schweben
uber-schweben
Schwêben, intr. etc.:
in einer (tropfbaren oder elastischen) Flüssigkeit sich in Gleichgewichtslage befinden (s. nam. 1, 141 ff., vgl. hangen 1a; f etc.); dann auch: sich darin in solcher Lage sanft und unmerklich bewegen; dann verallgemeint: wie sch–d sich wo befinden oder bewegen, wobei dann auch zuw. (im Ggstz. zu dem Stehn auf festem Grund und Boden) die Bed. des schwankenden Hin und Her, des Unentschiednen etc. hervortritt etc. Nach diesen Bem. ordnen wir die Belege nach grammat. Beziehungen:
1) Im Allgm. gilt als Hilfszeitw. haben, doch (s. flattern, Anm. etc.) bei Hervorhebung der Ortsverändrung sein, s. Zsstzg. und z.B.: Der Stern, so die .. Könige geführt hat, ist immerzu in der Höhe geschwebt. EfA. 1, 282; Der Engel einer .. sei aus seiner Wolke . . | um sie geschwebt. Nath. 1, 1; Festlich ist der Freude Schall | durch dies hohe Haus geschwebet. 6 etc. —
2) zuw. (vgl. fliegen 5) in der Fügung eines Transit.: Schon schwebet ihr in ungemeßnen Fernen | den sel’gen Göttertraum. 2, 286; Wenn er .. je sich erkühnt zu schweben | Tänze des Liedes. Od. 1, 99 etc. —
3) mit abhäng. Präpos., vgl. 1 (nam. wo der Untersch. zw. dem Wo? und Wohin? hervortritt):
a) Am Rand des Abgrunds sch. etc. —
b) Auf den Fittigen des Winds (2. 22, 11); auf dem Wasser (1. 1, 2); wie ein Schiff auf dem Wasser 33, 2); Habe ich weniger auf einem stürmischen Meere .. geschwebet? 9, 277; Das Gleichgewicht, welches auf einer Haaresspitze schwebt. SW. 1, 651 etc., s. Schneide 2c); Auf einem | Kniee nur sch–d. 83b etc.; auch: Etwas schwebt Einem (im Sinn und) auf den Lippen 1, 311b); auf der Zunge Malk. 2, 96), von Etwas, das man fast zu sagen im Begriff ist, aber doch nicht sagen mag oder kann. —
c) Durch die Luft etc. sch. —
d) In der Luft (s. d. 1c) sch. (vgl. wannen), auch: Die Mordanschläge gegen ihn sch. beständig in der Luft (s. d. 1e). Rom. 216; Fische sch. im Wasser; Jemand schwebt — im religiösen Element 25, 171), im Unbestimmten (22, 92), in ungewissem Wahn 5, 529b), in Furcht und Schrecken 2, 24), in Zweifeln 4, 251; 13, 331), in Sorge, Noth, Gefahr etc. (vgl.: er ist darin), in vollem Sause Ros. 81b) etc.; im Tanz [sich leicht bewegend], im Reihen der Lebendigen 13, 281) etc.; Etwas schwebt — Einem im Sinn 6, 354 etc.), in schwankender Erscheinung (11, 17) etc. Vgl. (s. 1): Schon sch. Hagedorn und Kleist in die ätherischen Wohnungen voraus. 32, 122 etc. —
e) Hinter, neben 11, 21) Einem sch. etc. — f) Über (s. d. †) Etwas sch., örtlich und — darüber waltend, vgl. für das Schwanken des Kasus nam.: Daß ich [als König] schwebe über die Bäum e. . . Daß ich über den Bäumen schwebe. 9, 9 ff. (danach auch 4, 71 ff.); Der Christen Stand soll über Alles und Alles sch. [sich erhebend] wie der Himmel über der Erde. 5, 131b etc. Gw. gilt — wo nicht das Wohin hervortritt (s. 1; gehen 5) — der Dat., z. B. 5. 32, 11; 24, 5; Über der Erde schwebt ein Duft. 23, 214; Ein nothwendiges Übel, das gewisser als der Tod über einem Weibe schwebt. 16, 303; 25, 169; Ph. 4, 17; 664a; 708b; Die Begleitung, welche .. sich begnügt, .. in Oktaven über oder unter der Singstimme zu sch. 18, 268 etc., — dagegen Accus. 58, 14; Vielleicht schwebt der Verlust | der Ehre .. über dein .. Haupt. 9, 584; Über einen Abgrund sch. 3, 16; 6, 177b; Die Stellen, über die Klarens Füße geschwebt hatten [waren]. 5, 221 etc. — g) Um Etwas sch. 4, 2; 6, 58; 274; 13, 113; 54b; 701b etc. — h) Etwas schwebt vor Einem wie ein Traum M. 3, 118), schwebt Einem vor den Augen, vor dem Sinn etc. — i) Zwischen zwei Dingen etc. sch., eig. und übertr.: 2. 18, 9; Ein unentschloßner Mensch, der zw. zweien Empfindungen schwebt [schwankt]. 9, 289; In einem zw. dem Knittelvers sch–den Silbenmaße. 20, 198; Wie der Seemann .. zw. Himmel und Wasser | und Angst und Freude schwebt. Lied. 184; Sh. 2, 296; 11, 206; Dieses bängliche Sch. zw. Furcht und Hoffnung. 33, 38; Der Ton schwebt zw. C und Cis etc. —
4) selten mit Infin. und zu: So daß die geforderte Genugthuung schon in die Brüche zu fallen schwebte. Jer. 2, 118, sich dazu neigte etc. —
5) ohne abhäng. Vhe, leicht zu verstehn nach 3, z. B.: 5, 7; Siehe .. das leicht-sch–de, schwimmende, elastische Geschöpfe! . . Es schwebt oder schwimmt. 22, 381 Leicht ohne aufzufußen, schwebt sie nur. Mak. 2, 137; Ob sie als Geist nur schwebte. 2, 1278²; Bild .., schwebe näher! Od. 2, 230 etc.; So schwebte der Harfe | Lispel. M. 13, 169 etc.; Es schwebt [hangt etc.] eine Brücke, hoch über den Rand | der furchtbaren Tiefe gebogen 50a etc.; Die Sache schwebt, ist noch unentschieden [in der Schwebe]; sie sch. lassen etc.; (Mus.) Die Intonation schwebt [über oder unter dem zu treffenden Ton], ist unrein etc.; ferner z. B. 27, 15: auf der Fluth hin und her treiben etc.; ferner: Oben sch. (Ggstz.: unten liegen). 5. 28, 13; 43 etc.; Wieder oben sch. 20, 84, sich heben, emporkommen etc., s. 6; 7. —
6) subst. Infin., s. 3; 5 und z. B.: Einer Welt, | die .. sich durch eignes Sch. hält. 22b etc.; Was nicht entschieden werden kann, bleibt im Sch. [in der Schwebe]. 19, 168 etc.; Schwebende Bewegung. 15, 35; 1, 621; 11, 158 etc.; auch z. B.: Säusel-Sch. [säuselndes]. 12, 224 etc. —
7) adjekt. Partic. präs., s. 3; 5, z. B.: Die Fittig-Sch–de. 13, 131 etc.; Stieg sie leicht und sch–d .. den Felspfad hinauf. E. 392; Leicht- sch–d. 23b; Das Spanische hat den Vorzug eines mehr sch–den Fortgangs, eines .. leichten Hinwallens. D. 5, 257 etc.; Aus dem sch–den Hause [Schiff]. 3, 28; Vom gleich-sch–den Schiffe. Od. 3, 432; 4, 358 etc.; ferner: unentschieden, ungewiß, schwankend etc.: Be- antwortung der noch sch–den Frage. Gsch. 547; In sch–der Pein. 9, 190; In so sch–den Zuständen. 22, 20; 39, 13 etc.; ferner = hangend oder doch (mehr oder minder frei) zu hangen scheinend: Sch–de Rankengewächse. 8, 223 etc., bes. Bergb., nam. auch: mehr in söhliger als seigrer Richtung (nach 221: zw. 25—60⁰ geneigt): Sch–de (oder schwebische) Flöze, Gänge, Schächte etc., vgl. flach 2; donleg etc. —
8) Schweber: ein Sch–der. E. 185; 22, 382; Od. 1, 261; 222 etc. (Hochschweber. Sinngd. 130), ferner = Schwebfliege (s. d.); = Kolibri. 7, 180 etc., s. auch schwiemen. — 9) Schwebung = das Sch. (6). 3, 417; 24, 231 etc., vgl.: Ohne alle Schweberei. 10, 44, schwankende Unbestimmtheit etc.
Anm. Ahd. suebên, mhd. suëben (zu weben. Gl. 514), s. 6, 856 ff. und nam. 3, 526. Mundartl.: schwoben, z. B.: Haben uns .. Engel umschwobet? 2, 176; Ich verschwobe [bin außer mir?]. 1, 251; 252.
Zsstzg. vgl. fliegen etc., z. B.: Áb-: nieder-sch. V. H. 1, 230, bes.: Auf- und a.; Schweben auf, schweben ab. G. 11, 198 etc.; s. auch fort-sch. — Án-: heransch.; seltner: Besitzthum, das dir nur lose .. mehr anschwebt als anhaftet. Kolbe Bel. 78. —
Úber-: hinüber-sch. Thümmel 8, 15 etc. — II. Über-, tr.: Āūf-: emporsch. G. 11, 142; Ist aufgeschwebt. Stahr Par. 1, 115; Auf- und nieder (Herwegh 1, 161 etc.), ab-sch. —
Āūs-: (veralt.) verschwinden. Franck Weltb. 138a. — Be-, Sanders, deutsches Wörterb. II. tr.: Etwas b., darüber schweben. Rückert BE. 155; Schefer L. 38; Sch. 8b; V. Arat. 55 etc.; veralt. intr. statt schweben. Ayrer Pr. 3, 4. — Dahêr- (V. Ant. 1, 307), dahin- (G. 1, 314; W. 15, XII). — Durch-, tr. [3c]: Wem hoher Ahnen Geist im alten Sange | das Kinderhaupt durchschwebt. G. 6, 16; Thümmel 7, 72; V. Od. 2, 435 etc. —
Eīn-: In den Himmel e. Hackländer Skl. 1, 71. —
Einhêr-: G. 20, 240. —
Empōr-: in die Höhe: Hes. 10, 15; Klag. 1, 5; Schwebt der Anker sacht empor. Freiligrath SW. 6, 304; 1, 453 etc.; Der neu e–de [durch Reichthum emporkommende] Franz. Musäus M. 4, 81. Veralt. statt des Grundw. Stumpf 166a; 391b etc. —
Ent-: Von (ESchulze 3, 232), zu (Sch. 99a) den Höhn e. etc.; bes. oft mit Dat.: Platen 2, 68; 4, 288 etc.; Flüchtig entschwebtest du hin. Kinkel 138. — Entgêgen-. — Er-, tr.: schwebend erreichen. B. 104b; Kl. Od. 2, 29; M. 16, 346 etc. —
Fórt-: Wackern. 2, 1331²⁰ etc. —
Hêr-: G. (8, 48 etc.); Hin- 13, 181); Hin- und her- (22, 354; W. 22, 357); Hin- und wider- (KMayer 198); herab- (Schücking E. 1, 61), hinab- (V. Il. 2, 15) sch. etc. —
Nāch-: Einem n. Thümmel 2, 244; 7, 111 etc. —
Nīēder-: G. 1, 27; H. 11, 224, s. auf-sch. —
Ob-:
1) (veralt.) oben schweben. 6, 320b; Die heilig Schrift .. schwebet allen Künsten ob. 123, übertrifft sie. — 2) [3f] schwebend obwalten: Es möge hier einige Gefahr o. 18, 256; Sollte diesem Staat ein andres Schicksal o.? Ph. 10, 155. — I.
[3f] s. überfliegen, z. B.:
1) Der .. Falke .. überschwebet sein Nest. 4, 228, schwebt über demselben; 16, 93; Wie er mit Adlersflug alles Wissen überschwebt. 1, 72 etc. —
2) Ferne Seen und Alpen ü–d. Gd. 1, 133 etc., schwebend der Längenausdehnung nach darüber hinauskommen. — 3) höher fliegen als das Obj., es übertreffen. A. 2, 63; Sch. 1, 441; Du sollst .. selbst dich ü. 4, 29 etc. — Um-, tr. [3g]: Seit mich .. ewiger Frühling umschwebt. 1, 291; 5, 53; 6, 197; 273; 9, 305 etc.; Von dem klagen-umschwebten Hügel. N. 3, 17. — Umhêr-: 34, 234; 11, 453; 27, 11 etc. — Ver-:
1) intr. (sein): Bis im Anschaun ew’ger Liebe | wir ver-sch., wir verschwinden. 4, 149; Daß Das, was auf das Besonderste angelegt schien, ins Allgemeine verschwebt und zerfließt. 3, 345; 344; Der Adler .., v–d in des Äthers Duft. 1, 163; Ph. 4, 123; 202 etc.; Eine Verschwebtheit der Seel’ in die hohen Jdeale. 2, 118 etc. —
2) tr.: faktitiv zu 1 (selten): Er, der Schweber, Idealisierer, verschwebt, ver- idealisiert jeden Zug. 209 etc. — Vōr- [3h]: Etwas schwebt Einem vor 9, 266; 294 etc.); ist Jer. 2, 372; 11, 239), hat 4, 1222²⁵ u. o.) ihm vorgeschwebt. — Vorāūs- 32, 122), vorbēī- (10, 304; 18, 90), vorǖber- (221; 11, 60). — Wég-: D. 353. — Zū-: Dem Himmel z. — Zurück-: Selige Geister, ihr seid schon zurückgeschwebt in die Fluren des ewigen Frühlings. 9, 166 etc.
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