Faksimile 0051 | Seite 873
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Säuseln
Sǟūseln: leise, linde sausen (s. d.):
1) intr., gw. mit haben, doch (s. brausen 1a, rauschen 1e) bei hervortretender Ortsverändrung mit sein (s. Zsstzg.): Ein Lorbeer über diesem Grabe säuselt. Freiligrath 1, 212; In dürren Blättern säuselt der Wind. G. 1, 146; Es säuselt der Abend. 8, 306; 117; Der Nebelwind, | der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt. 11, 26; Ich fühl’ .. deinen Geist .. um mich s. 115; Welch ein Gelispel hör’ ich in den Zweigen, | welch ein Geräusch aus jener Dämmrung s.? 13, 52; Der herrliche Regen säuselte auf das Land. 14, 30; 16, 80; 29, 241; Harfenpsalme s. Grün Ritt. 45; S. und das „st“ weich aussprechen. Gutzkow R. 8, 14 (s. lispeln); Schattige Bäume s. Hölderlin H. 1, 9; In s–den grauen Nebeln. Kinkel 3; Uhland 175; Da säuselt [fliegt, s. d.] vom Dach mein Mohrenköpfchen. V. 2, 26; 3, 14; Od. 3, 176; Mein Ohrengesäuse, das heute ganz piano zu s. verspricht. Br. 2, 206 etc.
a) unpersönl.: Leise, kaum wie Zephyrs Hauch, | säuselt’s in den Lorbeerzweigen. Matthisson 67; Es hat so grün gesäuselt | am Fenster die ganze Nacht etc. WhMüller 1, 208.
b) im substant. Jnfin.: Die Winde lispeln | sich sanft zum S. ab. Arndt 450; Das S. der Rohre. G. 15, 105; Das S. der Blätter. Tieck N. 3, 181; W. 20, 75; Zelter 3, 327 etc.; Im Abend-S. Herwegh 1, 115 etc. 2) tr.:
a) mit bloßem Obj.: s–d aussprechen, kund thun etc.: Die Haine, die Segen des Herrn uns säuselten. Brückner 239; Sie säuselt, lallt Musik. Kl. Od. 2, 24; Liebe säuselte Zephyr, Liebe strahlte | Luna. Matthisson 103; Den Morgenwinden möcht’ ich’s hauchen ein, | ich möcht es s. durch den regen Hain. WhMüller 1, 21; Dir singt’s der Vögel Kehle, | die Blätter s.’s dir. Uhland 361 etc.
b) mit Angabe der Wirkung: Diese Melodien .., die gliederlösend uns das kräft’ge Mark | einschläfern und uns selbst zu Weibern s. Geibel Rod. 18; Die Bäche säuselten, wie Götterstimmen, mir den Kummer aus dem Busen. Hölderlin H. 2, 119; [Die Bäume] haben dich oft so sanft in luftigen Schlummer gesäuselt. Kosegarten Po. 1, 69 etc., auch: Ein Kind in Schlaf (oder ein-) s. Adelung = einsingen, vgl. sausen 2. 3) Dazu:
a) Daß der .. gehäufte mittelalterliche Unrath .. mittels milder Säu- selungen .. nicht wegzuwehen war. Scherr Bl. 1, 175 etc.
b) Ein Sauseler [ohne Uml.]. Kurz Weihn. 75, ein leichtsinniger Patron, ein Sausewind (s. d.).
Zsstzg., wie bei allen ähnl. Tonw., s. nam. die von brausen, rauschen und sausen, größtentheils keiner Erklärungbedürftig, z.B.: Áb-.
An-:
1) Ruhe | säuselt mich an aus der Höhe. Geibel 37; Sie donnern und blitzen, wenn sie a. sollten. Hippel Ehe 144; Hölderlin H. 2, 78; [Der Trupp Tauben] gurrt und säuselt ihn an. Hölty 9; Alle Lüfte säuseln lauer | mit der Liebe Hauch uns an. Salis 54; Der vom sanften Ostwinde angesäuselte Meeresspiegel. Sealssield Leg. 1, 239 etc.
