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söhn-söhn Sühn) bar Söhne söhnen Söhner Söhnerin söhnlich
Sȫhn~(Sühn~) bar, a.:
was gesöhnt (gesühnt) werden kann (s. söhnlich): Sühnbar ist der Götter Zorn! .. Sühnt Minos’ Zorn! Stolberg Sch. 1, 5; Ggstz.: Immer unsühnbarer verfeindet. Freytag B. 1, 162; Unsühnbare Blutschuld. Platen 4, 13 etc., vgl.: Un-aus- sühnbar. Hotho Vorst. 347 etc.
~e, f.; 0:
1) Herstellung des friedlichen Vertrags: Zur Söhne und Einigk. treulich gerathen. Mathesius Lthr. 163a etc., häufiger: Schlossen Frieden und Sühne. Görres H. 1, 142; Sind wir ausgesühnt. .. Leer ich auf unsre Sühne .. ein Stückfaß. Reithard 93 etc., vralt. o. Uml.: Suhne. Logau (s. L. 5, 345), vgl.: Hat sich’s Alles wieder zur Versuhne geschickt. Luther SW. 56, 68 etc.; Nur seine Rache sollte mit Unversühn [unversöhnlich] unser in Ewigkeit gedenken? Kretschmann 2, 78.
2) die Buße und Genugthuung, wodurch die S. (1) bewirkt wird (Sühnung), z. B.: Vergieb ihm, Herr! die Fülle seiner Schande | sei Sühne dir. Cham. 4, 49; Dann hat mir der König| Lampen zur Sühne gegeben. G. 5, 196; 204; Ausgeglichen | ist die Rechnung und die Sühne | gegenseitig. Rückert Morg. 1, 31 etc.
~en, tr.:
1) s. Sohn, Anm.
2) machen, daß Groll, Mißstimmung, Feindschaft ein Ende hat, s. ver-s.:
a) Eine Pers. (oder etwas Personif.) mit Jemand s.; Jemandes Herz, Geist, Groll etc. söhnen; Dich, ewige Gerechtigkeit, | beleidigte der Schwur, der Meineid soll dich söhnen? Alxinger D. 20; Baggesen 2, 357; Großmüthig will er sich auf ewig mit dir söhnen. Gotter 2, 42; 120; Seinen Grimm mit Bitten söhnen. Sch. 16a; Schweinichen 2, 148; Zu söhnen | ewige Minne, entbrenne das Opfer des Schönen. Werner Osts. 1, 152; Lthr. 317 etc.; seltner: Welch Mittel | gebraucht ihr, ihn zu sühnen? Tieck Cymb. 2, 4; Sühnt dadurch die Betrübnis eurer Ahnen. Waldau N. 1, 284 etc.
b) Etwas, eine Unbill etc. sühnen, büßend gut machen: Scheltworte kann man „sühnen“. Sir. 27, 23; Jes. 47, 11; Fouqué Gd. 175; Daß die Unbill gesühnt sei, die Schande gerächt. Freiligrath 2, 105; Wo noch ein Fehl zu sühnen und zu büßen ist. Gutzkow R. 3, 389; Scheffel Tr. 155 etc.; seltner: Stillschweigen söhne jetzt vor Gott seine Sünden. Jv Müller 24, 423 etc. auch meton.: Schuldbeladne Personen etc. sühnen, häufiger entsühnen (s. d.).
c) zuw. o. Obj.: Womit soll ich „sünen?“ 2. Sam. 21, 3, nam. im Partic. Präs. und subst. Infin.: Mein Blut muß söhnend fließen. H. 16, 167; Blank jedes Wort, wie ihrer Streitaxt Stahl| und treu die Hand zum Sühnen wie zum Schlagen. DMus. 5, 1, 27 etc.
d) Die thrakischen | Gottsühner Orpheus, Linos etc. V. 3, 73.
