Faksimile 0179 | Seite 1001
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schöpfen
Schöpfen, tr. und o. Obj. (s. Schaff, Anm.):
1) aus einer Flüssigkeit etc. Etwas in einen hineingetauchten hohlen Raum (Behältnis, Gefäß) fassen und herausnehmen: Wasser etc. mit der Hand, mit der Gelte, Kelle, dem Eimer etc.; aus dem Fluß, Bach etc.; aus einem großen Gefäß in ein kleineres etc.; jenes leer, dieses voll sch. etc.; Tief oder aus der Tiefe; seicht oder an, von der Oberfläche sch. etc.; Sie „schepfften“ des Wassers aus dem Brunn. 2. Sam. 23, 16; Er schöpft [die Milch] auf den Teller., er schöpft. G. 10, 137; Ritt auf den Haferhaufen zu .., schöpfte das Gefäß übervoll. 20, 245; Karmarsch 3, 96; Lechzer, schöpfe tief und hell. Kosegarten Po. 2, 171; Was leicht wie den Schaum von der Fläche sie sch. Platen 4, 109; Schöpft in den etrurischen Krug! Sch. 83b; Aus der Schale| sch. wir die trübe Fluth. 52b etc., s. d. Folg. (Ugw.: Schöpfte sie Wasser in eine m Krystallbecher. Platen 4, 393 etc.; Ein Knabe wollte Wasser sch., aber das Wasser .. schöpfte den Knaben und ging mit ihm durch. Olearius Ros. 52a etc.) Techn., z. B.:
a) Gießerei durch Sch., s. Kelle 2b.
b) Papierm.: das flüssige Ganzzeug mit der Bütte (s. d. 3f) auf die Form zu einer dünnen gleichförmigen Schicht ausbreiten, s. Karmarsch 2, 799. Geschöpftes [oder Bütten-]Papier. Franke Bchdr. 145.
c) Meteorol.: Die Sonne [einigermaßen person.] schöpft (oder zieht) Wasser, man sieht in den Wolken (s. Regenwand) Streifen, die auf Regen deuten.
d) weidm.: Der Habicht, Falke schöpft [trinkt], s. 8.
e) Schiff.: Den Wind in die Segel sch. [fassen].
2) (s. 1) oft bildl. und übrtr.: Aus einer Quelle (s. d. 7 und die Bsp. dort) sch.; „Tiefer zu sch., habe ihm seine Zeit nicht verstattet.“ Eig. also hat er gar nicht geschöpfet, denn Hilfsmittel sind keine Quellen. H. Ph. 13, 327; Meine Kenntnis .. ist nicht weit her; denn ich habe sie .. nicht tiefer als aus 1001 Nacht geschöpft. W. 19, 163 etc.; „Was schöpfst du, Kind, so sinnig?“ | Das Meer in hohlen Sand! | „Was? Knab’, in diese Höhle | das Meer?“ Und du, o Thor, | schöpfst Gott in deine Seele! V. 3, 217 (G. Sch. 1, 23; W. 18, 239 etc.); Steffens las nie vom Blatte; was er im Augenblicke geschöpft, reichte er frisch und hell. Börne 2, 15; Wenn du .. Viel aus dir selbst geschöpft. G. 24, 4; Von Allem mußte geschöpft, Alles, wenn es auch nicht zu er-sch. war, oberflächlich gekostet werden. 39, 321; Nie schöpfte tief das Frohe der lachichte | .. Zeitvertreib. Kl. Od. 2, 28; Hier an einem der Lichtquelle unserer Insel Weisheit und Kenntnisse sch. Kohl I. 2, 74; Die Natur schöpft aus ewigen Meeren und erschöpft sich nicht. IP. 22, 147; Daß .. ein Engel .. das Rechte mir .. schöpfte | am reinen Lichtquell mit der reinen Hand! Sch. 385b etc. (s. d. Folg.).
a) Zuw. nach frz. Weise mit in st. aus, z. B.: Das usurpierte im Stumpfsinn und im Aberglauben des Volkes geschöpfte Recht. Forster A. 2, 41; Daß ich .. in ihren Büchern gefährliche Geheimnisse geschöpft. Keller gH. 1, 257 etc.
b) selten: So schöpften [wählten] sie einige weise Männer aus ihrem Mittel etc. . ., „Schöpfen“. Möser Osn. 1, 39 (s. 5).
3) (s. 2) sehr häufig vom Athmen (eig., insofern dadurch der Brustkasten mit Sanders, deutsches Wörterb. II. Luft gefüllt wird und übrtr.): Athem (s. d. 1b), (frische) Luft (s. d. 1b) sch.; Wir sch. und athmen den Morgen mit Wonne. G. 27, 486; Beliebte Luft auf väterlichen Hügeln, | wer weiß, ob ich dich einst nicht sch. kann. Haller 6; Wahrheit sch. (2) ist soviel als Luft sch. L. 13, 614 etc., vgl. auch: Ein geschöpfter [tief aus der Brust heraufgeholter] Ruheseufzer. H. R. 9, 67 etc.
4) (s. 2) mit abstr. Hw. als Obj. (alphab.), z. B.: Aus, von (W. 9, 124), über (Luc. 6, 216) Etwas Argwohn sch., fassen; Geduld sch. Luther SW. 26, 71 etc.; Schöpfte Hoffnung von diesem Umstand. Sch. 711a; Lust aus Etwas sch. W. 11, 159; Schöpfet Muth in eure Brust! B. 164b; Keinen andern Muth und Sinn „schepffen“. Luther 5, 429b; Aus Etwas Trost sch. Musäus M. 3, 103; FSchlegel DM. 3, 55; Verdacht sch. W. 9, 270; Vergnügen, Wonne aus Etwas sch. etc.; obrd. auch in andern Verbind., z. B.: Unwillen (Fischart B. 224a; Stumpf 381a), eine Begierde, Eifersucht sch. etc.
5) (vralt., s. 6) Rechtsspr.: Ein Urtheil etc. sch. Schm. 3, 378 etc., vgl. finden 3 und Schöff.
6) (s. 5) Ward diesem neuen Monarchen .. ein neuer Titel und Namen geschöpft [gefunden, gegeben]. Stumpf 311b; Die Schenken von Schenkenberg haben einen erblichen Titel .. von dem Amt .. geschöpft [erhalten]. 314a; Ein Spitzname, welchen Aristophanes seinen Mitbürgern .. geschöpft. W. 21, 338; Einen Sohn, bei dem der Herzog und die Herzogin .. Pathen gewesen und ihm den Namen Wilhelm August geschöpft haben. Denkw. 1, 166; Luc. 3, 186; 263; Merck 1, 196 etc., vrsch. 7.
7) vralt. st. schaffen, s. d. 1a am Schluß und Anm. und Zsstzg., z. B. anschaffen 1; Mit dem Pinsel in der Hand.. Bilder sch. Merck’s Br. 1, 244 etc., so auch: Dadurch schöpften [machten] sie sich in der ganzen Welt einen großen Namen (vrsch. 6). Schwab B. 1, 310.
8) weidm.: faktit. (s. 1d) Einen Habicht sch., ihm Wasser geben, zum Trinken oder Baden.
9) (vgl.
1) nicht wasserdicht (leck) sein und so Wasser eindringen lassen: Der Kahn schöpfte schon Wasser. Novalis 1, 103; Wann sch–de Bretter | kaum hemmen den Tod. Salis 79 etc.; Die Schuhe sch. Wasser. Adelung. 10) (vgl. 9 und empfangen) von Pflanzen: befruchtet werden, Frucht ansetzen. Schm.; scherzh. auch von Frauen: koncipieren. 11) Dazu (s. u.) Schöpf-er, -ung.
Zsstzg. nam. zu 1 (und 2), vgl. füllen etc., z. B.: Áb-:
1) eig. und übertr.: Etwas von der Oberfläche (Fichte 6, 11) oder oben (L. 10, 152; W. HB. 2, 256) a., vgl. oberflächlich; Das beste Fett (s. d.), den Rahm (W. Luc. 5, 161), die obersten Spitzen oder den Rahm (G. Stein 1, 313), die Blüthe (252) a.
2) meton.: Die Milch a. [abrahmen]; Bis sie an der Quelle der Gewalt sitzen. Dann schöpfen sie diese Quelle rasch ab. Gutzkow R. 1, 221; Mit strengen Bußkasteiungen allmählich | a–d eine ew’ge Schuld. Sch. 514b, durch Schöpfen abnehmen machen, vgl. aus-, er-sch. Án- [7]. Āūf-: Aus dem Quell verklungner Sagen | schöpft er tiefe Wahrheit auf. Hungari 2, 120; Suppe a. etc. Aūs-: Das Wasser a. (aus dem Kahn). G. 25, 149 etc.; Den Wein a. (aus dem Faß etc.). V. Od. 16, 110 etc.; meton.: Den Kahn, das Faß, den Brunnen a. etc.; Liebeslieder, die ein ganzes Herz bis zum Grund a. Görres (Wackern. 4, 1190³¹); Den Geist der Schrift ganz a. Luther 1, 3a; Das Interesse bis auf den letzten Tropfen a. Sch. G. 1, 164 etc. Veralt.: Dürr, mager und ausgeschöpft. Stumpf 525b, entkräftet etc., vergl. er-sch. Eīn-: Wasser e. Platen 4, 346 etc.; Eine „eingeschepffte“ oder geborgte Liebe. Luther 6, 36b, Ggstz.: eine von innen quellende. IP. 21, 93; Fat. 1, 111 (s. Glücksrad) etc. Empōr-: s. auf-sch. Ent-: Den Fässern Wein (V. Od. 23, 204); dem Krug Nektar (Il. 1, 598; B. 149a), dem Quell Trinkwasser (Kl. M. 14, 739), dem Meer einige Tropfen (9, 214) e.; Wasser, l das die Pumpen nicht dem Boden [des Schiffs] zu e. | gnügten. Schlegel Span. 2, 21 etc.; Tiefem Sinn entschöpfte Worte. WHumboldt 4, 383 etc. Er-:
1) (selten) Dieser erschöpft [schöpft] sich | wieder getrübete Fluth. V. H. 2, 12 etc.
2) aus-sch., leer schöpfen etc., zumeist übertr., z. B. ineinandergreifend:
a) Einen Brunnen (s. d. 7), eine goldne Ader (s. d. 3) e.; [Diese Ausgaben] erschöpften endlich seine so unermeßlich scheinenden Schätze. Sch. 776a; Nachdem er alle .. Gemein- örter der Schmeichelei erschöpft. W. Luc. 3, 333 etc., s. d. Folg.
b) Jemandes Kraft oder ihn e., ihn ganz matt und kraftlos machen etc.; Anfechtungen, die mich an meinem Leibe so erschöpften, daß ich kaum lechzen .. konnte. Luther SW. 60, 108; Nachdem er .. seine Zunge erschöpft. Klinger 10, 40 etc., vgl. (körperl.): Der Odem, den Laokoon an sich zieht, erschöpft den Unterleib und macht die Seiten hohl. Winckelmann M. 1, 412a etc.
c) Ein Thema etc. e., so vollständig behandeln, daß Nichts mehr darüber zu sagen bleibt etc.: Wenn die Ausführung den Gedanken erschöpfte. G. 15, 27; 39, 321; Sch. 102a; 277b etc., auch ohne Obj.: Sie soll nicht e., nur die Richte angeben. Jahn M. 307 etc., bes. im adjekt. Partic. Präs.: Eine e–de Behandlung, Darstellung etc.; Nur aus jenem Princip e–d und vollkommen hinreichend zu erklären. Fichte N. 7.
d) (Chem.) 67 Gran Mais wurden mit Äther erschöpft. Liebig Th. 314, s. sättigen 2c.
e) refl. namentl. zu a und b: Die beste Lunge erschöpft sich (b). L. Gal. 3, 6; Die Natur schöpft aus ewigen Meeren und erschöpft sich nicht (a). IP. 22, 147; Sch. 278a; 776b etc., auch (c): Dies Thema erschöpft sich nicht so leicht.
f) im pass. Partic., z. B. zu a: Wenn ihr Latein erschöpft [zu Ende] ist. Immermann M. 3, 271 etc.; Schottel 1013 und nam. zu b: Börne 5, 321; Cham. 4, 53; 80; Gutzkow R. 5, 108; Sch. 523b; Tieck DB. 2, 250 etc., dazu: Aus kampf- erschöpften Gliedern. Schlegel Sh. 7, 307; Durch Krankheit | lebenerschöpft. Pyrker etc.; Soviel meine gänzliche Erschöpftheit es erlaubt. Kosegarten Rh. 2, 110 etc. und als Ggstz. zu a: Unerschöpft. Ense D. 2, 338; Sch. 67b; 73b; Wackern. 3, 645¹; Wie unerschöpft die Deutschen sowohl an Mannschaft als an Begierde zum Kampf .. gewesen. 1047²¹ etc.; selten: Weil man den unerschöpften [vom Nachahmer nicht erreichten?] Meistern | die Lorbern nur umsonst begeizt. L. 1, 57 etc. Hêr- etc.: Wein aus dem Faß heraus-, in den Becher hinein- sch.; Sein innrer Schlamm hinweggeschöpft. Tieck Maß 3, 1 etc. Weil noch nicht alles Fett abgeschöpft ist, n. etc. (s. überfüllen I 1) Karmarsch 2, 153. s. umfüllen. —— Wég-: Nur das Bedeutende .. oben w. Sch. G. 3, 270, s. ab-sch. hinzu-sch. schöpfend zurücknehmen etc.
Nāch-: Über-: Um-: Zū-: Zurück-: