Faksimile 0095 | Seite 917
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Schied
I. Schīēd: m., –(e)s; –e; –s-:
s. Mulbe; ferner in Zsstzg., s. die entspr. von Scheid, als heute üblich in (Vor)- Be-; Ent-; Hin-Sch., dagegen (heute mit vralt. Nbnf. Scheid) gew. Áb-:
1) (vralt.) das Weggehn (allgm.): Abschied der Feinde. Stumpf 71b etc.
2) (s. 1) Trennung: Einem den A. erschweren etc.; A. [vom Leben] = Tod. Weish. 3, 2 etc.
3) (s. 2) Das, worin die sich Trennenden beim Fortgang ihren Empfindungen förmlichen Ausdruck geben, nam.: A. nehmen von Jemand; übrtr. von Etwas. G. 25, 198; 17, 257; Eine Frau, die von den scheidenden Reizen nicht A. nehmen will. 29, 335 etc.; A. sagen (G. 1, 37 etc.), der Flur (Uhland 17) etc.; vralt., bibl.: (Einen, seinen) A. machen mit den Brüdern, Freunden [sich letzen] etc.; Sie schied weg [starb] ohne A. von uns. G. 9, 305 etc.; eig.: Ohne A. weggehn oder: französischen (s. d. Gutzkow R. 4, 88 etc.), hinter der Thür (JvMüller 6, 368) A. nehmen etc.; Beim A.; Zum A.; Er fand kalte Bewillkommnung und frohe A–e. Mendelssohn Morg. 271 etc.; Ein A–chen in Versen [A–s-Gedicht]. FMüller 3, 40 etc. Dazu: Abschiedlich grüßen (HKleist E. 1, 178), den Gruß bieten (Platen 2, 240).
4) die Entlassung aus einem Dienst-Vh. etc., z. B.: beim Militär: A–e geben (Cham. 5, 137), ertheilen etc., s. Urlaub; Diener, Staatsdiener etc. fordern, bekommen, erhalten den A.; ihnen, übrtr.: der Sünde, dem Laster etc. den A. geben. Verallgemeint (s. 3; Urlaub 3): Der heitre und gnädige A., den ich von den jungen Herrschaften erfuhr. G. 22, 405 etc.
5) festgestelltes Schlußergebnis berathender (tagender) Versammlungen. Luther 5, 278a; Mathesius Lthr. 120a; Jv Müller 1, 139 etc.; Im Rath der Endabscheid. Rollenhagen Fr. 408; Haupt- und Neben- A–e der Land- und Reichstage; Innungs- (Möser Osn. 1, 20), Landes- od. Landtags-, Reichs- (Ph. 1, 31) od. Reichstags-A. etc.
6) (vgl. 5) vralt.: richterlicher Bescheid, Urtheil: Einen A. machen (Rabner 3, 56), publicieren (Schweinichen 3, 13 etc.). Unter-:
1) Etwas, wodurch ein Raum in zwei versch. Räume getheilt wird (vgl. Scheidewand). Döbel 2, 89a etc.; Unterscheid. 1. Mos. 1, 6; 2, 26, 33 etc. Ugw. =einer der durch solche Theilung entstandnen Räume, Abtheilung, Fach. Ade- lung.
2) (s. 1) Das, wodurch Dinge (als nicht- identisch oder nicht übereinstimmend) von einander unterschieden find od. werden (vgl.: Unter-, Verschiedenheit), z. B.: Es ist ein U., ein großer, geringer, kaum ein, kein U. zwischen od. unter diesen zwei Dingen, Personen etc.; Einen U. zwischen, unter ihnen finden; Feine U–e wahrnehmen, sehen etc.; Jemand macht einen U. zwischen zwei Dingen etc., spricht ihn aus, stellt ihn auf oder fest etc.; Etwas an den Dingen Haftendes, eine Eigenschaft etc. macht, begründet einen U.; Der ganze U. ist in den Röcken. Sch. 322a; Die Röcke machen den ganzen U. [aus] etc.; Der U. der Dinge | scheint oft groß und ist doch nur geringe. H.; Der U. der Dinge von einander; Ugw.: Einen wichtigen U. meines Volkes mit allen andern. Mügge ER. 78 etc.; Du vergissest den U. der Jahre, der uns trennt. Stahr Rep. 1, 62; Der U. der Stände; Natürliche, künstliche, (un)wesentliche U–e; Die starren U–e zwischen Geistlichkeit und Weltlichkeit vernichtend. Prutz Gsch. Th. 50 etc.; Ohne U., ohne daß ein U. ist oder gemacht wird; Alle ohne U. etc., Ggstz.: „Seine Unterthanen sind wir Alle!“ | Mit U.! Sch. 333a; L. Nath. 2, 5 etc.; Nur od. jedoch mit dem U., daß etc. Vralt.: Unterscheid haben (Spr. 5, 2), halten unter Dingen (Hes. 22, 26), gw.: machen; Menschen, die nicht wissen Unterscheid [zu unterscheiden], was recht und link ist. Jon. 4, 11 etc. Häufig mit prägn. Wiederholung desselben Wortes, zur Hervorhebung der Verschiedenheit des Seins bei Ubereinstimmung der Bez., z. B.: Es ist ein U. zwischen Barbier und Barbier. G. 10, 200; Zwischen Lieb’ und Liebe | ist doch ein mächt’ger Unter- scheid. W. 10, 162 etc.; Unter können und können ist ein U. L. 1, 216; Miller Siegw. 371 etc.; Pfeife und Pfeife ist ein U. Lewald RE. 72 etc. Zsstzg. z. B.: National-U. Sch. 1040a; Jnnere Natur-U–e. Görres Ver. 26; Standes- untersch eide. Rückert BE. 290 etc. Die Form Unterscheid, wie bei Luther (hier z.B. auch fem. 8, 153b), z. B. (s. o.) noch Gellert 1, 132; Hagedorn 2, 23; Haller 92; 146; 152; L. 1, 114; 3, 198; Mendelssohn Ph. 1, VI; Möser Ph. 3, 245; Nicolai 1, 20; 109; Ramler F. 1, 260; 3, 14; Thümmel 8, 43 etc.
3) (s. 2) Rechenk. = Differenz; Das, um wieviel eine Zahl größer ist als die andre.