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Schmack
II. Schmáck, m., –(e)s; Schmäcke; Schmäckchen, lein; -:
1) in der ältern und der gehobnen Spr. statt Ge-Sch. (s. d., vgl. Ruch und L. 5, 303), z. B.:
1) der Sinn und die Empfindung des Schmeckens (s. d.):
a) Weish. 16, 20; Der Sch. der Zungen. Rollenhagen Fr. 379 etc.
b) oberd. statt Geruch, selbst noch: Selbstlob! Nur dem Neide stinkt’s, | Wohlgeruch Freunden | und eignem Sch. G. 4, 86.
c) verallgemeint: Eine Frau, so ein Sch. [Ahnung, Begriff] der wahren Religion hatte. Weidner 381, vgl. 2c.
2) Das, was man schmeckt, schmeckend wahrnimmt:
a) mit der Zunge: 2. Mos. 16, 31; Leibnitz Erm. 3; Luther 6, 322a; SW. 56, 150; Bittern Sch. im Munde. Rückert W. 2, 127; Es schmeckt den Sch. der Mund. 3, 24; Daß .., von Honig übersättigt, sie zu ekeln | der süße Sch. begann. Schlegel Sh. 6, 111; Schwab (DMus. 1, 2, 293) etc.; in seltner Mz.: Gerüche, Schmäcke. G. 6, 82 etc.
b) (s. 1b) oberd. = Geruch, s. Schm. 3, 463.
c) übertr. auf Das, was dem Gefühl bitter oder süß, schmerz- oder wonnevoll ist (doch nicht, wie Ge-Sch. s. d. mit Bezug aufs ästhetische Urtheil), vgl. auch Schmeckprobe, z.B.: Daß in Christo ein Stück der Auferstehung geschehen und wir auch einen Sch. derselben durch Christum in unserm Herzen empfangen haben. Luther 6, 233b; Des Todes Sch. und Schrecken. SW. 61, 422; Obwohl die Gläubigen bisweilen ein „Schmecklein“ vom ewigen Leben kosten. Mathesius Rechtf. 49; Den Tod, | wovon den Sch. euch Gott aus seiner Gnade | Geduld zu kosten gab. Schlegel Sh. 7, 49 etc.
d) (s. b) Mich dünkt, wie ich nun solcher Worte Verstand von fern rieche; den Sch. und den Griff werden Andere fühlen. Luther 6, 162a, die wahre Bedeutung etc.; In den Sprichwörtern steckt der rechte Sch. .. der Sprache. Schottel 1111 etc. 2) s. Schmatz 2.
Anm. Ahd. smac, gasmac, gesmah; mhd. smac(h), gesmac, s. Graff 6, 824; Schm. 3, 463. Dazu das Ew.: geschmack(t), ahd. gasmac, gesmaht etc., vgl.: Süß und überschmack [überköstlichen Schmacks, d. h. Dufts]. HSachs G. 2, 181; ferner schmecken (s. d.), ahd. smecchen, mhd. smecken (smacte, gesmact), mit Nbnf. schmacken, heute noch = schmatzen (s. d.), mhd. sma(t)zen (s. blicken, Anm.).
Zsstzg. s. u. die von Ge-Sch., z. B. mit Bstw.: Bitter-Sch. Zelter 3, 99; Wohl-Sch. Tieck A. 2, 187; übertr.: Er wünschte sich des Wild-Sch–s der Flüchtlingschaft loszusein. Auerbach Leb. 1, 106; ferner mit Vors., z. B.: Bēī-: Das Alles hat einen B., an den ich mich nicht gewöhnen kann. Ense T. 1, 195; Einen kleinen B. von Fäulnis. Freytag DW. 359; Gartenl. 10, 118a; Sanders, deutsches Wörterb. II. Kohl A. 3, 207 etc.
Ge-:
1) [1a] Der Geruch und der eig. so genannte G. (vgl. 3). Mendelssohn Ph. 1, 86; Oken 4, 93 etc.; Mz. (vgl. 3) in Bezug auf die Verschiedenheit der Individuen: Die verschiednen Geschmäcke [der Speisenden]. Gutzkow R. 8, 25.
2) [1b] oberd. statt Geruch.
