Faksimile 0215 | Seite 1037
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Schwärmeln schwärmen Um-Schwärm
Schwärm~eln: s. schwärmen 3; 3d. ~en, intr. etc.:
1) eig. und zunächst von einer wimmelnden Menge, dann auch von einem einzelnen Subj., schwirrend und brausend in unstätem Schweifen sich hin und her bewegen (wobei bald die eine, bald die andre der angegebnen Begriffsbestimmungen bes. hervortritt), zumeist mit haben, doch nam. in Zsstzg. bei Hervorhebung der Ortsverändrung (s. Anm. zu flammen, flattern etc.) mit sein:
a) (s. Schwarm 1a) von Bienen, nam. ausziehnden Kolonien: Bienen sch. Rückert Rost. 89; V. Georg. 4, 139 etc.; auch meton.: Einem Bienenstock ähnlich, der eben sch. will. G. 16, 206 etc.
b) (s. Schwarm 1b): Mücken sch. im Sonnenschein; Eine Wespe, Hummel, ein Käfer, Schmetterling schwärmt um eine Blume etc.; Tirailleure, Plänkler sch.; Um sein Gehöfte sah | er Jäger sch. Cham. 4, 128; Er [der Sylphe, Schmetterling] ist mit losem Flügel ob allen Blumen geschwärmt. Kinkel 59; Die Schuld schwärmt um Verderb, wie Motten um das Licht. Lohenstein Soph. 1 etc.; Nur der Gewissenswurm schwärmt mit der Eule [liebt das Dunkel]. Sch. 206b; Liebe schwärmt auf allen Wegen, | Treue wohnt für sich allein. G. 8, 19 etc., s. 3.
c) weidm.: Jagdhunde etc. sch., schweifen plötzlich von der Fährte etc., s. Laube Br. 287 (vgl. 3).
d) unpers.: Es schwärmt [wimmelt] von (z. B. Werner Osts. 1, 212 etc.), seltner: mit (Luther 6, 219b) Etwas, zur Bez. der dichtgedrängten Menge. 2) (s. Schwarm 2) in Saus und Braus leben, wild lärmend (bacchantisch etc.) einherziehn: Die zechende, sch–de Menge. G. 21, 204; Unser sch–d lustig Leben. 8, 67; Die Freier, zum Tanze gewandt und Freudengesange, | schwärmten in Lust. V. Od. 1, 423 etc.; Nacht-sch–de Gesellen. Mügge GsN. 2, 377 etc., s. umher-sch. 3) (s. 1b) Ihm sch. [schweifen] abwärts immer die Gedanken | nach seiner Vätern Hallen etc. G. 13, 3; Liebe, die im Innern lebt, | sammelt sch–de Gedanken. 6, 108 etc.; so auch: Jemandes Geist, Herz, Phantasie etc. schwärmt, ergeht sich, begeistert und außer sich, in ungezügeltem Schweifen, den wirklichen Vhen die bloß gedachten (idealen) unterschiebend (vgl. Gedanke 2; 3), z. B.: Einbildungskraft verlangt er [Shakespeare], die so gern | geschäftig schwärmt, den Tag im Tag vergisst. G. 6, 242; So schwärmt die kranke Phantasei | in Klärchen’s sanfter schöner Seele | stets sanft und zärtlich. W. 10, 149 etc.; Erschöpfte Raserei, die nun in einen sch–den [schwärmerischen] Wahnsinn übergegangen. Tieck DB. 2, 250 etc.; bes. oft: Jemand [= sein Geist, Herz etc.] schwärmt (vgl. 4) und zur Bez. des Gemachten in der Empfindung vrkl.: schwärmeln (s. d), z. B.:
a) o. abhäng. Vhe: In den Lebensjahren, wo Sch. so schön, der Irrthum so liebenswürdig ist, schon so altklug. Börne Frzfr. 5; Das Hervorbringen eines Unbegriffenen und Unbegreiflichen durch freies Dichten ist von jeher Sch. genannt worden. Fichte 7, 114; So schwärmte er denn einen Augenblick, wie es erlaubt ist, zu sch., nicht finster und stolz, sondern froh und menschenfreundlich; denn auch die Schwärmerei gehört zu den Dingen, deren Art man an ihren Früchten erkennt. Forster Jt. 2, 144; Die nicht sch. wollen, aber entschlossen sind, zum Besten zu arbeiten. Br. 2, 288; Daß du schauest [s. d. 2b], nicht schwärmst. G. 2, 296; Adelheid: „Verlaß mich, kleiner Schwärmer!“ Franz: Der schwärmt, wer nicht fühlt und schlägt mit seinem Flügel den leeren Raum. 34, 130; Die Phantasie, | die in den Streit sich mengt, macht Schwärmer, | bei welchen bald der Kopf das Herz und bald das Herz | den Kopf muß spielen. .. Sie schwärmt. „Allein so fromm, so liebenswürdig.“ | Ist doch auch geschwärmt. L. Nath. 1, 1; 2; Ein junger Laffe, | der immer nur an beiden Enden schwärmt. 5, 5; Ihr seid außer euch, | die lang entbehrte Freiheit macht euch sch. Sch. 425b; Das sentimentalische Genie ist der Gefahr ausgesetzt, .. sich nicht bloß .. über jede best. und begrenzte Wirklichkeit hinweg zu der absoluten Möglichkeit zu erheben oder zu idealisieren, sondern über die Möglichkeit noch hinauszugehen oder zu sch. 1210b; Sch. und faseln [s. d.]. W. Luc. 6, 420 etc.
b) mit abhäng. Präpos.: Über einen Punkt sch. W. 34, 122 etc.; Für Jemand oder Etwas sch., begeistert sein oder sich so äußern. G. 17, 199; Gutzkow R. 2, 119; Heine Lut. 1, 93 etc., vgl.: Die Anfangs .. ebenfalls .. ge- kunstschwärmt. Schücking GsE. 4, 130 = für die Kunst geschwärmt, Kunst-Schwärmerei oder -Enthusiasmus gezeigt etc.
c) mit Obj.: Ich schwärme keine eitlen Träume. Iffland 3, 2, 172; Dgl. tolles Zeug und noch weit ärgeres schwärmte der gute Mann. W. Luc. 6, 408 etc.
d) refl. mit Angabe der Wirkung: Sich | wild zum Helden zu sch. Kinkel 99; Er schwärmte sich zum Ritter der Tugend. Klinger F. 197; Ihr könnt euch nicht in Herzogthümer sch. Schlegel Sh. 7, 26 etc., vgl. (s. o.): Wenn Lavater sich und den Freund in solche Empfindungen süß ein- schwärmelt. DMuseum (1776) 46. 4) (s. 3; 1a und Schwarm 1c) wie die Bienen vom Mutterstock sich trennend, mit Irrlehren Schwarm machen, nam. auf religiösem Gebiet, von Sektierern, s. bes. L. 11, 465; Daß er ein wenig geschwermet hat am Sakrament. Luther 8, 357a; Wer nicht ihrem tollen Sch. folget, Der muß ein neuer Papist heißen. SW. 26, 257; Opitz 1, 29 etc.; Im Glauben also irrig schwirmten. HSachs G. 1, 68 etc. 5) Schwärmer, s. u. Zsstzg., leicht zu mehren, nam. zu 1, vgl. die von fliegen, schwirren etc., z. B.: Áb-: z. B. [1a] A–de Bienen und meton.: Die abgeschwärmten Mutterstöcke. Kirsten Kat. 11. Āūf- [1]: Gleim 3, 166.
Āūs-:
1) intr. (haben) zu schwärmen [1; 2; 3; 4] aufhören, z. B. [3]: Diese Thorheit hatte geschwinder ausgeschwärmt als irgend eine andre. FHJacobi 5, 141.
2) intr. (sein): [1] Auf ihren Raub a. B. 300a; Tirailleure beim A. Kinkel E. 437 etc., so auch [2].
3) tr. [3c] Einen Traum a. Klinger Th. 2, 111. Dahêr-: [1] V. 3, 16 etc. I. Dúrch-: z. B.:
1) [1] Halb Trug, halb Wahrheit, schwärmen Gestalten durch [hindurch]. Conz (Sch. Mus. 26) etc. und mit Accus. (vgl. II): Sinnlos wüthete sie und schwärmte die Gassen der Stadt durch. B. 248b; Eine Reihe von willigen Schwestern, die alle der flatterhafte Horaz durchgeschwärmt ist. L. 4, 19 etc.