2) ein wenig berauschen (s. d. und anrauschen 2b): Die gelind angesäuselt waren. Auerbach Volksk. (61) 43; Du könntest mir wohl den Gefallen thun, Minchen’s Vater ein wenig an-zu-s. Gartenl. 9, 137b etc. Āūf-: [Daß] schneeweiße Schwänling’ hell im Chor | aufsäuselten mit Melodien. V. 4, 148, vgl. empor-s. Be-: z. B.: Ihr Wunderklänge, .. | wie besäuselt ihr sehnlich mein Ohr! Nhland 8, berührt es säuselnd. Durch-: Bronner 1, 105; Den still gewordenen Wald d. nur liebliche Winde. Cronegk 2, 186; Freiligrath SW. 5, 211; Die Kirche, die er [der Organist].. mit leisestem Hauch sowohl als gewaltsamsten Tönen durchsäuselte und durchschmetterte. G. 23, 369; Musäus M. 3, 12; Pyrker 8 etc. Eīn- [2b]. Empōr-: Ein magischer Hain säuseltum mich empor. Hölty 35, s. auf-s. Ent-: Jedem heiligen Haine | entsäuselten murmelnde Laute. Kosegarten Rh. 3, 88; Seinem Inbrunstkuß e. Wonnen. Po. 2, 247; 197; 1, 47; Platen 1, 104; Die Taub’ entsäuselt dem Dach. V. 3, 27. Entgêgen-: Woher ihm die Lieblichkeit der Liebe entgegensäuselt. G. 16, 70; Die unserm Lauf e–de Nachtluft. 22, 91 etc. Er-: Wenn die Winde e., | die Wellen sich kräuseln. Fórt-: weg-s. Hêr- etc.: Es säuselt kühlend um mich her. Stilling 3, 71; Melodien, | die .. ein holder Geist | im Wehn des Walds h. heißt. V. 4, 165 etc.; Linden, | die ..hinsäuselten über das Moosdach. 1, 1; Was Bäume hin- und wider-s. KMayer 33; Säusle [schwebe, s. d.] hin zu ihr. Mügge NLeb. 3, 85 etc.; Von dem Himmel herabsäuselten süße Harfentöne. Börne 2, 295 etc.; Als das Blatt, durch den Luftzug getragen, zum Fenster hinaus säuselte. Keller gH. 2, 237 etc.; In das Herz der Bundesbrüder | säuselt noch sein Geist hernieder: | „Lebet wohl!“ Hölderlin (Wackern. 2, 1253²); V. 4, 36 etc.; Säusle mich hinunter | ins kühle Grab. Schubart 2, 10 etc. Nāch-: Es säuseln die Lüfte, | es räuchern die dampfenden Wiesen dir nach. Kosegarten Po. 2, 275. Nīēder-: hernieder-s.: Säusle nieder, Abendroth! Sch. 9a. Um-: säuselnd Etwas umgeben, umschweben: Von würzigen Düften umsäuselt. Alexis H. 1, 1, 23; Arndt 388; Sie umsäuselten und umbrausten sein Ohr mit .. Schmeicheleien. E. 247; Sogleich umsäuselt Abendwindeskühle, | umhaucht euch Blumen-Würzgeruch. G. 1, 4; Euch umsäuselt | des holden Himmels | fruchtende Fülle. 67; Durch u–de Lüfte. V. 3, 21; W. 28, 80 u. v.; auch: Des hainum- säuselten Dörfchens. Pyrker 20; Längs dem .. schilf umsäuselten Strom. Stolberg Jl. 18, 573 etc.; Sie liebenswürdigster Umsäuseler aller Damen. Mügge NLeb. 1, 186; Unter der stachlichten Eich’ Umsäuselung ruhete Dafnis. V. Ländl. 2, 343 etc. Umhêr-: Unnennbarer Friede | säuselt umher. Kosegarten D. 2, 41. Ver-: säuselnd verschweben: Wie Hauch in Hauch versäuselt. Po. 2, 87. Vorǖber-: So säuselte eine Paradiesesstunde vor- über. Börne 2, 146 etc. Wég-: z. B. [2b]: Tausend. frische Zweige säuseln mich vom dürren Pulte weg. 4, 118. Zū-: Die Lüfte säuseln mir zu etc. und [2a]: Einem Schlummer (Göckingk 3, 28), Kampf (Kinkel 111), Wonne z. Stolberg Gd. 267. Zurück-: z. B. [2b]: Komm, blumiger Lenz, säusle die Liebe zurück. 290, bring, ruf säuselnd sie zurück.