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schief
Schīēf, a.:
von der senk- oder wagerechten Lage abweichend und geneigt dagegen (vgl. schräg), oft insofern jene Lage als die richtige, gehörige gilt, und so auch übrtr. wo sch. sich dann mit krumm (s. d., vgl. den Ggstz. grade) berührt —: abweichend vom Gehörigen; nicht so seind, wie es sein soll etc. und figürl., z. B.:
1) eig.: Auf einer wagerechten Ebne bleibt eine Kugel ruhig liegen, auf einer sch–en rollt sie herab, s. Pouillet 1, 42; Die Ekliptik ist sch. oder geneigt gegen den Äquator; Sch–e, Ggstz. rechte (s. d. 2) Winkel; Die Mauer ist sch., nicht lothrecht; Die Tischplatte oder der Tisch ist (steht) sch., nicht wagerecht; Den Hals, Kopf sch. halten, seitwärts geneigt; Sch–e Beine, versch.: krumme [gebogne, Säbel-] Beine etc.
2) Einem steht der Mund sch., nicht wagrecht, übrtr.: Einem ein sch–es Maul (s. d. 1a) machen, ziehn [es verziehn, verzerren zur Fratze]; Einen durch sch–e Gesichter aushöhnen. Forster R. 1, 289; Mit sch–er Miene der Anstalt zusehn. W. 12, 58, als Ausdruck der Unlust, Verdrossenheit etc.; Einen sch. ansehn, mit verdroßnem oder drohndem Seitenblick etc.; Des Glückes sch–en [schelen] Blick. Nicolai 5, 96, Mißgunst, Neid etc. s. 3.
3) (vgl. 2) in Bezug auf ungehörige, falsche Auffassung etc. (s. Sch.-Ohr; schielen 1b; 2): Wie der sch–e Blick das Bild verzeichnet. W. 18, 95; Etwas im lächerlichsten Licht und von der sch–sten Seite (Luc. 5, 202), aus einem sch–en Gesichtspunkt, in einem falschen Licht (Att. 3, 1, 100), Etwas sch. (Fichte 8, 54!) sehn; Einen in einem sch–en Lichte zeigen. Stilling 4, 250; Er urtheilte immer sch. von Dem, was grade vor ihm stand. W. 14, 142, vgl. G. 12, 37); So sch. und schwindlig dachte man nicht. W. 29, 25 etc.; Sch–e Urtheile (19, 29: G. 33, 310), Köpfe (Zimmermann Nat. 29), Ausleger (G. 32, 44) etc.; Etwas sch. [krumm] nehmen. Cham. 5, 82, übel deuten etc.; Nichts verrathe jenen Sch–en. Daumer 1, 306; Wie sch. alle diese Empfindungen waren. Forster Br. 1, 211; Falsche und sch–e Überliefrungsweise. G. 39, 87; 322; Sophistereien’.. auf eine so sch–e Weise durchführen. 19, 294; Das Halbe, Sch–e und Falsche in diesen Worten. 29, 394; Ein schwanker sch–er Sinn. L. 10, 174; Ungetäuscht von sch–en Sittenlehren. W. 15, 241 etc. So auch: Sch. daran (Kurz Sonn. 192) und volksth.: sch. gewickelt (Rabe Meklbg. (47) 113; Wich. Lange 258) sein, im Jrrthum etc.
4) bildl.: Etwas steht sch., ist nicht so, wie es sein sollte; nicht in der Ordnung, in Richtigkeit. G. 11, 151 etc.; Etwas geht (s. d. 2b) sch. 30, 217; Forster B. 1, 470; Kl. Gel. 223; W. Luc. 1, 133 etc., oder: es geht sch. damit. Kinkel E. 414, s. nam. Mendelssohn 4, 1, 118; Mit der Gutsverwaltung ging es schief, Alles schlug fehl. Stilling 4, 174; Es geht sch. aus. G. 9, 164 etc., läuft sch. ab. Thümmel 3, 71 etc., von Mißglückendem. 5) Vereinzelt: Sieht mein Porträt sch. oder sieht es recht? Göckingk 2, 170, ist es unähnlich oder ähnlich.
Anm. Mhd. schive. Nach Schm. „zusammenhängend mit svwdt. schiegk“; viell. auch mit schiel (s. d.), vgl. gr. παeὸς, lat. scaevus, s. Frisch 1, 156c (in niedrd. Form) schäf, schef, was er zu schieben (s. d. 1c) stellt.
Zsstzg., z. B.: Ort-: mit schiefen Ecken (s. Ort III 1), schiefwinklig.
Wínd-: krumm (gewunden) und schief (s. schel, Anm.; Schm. 4, 108; Daß ich Alles schief und windisch fand, was ich sah und hörte. Musäus Ph. 4, 244 etc.) eig.: Da die dünnen Ofenkacheln sich leicht w. werfen. Karm. 3, 491; W–e und blasse Weibchen. Keller gH. 3, 71 etc.; übrtr. [3]: W–e Frage (L. 10, 143); Worte (11, 528).