Faksimile 0214 | Seite 1036
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schwänzeln schwänzen Schwänzer Schwänzerei schwänzig
Schwänz~eln, intr. (haben, sein, s. flammen, Anm.) und zuw. tr.:
s. schwänzen und Schm.:
1) von Thieren: wedeln (s. d. und Zsstzg.) und schwanzwedelnd sich bewegen: Hunde, Füchse sch.; Das [die Ziegen] rüttelt sich, tänzelt, schwänzelt. Immermann M. 2, 141; Die Eidechse schwänzelt. Gutzkow R. 3, 357; Eidechsen schwänzelten .. hin und wieder. Kürnberger Am. 293; Indem der Eidechs langsam fort schwänzelte. Heine Reis. 4, 13; Mit den Flossen herum-sch. Verm. 1, 253 etc., auch bildl. Gutzkow R. 6, 304; Lichtenberg H. 1, 4 etc.
2) (s. 1) von Pers.:
a) den Schwanz (s. d., Anm.) oder Schlepp hin und herwerfen; stolzierend oder geziert einhergehn; scharwenzeln (s. d., vgl. scharlenzen und b): Es war nicht an den Rittern der Zeit, daß sie viel schwänzelten und sich fein machten. Alexis H. 2, 3, 224; Er spielte [eine Frau nachahmend] mit dem Fächer, er schwänzelte. G. 29, 315; Folgte schwenzelnd von Zimmer zu Zimmer. Hackländer Erl. 1, 284; Sie schwänzelte und fegte .. neben ihm her. Rank SchM. 122; Man will .. tanzen, höfeln, sch. V. Sh. 2, 505; Sie schwänzelten auf den Ball [hin]. Wagner Kind. 16 etc.
b) (s. a und scharwenzeln): hündeln (s. d.); den Fuchsschwanz (s. d.) streichen; sich geschmeidig kriechend, schmeichlerisch behaben etc.: Seht das Schleichen! seht das Schwenzeln! Droysen A. t, 337; Dieses leise Auftreten, dieses Schmiegen und Biegen, dieses Jasagen, Streicheln und Schmeicheln, diese Behendigkeit, dieses Schwenzeln. G. 17, 23; Höflich und sch–d. Gutzkow R. 4, 219; Das lügt und schwänzelt! V. Sh. 1, 463 etc.; auch tr.: Im Munde der antheil-sch–den [-heuchelnden] Widersacher. FAWolf (Dorow 2, 25) etc. und Zsstzg.: Sich wo ein-sch. Seydelmann 312; Sich einen Platz im Prunksaale der Unsterblichen er-sch. 226 etc. und nam.: Fuchs-sch. Droysen A. 2, 132; Scherr Bl. 2, 345 etc. (vrsch.: Er fuchsschwänzelt auf seinem poetischen Harzkuchen aus Leibeskräften, nicht um das deutsche Volk zu elektrisieren, sondern um es seiner Elektricität zu entladen. Börne 5, 345, mit dem Fuchsschwanz peitschen). Dazu: Die Augendiener und Schwänzler. Ense T. 4, 11; V. Th. 5, 25 [falsch schmeichelnder Schelm] etc.; Fuchsschwänzler.
c) (selten) Was schwänzelst du mich so? W. 34, 343, foppst?
~en, intr., tr.:
1) = schwänzeln 1 (selten) Adelung. 2) = schwänzeln 2a (s.: Tanzen und schwanzen. Schm., vergl. Schwanz, Anm.): Jes. 3, 16; Mit Schlepp und Steiß zu schwenzen. G. 2, 118; Schweben und „schwentzen“ der Adel und große Hansen immer vor unsern Augen etc. . . Wie ritterlich sie schwentzen. Luther 5, 21a etc.; Wenn er mich in meinem armseligen Putze daher-sch. sah. Bahrdt 1, 147; Wie Papageien einher- sch. FMüler 2, 20 etc.
3) (s. 2) müßig umhergehn: Über all dem Herum- Sch. in der Schlaraffenwelt findet das Mädchen zuletzt seine Heimath nicht mehr. Sch. 182a; Einher-, Umher-sch. etc. Unzsgstzt. gw. tr.: Etwas müßiggängerisch versäumen: Die Schule (Spielhagen Pr. 1, 288 etc.), die Stunden (Auerbach D. 1, 290; IP. 36, 21), Kollegia (Klencke Parn. 1, 248; Schücking Mark. 1, 9), die Kinderlehre (Kurz Sonn. 82); die Predigt und die Messe (Sch. 325a) sch. etc.
4) = schwänzeln 2b: So schön er züngelt auch und schwänzet. Baggesen 4, 135, s. fuchs-sch.
5) Einen sch., ihn „Schwanz“ (s. d. 3) heißen etc. Schm.
