Faksimile 0067 | Seite 889
Faksimile 0067 | Seite 889
Schande
Schánde, f.; –n; Schand- (s. Scham, Anm.):
1) Zustand des Schimpfiertseins; schämenswerther Zustand; Etwas, das und insofern es diesen Zustand bewirkt, bez. etc., vgl. Scham, Schimpf, Schmach, Unehre und als Ggstz. nam. Ehre 3; 5, ungemein häufig, so daß es nur für seltnere Anwendungen oder nüancierte Bedd. der Belege bedarf:
a) seltne Mz.: Zu tilgen den Trug und die wälschelnden Sch–n. Arndt Gd. 275; Rückert Mak. 2, 216; Wackern. 2, 839³ etc.; Zu unsern großen ewigen Sch–n. Luther 5, 422a; Uns zu ewigen Sch–n und Schaden. 423b, vgl. die stehnden Verbind.: Zu Sch–n (s. f); mit Sch–n (vgl. mit Ehren und Erde, Anm. 2).
b) prädikat.: Etwas ist (Einem) eine keine Sch. etc., auch: Es ist ’ne Sch. ’ne Sch. werth —, daß etc.; wie etc. = schändlich; Übers Ohr gehauen, daß es eine Sch. ist. Hackländer St. 2, 241; Es ist Sch. und Spott, daß. W. 14, 42; Es ist Sünd’ und Sch. zu sagen. Prutz Mus. 3, 194 etc. (vgl. als Bstw. Schand- oder Spott- Preis, -Gebot, -Geld etc., so niedrig, daß es ’ne Sch. ist etc.). Auch von Pers.: Ein närrischer Sohn ist seiner Mutter Sch. Spr. 15, 20 u. o.; Feile Dirne! Sch. deines Vaters! G. 10, 205; Enthebe dich, unreine Menschheits-Sch.! WHumboldt 4, 347 etc.; selten ohne Nennung Dessen, der sich zu schämen hat: Sie sind Sch. und Laster [s. d. 2]. 2. Petr. 2, 13.
c) Aller Sch. den Kopf abgebissen haben. Olearius Reis. 94b etc., ganz schamlos sein.
d) Seine Sch. an Etwas arbeiten (B. 181b), schreiben (W. Merck 2, 93) etc.; an Einem kurieren (Goltz 1, 198) etc., von einem Thun, mit dem man im Erfolg Sch. einlegt, vgl. f.
e) Sch. halber, aus Rücksicht auf die zu meidende Sch.; um sich nicht zu sehr schämen zu müssen. Schm.; Thümmel 3, 8; Wagner Kind. 32; Ehre oder Sch. halber. Kretschmann 5, 138.
f) Etwas gereicht Einem zur Sch. G. 29, 109 etc.; Euch zur Sch. muß ich Das sagen. 1. Kor. 6, 5 etc.; Zur ewigen Schmach und Sch. Dan. 12, 2 u. o.; auch (vgl. Noth 1b etc.): Dem Gemahl zum ewigen Schimpf und Sch. ChSchiller 1, 272 etc. Ferner (s. a): Zu Ehren oder Sch–n geboren. G. 21, 225 etc.; Wie seine Bücher Solches zeugen, zu Sch–n allen Päpsten. Luther 8, 218a, so daß sie mit ihrer Aussage dagegen mit Sch–n bestehn; trotz ihnen etc. Nam.: Zu Sch–n = zunicht (s. nicht II 3c); kaputt; ruiniert; so daß es keinen oder doch keinen rechten Bestand mehr hat, z. B. mit reflex. Zeitw. (vgl. d), zur Bez. der Vergeblichkeit aller aufgewandten Mühe: Sich zu Sch–n füllen (Engel 12, 33, bei einem Sieb); kurieren (Stiling 4, 8); spielen (Rückert 1, 420 etc.); ferner in Bezug auf den Schaden, den das Obj. hier zugleich Subj. erleidet: Sich zu Sch–n arbeiten, fallen, heben (an schweren Dingen), laufen, reiten etc., denken (G. 10, 169), sinnen (L. 8, 10) etc., ähnl. bei intr. und trans. Zeitw.: Etwas ist, geht, wird zu Sch–n; Jemandes Vertrauen, Hoffnung, Plan etc., Jemand (mit seinem Plan) wird zu Sch–n, scheitert etc.; Etwas zu Sch–n zu Nicht und Sch–n. Luther 6, 7a machen; Eine Hoffnung, Erwartung etc. zu Sch–n machen, ihren Nichtfortbestand bewirken; Jemand zu Sch–n machen, bewirken, daß er, in seiner Blöße dastehnd, nicht (mit Ehren) bestehn kann, z. B. als Lügner etc., auch durch übertriebnes Lob; Etwas zu Sch–n [entzwei] machen, hacken, hauen, schlagen, schmeißen, pressen etc.; Ein Pferd oder einen Acker zu Sch–n reiten etc.; Wenn Etwas zu Sch–n gerichtet [kaputt] war. G. 30, 178; Der Hagel hat dieses Jahr alle Frucht zu Sch–n geschlagen. 172; Reden Sie ihm doch die Phantasie nicht zu Sch–n! Lewald W. 2, 452; Racker! von hinten will er Männer zu Sch–n schmeißen. Sch. 133b etc.
2) Mundartl. Anwend.:
a) Schundgrube.
b) Lappen um den Griff des Bügeleisens als Schutz gegens Verbrennen.
c) Tuch, das die Salinenarbeiter beim Heben der Salzkörbe vor der Brust haben.
d) Sch. (Schanne): Karrenseil (über der Schulter der Karrenschieber); Schulterjoch (s. d.).
Zsstzg. z.B.: Áffen-: große, wie sie selbstschamlosen Thieren empfindlich sein würde (s. Hunds-Sch., Affenkomödie). Mundt GschLit. 440; Pröhle J. 183; Schweg- ler (47) 247, vgl. Affenschändlich. Vischer Ästh. 2, 293.
Blūt-: große Schandthat. Luther 5, 422a, gw. nur von der verbotnen fleischl. Vermischung naher (Bluts-) Verwandten. 3. Mos. 20, 7; Mz.: Weish. 14, 26; Schel- ling 2, 2, 370 etc. Dazu: Blutschänder. Gryphius 2, 465 etc.; Blutschänderisch. Klinger F. 304; Sch. 271b etc. (blutschändig. Opitz Arg. 1, 741; blutschändlich. Gisander Fels. 1, 288).
Húnds-: Affen-Sch.: Mit H–n, daß er mich grüßt. Schm. = Schande halber; kaum. Ménschheits- [1b].