Faksimile 0311 | Seite 1133
Faksimile 0311 | Seite 1133
Faksimile 0311 | Seite 1133
Gespenst widerspensten gespensterhaft gespenstern spenstig spenstisch Spenzeln Speranzien
Gespénst, n., –(e)s; –er (–e. Gryphius Fr. 260; 693; Mühlpforth 2, 44; Prutz GschTh. 137; Wackern. 2, 498²³ etc.); –chen, Mz.:
–erchen; –er-:
1) (veralt.) ausgespanntes Gerüst, Gestell. Keisersberg (s. V. 1, 186), vgl.: Richtet sich dieses Chorgespänst oder G. wie ein langes Gestänge trägselig auf. Zelter 4, 4 etc.
2) (s. 1 und II Span, Anm.; Gespinnst; V. 1, 186) unkörperliche Erscheinung (s. G. 39, 407 und f); Schemen; Schein-, Trug-, Spukbild; Phantom; sich sichtbar zeigender, nam.: grauenerregender Geist (s. d. 7a; Hebel 7, 245, vgl. Spuk und: Daß Satan durch .. Ge- spengnus die Menschen in Furcht stürzte. Wurstisen Basl. 33), z. B. (ineinandergreifend):
a) Wo blieb der Ahnherrn | gewalt’ger Geist? .. Er ist entschwunden; was uns übrig bleibt, | ist ein G., das etc. G. 13, 349; Exorcisten, welche, um die G–er zu vertreiben, .. den Geist selbst .. verjagen. 39, 128; Kühne Fr. 174; Ein leeres, hohles G., dem kein Geist inwohnt. Tieck N. 6, 209 (vgl. c) etc., s. auch: Genius 1. Schwab und d.
b) Seit diesem Augenblicke steht ihre Gestalt mit allen ihren Reizen so lebendig vor mir, daß ich eher mir selbst als diesem allzu liebenswürdigen G. entfliehen könnte. W. 9, 237; Ein holdes G. der Vergangenheit. Möricke N. 398; G. 24, 70 etc. Gw. tritt entweder der Begriff des Unwesenhaften, des leeren Scheins und Trugs (s. c) oder der des Unholden, Graunvollen (s. d) bes. hervor.
c) (s. b) Wie will man die Phantasie von dem Wahren überzeugen, da ihr das Wahre als G. verdächtig ist? G. 8, 164; 39, 62 (Ggstz.: wahrhaft würdige Gestalten); 38, 15; 20, 241; So ist die Tugend ein G., das in die Luft zerfließt, wenn man es am festesten umarmt zu haben glaubt. L. Samps. 1, 7; Er [Gott] fähret nicht herab, Gespenst daß er allein wolle ein ledig Gesicht zeigen als ein Schemen oder G., wie ein Gaukler, sondern daß er sein Werk und Kraft da [in der Taufe] ausrichte etc. Luther 6, 289a; Solch demüthig G. [Schein der Demuth ohne ihr Wesen]. 1, 483a; 228b (s. Plärr I); Rückert W. 4, 126; Minerva .. schickt zu der traurigen Penelope ein Bildnis oder G. unter der Gestalt Jphitimä. Schaidenreißer 19a [4, 796]; Des Gesetzes G. [sein Trugbild, nicht es selbst] steht an der Könige Thron. Sch. 76b etc.
d) (s. b) Wie ein G. der Mitternacht, das ungeheure Schrecken erzeugt. G. 16, 83; 10, 243; 11, 71; 13, 300; 17, 370; 22, 51; 32, 332 etc.; Im tollen Übermuth forderte man das G. der Revolution heraus und das G. stand Rede. Monatbl. 2, 210b; Der König fühlte das G. des Messers | lang vorher in der Brust, eh sich der Mörder | Ravaillac damit waffnete. Sch. 400a; Die Zeit, da (Gott sei bei uns!) die G–er zu gehen pflegen. W. 1, 35 etc.
e) Ein Kobold (s. d.) . . Dies G. Lichtwer 128; [Ihn haben] nicht die wohlsingenden Meerwunder oder G. Sirenes bethören mögen. Schaidenreißer V etc.
f) G., Farben-G., s. Spektrum, und so z. B. (vgl. c): In den Köpfen eurer Lehrer | lasst G. und Wahn und Trug. G. 2, 303 etc., auch: G–er, Augen-G–er, dem Auge angehörige (physiologische) Farbenerscheinungen. 37, 12 ff.; 39, 405 ff. (dazu: Gespensterhafter Hof. 406); Oken 4, 291 etc.
g) Leicht zu mehrende Zsstzg., z. B.: Ein Angst-G. nur ohne Wesenheit (c; d). Cham. 4, 92; Augen-G. (f); Droh-G. (d). Kürnberger N. 1, 257; Die Fata Morgana oder das Dünen-G. (f). Willkomm Pom. 2, 211; Farben-G. (f); Furcht-G. (d). Sch. 482a; 560a; Graun- G. (d). Kinkel 273; Halb-G. G. 31, 392; 35, 156, halb dem Leben, halb der G–er-Welt angehörend; Hirn-G. [c, Phantom als bloße Ausgeburt des Gehirns, vgl. Hirngespinnst]. Cronegk 2, 111; W. 4, VI; 18l, 57; 20, 84; 22, 346; 23, 48; 187; 24, 50; 202; 25, 66; 69 etc.; Höllen-G. (d). V. 1, 48; 186; Luft-G. (c). G. 22, 406; Nacht-G. (c, nam. d). G. 4, 33; Uhland 207; W. 20, 88; Luc.4, 390; Das Papier-G. der Gulden. G. 12, 65 [c, das Papiergeld als bloßer Schein]; Es gab kein Deutschland, sondern nur ein Reichs-G. (c). .. Solchen Spuk. Scherr Bl. 1, 42; 26 etc.; Die Furcht vor dem Religions-G. (c, Wahnbild st. wahrer Religion). W. 17, 171; Schreck- (Ramler F. 1, 103; W. 23, 128), Schreckens- (Sch. 507a) G. (d); See-G. Immermann Card. 77; Lewald Hel. 1, 10 = Fata Morgana (s. d. und Dünen-G.); Teufels-G. (c; d). Luther 8, 223b; SW. 56, 77 etc.; Trug-G. (c). W. 32, 151 etc.; Der wahren Tugend Spur, | nicht jenes Wahl-G–s (c), das Zeno sich erdichtet. Haller 91 etc.
3) auch zuw.: etwas Körperliches, das aber einem G. (2) mehr oder minder ähnlich ist, z. B.:
a) nach der äußern Erscheinung: Jenes abenteuerliche G. [Schlinggewächs]. Burmeister gB. 2, 241; Das bereits halbvermoderte G. [der sieche Marat, vgl. Gerippe 1]. W. 35, 100 etc.
b) (vgl. 2d): nach dem schlimmen Charakter etc.: Aus meinen Augen, Verderberin! verhaßtes, freches G.! Möricke N. 576; Das Frauen-G. [böse Weib]. Spindler V. 1, 81 etc.
c) (s. a) Naturgesch.: z. B. Art Kegelschnecke Conus spectrum; Art Holzwespe Sirex spectrum; ferner = Fangheuschrecke etc.
d) weidm.: Ein geschloßnes und nicht sogleich weggebrachtes Wild durch darauf gelegte Brüche, angehängte, mit Pulver gefärbte Stückchen Papier vor Raubthieren und auch Sauen schützen heißt: ein G. machen. Laube Br. 258.
Widerspénsten, intr. (haben):
sich widerspenstig benehmen. Auerbach D. 4, 132.
Gespénst~erhaft, a.:
in der Weise von Gespenstern oder ihnen eignend, spukhaft etc. (s. auch Gespenst 2f): Ruft er als ein wahrer Romantiker das G–este hervor. G. 33, 93; 199; 12, 28; 259 u. o.; G–igkeit. Volksz. 10, 31 etc.; vgl.: Gespenst-erisch. Rockenphil. 3, 22; -erlich. W. 10, 258; -ig, -isch (s. u.).
~ern, intr. (haben):
spuken (s. d., schwzr.: g’speisten), selten auch in Zsstzg. z. B.: Einen eing. [g–d einschrecken]. Droysen A. 1, 377; Einem Etwas vorg. 3, 122 etc.
Spénstig, a. (keit, f.):
in Zsstzg.: Ab- (s. Span II, Anm.): abwendig etc.: Jemand Einem a. machen (= abspannen 4). Bahrdt 4, 181; L. Samps. 2, 3; Rabner 2, 19 etc.; Der Politik a. werden. Vogt Oc. 1, 6 etc.; selten als attrib. Ew.: Mit einem gar zu entfremdeten und a–en Herzen. Reiske Demosth. 2, 266. Ge-: gespensterhaft (s. d.): Die g–e Gestalt. Burmeister Gsch. 426; Den g–en Eindruck der Erscheinung. Devrient 2, 362; 3, 283; G. 12, 223; 18, 224; Den g–en Spuk. Kinkel 130; E. 234; Platen 1, 121; Tieck GsN. 1, VIII etc. Wīder-: (s. Span I, Anm.) einem Willen, dem man sich fügen müßte, ungehorsam, störrig und eigenwillig widerstrebend: Sie sind dir w. Ps. 5, 11; 2. Tim. 2, 25 etc.; Die w–en Thiere sind störriger denn du denkst. Cham. 3, 316; G. 19, 164; 24, 194 u. v.; auch von Etwas, das (mehr oder minder belebt gedacht) sich nicht fügen will etc.: Hes. 2, 6; Daß das Genie .. den w–sten Stoff bezwingen könne. G. 21, 79; 22, 184; 25, 212; W–e Bedingungen vollkommen zu überwinden. 27, 509; Luther 1, 406a [Röm. 7, 23]; Schlegel Dr. 2, 2, 140; Säge, die hartes und w–es Holz zu theilen schien. Tieck N. 7, 170 etc. Dazu (vgl. Widersetzlichkeit): Gegen die Mutter erlaubte er sich schon manche W–keiten. Auerbach Gv. 210; Ense T. 6, 244; G. 6, 246; W. 24, 153 etc.
Spénstisch, a.:
(selten) gespensterhaft: Seine s–en Gestalten. G. 6, 105, gw.: Ge-: Das g–e Gezücht. 12, 37; 33, 199; Unheimlich, g. Cham.3, 238; Sch. 449a; Novalis .. feiert die Nacht geistig, Heine g. Viertelj. 1, 1, 174 u. v.
Spénzeln: s. sponsieren. Speránzi~en, pl.:
s. Gesperr 2b.