Faksimile 0045 | Seite 867
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saufen
Sāūfen, tr., auch ohne Obj. und mit Angabe der Wirkung refl., soff, söffe; gesoffen; säufst, sauf(e)st, säuft, sauf(e)t:
trinken (s. d.), nach hochd. Gebrauch (vgl. Anm.) davon vrsch. wie fressen (s. d.) von essen, z. B.: Das Vieh, das Pferd säuft (Wasser) etc.; Dieser Mensch trinkt nicht, er säuft [unmäßig etc.]; Zu- erst trinken ., endlich s. Hebel 3, 137; Der Ritter trank, der Knappe soff. Schwab 300 etc.; Wein, Bier, Schnaps s.; Fressen und s.; Schwelgen und s.; S. wie ein Bürstenbinder (s. d.). SClara EfA. 1, 481, wie ein Igel, Loch 109* (s. d. 3) etc.; Daß man schwitzet (Rachel 5, 130), taumelt (Hab. 3, 16) etc.; Der Branntwein ward viehisch gesoffen. Archenholtz (Mayer 2, 2914⁶) etc.; Brüderschaft mit Einem s. Sch. 118b etc.; Das Blut der Erschlagnen, den eignen Harn s. etc.; Blut saufst du wie Wasser. Sch. 122a; Der Unrecht säuft wie Wasser. Hiob 15, 16; Gift in sich s. Luther SW. 46, 4; veralt.: Taback s. st. rauchen. Schm. etc.; Daß ich’s in jedem Glas Wein zu s., in jeder Suppe zu fressen (s. d. 2) kriegte: Du bist der Spitzbube etc. Sch. 183a etc. Ferner mit Angabe der Wirkung: Er soff sich zu Tode. Freytag Bild. 1, 216; Ihr fresset und saufet euch krank, todt und in die Hölle. Moscherosch (Wackern. 3, 658²⁰); Sich voll und toll s. Fischart (472¹⁷); Die voll sich gesoffen vom Becher der Wollust. Sch. 105a: Sich [Dat.] einen Rausch s.; Sie haben sich [Dat.] in der Schenke eine Grausamkeit ins Herze gesoffen. Weise Abs. 349; Ulyssens Schiffsvolk, das .. aus Circens Zauberbecher | zum Vieh sich säuft. W. HB. 1, 113; Sauft euch bis morgen in das Bette. Zachariä 1, 13; Man säuft sich von Verstand bloß auf ihr Wohlergehen. Ders. etc.; ferner in Bezug auf Saufgenossen etc.: Einen unter die Bank (Weidner 271), unter den Tisch, zu Boden (nieder-) s. etc., auch (veralt.): Mein Herr behielt die Gesandten bei sich, saufet sie voll. Schweinichen 1, 373, vgl.: Sie nahmen mich zu Tisch, trunken mich voll. 395 etc. und mit Uml.: Ich hätte Dies, was in meinem Amte als dem Hofemeister gehörte, gethan und sie alle voll gesäuft. 266 etc. Dazu: Saufer, gw. Säufer (s. d.).
Anm. Ahd. sûfan, mhd. süfen etc., s. Graff 6, 169; Schm. 3, 204 etc. und saugen. Schwzr. in der Bed.: mit dem Löffel essen (vgl. Suppe), daher von Menschen, während hier trinken vom Vieh gilt. Stalder; Kohl A. 1, 75. Dazu: Suffi, das gw. Getränk der Älpler, bestehnd aus Schotte und Zieger (vgl. Eiermilch). Die umlautlose Form: Du saufst, z. B. Sch. 122a; Er sauf(e)t. SClara EfA. 1, 481; Hebel 2, 244; Holtei Lammf. 1, 268; Rachel 5, 130 etc. Impf. suff (s. eins.), Konj. süffe(s. aus-s. FMüller).
Zsstzg. vgl. die von trinken, zechen etc., z. B. Áb-: z. B.: Einen Theil des Getränks a.; Sich das Leben (Simplicissimus 1, 102; 486), die Gurgel (Sch. 107b) a., sich todt saufen; Leipzig’s Krone [schönstes Mädchen] ward dem Feigen abgesoffen. Zachariä 1, 15, durch Saufen abgewonnen etc.
An-: Einem oder sich einen Rausch a., durch Saufen bewirken; Sich a., voll saufen, auchz. B.: Sich blind und starvoll [sternvoll] a. Mathesius Pr. 24 etc.; Einen mit so und so viel Gläsern a. Günther, ihm zutrinken, damit er Bescheid (s. d.) thue (nachtrinke, nachsaufe); ihm soviel vor-s., vortrinken, steigen (s. zu-s. 2) etc. Nach Vollmann 27 auch noch bursch. = anrauchen.
Āūf-: Allen Wein a. etc.
Āūs-: saufend leeren: Das Glas, das Faß, den Wein, die Brühe (Weidner 51), die Eier (Pfeffel Po. 3, 27) a.; Seine Stift, sonderlich Magdeburg, ausgefressen, ausgesoffen und ausgesogen. Luther 6, 491b; Wenn’s auch ein Ziehbrunnen wäre, du ffest ihn aus. FMüller (Wackern. 4, 775³) etc. Dazu das imperat. Hw.: Der Sāūf-aus (s. Zsstzg. von aus, vgl.: Der Aussauf | von Branntewein etc. Philander 2, 239 etc.), Säufer.
Be-: durch Saufen berauschen, z. B. tr. (s. besäufen): Lud ihre vornehmsten Herren zu Gaste und da er sie wohl besoffen hatte. Micrälius 2, 179; Ein paar Spitzgläser davon b. ihn. IP. 16, 132 etc., gw. refl.: Sich (in Wein, Bier, Schnaps) b.; Sie hätten einst in dickem Gerstensaft | .. sich besoffen. W. 3, 189 etc. und im Partic.: Ich sei alle Tage im Branntweine [gw.: in Branntwein] besoffen. Rabner 3, 40; Sternvoll besoffen. Stilling 2, 125 etc.; Besoffen von Eitelkeit. IP. 7, 202 etc.; Die Besoffenheit. I. Dúrch-, II. Durch-: Die Nacht d. etc.
Eīn-: Sechs Glas mit Wein | sauf nüchtern ein! Fischart Garg. 87b; Der suff nur Wasser ein. Logau 2, 104; 32; Sie haben solchen giftigen Haß . .. eingesoffen von ihren Eltern .. und saufen noch in sich. Luther 8, 76a (s. einsaugen). Er-: intr. (sein): ertrinken (s. d.): 1) von lebenden Wesen: in einer Flüssigkeit, nam. im Wasser, seinen Tod finden: Im Wasser, im Meer etc. e. Matth. 8, 32; 5, 13; Hebr. 11, 20; G. 28, 216; L. 2, 224; 10, 151 etc. 2) (s. 1) von leblosen Dingen: in einer od. durch eine Flüssigkeit unter-, zu Grunde gehn, nam. von Überschwemmungen, z. B. (Bergb.): Jene ersoffene, abgebaute Tiefe. G. 27, 413; Die Gruben scheinen nur theilweise ersoffen zu sein. Augsb. Zeit. (1861, 17. Okt.) u. o.; ferner (Landwirthsch.): Die Wiese, das Heu auf der Wiese etc. ist ersoffen, vgl.: Heu 26 Fuder, das andere ist mir dersoffen. Schweinichen 2, 245 etc.; (Müller.) Das Rad ersäuft, kann sich im hohen Wasserstand nicht drehn etc.; Soll das ganze Haus e.? | Seh ich über jede Schwelle | doch schon Wasserströme laufen! G. 1, 187 etc. Minder gw.: Daß dieser Schund [von Schriften] mit im Wasser ersoffen ist. Arndt Ber. 34; Mancher Gedanke wird in meiner Tasse e. IP. 3, 64; Mir in Thränen gar e. | manches Lied und Traurgesang. Wackern. 2, 300⁸ (Spee) etc., ferner: Die Limmat . . in dem Obersee ersauft [verschwindet], | aber im Zürichsee fürkommt wieder. 14428 (Fischart). 3) In Etwas ersoffen sein, ganz darin untergegangen etc.: Das Volk ist in seinen Intrigen und Narrheiten so ersoffen, daß etc. G. Br. 162; Denn ich über alle Maße tief darinnen gesteckt und ersoffen gewesen bin. Luther 5, 145a; 6, 49b; 8, 13b; SW. 61, 73; 64, 245 etc.; seltner: Im Wein ersoffen [berauscht etc.] Jes. 28, 7 etc. Mít-.
Nāch-: z. B.: Das Einem vorgetrunkne (vorgesoffne) Quantum n., nachsteigen (s. d.).
Nīēder-: Einen n., zu Boden saufen, im Saufen besiegen.
Über-: refl.: sich im Saufen übernehmen: Welcher sich in Branntwein übersoffen hatte und halb für todt lag. Olearius Reis. 328b.
Ver-:
1) tr.: mit Saufen verbringen, verschwenden etc.: Sein Geld, seine Zeit, seine Gesundheit v.; Wo man sein Leben und seine Seele verfrisst und versäuft. IP. Hesp. 18; Sein Geld in schlechtem Schnaps v.; ungew.: Er versoff mich [den Gulden] ins Sommerbier. HSachs G. 1, 137.
2) intr. (sein) = ersaufen (1—3) und namentl. im Partic. (vergl. verhuren 3), ganz dem Soff ergeben: Ein wüster versoffener Nichtsnutz. Frese Bed. 1, 69; Er war geil, versoffen und verhuret. Olearius Baumg. 50b; Die Versoffenheit. Scherzh.: Was zündest du denn auch so eine | versoffne Lampe an? W. Att. 2, 2, 74, die so viel Ol säuft; z. B.: Blutversoffne [blutdürstige etc.] Tieger. B. 57b. Vōr-: s. an- und nach-s. Wég-: Den Schnaps wie Wasser w. Wétt-: in oder um die Wette saufen: Ein W. anstellen. Zū-:
1) brav, tüchtig, drauf los saufen: Sauf zu, Hauptmann! hier ist Wasser genug. Sch. 125b.
2) Einem (Etwas) z., saufend (zu)bringen, damit er Bescheid bringe, sowohl in Bezug auf das gesoffne Getränk, als auf den ausgebrachten Trinkspruch: Der säuft Dem zu: Auf „mein“ und „Du“. SDach (Wackern. 2, 370¹³); Ich hab dir’s oft zugesoffen: Es ist kein Gott. Sch. 138b.