins], wenn ich entkäme. Schlegel Sh. 3, 340; Weißer Rom. 83; Hans .. wüthend . ., schlägt mit der Faust sich etc. .. Der Vogel sieht . . dem S. zu. W. 12, 81; 33, 110; Luc. 4, 78 etc.
d) Etwas, wobei es nicht mit rechten Dingen zugeht: Raus mit dem S., den du [Nix] dir ausgedacht! Fouqué Dr. 1, 156; Es wär ein „Spuck“, wenn mir’s mit diesem Türken fehlte [fehlschlüge]. Rückert Rost. 88b etc. (s. e).
e) (s. d) dumme, fatale Geschichte, die Einem zu schaffen macht etc.: S.! was fängst du jetzt an? Grimm M. 197; Bei ihren Küssen | schlägst du den „Spuck“ dir bald aus dem Sinn. Körner 253a; Daß ich manchen S. [Manches abzusetzen] mit ihm haben werde. Pfeffel Pr. 9, 49 etc.
f) Zsstzg. nam. zu a, z. B.: Elfen-S. Eichendorf Lärm 33; Jch treibe solchen „Gespug“ | dazu solchen Ungefug. Gottsched Nöth. Vorr. 2, 114 (s. c und 2); Geister-S. Kerner Bild. 189; Gespenster-S. Scherr Bl. 1, 144; Hexen- S. Fouqué Dr. 1, 122; Mit dem Kinderspucke [b] der Freimaurerei. Börne 4, 340; Nach-S., ein S. als nachwirkende Erscheinung; z. B. übertr. Kohl Südr. 2, 223; Jahn M. 218 etc.; Sauge-S. [Vampyr]. 112; Einen Tod- und Teufels-S. G. 33, 199; Vor-S., ein S., der Zukünftiges vordeutet, s. nam. Wilkomm Pom. 2, 212; V. Br. 2, 303 etc.; übertr.: Machen werd ich, daß du heut Vor-S. von Peitschen sehest. Ar. 1, 302; Ein Vor-S. des französischen Joches. Spate 1, XIX etc.; Bis ein Wolkenspuck am anderen zerronnen (b). Görres V. 127; Zauber-S. LHerbert Nap. 4, 92 etc. 2) n., –(e)s; 0: in Zsstzg.: Ge- (vergl. 1f: masc.): das Spuken: Die Geister der Verstorbenen, weil man ihr G. fürchtete. V. Georg. 303 etc.
~en, intr. (haben):
Spuk (s. d. 1a; c) treiben (s. umgehen I 3b; c), eig. und übertr.: rumorend sein Wesen oder Unwesen treiben etc.: Gespenster, Geister s.; Etwas Gespenstisches, Geisterhaftes etc.; es (s. d. 7) spukt etc.; Mit Klappern und Schellen spucken [rumoren]. G. 2, 120; 3, 288; In eurem Kopfe muß es wunderlich s. 10, 140; So spukt mir schon durch alle Glieder | die herrliche Walpurgisnacht. 11, 160; Das Geschwätz .. spuckte nur noch unter Leuten, die etc. Pestalozzi 4, 244; 18; Unter der Hausthür spukt [lärmt] ein Kerl des Ministers und fragt nach dem Geiger. Sch. 192a; G. 2, 149 etc.; Wenn ihm das zweite Glas im Kopf spukt. Schlegel Sh. 1, 81; Bei dir spukt’s [ist’s im Kopf nicht richtig]. Wagner Kind. 48; W. 2, 127; Das Bild .. füllte sein Herz und spukte in seinem Gehirne. 15, 40 etc. Nbnf. mit Uml.: Weil es in dem Hause spüken solle. Bahrdt 2, 179; Die Geister Jhrer [dramat.] Personen spücken noch immer um mich her. L. 13, 375; Lichtenberg 1, 156; 5, 394; Schlegel Sh. 6, 11; W. 15, 77; Luc. 1, 174 etc., vergl.: Ein Gespenst .. hat .. schrecklich gespöcket. Andersen 48b etc.; spiken etc. Frisch 2, 302. Zsstzg. z. B.: Todtenschädel, welche . .. mich anspukten. Frey- 1ag Soll 1, 171 etc.; Schaukelbilder des Wahns, welche . . . mitten im Reich der Kultur ..auf-s. Alexis Pit. 1, XX etc.; Daß jene Lüge . .. nunmehr werde ausgespukt haben. FLadentorf Agr. 59 etc.; Wie ein elektrischer Schlag durch spukte ihn das Bewusstsein, daß etc. Auerbach Dicht. 1, 113 etc.; Daß seine Gesinnungen .. in der neuern Zeit als theoretische Grundmaximen fort-s. G. 29, 387; Devrient 2, 290 etc.; Die böse Materie . . . spukt noch schmerzhaft im ganzen Körper herunt. Forster’s Br. 1, 273; Keinen Alpensee, den nicht die Sage .. umspukt. Kohl A. 3, 334 etc.; Meine titanischen Ideen waren’ nur Luftgestalten, die einer ernsten Epoche vorspukten. G. 24, 201; Im Alterthum spuken dergleichen Erscheinungen nur vor, wie seltene Krankheitsfälle. 3, 248; Es spukte mir wohl so Etwas vor [schwante]. Pfefel Pr. 2, 226 (s. Vorspuk) etc.; Spukt ein Fremder vorbei. Sch. 154b, huscht er, wie eine Spukgestalt, vorbei etc.
~erēī, f.; –en:
Gespuk: S–en, die das Haus in so bösen Ruf gebracht. Bahrdt 2, 181; Fouqué 8, 100; 124, vgl.: Teuflische Spückerei. Rockenphil. 2, 286; Sp ö ckerei. ebd.
~haft, a.:
gespensterhaft: S–e Fratzen. Gutzkow R. 9, 380; S–es Erscheinen. Lewald W. 1, 306; Ein s. Wunder. Momsen Pind. 65; S–e Gestalten. Prutz GschTh. 117 etc., vgl.: Spukig. Lubojatzky Ams. 209.
Anm. Spuk, mhd. spuc, niedrd. spok (dazu spöken etc., Brem. W. 4, 961, vgl. nach der abenteuerlichen Gestalt Spöke, f.; –n = Affenfisch, Chimaera monstrosa. Oken 6, 64), auch: Spügnisse. Luther 1, 289b; Gespügnisse. 313b; SW. 61, 297; Spüknis. 60, 108; Spügnuß. Mathesius Lthr. 29b; Spücknis. Rockenphil. 2, 286 etc., s.: spuchen, spuchten = spuken. Schm. 3, 554; Spuchten, pl.: Trugbilder, Ausflüchte. 555 etc. Die Schreibw. mit „ck“ ist gegen die gw. Ausspr. und Mißdeutung erregend (s. Spuck etc.).