Faksimile 0150 | Seite 972
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schmecken
Schmécken, intr. (haben), tr.:
1) obrd.: Sch. anstatt riechen [s. d.], wie es bei einigen Teutschen gebraucht wird, von denen man deßwegen sagt, sie haben nur vier Sinne. Leibnitz (Wackern. 3, 1018 ¹¹), sehr gw. in ältern und mundartl. Schriften, s. Schm.; Schwäb. W.; Stalder etc. (auch in Zsstzg.), im heutigen Hochd. nur ver- einzelt:
a) (s. riechen 2) dem Geruchssinn sich bemerklich machen: Gotthelf G. 264 etc.; Kohl A. 2, 47; Mit Maien bestecken, | daß es wird lustig und wohl sch. HSachs (Wackern. 2, 63²³; 61³); Daß hier des Himmels Athem lieblich schmeckt. Sch. 561a etc. Jm Partic.: Die Butter wäre sch–d geworden. König Kl. 2, 176 [stinkend]; Die stark-sch–den Meerkälber. Schaidenreißer 16b [4, 406]; Mit wohl-sch–dem Wasser gesalbet. 43b [10, 364]; Ein wohlsch–d Rosenhag. HSachs G. 1, 87; Findet die Assa fötida wohl-sch–d und die Rose wird ihm ein Gegenstand des Ekels. Börne 1, 276 etc.; Nach Etwas sch.; s. 2c.
b) (s. riechen 3) Etwas durch den Geruchssinn wahrnehmen etc.: Die Weihen sch. baß [riechen schärfer]. Eppendorf 94; Ehe sie anbeißen, so sch. sie daran. ebd.; Der Löw schmeckt aus dem Geruch des Pardi den Ehebruch der Löwin 50 etc.; Der Wolf „schmö cket“ .. ein Aas eine halbe Meile. Stumpf 607b; übrtr.: Den Braten (s. d. II) sch. Berlichingen 18; Fischart B. 3a; Luther 6, 359b etc.; Ich hätt’s sch. [merken] sollen. Klinger Seid. 94 etc.; Die Bauern . .. schmogen [schmiegten] sich in die Ecken, | dachten, der Pfarrer könnt sie sch. [merken]. HSachs G. 1, 186 etc., auch (s. riechen 4b): Eh so ein vertrakter Tausendsasa in meine Stube geschmeckt. Sch. 182a etc.
2) (vgl. 1a; riechen 2) das Geschmacksorgan, die Zunge afsicieren: Etwas schmeckt (Einem) süß, bitter, sauer, herb, salzig etc.; gut, wohl, schlecht, widerlich, (un)angenehm etc.; Der Wein schmeckt wie Essig [so sauer] etc.; Die Suppe schmeckt abgeschmackt. Brückner 191; Unser Gläschen schmeckt uns ja so wohl. L. 11, 449; Mein Pfeifle Toback schmeckt mir gut. V. Sh. 1, 51 etc.; Sich Etwas wohl sch. lassen. Forster Br. 1, 224 etc.; Wohl-, schlecht-, übel-sch–de Speisen, Arzeneien etc.
a) oft übrtr.: Kein Wunder, wenn meine Briefe wie gehacktes Stroh schmeckten und weder Kraft noch Saft drin war. W. Merck 2, 146 etc.; Der Tod schmeckt immer bitter. W. 20, 38 etc.; Wie schmeckt’s? Hebel 3, 232; Sch. 123a etc., wie behagt euch Das, was ihr erfahrt etc.?, s. b; Unversucht schmeckt nicht. Sprchw., z. B. Hebel 3, 195, über Das, was man nicht durchgemacht, erfahren etc., hat man kein Urtheil.
b) oft prägn. = wohl, gut sch., z. B. eig.: Ein Schluck darauf wird sch. Cham. 3, 191; Der Champagner schmeckt uns nicht mehr. Gutzkow R. 8, 130; Schmeckt das Pfeifchen? Pfeffel; G. 6, 318 etc. u. (s. b): Noch schmecket . . | der Kuß. Hölty 104; Äußerungen, die ihm wohl nicht sch. [behagen] dürften. L. 12, 511; Lichtwer 112; Möricke N. 62; [Dann] schmeckt’s meinem guten Schlucker freilich, einmal auf süß Wasser zu graben. Sch. 181b etc.
c) Nach Etwas sch., das Vorhandensein oder Einwirken desselben spüren lassen, verrathen, eig. durch den Geschmack, z. B.: Die Speise schmeckt nach Zitronen etc.; der Wein nach dem Faß; die Suppe nach Rauch etc.; (scherzh.: Die Speise schmeckt nach Mehr, so daß man mehr davon wünscht). Sehr oft verallgemeint (s. 1a; riechen 2d): Eine Bewegung, die noch nach dem Amboß schmeckte. Alexis H. 2, 1, 143; Engel 1, 342; Haß gegen Alles, was nach schönen Wissenschaften schmeckte. G. 21, 37; 16, 34; 39, 271; Leider schmeckte Dies nicht nach süßem Honig [nicht süß, s. b]. 5, 139; Wörter, die stark nach der Schule sch. Kolbe Bel. 70; L. 10, 53; Daß ihr zu sehr nach eurer Jugend schmeckt. Schlegel Sh. 7, 26 u. o.; selten: Schmeckt aus seines Vaters Schule. Gervinus Sh. 2, 235 etc.; Auch das mehrer Theil [nach] eitel Geiz und Hoffahrt schmeckt. Luther 1, 311a etc.
3) vgl. 1b; riechen 3: Etwas durch den Geschmacksinn wahrnehmen, unwillkürlich oder absichtlich (vgl. III kosten): Prüfet nicht das Ohr die Rede und der Mund schmecket die Speise? Hiob 12, 11; 2. Sam. 19, 35; Da er es schmeckte, wollte er nicht trinken. Matth. 27, 34 etc.; Die Jugend verschlingt nur . ., ich kost’ und ich schmecke beim Essen. G. 1, 101; Wir sch. nur flüssige oder auflösliche Körper etc. Oken 4, 271; „Schmeckt [2] der Wein nicht nach dem Kork?“ Ich schmeck Nichts; Sch. Sie mal, wie Das schmeckt [2] etc.; refl. mit Angabe der Wirkung: Jch hätte mich .. | bald satt gehört, geschmeckt, gerochen und gesehn. W. 15, 173 etc. Vielfach übrtr. und verallgemeint, z. B. theilweis ineinandergreifend:
a) Einen nicht sch. [leiden, s. d. II 6] können, z. B.: Forster Br. 1, 503; Scherr Gr. 1, 66; 2, 84 etc., eine Antipathie gegen ihn haben, s. Schm. (auch: an-sch.).
b) Der Geschmack [s. d. 3] ist eine Sache, die sich .. ohne eine gewisse Feinheit des Seelenorgans, womit man sch. soll, durch keine Kunst .. erlangen lässt. W. 13, 174 etc.
c) etwas Unangenehmes, empfindlich Treffendes erdulden etc.: Den Tod sch. [sterben]. Hebr. 2, 9; Matth. 16, 28; Das Gefängnis (G. 28, 230), eine Ohrfeige von Einem (Ruppius GG. 12) sch.; Wir schmeckten des Elends volle Genüge. V. Od. 23, 350 etc.
d) erproben: Nimm einen Löffel und schmeck selbst, was du sagst. Luther 1, 372a; Man muß mehr als einen [Brief von ihr] lesen, wenn man ihre Schreiben sch. [beurtheilen, kennen lernen etc.] will. Gelert Br. 90.
e) Etwas erfahren, genießend empfinden etc.: So ihr anders „geschmackt“ habt, daß der Herr freundlich ist. 1. Petr. 2, 3 etc.; Hebr. 6, 4 ff.; Nie schmeckt ein niedrigs Herz ein wirkliches Vergnügen. Cronegk 2, 113; Jch schmecke Fried und Ruhe. Gellert 2, 148; Ein Eindruck, den .. ich wohl sch. und genießen, keineswegs aber erkennen .. konnte. G. 31, 8; W. 26, 12 etc. t) Etwas genießend benutzen: Lasst den kurzen Mai | .. uns .. mit einander sch. Göckingk Lieb. 58.
Anm. S. Schmack, Anm. Mit „a“ nicht bloß im vralt. Impf.: schm ackte (Zinkgräf 1, 185; 2, 43 etc., selbst noch Kretschmann 2, 252); Partic.: geschm ackt. Fischart B. 33a; 160a etc., sondern auch Infin.: schmacken. 33a; 54a; Präs.: schmackt. Zinkgräf 1, 245; 3, 227 etc.; ferner (schwzr.) schmöcken, vergl. schmauchen niedrd. smöken (ähnl. wie rauchen zu riechen).
Zsstzg. z. B.: Áb-:
1) [3] einem Ggstd. durch den Geschmack Etwas abmerken oder ihm Geschmack abgewinnen. Campe.
2) [2] (s. abgeschmackt) A–d, fade etc., eig. z. B. Rumohr Kochk. 127; 160 etc. und übrtr.: Seine gewöhnliche Gesellschaft war ihm etwas a–d *geworden. Immermann M. 3, 346; 2, 7; Die a–dsten Gleichnisse. Schlegel Sh. 6, 17; Thümmel 4, 218 etc. Än-: z. B. [3a], s. ferner Schm.; Schwäb. W. etc. Āūs- [3] schmeckend ausproben. Jahn V. 443; V. 2, 119 etc., auch [3e]: Das Vergnügen bis auf den letzten Tropfen a. [zu Ende genießen]. L. 12, 538. Bēī- [2]: B–de Tünche. V. H. 2, 34, einen Beischmack gebend etc. Dúrch-:
1) [3] schmeckend durchproben: Nachdem ich alle [Kelche] durchgeschmeckt. Thümmel 6, 144 etc.
2) hindurch-sch.:
a) [2] Nicht ohne d–e Bitterkeit. König DFam. 1, 118; Jahn M. 59 etc.
b) [3] Wie ich den Jubel meiner Frau .. schon voraus durchschmecke. IP. 3, 45. Während Einer, der auf diese Feinheiten nicht eingeschmeckt [schmeckend eingeübt, daran gewöhnt] ist, Beides .. widerlich findet. Kohl I. 2, 432. veralt. statt des Grundw. [1b; 3]. Fischart B. 38b; 189a etc. Hín- etc., z. B. [1b]: Da schmeckt kein hungriger Franzmann hin. Sturz 2, 406 etc., ferner [2]: Das Gewürz schmeckt und [3]: Man schmeckt es in der Speise heraus, hindurch, hervor etc. Míß- [2]: gw.: M–d, Ggstz. wohl-sch–d.
Eīn-: Er-: Nāch-:
1) [2] einen Nachschmack geben: Daß der Beisatz nicht zu herbe weder vornoch nachschmecke. Thümmel 2, 190.
2) [3] Jeden Bissen, den er schluckte, schmeckte sie ihm in ihrem leeren Munde nach. Auerbach D. 1, 25 etc. u. [3e]: Damit ich den Ärger ja recht n. kann. Bode Empf. 1, 111, nach- empfinden, s. 1. Ver- [3]: Den Wein etc. v., kosten. Auerbach Ab. 280 etc.; Wenn sie erst die Früchte verschmeckt [genießt etc.]. Sch. 166a und [3e]: mit Bewusstsein u. Behagen genießen (frz. savourer): Die schöne Gegend habe ich heute erst, und in welchem Sonnenschein, verschmeckt. Hegel 17, 581. Vōr-:
1) hervor-sch. (s. d.):
a) [2] Weil das Ingrediens nicht vorschmeckt. L. 8, 14, s. nach-sch. 1.
b) [3]Das
2) [3] einen Vorschmackv. Etwas haben: [So] schmeck ich die Qualen der Hölle alle vor. G. 34, 145.
3) [3] vorkosten etc.: Die Geschmacksgimpelei .. versteht Nichts zu kochen und zu schmecken, als was ihr vorgekocht und vorgeschmeckt worden. B. 351a etc.