Faksimile 0051 | Seite 873
Faksimile 0051 | Seite 873
Faksimile 0051 | Seite 873
sausen
Sāūsen: 1) intr. (haben, sein, s. säuseln 1 etc.) den durch das Wort selbst bez. Laut hören lassen (vgl. rauschen, brausen, von denen es sich doch durch ein mehr dem Laut des Buchstaben „S“ entsprechendes zischelndes Pfeifen untersch.) und (s. c):
mit solchem Laut (die Luft durchschneidend etc.) sich bewegen (vergl. II flöten, Anm.):
a) Der Wind, Sturm, das Meer, die Kanonenkugel saust etc.; In s–dem Galopp. B. 14b; Die ganze Gesellschaft von Schnupfen, Husten etc. . ., die in meinem dicken Kopfe hausen und s. Cham. 5, 226; Und summ und summ! um mich herum | das Thierlein saust. Gleim 3, 194; Die Fluthen spülen, die Fläche saust. G. 1, 147; 181; Welch ein Schall . . | sauset heftig durch den Hain? 2, 22; Ich höre schon s., rauschen. 6, 339; So schaff’ ich am s–den Webstuhl der Zeit. 11, 24; Die Kugeln sausten und pfiffen. 15, 261; Mir klopft das Herz . . und s. die Ohren. Heinse A. 2, 187; Die Bächlein .. s. drein. Spee (Wackern. 2, 275 ¹³); Wenn.. der Waldbach losge- 110 lassen saust. Werner Febr. 47 etc.
b) (s. a) in seltner Fügung: Gott ist die Lieb’, auch wann [in, bei etc.] Gewittern | der Städt’ und Wälder Flamme saust. V. 3, 213, auch in der verheerenden Flamme etc.
c) (s. a) mit mehr hervortretender Ortsveränderung, s–d dahinfliegen etc.: Von dem grünen Vorgebirge nach der Babelmandel-Enge | sausten sie. Freiligrath 1, 205; Wenn der Schauspieler wie ein Sturmwind in die Koulissen saust. Kotzebue NSch. 10, 505; Ein solcher Sturmwind ist .. über das neue Schloß gesauset. IP. 2, 175; Durch die Saiten des Garns sauset das webende Schiff. Sch. 76a; Husch! s. wir, husch! | durch Rusch und durch Busch, | dann patsch ins Wasser. V. 3, 165 etc., s. Zsstzg.
d) unpersönl.: Es [s. d. 7] prickelt mir in den Fingern und saust in den Ohren. Alexis H. 1, 1, 176; „Den Hagedorn durchsaust der Wind!“ . . | Laß [es] s. durch den Hagedorn! | laß s.! B. 14a; Da saust es und fliegt es [die Tänzer] wie wirbelnder Wind. Echtermeyer 69; Es rauscht und saust in wilder Hast, | als wöben Geisterhände. Uhland 405 etc.
e) Du hörest sein [des Winds] S. Joh. 3, 8; 1. Kön. 19, 12 etc.; Die See durchstürmt ein wildes S. Cronegk 2, 198; G. 14, 122; Vom S. seines grimmen Schwertes. Schlegel Haml. 2, 2; Das S. und Brausen [der Bienen] nicht ohne Verletzungen empfinden. Zinkgräf 2, 33; Das Ohren-S. etc. 2) intr. (haben) und tr.: mit säuselnden Tönen (su! su! etc.) in Schlaf singen (vgl. lullen 2; buschen, Anm.; säuseln 2b), dann auch = schlafen, nam. niederd. in der Form susen etc. (s. Bernd 302; Brem. Wörterb. 4, 1106): Sause, liebe Ninne (s. d.). Weise Jak. 44. 3) intr. (haben): im Saus (s. d. 1b) leben etc.: Die andern Laster als prangen, s., geizen. Luther SW. 63, 59; S. kann er wie der Teufel. Rabner 4, 30; Es soll heute Alles im S. und Schmausen bei mir gehen. Weiße Kom. Op. 3, 329 etc. 4) zuw. tr.: Etwas sausend hervorbringen etc.: Hörst du den Forst, | wie er mit seinen Wipfel Räthsel saust. Fouqué Dr. 1, 134; Der Wassersturz .., | hoch in die Lüfte Schaum an Schäume s–d. G. 12, 7 etc., auch im Partic. z. B.: Donner-s–de Karthaunen. Butschky 172. 5) dazu: Sauser, eine s–de Pers. (s. Sause-Braus, -Wind) u. nam. auch: „der im Gären begriffne Wein“. Grube (Maje 1, 444); Den gärenden Most, den sie Sauser nennen. Keller LvS. 7 etc.; Thampagner Der „süße Sauser“. Hausbl. (60) 1, 175, s. Sausewein, ferner = Sauselaut (s. d.).
