Faksimile 0127 | Seite 949
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Geschlecht
I. Geschlécht, n., –(e)s; –er, (–e); –s-:
1) s. Art 5, vgl.: Wo das Ganze sich in Familien, Familien sich in G–er, G–er in Sippen und diese wieder in andere Mannigfaltigkeiten bis zur Individualität scheiden. G. 36, 133 etc. Natürlich bez. G. bald eine größere, bald eine kleinere Gesammtheit, vergl.: Das G. der Thiere, das Thier-G., die Gesammtheit aller Thiere; Die Säugethiere sind ein G. von Thieren, ein Thier-G.; Säugethier-, Vogel-, Fisch-G. etc.; Raubthier-, Raubvogel-, Raubfisch-G. etc.; Katzen-,Geier-, Hecht- G. etc.; Der Verein der menschlichen G–er [alle Menschen]. Sch. 471b; Unter der Menschen flücht’gem G. 491b; Erziehung des Menschen-G–s. G. 24, 201 u. o., dagegen mit unbest. Artik.: Nah am heiligen Fluß . . | wohnt ein Menschen-G. .. Ihren Ursprung leiten sie her von etc. [wofür es natürlich auch heißen könnte: Seinen Ursprung leitet es etc.]. Knebel 1, 26 etc. (vgl. 3d); Ein Galanteriehändler .. Mit einer diesem G–e [dieser Menschen-Klasse, -Art etc.] eigenen Zudringlichkeit. G. 16, 195 etc. Unzählige Zsstzgn (vgl. 3d), von denen wenige als Bsp. genügen: Rauhes Barbaren-G. Wackern. 2, 1300³²; Die Rauheit dieses Erd-G–s. H. Ph. 3, 39 [G. der erdgebornen Menschen, s. u.: Staub-G.]; Das Frosch-G. beschloß ein großes Fest zu feiern. Lichtwer 101, die Frösche; Ich gehöre nicht zu dem Hasen-G. etc. Heinse A. 2, 220 (s. Hase 2); Das aussaugende Schmarotzer- und Moos-G. der Selbstigkeit hängt sich nur morschen Stämmen ein. IP. 36, 55; Jenes eitle Pfauen-G. Börne 2, 152; Zum mühseligen Staub-G. V. 3, 48 (s. o. Erd- G.); Durch Schmieren .. schadet das Sudel-G. Platen 2, 270, die Sudler; Dem empfindelnden Zwerg-G. Fichte 7, 47; Wie ein Titan unter dem Zwergen-G. Hölderlin H. 1, 40 etc. (s. d. Folg.). Hieran schließen sich inein- andergreifend folg. besondre Anwendungen:
2) Das männliche (s. d. 1a—d) G., im Ggstz. zum weiblichen, zunächst bei lebenden Wesen, dann auch z. B. bei Pflanzen und in der Grammat., wo zu den beiden G–ern noch ein drittes, das sog. sächliche (s. d. 2) hinzutritt (vgl. Genus). In Bezug auf Menschen gilt für das weibl. G. oft die Bez.: Das schöne G. (W. 1, 25; G. 15, 118 etc.); das schwache G. (5, 56 etc.), Ggstz.: Das starke G. (Sch. 163a etc.), s. ferner: Das andre G., im Mund eines Mannes (z. B. Forster R. 1, 344; Sch. 710b etc.) zur Bez. des weibl., wie im Mund einer Frau (z. B. W. 21, 148 etc.) des männl. Auch z. B.: Vom Leib mir, ekles Weibs-G. [s. 1, ihr Weiber, Weibsvolk]. G. 12, 44 etc.
3) (s. 1) in Bezug auf die Abstammung und die sich damit fortpflanzenden Eigenschaften, z. B.: Die [Wolfs-]Bastarde, die von der Hündin fallen, schlagen überwiegend in das Hunde-G. Tschudi Th. 413 etc., nam. oft von Menschen (vgl. Familie, Haus, Verwandtschaft etc.), z. B.: Das Buch von des Menschen G. 1. Mos. 5, 1 [„Das G–s-Register der Nachkommen von Adam.“ Mendelssohn]; Ziehe hin zu meines Vaters Hause und zu meinem G. 24, 38 etc.; Er schlachtete dann | sein ganzes G. Cham. 4, 208; Enkel | erzeugt er sich, ein eisernes G. Sch. 469b etc.
a) oft in Bezug auf Standesunterschiede etc., die sich auf Abstammung und Geburt gründen: Ein altes, ahnenreiches, patricisches, plebejisches, adliges, bürgerliches, vornehmes G. etc. Früher auch prägn. (s. Geburt 2b etc.) in einigen Reichsstädten: G. = rathsfähiges oder patricisches G., z. B.: Ein reicher Bürger daselbst, einer von den G–en. Luther SW. 61, 283; 288; Schm.; Schwäb. W. etc. (s. d; Geschlechter).
b) zuw. dichter. von einem Einzelnen als Erzeugten: Gieb mir, Erzeuger, daß man für dein wahres G. mich | anerkenn. V. Ov. 1, 68; 108; 116 etc.
c) häufig = Generation, Menschenalter (s. d. 2 und Alter 1c): Ein G. vergeht, das andre kommt. Pred. 1, 4; Richt. 2, 10 etc.; Ein Gesang auch späten G–ern. V. Od. 3, 204; Neun G–e durchlebt die .. Krähe von Männern. Myth. 1, 302 etc., s. d.
d) Leicht zu mehrende Zsstzgn, z. B.: Das alte Adel- G–e (b). Schweinichen 2, 81; Bald erwächst uns After- G. [c, Nachkommenschaft, s. Enkel-, Folge-G.] in verschlimmtrer Bosheit. V. H. 1, 175; Vorurtheil auf Reichthum oder Alt-G. G. 33, 183; Das Blei-G. [c, das bleierne Zeitalter]. V. 4, 162; Unser Bruder-G. Kl. M. 5, 256; Alle nachwachsenden Enkel-G–er. Heine Lied. 324 [c, s. Folge-G.]; Die Burg hatte nach dem Erlöschen des angestammten Erb-G–s (a) ihren Herrn gewechselt. Kürnberger N. 1, 214; Das Folge-G. (c). Platen 2, 206, s. After-G. und Ggstz.: Vor-G.; Söhne Tankred’s .. Diesem Helden-G. Sch. 1041a; Aus göttlich altem Kraft- G–e stammt sie. G. 10, 295; Auch in spätern Menschen-G–ern [c, versch. 1]. V. Il. 3, 353; Weil mein Mutter-G. preiswürdiger anhub. Ov. 2, 296, weil meine Herstammung mütterlicherseits preiswürdiger ist; Patricier-, Plebejer- G.; Entsprossen aus tapferem Vater-G–e. Wiedasch Od. 21, 335 (vgl. Mutter-G.); Ein neues Völker-G. [Volk, Volksstamm]. Sch. 1031b etc.; Du und dein Vor-G. [deine Ahnen, Vorfahren]. Freiligrath 2, 158; An Tugenden der Vor-G–er | entzündet er die Folgezeit. Sch. (Herrig 32, 254) etc.
Anm. Ahd. geslahte, mhd. geslehte, s. geschlacht II. Mz. G–e (s. 3a; c), wie bei Ältern gw., noch zuw. in gehobner Rede, z. B. Arndt E. 94; G. 4, 1; Grün Gd. 71; H. 8, 434; 11, 331; R. 7, 197; 9, 59 etc.; WHumboldt 1, 365; 3, 260; 393; Kl. M. 2, 846; 15, 19; Rückert 2, 10; BE. 397; V. Il. 6, 146 etc.