3) s. 1, vgl. [2c] verallgemeint: Empfindung und Urtheil über das Schöne (s. Kant Anthr. 185; Sch. 1111a etc.; Kl. Od. 2, 191 etc., vgl. Schönsinn), z. B.:
a) Der G. ist versch. bei versch. Pers., Nationen etc., zu versch. Zeiten; hängt von der Mode ab etc.; Über den G. lässt sich nicht streiten; Das ist nach meinem G. oder: mein G. (G. 11, 36 etc.); Ein Buch, Garten, Bauwerk, Putz etc. nach oder in dem neuesten G.; Ein guter, schlechter, falscher, barbarischer, barocker G.; Die Abzäunung der Klügler in alten G., neuen G., italiänischen G., Mode- G. etc. V. Br. 2, 163; In einer großen Stadt ist insgemein der G. oder wenigstens die Mode, welche dessen Stelle vertritt, neuer, glänzender. Möser Ph. 1, 186; W. 4, 159 etc.
b) oft prägn. = guter, richtiger G. (s. W. 33, 350; G. 29, 328 ff.): Keinen, viel G. haben; Es fehlt ihm an G.; Jemandes oder seinen G. ausbilden; an guten Mustern bilden; Warum will sich G. und Genie so selten vereinen? G. 1, 311; 6, 333; Einen schönen Stoff . ., so reich und mit G. so reich. L. Nath. 1, 1 etc.
c) zu a in verächtl. Sinn auch verkl.: Geschmäckchen, von einem kleinlichen, der Natur entfremdeten G. Vischer Ästh. 2, 191; 233 etc.; Ein Bier- und Wachtstuben- Geschmäckchen. Schwegler (46) 538 etc.; Geschmäcklein, vgl.: Nichts verschönert, verneut, verschmäckelt. H. R. 7, 74, nach solchem Geschmäcklein verändert etc. und: Dem schwachen Geschmäckler wird immer schwindeln an deinem Koloß. G. 31, 4; 22, 476 etc.; Modegeschmäckler. Kosegarten Rh. 1, 56 etc., bei Campe: Geschmackler, Jemand von kleinlichem, eklem G.
d) Zu a Mz.: Die Geschmäcke [Geschmäcker Gartenl. 10, 626b] sind versch. Kohl Südr. 1, 182; Solche specielle Geschmäcke. 124; Deutsche Leser sind schon an so viele Geschmäcke gewöhnt. Rückert Mak. 1, VIII; Ehmals hatte man einen G.; nun giebt es Geschmäcke. | Aber sagt mir, wo sitzt dieser Geschmäcke G.? Xen. 27.
e) leicht zu mehrende und zu verstehnde Zsstzg. mit Bstw. (s. c): Kleist war Lessing’s Freund; der Bieder-G. seiner Gedichte zeigt ihre ähnliche Denkart. H. Ph. 13, 135; Von Zeit-, Mode- und Familien-G. beherrscht. Schütze Hamb. 709; Der französische Garten-G. Sch. 1236a; Als durch einen gewissen Halb-G. die „lustige Pers.“ vertrieben ward. G. 22, 146; Buntsein ist Kinder-G. Kretschmann 5, 373; Durch plastischen Kunst-G. gebildete Dichter. G. 32, 129; Sch. 1132b etc.; Sich nach dem Mode-G–e bilden. Creuz 1, 245; Widersacher des herrschenden Oper-G–s. Schütze Hamb. 216; Auf den Renaissance-G. folgte der Rokoko-G. etc.; Dieser sowohl poetische als sittliche Verfall des Zeit-G–s. Schlegel Dr. 2, 2, 419; Gervinus Sh. 1, VIII etc.
4) das Gefallen an Etwas als unserm G. (3) gemäß und der Sinn dafür: Einer Sache G. abgewinnen; G. daran finden. L. 6, 42 etc.; Den G. daran verlieren. W. 5, 131 etc.; G. für Etwas haben (Zimmermann Nat. 51), bekommen (Fichte 6, 201); Unedel ist, was .. den G. für das Heilige abstumpft. 396 etc.; Der G. zur Baukunst. G. 21, 139 etc.; Im fünften [Jahr] erlangte sie einen G. von schönen Kleidern. Rabner 1, 116 etc.
5) [2a] Etwas hat einen guten, schlechten, (un)angenehmen, widerlichen, faden, süß(lich)en, sauern, säuerlichen, bittern, herben, strengen, faul(icht)en, modrigen, pikanten, hohen (s. d. 2a) G. etc., auch übertr.: Jronie, womit Sie Ihrer Antwort einen so hohen G. zu geben bedacht gewesen. L. 11, 518 (s. 7: Hoch-G.); Tugend kann sich unserm alten Stamm nicht so einimpfen, daß wir nicht einen G. [bleibende Spur] von ihm behalten. Schlegel Haml. 3, 1; Wenn eure Gluth ein bloßes Sinnenspiel, | ein flüchtiger G., ein kleines Fieber war. W. 3, 46 etc. Mz. nicht selten: Zwei Geschmäcke theilt er aus, | Honig und Wermuth. | Speise solcher Geschmäcke | kostete Jeder. G. 4, 165; Klencke Parn. 1, 95; EHMeyer Bot. 1, 124; Oken 3, 635; 4, 276; Mit Speisen wechseln, also auch mit Geschmäcken. IP. 36, 87; Wir schmecken die Geschmäcke. Raumer Päd. 3, 1, 170; Eppendorf 121 (ohne Uml. 134) etc. Zsstzg., wo das Bstw. den Ggstd. bez., den man schmeckt, z. B.: Der Fisch-G. der wilden Enten; Die Pflanzen- geschmäcke richten sich ganz nach den auflöslichen Bestandtheilen der Pflanzen. Oken 2, 138; Wodurch die Fische den allzustarken Wein-G. verloren. W. Luc. 4, 151 etc. Im Übrigen s. 7.
