Faksimile 0273 | Seite 1095
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Sieb
Sīēb, n. (m.), –(e)s; –e; –chen, lein; -:
ein Geräth, bestehnd aus einem in einer Einfassung (Kranz) befindlichen durchlöcherten Boden, wodurch Gröbres und Feineres rüttelnd von einander geschieden (gesichtet, gesiebt) wird, s. Reiter II; Rolle 3b etc.: Wie man mit einem S–e sichtet. Am. 9, 9; S. setzen (s. d. 20e); Grobes, feines S., nach der Weite der Löcher (s. Zsstzg.).
a) sprchw.: Der muß wohl sehr blind sein, der nicht durch ein S. sehen kann. W. 32, 408; 10, 105 etc.; Durchsichtig; sichtig (s. d. 2); voll Löcher (Lichtwer 145) wie ein S.; Gehäber dann ein S. Schottel 1115a etc.; Ein löcheriges S. füllen (Engel 12, 33); Wasser in ein S. fassen (Lichtwer 252), mit einem S–e schöpfen (G. 9, 71), sich vergeblich mühn, vgl.: melken 1 (W. Luc. 3, 247); [Da] bleibt das Geld so beständig als das Wasser im S–e. Olearius Ros. 10b; Sie könnten wohl leichter ein S. mit Flöhen hüten. Perthes Leb. 2, 192 etc.; Für euch ist er ein S., für mich dem Peche (s. d. 1, Schluß) gleich.
b) Volksglaube: Ein S., nam. Erb-S. (ererbtes), zum Erkennen des Diebs. G. 11, 102; Wuttke Volksabrgl. § 194; Das S. drehn, laufen lassen.
c) übertr.: Des Teufels S. (s. Reiter II); das S. der Anfechtung (Büchner Konk. 1654), zur Sichtung der Frommen und Gottlosen etc.; Das S. des Eratosthenes, ein von diesem Mathematiker herstammendes Verfahren zur Anfertigung einer Tabelle der Primzahlen durch allmähliches Ausscheiden der zusammengesetzten (oder Nichtprim-) Zahlen etc.; Sie haben den ständischen Brei durch das Beamten-S. durchgezwängt und so ist eine dünne schale Brühe geworden. Ense T. 4, 19; 1, 55 (s. durchsieben I).
Anm. Ahd., mhd. sip; niederd. seve, dazu siften (sieben). Brem. W. 4, 780, hochd. vgl. Nichte, s. Neffe, Anm. sichten (von Andern zu dem viell. urvwdt. seihen gezogen). Als masc. (s. Spate 2, 67) Brockes 9, 207; 238 (n. 208); WHumboldt 3, 386; Oken 3, 652.
Zsstzg. s. b; c, ferner nach dem Stoff, dem Durchzusiebenden, dem Gebrauch etc., z. B.: Bást-: aus Bast geflochten, ähnl.: Haar-, Draht-S.
Bēūtel-: zum Durchbeuteln des Mehls.
Drāht-: s. Bast- S.
Erd-: die Gartenerde von Steinchen zu reinigen, Garten-, Stein-S.
Erz-: bei der Erzwäsche dienend, zum „Siebsetzen“, Setz-S. Karmarsch 2, 643, dazu: Die groben Reb-S–e, die feinern Kern-, Läuter-, Schlamm-, Haar-S–e (s. Scheuchenstuel 225).
Fách-: womit die Hutmacher drückend und reibend die gefachten Haare zu filzen anfangen. Karmarsch 2, 280.
Getrēīde-: G., Korn-S. (vgl. Rolle 3b), auch nach Dem, wovon das Getreide gereinigt wird, z. B. Lolch- S. Spate.
Grīēs-: s. nam. Gries 4.
Hāār-: aus Pferdehaaren; auch Art Zeugstoff und (Hutmach.): Haartuch statt des Filzkerns.
Hánd-: kleines, mit der Hand zu bewegendes, Ggstz. z. B. Setz-S.
Kérn-: s. Erz-S.; Kern 9b.
Kórn-: s. Getreide- S. (z. B. W. 23, 119) und Körn-S.
Körn-: Die zum Körnen [des Pulvers] gebrauchten Siebe sind das Schrot-S., das K. und das Scheide-S. [aufeinanderfolgend nach dem Grad der Feinheit] etc. Körner Sch. 3, 526; Karmarsch 3, 107.
Lǟūter-: s. Erz-S.
Lólch-: s. Getreide-S. Mêhl-.
Rêb-: s. Erz-S.
Sǟūber-: feines Mehl-S. Schēīde-, Schrōt-: s. Körn-S. Schlámm-, Sétz-: s. Erz-S.
Stēīn-: s. Erd-S.
Thēē-: den flüssigen Thee von den abgebrühten Kräutern zu scheiden, gw. in den Ausguß der Theekanne zu befestigen etc.