Faksimile 0109 | Seite 931
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schlafen
Schlāfen, schlief; geschlafen; schläfst, schläft intr. (haben) etc.:
im Zustand des Schlafs (s. d. 2) sein, eig.; übrtr., vgl. schlummern; ruhen (3d; 7a etc.); Ggstz. wachen:
1) Lebende Wesen, nam. Pers. sch., z. B.:
a) Im Bett liegen und sch.; Auf Streu, auf der Erde sch.; In Jemandes Hause oder bei ihm (vrsch. d) sch., übernachten etc.; Sch. [zu Bett] gehn, legen (s. d. 27), schicken (s. d. 1c), leuchten oder zünden (Zinkgräf 1, 253, übrtr., vgl. heimzünden etc.); Schlaf wohl!; Gut, schlecht; lang, bis Mittag, in den Morgen oder Tag (hinein-); fest wie ein Dachs (V. 1, 77); wie ein Murmelthier (Keller gH. 4, 326); wie Maulwürf und Ratten (Fischart B. 123a); wie die Säcke (s. d. 1g) etc.; auf beiden Ohren (s. d. 9b); eisern (Gutzkow R. 4, 232); tief; leise; sanft; (un)ruhig sch. etc. Ungewiegt (s. d.) sch. Thümmel 4, 50. Oft, nam. bibl., übrtr. auf den Todesschlaf. 1 Kor. 15, 20 etc.; Unter der Erde (Dan. 12, 2), mit seinen Vätern (2 Sam. 7, 12) sch. liegen etc., ferner: in unthätiger Ruhe sein etc. Ps. 44, 24; 121, 3 etc.; Du schläfst zu viel auf deinem Throne. Ramler F. 3, 7 etc.
b) m. Acc. z. B.: Drei Tage in einem Trumm fort sch. Auerbach Jos. 223; Eine ruhige Nacht sch. G. 22, 365 etc.; Schlaf, ruh’ge Seele, schlaf geruh’gen Sch. Schlegel Rich. III 5, 3; Festen, frohen (Zschokke 8, 37), eisern(en) (Schubart 2, 68), Zauber- (Uhland 461) Schlaf; festen (Freiligrath Ven. 50), einen erquickenden (Sch. 114b), Auferstehungs- (Hungari 1, 68) Schlummer sch. etc., selten o. Zusatz: Schlaf sch. Gerhard W. 1, 85; Talvj 1, 17 etc., vgl.: Wo ich festen Schlafes schlief. Cham. 4, 24.
c) mit Angabe des Erfolgs etc.: Ohne den rettenden Hund schlief starr ich zur Mumie drunten. Tschudi Th. 630, wäre ich sch–d zur Mumie erstarrt etc. und nam. refl.: Sich gesund sch., durch Schlaf genesen etc.; Ich habe mich in 2 Tagen und Nächten .. nach Hamburg geschlafen. L. 12, 239, bin sch–d dort hingelangt; Der Gedanke . ., daß er dem Hochzeitstage sich um eine Nacht näher geschlafen. IP. 3, 154 zc.
d) Bei (seltner: mit. Klinger F. 9) einer Pers. sch., verhüllender Ausdr. = fich fleischl. mit ihr vermischen. 1 Mos. 19, 32; 30, 15 ff. u. 0.; Luther 5, 299a etc., s. nam. Zinkgräf 1, 56 und bei-, be-sch.
2) Ein Glied des Körpers schläft, z. B.:
a) als Bez. der Pers. selbst: Die Augen (Spr. 6, 4), die Augenlieder (Ps. 132, 4) sch. [oder schlummern] lassen etc.
b) nam. von den Ertremitäten: Der Arm, die Hand, das Bein etc. schläft Einem, ist Einem eingeschlafen, ist in Betäubung, in einer Art vorübergehender Lähmung etc.