6) [2b] oberd. statt Geruch. Eppendorf 54; 66; Kohl A. 2, 47; Schaidenreißer 17a [4, 446]; 53b [12, 369]; 73a [17, 270] etc.; Ein Schelmen-G. [Aasgestank]. HSachs etc., vgl.: Der Geruch der Speisen ist gleichsam ein Vor-G. Kant Anthr. 55.
7) Zsstzg. s. 3c; e; 5; 6, ferner nam. zu5, auch übertr., z. B.: Áb-G.:
a) schlechter, widernder Geschmack, z. B. (5) Zelter 2, 166, übertr.: Den Ehemann von dem A. einer einförmigen Beiwohnung zu retten. G. 29, 217 etc., ferner (3): Der Barbarei und des A–s. 19, 367 etc.
b) Er bekommt doch von dem Edlern einen A. Alexis H. 1, 2, 142, einen G. ab, es haftet ihm Etwas davon an. Bei- G. (5), ein dem eig. (oder Haupt-) G. beigemischter (Beischmack, Mit-, Neben-G.): Die Zitronensäure ihrer raffinierten Beigeschmäcke darauf tröpfeln lassen . ., um einen Misch-G. zu haben. Gutzkow Bl. 1, 318; Mein Vater hatte einen kleinen B., er war etwas ansäuerlich. Schlegel Kaufm. 2, 2 (V. Sh. 2, 31); Schütze Hamb. 531 etc.; Einen mystischen verhimmelnden Natur-B. D Mus. 1, 2, 804 etc. Haupt-G., s. Bei-G. Hoch-G., hoher G. (s. Hautgout, Hochgenuß): Welchen H. es dem Leben gewährt! Kosegarten Rh. 2, 58; Gotter Sch. 46; Musäus M. 1, 75; Pfeffel Pr. 1, 68 etc. Misch-G., s. Bei-G. Miß- G., schlechter G., z. B. (4): M. an Etwas finden. Mendelssohn 5, 673 = Ekel etc.; ferner (3): L. 10, 363 etc., s. Un-G. Mit-G. (s. Bei-G.). Kürnberger N. 2, 123 etc. Nāch-G. (5), ein von Etwas nachbleibender G. (s. Nachgefühl, vgl. Vor-G.): Daß seinem Rand der Zecher | noch bittern N. entsaugt. Freiligrath SW. 5, 114 etc.; Ansprüche .., die .. einen bedeutenden N. nach Harpagon haben. Vogt Köhl. 8, sehr danach schmecken etc.; oft: Näch- schmack. H. 11, 343; Merck’s Br. 2, 120; Olearius B. 69b etc., auch (6): Wie schwerlich ein Gefäß, in dem Jasmin zerflossen, | den kräftigen Geruch und Nachschmack fahren lässt. Lohenstein Ros. 46. Nêben-G., s. Bei-G. Karmarsch 3, 612; Zöllner Reis. 342 etc. ún-G., schlechter, übler G., z. B.:
a) (5) Den U. des Wassers zu benehmen. Fischart B. 16a; Ryff Sp. 53b etc.
b) das Gefühl der Ubelkeit im Munde, nam. hier auch: Un- (und z. B. mecklenb. Um-) Schmack.
c) (3) s. Geschmacklosigkeit: U. und Unpoesie. Gutzkow R. 6, 324; Z. 2, 233; Platen 2, 138; 145; 4, 17; Koryphäus des schlimmen Geschmacks oder vielmehr U–es. W. 33, 355 etc. Vōr-G. (5), vgl. Vorgefühl:
a) Schmeckprobe, eig. und bes. übertr.: Ein V. des Himmels (Seume Sp. 345; Wackern. 2, 305¹³), des ewigen Lebens (Zinkgräf 1, 223), der bessern Literatur (W. 35, 143), von der attischen Grazie (Luc. 4, 94); Nun sollte mir auch ein V. kriegerischer Unternehmungen werden. G. 25, 154 etc., sehr oft: Vorschmack. 4, 136; 13, 272; 22, 66; 35, 14 etc.; B. 460b; Auch giebt man einen Vorschmack nicht mit der ganzen Schüssel. L. 10, 29; Sch. 120b; 141b; W. 5, 175.
b) s. (6).
c) V., Vorschmack, vorwiegender Bei-G. Adelung (selten). Wōhl-G., guter G., nam. (5), s.o.: Wohlschmack. s. Nachgeschmack. Stēīn- [2]. Un-, Vōr-: s. Un-, Vor-Geschmack.
Nāch-: