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Schnur
Schnūr, f.; –en, Schnüre; Schnürchen, lein; -, –en-:
I. Schwiegertochter: Die Sch. ist wider die Schwieger. Mich. 7, 6 u. .; Seinem Sohn und seiner Sch. Stiling 2, 9 (Schnerch. vHorn rhD. 2, 263). Zumeist in gehobner Rede, z. B. Opiz 2, 143; Talvj 2, 28; V. Ov. 2, 150 etc.; Mz.: Sch–en. Denis 122; Gerhard W. 1, 61; Mathesius Pr. 20; Die Töchter und Sch–en. Schaidenreißer 13a = Flehten die Töchter und Schnür’. V. Od. 3, 451; Eidam’ und Schnüre. Ov. 1, 323; 184; Il. 22, 65 (auch B. 235a). II.
1) eig.: dünne Leine (s. d., vgl. Litze) zu versch. Behuf, s. Zsstzg., statt deren oft das Grundw. genügt (s. die folg. Nummern): Er zerriß die Seile, wie eine flächsene Sch. zerreißt. Richt. 16, 9; Pred. 4, 12; Banden eine gelbe Sch. daran. 2. Mos. 29, 31; Gelbe Schnürlin. 4, 15, 38 etc.; Zarte Sch–en aus dem feinsten Bast gedreht. Böttiger Sab. 177; Fingen wir Albatrosse an Sch. und Angeln. Forster R. 1, 65; Löst die Sch–e [Ez.] behutsam los. Franke Kat. 43; Die Rüden an der Sch. [Leine]. Freiligrath SW. 1, 431; Eine grünseidne Sch. [vorher „Strickchen“] G. 20, 63; Eine der grünen Sch–en. 71; Mit herabhängenden Schnüren an den Beinkleidern. Hebel 3, 464; Etwas auf Sch–en reihen (vgl. 6). Kohl Pet. 1, 123; 2, 74; Lüftet mir die Schnüre, | daß mein beklemmtes Herz Raum hat zu schlagen. Schlegel Rich. III. 4, 1 (s. Schnürleib; aufschnüren etc.); Mit verlorner [s. d. 3f] Sch. messen. Scheuchenstuel 216; In die [Meß-] Sch. [des Markscheiders] greifen. 108 etc.
2) (s. 1) bildl., z. B.: Ihre Sch. gehet aus in alle Lande. Ps. 19, 6 = Über den ganzen Erdkreis tönet ihre Saite (s. d. 1). Mendelssohn etc.; Urkraft, Verhalt und Zweck, tief ausgegründet, | umschlingt der Anmuth leichtgeknüpfte Sch. V. 3. 224 etc.; Der Weise braucht . . die Vernunft zur [Richt-] Sch. Haller 52 etc., s. d. Folg.
3) abhäng. von Präpos. in best. Verbind.:
a) Pers. etc. am Schnürchen haben (s. Faden 4f; Leine 1). G. 9, 372; Tieck N. 5, 13 etc.; an dem Schnürle führen. Spindler St. 1, 29; Alles am Schnürchen leiten. Auerbach SchV. 299 etc., vgl.: Der Alles in der Sch–e hätte. Schweinichen 3, 100 etc.; ferner von Etwas, das man ohne Stocken hersagen kann: Etwas am Schnürchen haben. Kohl J. 1, 108; Vogt Köhl. 13 etc.; Der lügt, als ob er’s an der Sch–e hätte. Müllner 5, 308; Die Märchen .. an einem Schnürchen weg zu recitieren. G. 14, 60 etc., vgl.: Eine Reihe von Vorstellungen .. war wie an der Sch. in seinem Haupte aufgezogen. Gutzkow R. 5, 102 etc.; Maschinenmäßig von Sch–en Gebete abplappern. Böttiger Sab. 205 (s. 5), auch: Der gemeine Mann hat das Mannigfaltige, was ihm aufgetragen wird, gemeiniglich besser auf der Sch., es nach der Reihe zu verrichten etc. Kant 125* Anthr. 94 etc.; ugw.: Ich kann die Rede aufs Schnürchen. Immermann M. 3, 30.
b) Bis zu der Abreise mußte aus der Sch. gezehrt werden. vHorn Schmj. 81, weil Nichts verdient wird, das Kapital angreifen, auch: Von der Sch. zehren, leben, wahrscheinl. hergenommen vom Aufschnüren des Geldbeutels, vgl. frz.: délier les cordons de la bourse und Binderiemen. Ferner: Aus den Schnüren [aus Rand und Band] gehen. Rachel 7, 183.
c) in Bezug auf die innezuhaltende, durch die Meß-Sch. (s. d.) bez. Linie (vgl. d; 6; schnüren I; II3; bestürzen etc.): Bei der Sch. bleiben. Ense Gal. 1, 59, vgl. (in anderm Bilde): Bei der Stange, ferner: Wenn ich Etwas habe auslaufen lassen, was nicht innerhalb der Sch. war. Immermann M. 1, 323, einen Streich begangen, der nicht ganz recht; Der, wenn auch nicht in die Irre, doch ein wenig jenseit der Sch. gerathen. Tieck N. 3, 114 etc. und nam.: Über die Sch. hauen, z. B. G. 6, 349; L. 12, 391; Tieck 3, 65 etc.; Jeden Hieb über die Sch. behofmeistern. Ruge N. 402 etc.; Über die Sch. treten (Fischart B. 103b etc.), trinken (Sturz 2, 410; V. H. 2, 350 etc.).
d) Nach der Sch. = nach der Reihe (Luther 8, 129a; L. 13, 100 etc.), nach der Richt-Sch. (s. d.), strengen Ordnung (G. 21, 199; Gutzkow R. 1, 200; Schlegel Sh. 3, 329 etc.); Hier geht Alles nach Uhr und Sch. Platen 7, 300 etc.; Zwingt nicht nach einer Sch., | nach einerlei Gesetz die streitende Natur. W. 25, 91 etc., s. c; 4; sch.-gleich, -grade, -stracks etc.
4) etwas in grader Linie Fortgehndes, s. 3c; d und z. B. hergenommen von der Bogensehne: Er hatte klug der Straße weitem Bogen | die Sch. des Pfades vorgezogen. Nicolai 2, 15; So spann ich zwischen Deutschlands beiden Enden | .. von Scharen eine Sch. 8, 188 etc. und nam. von der Linie (s. d. 6) eines Geschlechts (vergl. 5). Luther 1, 120b; 8, 128a; 129b; Frauen-Sch. [weibl. Linie]. 126a; Eine Linien oder Sch–en gezogen und geführt von Adam bis auf Jakob. SW. 35, 3 etc.
5) etwas auf einer Sch. Aufgereihtes (s. 3a etc.): Schnüre Perlen (s. d. 1e); Sch–en von aufgereihten Menschenzähnen. Forster R. 1, 165; Sch–en Schlangenaugen. Musäus M. 1, 8; Die Sch. glanzheller Juwelen. V. Ov. 2, 172 etc.
6) etwas mit der Sch. Einem Zugemeßnes, z. B. bibl. 5. Mos. 32, 9; Jos. 17, 5; 19, 9 etc., nam. auch: Bergb.: ein Lehn von 7 Lachtern (vgl. schnüren 1a).
7) zuw. etwas Sch.-Ahnliches, z. B. = Fühlhorn. Campe, s. nam. Blasen-, Nabel-Sch.
8) Pferd.: Art schleichendes Fieber. (?) Adelung.
9) Ziegel.: (s. 5) eine Reihe zu brennender Ziegel etc.
Anm. In Bed. I ahd. snur(a), vgl. lat. nurus, gr. νvóς; II ahd. snōr, snuor, mhd. snuor, russ. cеypЬ (vgl. gr. νēύρoν, lat. nervus, Senne), dazu schnüren, ahd. snuorjan, mhd. snüeren etc. Für II Nbnf. Schnure (s. o.); Jäckchen .. mit Hilfe der Schnurren passend. Mügge Silt 1, 56 etc., vergl. schnarren 1; Schnirre etc.
Zsstzg. zu I, vgl. die von Litze, Band, Leine etc., leicht zu mehren nach folg. Bsp.: Áchsel-: Gallonierten Bedienten mit reichen Achselschnüren. Gutzkow R. 8, 58.
Ángel-: Fischart B. 27b etc., s. Fisch-, Nacht-Sch. Blāsen- [7]: B., Harn-Sch. oder-Strang, Vrachus, ein häutiger Strang der Harnblase.
Blēī-: (s. Loth 3a) Am. 7, 7; Luther SW. 26, 35 etc. Blūmen- [5]: Zschokke 1, 195 etc., nam. = Feston (Laub-, Frucht-Sch.).
Dukāten-: D–en um den .. Hals. Gerhard W. 1, 31.
Fáng(e)-: (s. Lasso) Rückert Rost. 1b; 2a etc.
Físch-: (s. Angel-Sch.) Wackern. 4, 1297³⁵. Frāūen- [4].
Frúcht-: (s. Blumen-Sch.) Böttiger Sab. 226; Sulzer 2, 272 etc.; übertr.: Das Dorf, dessen Ringmauer eine F. von Kirschbäumen war. IP. 7, 245.
Gárten-: Gartenleine. Granāten- [5]: Auerbach D. 1, 66.
Gúmmi-: aus elastischem Gummi (Kautschuk).
Hāār-:
1) aus Haaren, vgl. Haarseil etc.
2) im Haar (vgl. Hals-, Perlen- Sch.). Háls- [5]: um den Hals: H. von . . Zahlperlen. W. Luc. 3, 290. Hárn-: Blasen-Sch. Hárnisch-: s. Harnisch 3. Husāren-: z. B. wie sie auf der Husarenuniform gw. sind. ALewald 1, 209. Hūt-: am Hut. Moscherosch Gs. 2, 700. Kêgel-: s. Kegelstuhl. Kláfter-: s. Meß-Sch. Korállen- [5]: Zwei K–en. Polko NN. 206. Lēītungs-: z. B. für Elektricität. Thümmel 8, 169. Mántel-: zur Befestigung eines Mantels. Méß-: zum Messen (z. B. Klafter-Sch. etc.). Hes. 47, 3; Jes. 34, 11 etc. (vgl. Gesenius s. v. ). Nābel- [7]: (s. Nabel 1) Luther 8, 22a; Sch. 130b etc.; bildl.: Das Gewissen, unsre N. an einer hohen Mutter etc. Rahel 2, 534. Nácht-: s. Nacht-Angel und nam. Bronner 1, 110. Pēītschen-: Schwegler (46) 280, vgl. Treib- Sch. Pérlen- [5]: Ihre Haare, mit P–en durchwunden. W. 27, 269 etc.; übertr.: Perlenschnüre von getrockneten Schnitzeln. Bettine 1, 21. Plátt-: Ggstz. Rund-Sch. (vgl. Plattlitze). Bucher (Nat.–Z. 15, 9). Rāhm-: am Rahm der Seidenweber (Schwanz-Sch. bei den Sammtwebern). Rêb-: (s. II. Reif, Anm.) Bindfaden. Rícht-: zur Best. der graden Richtung. Hiob 38, 5 etc.; Ein krummes Richtscheit und schlimme R. Fischart B. 70b; Ordnete scharf nach der R. V. Od. 21, 44 etc.; oft übertr. (s. Norm 1): Jes. 28, 17; Erhebung zu den ewigen R–en des reinen Willens. LDiefenbach N. 1, 263; Zur R. dienen. G. 26, 309 etc. Róllen-: (s. Rolle 1a) Beide R–en. Rohlwes Th. 4, 590. Rȫthel-: die, mit Röthel bestrichen, durch Aufschnellen die Richtung bez., z. B. fürs Beschlagen des Holzes. Rúnd-: s. Platt-Sch. Schlāg-: Schnur oder Saite des Fachbogens. Schrāūb(en)-:
1) schraubenförmig gewunden.
2) Art schmaler halbseidner Bänder. Möser Ph. 1, 222. Schwánz-: s. Rahm- Sch. Schwēīß-: die Entfernung bestimmend, für die die Verfolgung angeschweißten Wilds auf fremdem Gebiet erlaubt ist. Sénkel-:
1) Schnürband.
2) Blei-Sch. Spīēl-: z. B. [5] von Rosenkränzen zum Spielen. Schmarda 1, 12. Trēīb-: Peitschenschmicke. Auerbach B. 174; „Zwick-Sch.“ Ühr-: die Taschenuhr festzuhalten. Wíckel-: (s. Wickelband) Die W–en. G. Stein 1, 185; Windel-Sch. Wóll-: zum Wolle-Schnüren. Zāūber-: magische, z. B. W. 22, 129. Zēūg-: am Fachbogen der Hutmacher. Zímmer-: Meß-Sch. der Zimmerer. Zach. 1, 16. Zwíck-: Treib-Sch. etc.