3) Etwas (mehr oder minder personif., belebt gedacht) schläft, ist im Zustand der Ruhe und Gebundenheit, der Unthätigkeit, Unwirksamkeit, nicht rege etc.: Mein geschäftiger Geist konnte weder sch. noch träumen. G. 17, 114; Im Schlafe wacht, | im Wachen schläft ihr Geist. L. Nath. 1, 1 (s. 2a); Ihre Verdammnis schläft („schlefft“) nicht. 2 Petr. 2, 3; Cham. 6, 235; In Berges Klüften schläft der Widerhall | und schläft in Aller Herzen; wem ein Gott | die Macht verliehen hat, Der ruft ihn wach. 3, 370; Echtermeyer 597; Schlief in dem Samen die Kraft. G. 2, 291; Regte . . Bedürfnisse wieder auf, die eine Zeitlang geschlafen. 22, 92; L. 11, 136; Nath. 2, 7; Prutz Mus. 3, 195; Uhland 490; Wackern. 4, 1205²⁵ u. o. Auch: Einen Zwist sch. legen. W. Att. 4, 101 etc. Jn gehobner Rede zuw. bloß st. liegen etc.: Keller .., wo .. so manches Tönnlein schlief. Beck Heim. 119; Vogt Oc. 2, 214 etc.
4) im subst. Infin.: Das Sch.; das Lang-Sch. etc.
5) im Partic. Präs.:
a) Sch–de Personen, Thiere etc.
b) Gärtn.: Sch–des Auge, das erst im nächsten Frühjahr zur Entwicklung kommt, Ggstz.: treibendes.
c) Schiff.: Sch–des Knie (s. d. 2), auch Schlafer, z. B. der Beting = Betingsknie (s. d.) etc.
d) (s. e) Nacht-sch–de Zeit, Zeit des Nachtschlafs; nächtliche. Alexis H. 2, 1, 138; Stahr Par. 1, 226; V. Sh. 2, 312 etc.
e) (s. d; 6; fallen, Anm. 2 etc.) m. pass. Sinn: Nach einer schlecht sch–den [geschlafnen, verbrachten] Nacht. Sch. G. 5, 5; Ich wünsche eine wohl-[zu-]sch–de Nacht. Spielhagen Pr. 1, 9 etc.
6) (s. 5e; essen, Anm. 3) Ungeschlafen= schlaflos, z. B. Gotth. Sch. 98; Heinse K. 1, 425; Schaidenr. VI etc. (s. unschlafbar).
7) Schlafer, s. öc, vgl. Schläfer. —8) Schlafung, ugw., s. 4.
Anm. Goth. slêpan, ahd. slâfan, mhd. slâfen, wohl vrwdt. mit schlaff, russ. ca6Ь, slab etc., ahd., mhd. slaf(f), s. Schlaf (2), goth. slêps u. (auch = Schlaf 2) ahd., mhd. slâf und Schlaf (3), ahd. gislâfo, mhd. geslâfe (versch. mundartl. Geschlaf = Sklave. Hackländer Skl. 1, 238 etc.). Nbnf. im Präs.: schla fest. Hebel 2, 183; er schlaft. Auerbach Leb. 2, 239; Schaidenreißer VI; Sealssield Leg. 2, 158; Spindler V. 2, 187 etc. und (s. Sanders Orth. 69) schläfest. Rückert Rost. 7b; schläfe t. G. 8, 355.
Zsstzg., z. B.: Áb-: (scherzh.) Eine Zeit sals festgesetztes Schlafquantum] a. Immermann M. 3, 245.
Āūs-:
1) A.; sich a., zur Genüge schlafen; sein Schlafbedürfnis vollständig befriedigen. Übrtr.: Ihre Neugierde wird a. müssen. G. 17, 70, warten müssen; kann noch nicht befriedigt werden.