6) Etwas sch., es auf heimliche, unerlaubte Weise nehmen. Ders., es auf den Schwanz klopfen (s. d. 1f), Schwänzelpfennige (s. d. und Jucks 2) machen; auch mit persönl. Obj.: Einen (um Etwas) sch., auf solche Weise betrügen (s. 4 und fuchsen 2).
7) tr.: mit einem Schwanz versehen:
a) eig., gw. nur Partic.: Stolz geschwänzte Pfauen. B. 57b; Geschwänzte Gäste [Katzen]. Lichtwer 32; Platen 4, 173; Garstig geschwänzet. V. H. 2, 351; Lang-geschwänzt (oder -schwänzig). Burmeister gB. 1, 212 etc.; Ungeschwänzt; Unbe- schwänzt. Gartenl. 11, 286b etc., vergl.: Pferdbe schwänzte Mädchen. Wackern. 2, 924²⁷ (FMüller), Centaurinnen mit Pferdeschwanz.
b) (s. a) Brandraketen . . Diese geschwänzten Feuermeteore. G. 25, 25 etc. (seltner: Feuerschwänzende Kometen. Butschky 737, s. schwänzig), vgl.: Der strahlbeschwänzte Blitz. Canitz 240.
c) Eine Note sch., einen (ihre Zeitgeltung um die Hälfte verkürzenden) Schwanz daran fügen: Die Achtelnoten werden einmal geschwänzt, die Sechszehntel zweimal geschwänzt u. s. f. genannt. Sulzer 2, 343b; Zwei- und dreigeschwänzte Noten. W. 34, 98 etc.
d) Am Ende eine lange Coda daran geschwänzt. Zelter 6, 425; Deutsche Vokabeln, die . . polnisch geschwänzt werden. Waldau N. 2, 107, eine poln. Endung erhalten etc.; Den ganzen lat. Linnée mitten in unsere Sprache hineinstellen ohne andere deutsche Abzeichen als hinten die Anschwänzung in deutsche Endung. IP. 7, VII etc.; Unsere Zeitwörter hinten mit einem ,„a“ zu be-sch. W. 33, 308 etc.
8) den Schwanz zur Zierde emporrichten etc., gw. Zsstzg.: Ein Pferd auf-sch. oder aufschweifen, die Haar-Enden des Schweifes (mit Geschick und fest) an den Bürzel binden. Falke 1, 79 (Ggstz. ab-sch., -schweifen) etc.; (Kochk.) Fische auf-sch. [krollen, s. d. 1]. JP. 8, 122 etc.; Wenn der Pfau sich aufschwänzet [ein Rad schlägt]. Fischart Garg. 118b; Aufgeschwänzter Pfau. Garzoni 751b etc. Verallgemeint = aufputzen. Schm.
9) (mundartl.) Einen Hund sch., den Schwanz abhaun. Schm.
10) Flößholz sch., am Ufer hängen gebliebnes flott machen (wohl st. schwemmen); Schwän- zer. Zsstzg. mit Vors. s. o., ferner: Fúchs- [4]:
1) den Fuchsschwanz (s. d. 1) streichen. W. Luc. 1, 101 etc., auch: Einem (Klinger F. 97; Rollenhagen Fr. 259 etc.) oder: bei Einem (Wagner Kind. 55) f. Dazu:
a) Fuchsschwänzer. Schweinichen 3, 34 etc.; Fuchsschwänzereien. 121 etc.
b) Doppelzsstzg.: Etwas er-f. Forster Br. 2, 555 etc.; Daß Einer seinen Kameraden anschwärzte oder verfuchsschwänzte. JGMüller Lind. 1, 95; Schweinichen 3, 61, auch: Daß Einer verfuchsschwanzet und ausgebissen wird. 2, 328 etc.
2) (s. 1) Bauk.: einen Fehler durch Fehler verstecken, nam. durch wiederholte geringe Abweichungen vom Loth. Schwálben-: in Doppelzsstzg.: Ver-sch., s. Schwalbenschwanz 2.
~er, m., –s; uv.:
1) Einer, der und insofern er schwänzt (s. d., nam. 10; fuchsschwänzen 1a etc.).
2) in Zsstzg.: ein Wesen nach der Beschaffenheit des Schwanzes, z. B.: Ein Lang-Sch. Vogt Oc. 2, 123 etc.
~erēī, f.; –en:
das Wesen u. Thun eines Schwänzers etc.: Sich Sch–en der Schulstunden zu Schulden kommen lassen, sie schwänzen; Schlapp-Sch., s. Schlappschwanz; Viel-Sch. G. 30, 208, Vielgeschäftigkeit eines schwänzelnden Höflings etc.
~ig, a.:
geschwänzt (s. d. 7): Schwänzichte Kometen. Lohenstein Ros. 9 etc.; nam. Zsstzg.: Das lang-, das breit-, das fett-sch–e Schaf. Oken 7, 1341 etc.; Sein schwalbenschwänziger Frack. Kürnberger DAm. 85 etc.