Anm. Ahd. süsan, mhd. sūsen, vgl.: Als wenn drei Bienenschwärme darin herumsuselten. Tieck NKr. 3, 50.
Zsstzg. zu 1 etc. s. die von säuseln, brausen, rauschen etc., z. B.: Ab- [1c]: Dem frisch a–den Boreas. V. Arat. 7. Án-. Āūf-.
Āūs-: s. ver-s. 1.
Dúrch-: tr.: Den Baum durchsauste schauerlich | ein Wind. Baggesen 4, 212; B. 14a; Da das Wetter .. zu stürmen anfing und seine dürren Glieder durchsaust. HKleist E. 1, 8; Hint. 189; Wenn einst der Geist Gottes ihn völlig durchsauste. Klinger F. 221; Die Kugel durchsaust die Lüfte pfeifend. Kohl Pet. 1, 225; Kosegarten Rh. 1, 137; Wie Aares Schwingen die Luft d. Müllner 3, 103; Platen 1, 74 etc.
Eīn-:
1) Wo der Wind in die Gluth einsausete. V. 1, 21.
2) [2] einlullen. Spee Tr. 226. Em- pōr-: Die Flammen .., sausend vom Reisig empor. G. 1, 230 Ent-: Den Bergen entsausten die Winde. B. 276a; Blitzzerschmetterten Wipfeln entsauset festliches Rauschen. Stolberg 163. Entgêgen. Er-: Das Hirn macht er [der Wein] e. Uhland V. 603, Fórt-: Die Jugend verschlingt nur, dann sauset sie fort. G. 1, 101; Klinger Zw. 57; Ist, wie ’ne Lawe [Lawine], fortgesaust. Reithard 34. Hêr- etc.: Her-(ab, an etc.) gesaust kommen etc.; Laut hinsauste der Stein. V. Od. 8, 190; 10, 47 etc.; Wie saust das Gesindel herab von dem höckrichten Abhang! V. 1, 18 etc.; Als ich einen Phaeton . . heran-s. sah. Pz 1, 7; Hinaus .. sauste der eherne Pfeil. Wiedasch Od. 21, 423 etc.; Unser Windbeutel von Graf kommt in das beleidigte Haus hinein- zu-s. Börne 1, 278 etc.; Sauseten .. drei Brandkugeln herüber.König Kl. 3, 288 etc.; Insekten, deren Stimme aus dem schwirrenden Flugwerk her- vorsaust. IP. 2, 120; Matthisson 207 etc. Nāch-: Dicht n–den Fluges | stößt er [der Falke]. B. 236a. Nīēder-: [Als er von der Burg] hoch zu Rosse niedersauste. Reithard 385. Über-: z. B. = vorüber-s., überhin sausen: Laß einmal ü. [den Wind]. Rachel 4, 346 etc. Um-, tr.: Seine Lanzen um-s. der Feste Thor. Freiligrath SW. 4, 7; Die Winde .. | umsausten schauerlich mein Ohr. G. 1, 55; Ein Meer erbraust’s, | den kleinen Hügel im Kreis umsaust’s. 148; 13, 134; Dem Ekel zu entfliehn, der mich umsaust. 180; Klinger Teutsch. 548; W. 20, 44 etc.; Im eichenumsausten Gebirg. Droysen A. 3, 244 etc. Umhêr-: Daß die Blätter umhersausten. Kretschmann 5, 320. Ver-:
1) intr. (haben), aufhören zu sausen, aus-s.: Als schon alle Kanonen .. versaust hatten. Hebel 3, 216 etc.
2) intr. (sein): sausend vergehn, verschwinden: Ein Ruhm, der wie der Sturmwind braust, | ist auch ein Sturm, der bald versaust. H. (Matthisson A. 7, 260); Ich hoffe die zween Irrthümer sollen nun schier versauset sein. Luther SW. 61, 72 etc. Ugw.: Wie schnöde muß er kluft-v. | in Schulen. H. 15, 228.
3) tr., faktitiv zu 2: Dein bischen Geld versaust [versausest, verschwendest] du dran. Droysen A. 2, 392; Hast du die Püffe schon versaust [vergessen] von gestern? Möricke N. 205; Sie ver-s. [verbringen] sorglos die Zeit wie im goldnen Alter. Schlegel Wie’s gef. 1, 1 etc. Vorǖber-: Bis der Sturm vorübersauste. Bronner 1, 153; Schrägen Masts vorübersause jenen schauerlichen Orten. Freiligrath 1, 209; Sie sausen unserm Ohr, wie ein nichtiger Wortschwall vorüber. H. 13, 32. Wég-: fort-s. Zū-: Das Laub am Baum saust ihm Entsetzenzu[2]. Hölty 31.