Spinnen
Um-Spinnen
Um-Spinnen
Spinnen, spann, spönne (s. Anm.); gesponnen:
tr., auch o. Obj. und zuw. refl.:
1) lange (in sich gedrehte) Fäden aus Etwas ziehn:
a) Wolle, Flachs, Hanf etc. (zu Garn) s.; Garn etc. s. oder bloß: s.; Fein (oder feine Fäden), grob etc. s.; Mit oder an der Spindel; am Spinnrad; auf zwei Rädern zugleich Ph. 2, 231); vom Rocken; aus dem Brief (s. d. 5) s. etc.; Lohn-s–d Il. 12, 433, um Lohn etc.; Hausgesponnenes Garn. 1, 171 etc., auch (vgl. machen I 1n; backen 6): Leute von hausgesponnenem Menschenverstand. 36, 295; Merck 2, 81 etc. —
b) (s. a) auch von Spinnmaschinen: Das Vor-S. .., das Fein-S. 1, 131 ff.; 826; 3, 638 etc. —
c) Glas s., das flüssige zu Fäden oder fadenfein ausziehn etc., s. Perlenmacher. —
d) von Faltern, die sich in einem Gespinnst verpuppen, sogenannten Spinnern, (bes. nach den Pflanzen, auf denen sie leben, benannt, s. Reg. 395b), darunter nam. von den Maulbeer- oder Seidenspinnern (s. 3, 228): Verbiete du dem Seidenwurm, zu s., | wenn er sich schon dem Tode näher spinnt. 13, 212; Wie der werdende Schmetterling sich in den Kokon (s. d.) spinnt. R. 1, 10; 3, 423. —
e) (s. d) Zum Abhaspeln [der Kokons] oder Seiden-S., wie man es uneigentlich genannt. Techn. 2, 640 etc., vgl. h. —
f) (vgl. d) Fäden oder Fadenartiges um Etwas winden, z. B.: Den Knopfdraht s. (s. Spindel 4a); Gold und Silber s., Lahn (s. d.) zu Borten schraubenförmig und einen Faden winden (s. 1, 338); Taback s., die Blätter zu Rollentaback (3, 444; J. 1, 255); Gesponnene Knöpfe. (außerm Partic. tr., gw. nur: be- oder über-s.) etc. —
g) Der Wein spinnt, zeigt faserige Ablagrung der Hefe. 3, 615; von klebrigen Flüssigkeiten: sich fadenförmig ziehn: Sirop muß s. (nicht tröpfeln) etc., auch: Gesponnener [= Seim-] Honig. 24, 18. — Sehr oft bildl. und übertr., nam. zu a und d, vgl. — auch für die Bsp. — Parze; Faden 4; Netz; Gewebe; Gespinnst etc., wonach folgende Anführungen genügen:
h) tr.: Kein Gold, keine Seide (s. d. 1a) bei Etwas s. etc.; Wer spinnt nicht gern die kleinsten Fäden von Hoffnung und Verheißung zur gewissesten Erwartung weiter? [oder aus, fort etc.]. R. 9, 234; Gedanken V. 45), die Unterhaltung Ib. 1, 160) weiter s. etc.; Metaphern zu Gleichnissen [aus-] s. 10, 174 etc.; Den Proceß in die Länge s. [ziehn]. It. 1, 59 etc.; Ein Gewebe der Intrige, Intrigen um Einen s.; Was s. unsre Feinde? . . Den ränke-s–den Bischof. 419; Unheil-s–d. 406b; Ihm spinnt | das Schicksal keine Tücke mehr. 399a; Wie kann sie gegen dich Verderben s.? 609b; 4, 14; Betrug und arge List s. 2, 128; Lügen-s–d. 262; Eine Lüge aus Halbwahrheit und Verdrehung s. DBl. 2, 82; 4, 342 etc.; Götterhand, | die meines Hauses Schicksal dunkel spinnt. 502b; 906a; Il. 20, 128; 24, 11; S. und weben wir Alle an dem unendlichen Gewebe des Schicksals. 17, 179; 1030b; Der die große Idee des weltbeherrschenden Roms aus der Lüsternheit des Tarquinius zu s. wußte. 758a etc.; Glossen, aus ihrem Kopf gesponnen. 8, 69a; 6, 241b; Schnurren s–d. Br. 57 etc.; Sich Vortheil dabei s. 1, 131 etc. —