2) Eine Zeit d., ganz mit Schwärmen verbringen, z. B.:
a) [2] Nach einer durchgeschwärmten Nacht. Uhland 363; Wackern. 2, 1274³; W. 3, 174 etc., vgl.: Solche Schwindelgeister schwärmen .. ihr Leben in einem beständigen Wirbel von leeren Besuchen durch. Zimmermann E. 21 etc.
b) [3] Es ist angenehm, sich zuw. einer .. vorübergehenden Schwärmerei der Phantasie oder des Herzens zu überlassen . ., aber sein ganzes Leben durch-zu-sch. W. 17, 158 (richtiger: durch zu schwärmen) etc. II. Durch- tr. = I 1 und 2: Durchschwärmt das Auge . . ein .. Paradies. König 15, 332; Der Käfer, wenn er alle Blumen durchschwärmt hat. L. 7, 148; Platen 2, 144; Sch. 1004a; Als Kobold .. | durchschwärm’ ich Nacht vor Nacht. V. 3, 164; Il. 18, 588 etc. auf-sch. V. 3, 18. Er- [3]: Das Unendliche durch die Vernunft denken oder durch die Phantasie e. Klinger 12, 258. hinweg-sch., vgl. durch-sch., z. B.:
Empōr-: Fórt-:
1) räuml.: G. 2, 294.
2) zeitl.: versch.: Er schwärmte Jahre fort. Uz 1, 29. Hêr- etc.: Spatze schwärmten her und hin. Kretschmann 2, 161 etc.; Wo bist herumgeschwärmt? Schlegel Sh. 1, 132; G. 7, 332; Rückert 1, 123 etc.; Gedanken, welche in meinem Kopfe her- umschwärmten. W. 2, 72 etc., auch [2]: Indem er in der Stadt herumschwärmte. Luc. 6, 198 etc.; In Jugendlichkeit schwärmet die Laun’ hinweg. V. 3, 48 etc. und [3]: Wo schwärmt der Knabe hin? [wohin reißt ihn sein Wahn der Selbstüberschätzung etc.]. G. 13, 155 etc. Mít-: z. B. s. Schwarm 1c. Nāch-: schwärmend folgen, z. B. [1]: Dem Wilde n. Kurz 2, 544b. Über- [1]: Mandelbäume, überschwärmt von Bienen. V. Ländl. 4, 749; H. 1, 341 etc. I. Um- [1] tr.: Ein Weisel, will ich schweifen, | umschwärmt von meinem Hofstaat, den Gedanken. Freiligrath 1, 237; G. 6, 55; 11, 190; Von Tritonen umschwärmt. Matthisson 104; Schwester, bist du doch stets von Schmetterlingen umschwärmt und ich von Wespen. Sch. 166a; 450b; Barken .. umschwärmten die Flottille. Stahr Rep. 1, 103; Freuden, die dich um-sch. W. 23, 12; 22, 11 etc. II.
Um- [1]:
Wie Bienen um-sch. Eichendorf Lärm. 65; Mendelssohn Ps. 118, 12; Kühl u–d, des Lüftchens Hauch. Pyrker 90; V. H. 2, 351 etc., vgl.: Umher-sch. Rückert Rost. 98; Schlegel Somm. 2, 1 etc. Ver-:
1) [1a]:
a) intr. (haben) = aus-sch. 1.
b) refl.: s. verfliegen 2.
2) tr.: Eine Zeit v., schwärmend verbringen, z. B.:
a) [2] FLSchröder Btr. 3, 2, 113 etc.
b) [3] Ich verschwärmte den Morgen in Wonnegefühlen. Bahrdt 3, 9 etc.
3) [2] Verschwärmt sein, durch Schwärmen matt etc. Mundt Mir. 2, 182; PhORunge 1, 256. Vōr-: z. B. [3]: Einem Etwas v., sich vor ihm in schwärmerischen, enthusiastischen Außerungen ergehn. Spielhagen Pr. 3, 60. Zū-: z. B. [1]: Indem ihren Mysterien bes. Weiber z. V. Ar. 1, 316 etc. Zusámmen-, z. B. [3]: s. zusammenscherzen.