e) Nachdem ich gefehlt . ., | will ich gern es vergelten und biet’ unendliche Sühnung [= Sühne 2]. V. Il. 9, 120; 633; 636 etc. Zsstzg. zu 2: Āūs-: Einen, seinen Geist, sich aussö hnen [2a] mit Jemand oder Etwas, in gehobnem Stil auch mit bloßem Dat.: So wird eben diese Art . . ihr Gewissen mit einem Mann wieder aussöhnen können, dessen etc. L. 5, 42; Die Götter sündlichen Menschen auszusöhnen. JvMüller 1, 100; Seume Gd. 178; Talvj 1, 150; Sch. 19b etc., auch [2c]: Die Anmuth in der Einkleidung .. söhnt .. mit der .. empörenden Schilderung aus. 28a; Mit Versöhnung abschließen. .. Diese aussöhnende Abrundung. G. 33, 13 etc.; Aussöhner, z. B. auch von weibl. Pers. KLessing RFr. 41; Aussöhnungen. V. Ar. 1, 150 etc.; seltner: Wo die | .. Fraun aussühnen die schreckliche Göttin. Minckwitz Jl. 6, 380 [,,versöhnen“. V.]; Hat die Manen jener Bürger, | die schuldlos büßten, ausgesühnt. Pfeffel Po. 3, 153; Reithard 93; Rückert 1, 89 etc.; ugw. [2b], doch z. B.: Aussühner zu sein des Frevels. V. H. 1, 16 etc. von dem zu Sühnenden [2b] reinigen, frei machen, so daß Nichts mehr zu sühnen ist, entsündigen: Du entsühnst den Fluch. G. 13, 66 [= sühnst]; Mit reiner Hand und reinem Herzen | die schwerbefleckte Wohnung zu entsühnen. 70; 80; Wir entsühnen uns im Schlachtgewühl. 35, 276; 293; 314; 330; Entsühnung. 322; 34, 194; 6, 249; Werner Febr. 121etc.; selten: Das Geläut .., das, wenn zornig Donner dröhnen,| Sünder soll entsöhnen. Kind. gw. st. des seltnern Grundw. [2a; b etc.], z. B. oft in der Bibel (bei Luther „versünen“, in neuern Ausg.: versöhnen): Einen versöhnen; Jemand oder sich mit Einem oder mit Etwas versöhnen, im gehobnen Stil auch mit bloßem Dat.: So wir Gott „versünet“ sind durch den Tod seines Sohnes. Röm. 5, 10; Du hast den Widersacher mir versöhnt. G. 13, 209; 40, 350; Möricke N. 389 etc., auch: Er hatte sich dem Schicksal versöhnt. Arnim 207, seinen Groll gegen das Sch. aufgegeben etc.; [Ein Tempel] in dem die Erde dem Himmel sich versühnt. Reithard 70 etc.; Den Sünder, die Sünde, die Missethat [2b] etc.; Den Haß, Groll etc. versöhnen [stillen]; Der Thränen Gabe, sie versöhnt den grimmsten Schmerz. G. 10, 305; Der letzten Trauer Schatten| versühne mit Gesang! Geibel Jun. 24 etc.; Der Haß versöhnt sich. Sch. 514b; Das vergiebt sich und versöhnt sich schwer. 492b etc.; Unversöhnter Feind; Haß (Sch. 492a; 568a etc.); Wucherte der Zwiespalt in seiner ganzen Unversöhntheit weiter. Scherr Bl. 1, 73 etc.; Der Versöhner, nam. oft von Christus, vgl. Gott- (Kl. M. 5, 356), Sünde- (9, 303) Versöhner etc.; aber auch z. B.: Der große Versöhner Tod. Frese Bed. 1, 62 etc.; Versöhnung. Bibel; Rückert Mak. 1, 181; Sch. 469a u. o.; Die Wiederversöhnung der Getrennten. Görres V. 72 etc. Minder gw.: Ich weiß, wie man des Volkes Geist versöhnt [befriedigt]. G. 11, 5; Lenkt sich hin des Gipfels Bogen, | bis er sich dem Thal versöhnet [ihm nähert etc.]. 4, 11 und = heilen. Schm. 3, 258.
Ent-: Ver-:
~er, ~erin: 1) s. söhnen und Zsstzg. 2) s. Sohn 2a. ~lich, a.:
1) s. Sohn, Anm. 2) (vralt.) gütlich (s. d. 1) in Beilegung eines Zwists durch einen Vergleich: Söhnliche und gütliche Mittel und Wege. Mathesius Lthr. 76b; Die Zwiespalt .. vergleicht und auf söhnliche und friedliche Wege hingelegt und vertragen. 71a; 44b; 85b; 156b; vgl.: Gütliche sühnliche Händel. Frisch 2, 284c etc.; in Zsstzg. = söhnbar (s. d., vgl. Zsstzg. von söhnen): Unaussöhnliche Verbrechen (Heinse Petr. 1, 57), Beleidigungen (Niebuhr Röm. 1, 320) etc.; Unaussühnliches. Solger Soph. 1, 11 etc.; Ich bin ver- söhnlich [zur Versöhnung geneigt] als ein Christ. Cham. 3, 215; 4, 40; So versönlichen Gemüths. Sch. 568a; 493betc.; Zum Zeichen ihrer Versöhnlichkeit. W. 1, 131 etc.; So heidnisch unversöhnlich. Gellert 1, 137; Verfeindet auf unversöhnliche Zeiten. Hebel 4, 146; Der unversöhnliche Haß. Sch. 893a; V. Il. 9, 158 etc. (Welcher .. gegen das moralische Übel unverse hnlich ist. L. 5, 30; Unversü hnlich. Scheller s. v. implacabilis); Dieselbe Unversöhnlichkeit mit Allem [gegen Alles], was Ränke und Tücke heißt. G. 22, 385.
Anm. Die vorstehnden Wörter (mit Ausnahme der in der Anm. zu Sohn erwähnten) gehören zu goth. saun, Lösegeld; ussaunjan, erlösen (was zu söhnen stimmt), dagegen (zu sühnen stimmend) ahd. suona, suana, suon(e), Gericht, Versöhnung, dazu ahd. suan(n)an, suonnan, mhd. suonen, süenen (soenen), s. Graf 6, 242; Schm. 3, 263 und 258; Brem. W. 4, 919, vgl. auch Herrig 24, 443.