i) intr. = Gedanken s., z. B. 9, 271; Über Etwas sinnen und s. 24, 178 etc., vgl. spintisieren. — k) reft.: Es spinnt sich — die Sonne in Wolken 1, 145), Jemand sich verborgen in sich selbst 501b, vergl. d, sich hüllen) etc.; Hader um Einen 3, 331); List und heimliches Gewebe in Jemandes Kopf 13, 189) etc.; die Sage wachsend zum Märchen (12, 164); der Schrecken aus einander Ah. 14, sich entfaltend) etc.; der Krieg in die Länge Br. 2, 204) etc.; der Regen trüb und kalt 338, es regnet fortwährend) etc. —
1) (s. a) nach der Ahnlichkeit des Tons, vom behaglichen Schnurren (s. d. 1b†) der Katzen (vergl. spulen): Das s–de Kätzlein. Arm. 46; Kat. Murr 4; 461 etc. —
2) Dazu: Spinner:
a) s–de Pers., weibl.: Spinnerin, mit Fortbild. Spinnerei: Kunst und Gewerbe des S–s — u.: Ort, wo es fabrikmäßig betrieben wird, z.B.: (s. 1a) Spinner und Weber. 19, 38; Eine gute Spinnerin. 27, 406 etc.; Die Spinnerinnen [= Parcen] M. 3, 194 etc., Brief- 19, 43), Kloster- B. 53b), Lohn- 3, 41), Woll- 18, 109) Spinnerin etc.; Baumwoll-, Flachs-, Wollspinnereien etc.; Hand-, Ggstz. Maschinenspinnerei; ferner: Glas- (1c); Gold- und Silber- (1f); Knopf- (1f); Seiden-(1d, vgl. 2b; c); Taback- (1f) Spinner, Spinnerei etc.; Ränke- spinner (1h), Händelmacher. (47) 637. —
b) s. 1d, z. B.: Obst-, Fichten- etc.; ferner: Augen- (Saturnia), Glanz- (Aglia), Processions- (Gastropacha processionea), Ringel- (G. neustria), Seiden- (Bombyx, vergl. a;
c) Spinner etc. Im Seidenb. z. B.: Lagerspinner Ggstz.: Hürdensteiger. 16, 348 etc. Nur im gehobnen Stil zuw. (personif.): Die Spinnerin [s–de Seidenraupe]. 364b etc. — c) Seidenspinner (versch. a; b), sehr weichwollige Schafe. —
d) Spinnerin: Herbstzeitlose 502). —
e) s. Milcher 3.
Anm. Goth., ahd. spinnan; mhd. spinnen, s. spannen. Impf. mundartl.: spinnte. 3, 461 etc.; sponn. 3, 120; 3, 645³³ etc., vgl. gw. Konjunkt.: spönne. R. 9, 522 etc. (neben: spänne. Rod. 126; 11, 229 etc.), s. Orth. 26.
Zsstzg. vgl. weben etc., z. B.: Áb-: Etwas von — od. wie von — der Spindel [1a], dem Rocken (s. d. u. Zsstzg.); die Fäden vom Kokon [1e] etc.; den Kokon, den Rocken a., eig.; übertr. [1h]: Welch Märchen spinnst du ab! G. 12, 207; 11, 7; 27, 282; 33, 232 etc., auch refl.: 23, 131 (s. Reiserocken); Das Ganze spinnt sich drall ab. Zelter 6, 188 etc.; Abspinnung. Kohl A. 2, 144; 168 etc. —
Um-: mit Gespinnst umhüllen [1a; d; h etc.], ungemein häufig, vgl. ein-, über-s., auch: Án-: spinnend anknüpfen [1a; d; h; k] sehr gw.: Fäden (s. d.) a.; Durch welchen v.e Fehde sich anspann. B. 207a; 210b; Da du Bekanntes fort- und ich Unbekanntes anspinne. IP. HV. 10; Hatte Liebeshändel an- und mitgesponnen. Schütze Hamb. 604 etc., s. ent-s. —
Āūf-: Den Flachs(vorrath) a. (weg-s. Grimm M. 73); einen Rocken a. [1a] etc.; Diesem sich langsam .. a–den [1i] Charakternetze. Laube Kön. 1, 205. — Āūs-;
1) zu Ende spinnen: Den Faden durch- und a. Zelt. 3, 33; 3, 383; 13, 608 etc. —
2) spinnend ausziehn, eig. [1a; d] und übertr. [1h]: Mußte er seinen gediegenen Geist in lächerliches Filigran a. 1, 18; Weitläuftig ausgesponnen. 33, 275; Fein ausgesponnener Betrug. V. 142; Fünf Hexameter in eine Stanze a. 28a; Pfiffe a. M. 2, 183; Diese Anekdote zu einem Roman a. 19, 325; 22, 326; Luc. 4, 19 etc.; refl.: Seine Geduld ist von dem kurzhaarigen Flachs, der sich nicht lang ausspinnt. Jer. 2, 258; Die feinere Ausspinnung. 11, 112 etc. — Be- [1e etc.]: spinnend bewickeln; Goldbesponnen etc.; Dünn besponnen [ärmlich etc.]. 3, 145. — Dahín-: z. B. [1k]: Wie traurig sich die Tage der Haft d.! 9, 262). — I. Dúrch-: s. aus-s. 1. — II. Durch-: mit Gespinnst durchziehn, vgl. durchweben, z. B. [1h]: Die von Goldstrahlen durchsponnene Luft. E. 390. — Eīn-:
1) spinnend einfügen [1a; h]: Spinnet des .. Goldes .. ein Fädchen ins Leben uns ein. 11; Ihre mit eingesponnenem Witz gewürzten Stücke. Hamb. 90 etc., vgl.: Das spinnet er immer einhin. 6, 269b. —
2) in Gespinnst hüllen, s. [1d] und übertr.: 22, 116; Fäden, in denen das Herz sich ein-zu-s. liebt. R. 6, 41; 1, 10; Der Kanker hat sie eingesponnen. N. 3, 165; 11, 750 etc. —
3) burschik. etc.: ins Gefängnis sperren. 11, 288a; SGsch. 3, 152 etc., s. 2 und niederd. inspunnen (s. Spund). — Ent-: [1h] Gespräche 2, 80), Träume (1, 107); Gedanken 110a), Empörungen 1022a); Unfrieden 1, 237); Anschläge Od. 4, 678), an-s. und bes. oft refl. [1k]; Ihre Entspinnung. A. 1, 197. — Er-:
1) [1a] Etwas mit Spinnen erwerben. 6, 69 etc. —
2) [1h]: Etwas ersinnen und e. M. 1, 309; 3, 283 ¹³ etc. — Fórt-: weiter spinnen: [1a] 20, 208 etc.; [1h] 11, 248; 20, 205 etc. (s. an-s.); [1i] A. 1, 128; R. 2, 264 etc. — Ge-: veralt. statt Grundw., z. B. auch: An-g. 224b; Aus-g. 2, 104⁷etc. — Hín-etc. [1a; d; h—k]: Wenn er sich an einem unendlichen Faden hinspann. 22, 189 etc.; Den Faden herab-s. 1, 236; [Eine Spinne] spann sich .. von der Decke herab. 4, 14 etc.; An dieser Stütze spinnt sich der Schößling hinauf. 317a etc.; Die Fäden, die der Dichter behaglich von dem Rocken der Zeit und die, die er angestrengt wie die Spinne aus seinem Innern herausspinnt. Lit. 5, 650; 144b; 13, 90; 14, 205 etc.; Hinaus-s. 2, 283²⁵ etc.; Fäden hinüber-s. R. 6, 358; refl.: W. 3, 277 etc.; Berechnungen, die an der langen Kette der Zukunft hinunter-s. 793b; Etwas hervor-s. D. 2, 346 etc. — Mít-: s. an-s. — Über-: mit Gespinnst überziehn [1a; d; h etc.], s. [1e]; Schluchten, welche die Natur | mit Waldesdickicht wuchernd übersponnen. 4, 93; 3, 51; 5, 196; 3, 162 etc.; Blumen- Mus. 113), reben Geschw. 1, 53) übersponnen. — I.
Dem epheu umsponnenen Fels. Pilg. 2, 73 etc. — II.
Um-: 1) spinnend um Etwas herumwinden, z. B. (bildl.): Wenn man meint, jetzt sei eine [Nudel um die Gabel] umgesponnen, haspelt sich eine andre wieder ab. 3, 425 etc. — 2) spinnend umgestalten etc.: Bleiche Linnen | zum rothen Fürstenmantel um-zu-s. A. 153 etc. — Ver-:
1) eine Zeit mit Spinnen verbringen. Kil. 15 etc. —
2) Etwas spinnend verarbeiten, eig. und übertr.: Flachs zu Garn; Stroh zu Gold M. 187); Tabacke [1f] in Rollen 3, 441); unsern schlichten Menschenverstand zu platonischen Ideen etc. 23, 326; 14, 3) v. — 3) = ein-s. 2, z. B.: Einen in eine Intrige N. 1 48); sich in tiefsinnige Debatten Gschw. 1, 45) v.; Das Geweb’ .., worin sich List verspinnt. 7, 29 etc. — Vōr-: eig., nam. [1b]; übertr. [1h]: Was sie noch vollenden kann, | ist deinem Ruhme vorgesponnen. 1, 157, kommt ihm zu Gute etc. — Wég-: s. auf-s. — Zū-: z. B.: Ein mit dem Leichenflor zugesponnenes [verhülltes etc.]Leben. — Zurück-: z.B.: Die Zeit lässt sich nicht z. [1h; i]. 7, 242 etc. — Zusámmen-: z. B.: Sich aus beiden Religionen einen eignen Aberglauben z. 7, 6 etc.
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