2) Etwas a., im Schlaf ausrauchen, verfliegen lassen (s. ver-sch. 4), z. B.: seinen Rausch, Zorn, Ärger, Verdruß etc. Be-: tr., z. B.:
1) Ein Lager b. Arndt 386 etc., daraufliegend schlafen; Der Geiz beschläft Metall. Günther 421; scherzh.: Die Wacht b. Rollenhagen Fr. 83, als Wachposten schlafen (statt wachen); dichter.: Der Schlaf beschläft die Glieder. Günther 1013.
2) [1d] Ein Frauenzimmer, eine Jungfrau (2. Mos. 22, 16 etc.), ein Vieh (19) b. Mehr scherzh.: Eine Frau, die schon den vierten Mann beschläft. Zelter 1, 448 etc. etc.
3) Etwas den Geist Beschäftigendes b., es die Nacht über im Geiste beherbergen; die Nacht darüber hingehn lassen, z. B.: Unsern Zorn sollen wir nicht b. etc., nam. in Bezug auf die Gedanken, die Einem Schlaf und Traum über das Einen Beschäftigende bringen: Am Abend fasst man Entschlüsse, beschläft sie des Nachts, prüft sie Morgens etc. Gutzkow R. 6, 172; Höfer V. 204; L. 6, 109; Hab’s all manche liebe Nacht b., ich, und kann doch Nichts’raus-sch. JGMüller Lind. 1, 102 etc.; auch refl.: Sich über Etwas b. (oder beträumen). Lichtenberg 2, 159; 5, 449 etc., vgl.: Überschlaft nun den ganzen Handel. ALewald 1, 117. Bēī-:
1) [1d] s. bei-liegen, -wohnen. Weish. 7, 2; Schaidenreißer 32a; 43a; 47b etc.; Sich in Mantel und Kleidern zu der Jungfrau ins Bett legen .., Das heißen sie auf Treu und Glauben b. Schweinichen 1, 77.
2) [3] vgl. beiwohnen: Die Dauer meiner Treu | schläft mir noch im Grabe bei. Günther 306. Dahín-: entsch., sterben (s. dahin 2): Kretschmann 2, 139; „Schläft sie zu Gott hin“. .. Kann ich d., so kann ich auch „einherwachen.“ Rabner Br. 145. I. Durch-: tr.: mit Schlafen verbringen: Die sieben Wintermonate d. sie. .. Winter, dich schlafen wir durch [II]. Tschudi Th. 193; 63; Nach träger Austern Weise | d. sie den Lauf der ewig regen Kreise. W. 25, 58 etc. II. Dúrch-: 1) s. I. 2) refl.: schlafend durch Etwas hindurch-, darüber hinwegkommen. Freytag Soll 3, 293; DW. 21 etc. Eīn-: intr. (sein): in Schlaf kommen, fallen:
1) eig.: Danach werden wir ungewiegt (s. d.) e. G. 8, 211 etc.; Über Etwas (Accus. Adelung; Dat. G. 15, 229; Kinkel E. 58; Raupach Js. 90) e.
2) ruhig sterben. Mathesius Lthr. 155b etc.
3) [2] Hinkend auf seinen eingeschlafnen dünnen Beinen. Gutzkow R. 3, 128.
4) [3] Die eingeschlafenen Gewohnheiten. 1, 425; G. 21, 189; Sch. 504a; w. 17, 25 u. o. Ent-: ein-sch. (s. d.), z. B.:
1) 1. Mos. 2, 21; Matth. 25, 5 etc.; Lichtwer 110; W. 11, 71 etc.; Der un-e–e [wache] Hirt. Kretschmann 2, 107.
2) E.; Im Tode (Ps. 12, 4); des Todes (Mendelssohn ebd.); mit seinen Vätern (1. Kön. 11, 43) e. In Frieden laß du mich | e. mehr als sterben. Kretschmann 2, 108; Der Schatte des E–en. Möricke N. 512 etc.; Entschlief sie in Christo fein sanft ein. Luther SW. 60, 151.
3) (mundartl.) Erstocket ihm .. das Glied . ., als ob es ihm e. wäre. Ryff Th. 244; Stalder etc.
4) Die heftigen Schmerzen entschliefen. B. 226a; E. sind nun wilde Triebe. G. 11, 50; Der äußre Sinn entschlief. W. 12, 231 etc. Entgêgen-: z. B.: Den Gefahren e. Thümmel 4, 49 etc. Er-: tr.: durch oder im Schlaf erreichen: Den morgenden Tag e. G. 14, 190, vgl.: Den Tag heran- (Michaelis 4), die Morgenröthe herbei- (G. 7, 299) sch. etc.; [Adam] wußte nicht, welch Glück er sich erschlief. Thümmel W. 8, 17 etc. Fórt-:
1) fortfahren zu schlafen etc. Platen 4, 295.
2) tr.: hinweg-, ver-sch. Hín- etc.: s. dahin-, er-, be- (3) sch.; ferner: In den eisernen Schlaf (LPHahn Ad. 93), in den Tod (G. 23, 100), zur langen Pein (11, 166) hinüber-sch.; Den langen Tag hinweg-sch. W. 21, 247 etc. Nāch-: schlafend versäumten Schlaf nachholen. V. 1, 62; 78 etc. Über-:
1) tr.:
a) s. be-sch. 3.
b) Der diese Nacht des Jammers überschlief. G. 10, 259, schlafend darüber hinwegkam, s. ver-sch.
c) Aus diesem langen . . Schlummer, womit du den Epimenides selbst ü. hast. W. Luc. 1, 60, ihn an Langschläferei übertressen etc.
2) refl.: zu viel, zu lang schlafen. Niebuhr Nachg. 139, s. ver-sch. Ver-:
1) Eine Zeit etc. v. (vrsch. 2), mit Schlafen ver-, hinbringen: Wie man’s [das Leben] verraucht, verschläft (s. 4), vergeigt. Lenau (Echtermeyer 547); Daß Genua’s großer Manu Genua’s großen Fall verschlafe. Sch. 154a; Eine Nacht, worin wir Nichts versäumen, | wird billiger verschlafen als verwacht. W. 11, 173; HB. 1, 100; 259 etc.
2) Die Zeit v. (vergl. 3, vrsch.
1) oder: sich v. (Benedir 10, 20; Heinse A. 1, 221; Mohnike Fr. 32; Spielhagen Pr. 4, 138), durch Langschlafen sich verspäten; seltner intr.: Sie haben sicher v. Zwei Schwestern 1, 36; 37 etc. 3) Etwas durch den Schlaf einbüßen, verlieren (vgl. 4): Den Verstand (Ifland 9, 3, 28), einen Vortheil (Möser Ph. 2, 50), ein Glück v.; Simson schlief bei Delila und verschlief sich Haar und Stärke. Logau (L. 5, 195) etc. 4) durch Schlafen über Etwas hinwegkommen: Den Hunger oder: Speis’ und Trank (Cham. 3, 211); sein Leid (Lichtwer 147) v. etc. nam. auch (s. aus-sch. 2): Den gestrigen Rausch (V. Ländl. 2, 296), Weinnebel (Iffland 9, 1, 3), den Verdruß (G. 16, 18), seine Unart (21, 206) v. etc. 5) im adjekt. Partic.: dem Schlaf verfallen, schlaftrunken (s. d., vgl. schläferig). B. 295a; Hackländer SKr. 15; Das v–ste Menschenkind. Hungari 1, 21 etc.; Mit einem v–en Eulengesicht. Kinkel E. 173; Ein Brunnen plätscherte v. Eichendorf Lärm 79 etc.; Überwachtheit und V–heit. Gutzkow Bl. 1, 29 etc. Wég-: fort-, hinweg-sch.: Da hast du einen langen Traum geträumt, wenn du ganze Parasangen weggeschlafen. W. Luc. 1, 199; Dem Teufel ein Ohr [s. d. 8b] w.